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Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V.

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V.

Pressestelle

Langenbeck-Virchow-Haus

Luisenstraße 58/59

10117 Berlin

Tel.: +49 (0)30 28 00 43 61

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Dr. Joachim Suß, Hamburg
Sprecher für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Olivia Päßler, Berlin
Ansprechpartnerin Pressearbeit

Pressemitteilungen

2024

Die Fachgesellschaft ändert ihren Namen analog zur neuen Fachgebietsbezeichnung Kinder- und Jugendchirurgie

Berlin, den 22.11.2024 – Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) heißt ab sofort Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie (DGKJCH). Sie wird damit ihrem Anspruch gerecht, sich für die beste chirurgische Versorgung von Kindern und Jugendlichen gleichermaßen einzusetzen.

Die Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) hat 2024 die Umbenennung in Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH) beschlossen. Nach der nun erfolgten Eintragung der dafür notwendigen Satzungsänderung in das Vereinsregister ist die Umbenennung ab sofort rechtswirksam. Die Fachgesellschaft folgt damit der Umbenennung der Facharztbezeichnung. Die soll dem Umstand Rechnung tragen, dass nicht nur Kinder, sondern auch Jugendliche zu den Patientinnen und Patienten dieses Fachgebiets gehören. "Das Spektrum der Kinder- und Jugendchirurgie ist extrem vielfältig und reicht von der Behandlung von angeborenen Fehlbildungen bei Neugeborenen bis hin zu unfallchirurgischen Fällen bei Jugendlichen bis zum Alter von 18 Jahren", erklärt DGKJCH-Verbandspräsidentin PD Dr. Barbara Ludwikowski. "Für uns war es daher ein folgerichtiger Schritt, den Namen unserer Fachgesellschaft um die Jugendchirurgie zu erweitern."


Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH)

Die Kinderchirurgie, vertreten durch die DGKJCH, ist eine wesentliche Säule der konservativen und operativen Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland. Zu ihr gehören neben der allgemeinen Kinderchirurgie die Neugeborenenchirurgie, Kinderurologie, Kindertraumatologie (Kinderunfallchirurgie und Verbrennungsmedizin) und die chirurgische Kinderonkologie. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurginnen und Kinderchirurgen, denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.


Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V.
Pressestelle / Langenbeck-Virchow-Haus
Dr. Joachim Suß, Pressesprecher
Olivia Päßler, Pressereferentin
Luisenstraße 58/59
10117 Berlin
Tel.: +49 (0)30 28 00 43 61
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Tipps für Eltern zur Prävention von Gehirnerschütterung und Versorgung bei betroffenen Kindern und Jugendlichen

Berlin, den 18.10.2024 – In Deutschland erleiden jedes Jahr etwa 50.000 bis 60.000 Kinder ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Gehirnerschütterung. Die meisten dieser Fälle sind mild und erfordern keinen Klinikaufenthalt. In etwa 5-10 % der Fälle ist jedoch eine stationäre Behandlung erforderlich.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) informiert Eltern über die wichtigsten Fakten zum Thema und gibt Tipps, wie eine Gehirnerschütterung bei Kleinkindern und Jugendlichen verhindert, erkannt und behandelt werden kann. Die DGKCH unterstützt damit die Initiative Deutsches-Stiftungszentrum, die am 20. Oktober den Tag der Gehirnerschütterung unter dem Motto „Schütz deinen Kopf!“ begeht.

PD Dr. med. habil. Peter Zimmermann, kinderchirurgischer Oberarzt am Universitätsklinikum Leipzig und ausgewiesener Experte in der Behandlung von verunfallten Kindern und Jugendlichen, beantwortet die wichtigsten Fragen zur Gehirnerschütterung.

Schädel-Hirn-Trauma/Gehirnerschütterung – was ist das eigentlich?

Ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) ist eine Verletzung des Kopfes, die durch einen Sturz oder einen Aufprall verursacht wird. Dabei kann es zu einer vorübergehenden Funktionsstörung des Gehirns kommen. Eine Gehirnerschütterung stellt die mildeste Form eines SHT dar. Obwohl sie in den meisten Fällen nicht lebensbedrohlich ist, sollte eine Gehirnerschütterung, insbesondere bei Säuglingen und Kindern, ernst genommen und im Zweifelsfall ärztlich abgeklärt werden.

Welche Symptome treten bei Säuglingen und welche bei Kindern auf?

Die Symptome einer Gehirnerschütterung können sich bei Säuglingen und älteren Kindern unterscheiden. Bei Säuglingen sind die Anzeichen oft schwerer zu erkennen. Zu den möglichen Symptomen zählen Erbrechen, übermäßige Müdigkeit und Verhaltensänderungen. Da Säuglinge nicht in der Lage sind, typische Beschwerden wie Kopfschmerzen zu äußern, ist besondere Vorsicht geboten. Ältere Kinder hingegen zeigen häufiger klare Anzeichen wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen.

Es ist wichtig, Kinder nach einem Unfall genau zu beobachten, da sich Symptome manchmal erst nach Stunden oder sogar Tagen zeigen. Einige Warnzeichen, die eine sofortige ärztliche Untersuchung erforderlich machen, sind Bewusstlosigkeit, die länger als fünf Sekunden anhält, wiederholtes Erbrechen, starke Kopfschmerzen, Krampfanfälle oder deutliche Verhaltensänderungen. Auch sichtbare Verletzungen am Kopf oder Unterschiede in der Pupillengröße sollten ernst genommen werden. In solchen Fällen ist eine sofortige ärztliche Abklärung notwendig, um schwerwiegendere Komplikationen auszuschließen.

Wie gefährlich ist eine Gehirnerschütterung bei Säuglingen und Kindern?

Gehirnerschütterungen können sowohl bei Säuglingen als auch bei Kindern ernsthafte Folgen haben, müssen aber unterschiedlich bewertet werden. Bei Säuglingen ist das Risiko aufgrund ihres noch unreifen Nervensystems höher. Bei älteren Kindern sind Gehirnerschütterungen in der Regel weniger gefährlich, und die meisten Kinder erholen sich vollständig, sofern keine zusätzlichen Risikofaktoren vorliegen. Dennoch sollten Eltern auf mögliche Langzeitfolgen wie das postkommotionelle Syndrom achten (anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsprobleme), das bei etwa 10-15 % der Kinder auftreten kann, besonders nach wiederholten Kopfverletzungen. Es ist wichtig, dass Kinder nach einer Gehirnerschütterung ausreichend Zeit zur Erholung haben, bevor sie wieder körperliche Aktivitäten aufnehmen.

Welche präventiven Maßnahmen gibt es, um Stürze von Säuglingen und Kindern zu vermeiden?

Es gibt verschiedene Maßnahmen, um Stürze und Verletzungen bei Kindern zu vermeiden. Im häuslichen Umfeld sollten Schutzgitter an Treppen und Fenstern angebracht, Möbelkanten gepolstert und Stolperfallen beseitigt werden. Babys und Kleinkinder sollten nie unbeaufsichtigt auf erhöhten Flächen wie Wickeltischen oder Betten gelassen werden. Im Freien ist das Tragen eines Helms bei Aktivitäten wie Radfahren oder Skateboarden unerlässlich. Auch auf Spielplätzen sollten Eltern auf sichere Spielgeräte und die Einhaltung von Spielregeln achten. Außerdem ist die Verwendung altersgerechter Kindersitze im Auto ein wichtiger Schutzmechanismus. Durch diese Maßnahmen können viele Unfälle und Verletzungen vermieden werden.

Wann ist es notwendig, einen Arzt aufzusuchen oder in die Notaufnahme zu gehen?

Eltern sollten besonders wachsam sein, wenn ihr Kind eine Kopfverletzung erlitten hat. Bestimmte Symptome erfordern eine sofortige ärztliche Abklärung, darunter Bewusstlosigkeit, anhaltende starke Kopfschmerzen, wiederholtes Erbrechen oder ungewöhnliche Schläfrigkeit und Verwirrtheit. Auch Krampfanfälle, Flüssigkeitsaustritt aus Nase oder Ohren sowie eine gespannte Fontanelle bei Säuglingen sind ernstzunehmende Warnsignale. Die Fontanelle ist eine weiche Stelle im Schädel von Babys, die das Wachstum des Gehirns und die Geburt erleichtert. Die Fontanelle schließt sich meist zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat. Falls keine dieser Symptome auftreten, kann es ausreichen, das Kind zu Hause zu beobachten. Dennoch gilt: Im Zweifelsfall lieber einmal zu oft den Arzt aufsuchen, um auf der sicheren Seite zu sein.

Meistens kann das Kind zu Hause bleiben: Wie behandle ich mein Kind?

Zu Hause ist es wichtig, das Verhalten des Kindes genau zu beobachten. Wenn das Kind erbricht, über Kopfschmerzen klagt oder ungewöhnlich müde wirkt, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden. Körperliche und geistige Ruhe sind entscheidend, und Aktivitäten wie Bildschirmzeit oder laute, stimulierende Reize sollten vermieden werden. Mindestens 24 bis 48 Stunden Erholung sind notwendig, bevor das Kind wieder normale Aktivitäten aufnimmt.

Erkennung von ernsthaften Beulen – wie beurteile ich sie?

Eine harte Beule nach einem Sturz ist in der Regel unbedenklich und deutet nicht auf eine schwerwiegende Verletzung hin. Eine weiche, teigige Schwellung hingegen könnte auf einen Bruch oder Riss im Schädelknochen hindeuten – in diesem Fall sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden. Eine Beule an der Stirn mit einer weichen Schwellung in der Mitte ist in der Regel harmlos. Trotzdem sollten solche Verletzungen beobachtet und im Zweifelsfall medizinisch abgeklärt werden.

Symptome und Warnzeichen einer Gehirnerschütterung in der Übersicht

  • Bewusstlosigkeit (länger als 5 Sekunden)
  • Wiederholtes Erbrechen
  • Starke Kopfschmerzen
  • Übermäßige Müdigkeit oder Schläfrigkeit
  • Verwirrtheit oder Verhaltensänderungen
  • Vermehrtes Weinen oder ungewöhnliches Verhalten bei Säuglingen
  • Unterschiede in der Pupillengröße
  • Krampfanfälle
  • Sichtbare Kopfverletzungen
  • Flüssigkeitsaustritt aus Nase oder Ohren
  • Gespannte Fontanelle bei Säuglingen

PD Dr. med. habil. Peter Zimmermann
Oberarzt
Facharzt für Kinderchirurgie
Facharzt für Allgemeine Chirurgie
Facharzt für Chirurgie und spezielle Unfallchirurgie
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
an der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH)

Die Kinderchirurgie, vertreten durch die DGKCH, ist eine wesentliche Säule der konservativen und operativen Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland. Zu ihr gehören neben der allgemeinen Kinderchirurgie die Neugeborenenchirurgie, Kinderurologie, Kindertraumatologie (Kinderunfallchirurgie) und die chirurgische Kinderonkologie. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurginnen und Kinderchirurgen, denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.

Kindgerechte chirurgische Versorgung in Deutschland darf durch die Reform nicht auf der Kippe stehen

Berlin, den 08.10.2024 – Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) wendet sich mit einer Richtigstellung bezüglich des Spektrums der kinder- und jugendchirurgischen Versorgung an die Mitglieder des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages.

Anlass für das Schreiben war die getroffene Aussage während der Anhörung zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) am 25.09.24, dass die Kinder- und Jugendchirurgie im Prinzip der Viszeralchirurgie des Erwachsenen entspräche. Dagegen wehrt sich die Fachgesellschaft entschieden. „Aussagen dieser Art sind kontraproduktiv. Sie implizieren, dass eine kinderchirurgische Abteilung an den Kliniken oftmals nicht gebraucht wird. Dies ist aber falsch“, betont PD Dr. Barbara Ludwikowski, Präsidentin der DGKCH und Chefärztin der Kinderchirurgischen Klinik im Krankenhaus Auf der Bult in Hannover. „Das Gesundheitssystem braucht eine Reform und grundlegende Veränderungen, das ist allen Beteiligten klar. Diese dürfen die chirurgischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen aber auf keinen Fall in Gefahr bringen.“

Die Kinder-und Jugendchirurgie bildet ein breites medizinisches Spektrum ab und ist dabei hochspezialisiert. Kinder- und Jugendchirurgen und -chirurginnen behandeln junge Patientinnen und Patienten mit kinderurologischen, kindertraumatologischen und kinderneurochirurgischen Erkrankungen sowie Erkrankungen aus dem pädiatrisch-plastischen und kinderonkologischen Bereich. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf das geltende Ausbildungscurriculum des Fachs hin. 

„Die im Gesundheitsausschuss geäußerte Meinung geht an der Realität und dem Versorgungsanspruch von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern vorbei“, erklärt Dr. Joachim Suß, Pressesprecher der DGKCH und Chefarzt der Abteilung für Kinderchirurgie am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg. „Über die letzten Jahrzehnte wurden an vielen Standorten gut funktionierende Kinderchirurgische Einrichtungen geschaffen, so dass flächendeckend eine sehr breit gefächerte kindgerechte Versorgungsstruktur geschaffen wurde. Dies sollte der Maßstab sein. Abweichungen hiervon können auf Landesebene im Nachgang geregelt werden“, so Suß.

Das Schreiben an den Gesundheitsausschuss finden Sie hier.

Experte für Verbrennungen fordert Eltern auf: Kinder im Sommer vor Sonnen- und UV-Strahlung schützen

Berlin, den 30. Juli 2024: Interview mit Dr. med. Joachim Suß, Chefarzt der Abteilung für Kinderchirurgie am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg und ausgewiesener Spezialist für Verbrennungen im Kindesalter, zum Sonnenschutz von Kindern im Sommer.

Herr Dr. Suß: Was ist der Unterschied zwischen Baby-/Kinderhaut und Erwachsenenhaut? 

Die Haut von Kindern ist viel empfindlicher gegenüber Sonnenstrahlen als die von Erwachsenen. Das liegt daran, dass sie erheblich dünner und dadurch nicht so widerstandsfähig gegenüber Belastungen ist, seien es mechanische, thermische oder UV-Belastungen. Daher sollte die Haut von Kindern gerade im Sommer unbedingt vor der Sonne geschützt werden. 

Was sind die besten Maßnahmen, um Kinder und Jugendliche vor Sonnen- und UV-Einstrahlung zu schützen? 

Schatten ist immer gut! Babys, Kinder und auch Jugendliche sollten nie der direkten Sonne aussetzen werden. Bei Sonnenschutzcreme ist ein hoher Lichtschutzfaktor zu wählen, im Hochsommer empfehlen wir Faktor 50+. Nach dem Baden im Pool und in der See sollte erneut eingecremt werden. Kinder sollten immer eine Kopfbedeckung tragen, mache benötigen auch eine spezielle Kleidung mit UV-Schutz – z.B. bei Vorerkrankungen. Wichtig ist auch, die Kinder draußen zu beobachten und ggf. in den Schatten zu holen, denn sie achten nicht darauf, wo sie spielen.

Was mache ich, wenn sich mein Kind doch einen Sonnenbrand hat? In welchen Fällen und wie schnell muss mein Kind zum Arzt bzw. welche Anlaufstelle ist die richtige? 

  1. Das Kind sollte sofort aus der Sonne genommen und in einen möglichst kühleren, schattigen Bereich gebracht werden, damit der Körper wieder runterkühlen kann. Kalte Umschläge sollten nur an lokalen Stellen aufgebracht werden, ansonsten besteht die Gefahr, dass das Kind sich unterkühlt. Bei Schmerzen können Eltern einen Schmerzsaft geben. Wichtig ist, dass die Kinder ausreichend Flüssigkeit bekommen. 
  2. Zum Kinderarzt bzw. zur Kinderärztin sollte man gehen, wenn eine große Oberfläche des Körpers betroffen ist, insbesondere, wenn sich Blasen bilden. Dann benötigt das Kind eine professionelle Wundauflage. 
  3. Wenn die Praxen schon geschlossen haben, sollten Eltern den ärztlichen Notdienst rufen. Bei ganz ausgeprägten Fällen von Sonnenbrand muss unter Umständen der Flüssigkeitsverlust durch Infusionen ausgeglichen, Schmerzmittel verabreicht sowie spezielle Wundverbände aufgelegt werden.

Wie hoch ist die Anzahl an Kindern/Jugendlichen, die jährlich in Praxen und Kliniken mit Verbrennungen durch UV- und Sonnenlicht behandelt werden? Wie ist hier die Tendenz?

Richtig schwerer Sonnenbrand ist selten. In der Klinik sehen wir vor allem thermische Verletzungen durch heiße Flüssigkeiten und Feuer. 

Alle Kinder, die eine thermische Verletzung erleiden, erhalten eine intensive Beratung und Betreuung bezüglich Sonnenschutz. Nach thermischen Verletzungen besteht grundsätzlich die Gefahr der Pigmentierungsstörung der Haut. Diese kann sich bei Sonnenlicht noch verstärken. Zudem müssen insbesondere auch die kleinen Patientinnen und Patienten mit Hauttransplantationen geschützt werden. 

Was sind die Gefahren, wenn Kinder sich durch Sonnen- und UV-Strahlung Hautverbrennungen zufügen? 

Kurzfristig kommt es zur Hautreizung, Blasenbildung, dazu kommen Schmerzen, Fieber und Flüssigkeitsverlust. Langfristig wird die Haut geschädigt: Der Alterungsprozess verstärkt sich, die Haut wird schneller runzelig und faltig, verliert schneller ihre Elastizität. Außerdem wird die Entwicklung von Hautkrebs begünstigt. Übrigens: Je heller ein Hauttyp ist, desto sonnenempfindlicher ist er. Dunkle Hauttypen tolerieren mehr. Nichtsdestotrotz gelten bei Kindern die Sonnenschutzregeln für alle Hauttypen.

Dr. Joachim Suß' Abteilung ist spezialisiert auf Verbrennungen von Kleinkindern und Heranwachsenden. In seinem Team arbeiten Wundexpertinnen und spezialisierte Pflegekräfte für thermische Verletzungen, die Eltern und ihre Kinder in der Verbrennungssprechstunde beraten.

Mehr Infos hier: www.kindergesundheit-info.de

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie gratuliert dem Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands zum 25. Jubiläum

Berlin, den 26.06.2024 - Im Mai trafen sich die Mitglieder des Berufsverbands der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands e.V. (BNKD) zur feierlichen 25. Jahrestagung in Bielefeld. Die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH), PD Dr. med. Barbara Ludwikowski, gratulierte in ihrer Festrede herzlich zum Jubiläum des kinderchirurgischen Berufsverbands und betonte die gute und wichtige Zusammenarbeit beider Verbände.

„Unser gemeinsames Ziel ist eine flächendeckende und finanziell abgesicherte ambulante kinderchirurgische Versorgung. Daran arbeiten wir Hand in Hand – insbesondere in Zeiten des gesundheitspolitischen Wandels“, so Ludwikowski. 

Seit den Neunzigerjahren hat sich die Zahl der ambulanten kinderchirurgischen Praxen vervielfacht. Waren es initial (1993) nur eine Handvoll bundesweit, die sich zunächst in einem „Arbeitskreis niedergelassener Kinderchirurgen Deutschlands“ (ANKID) zusammenschlossen, sind es mittlerweile rund siebzig schwerpunktmäßig ambulant tätige Einrichtungen. Aus dem Arbeitskreis heraus gründete sich dann der „Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands e.V. in seiner heutigen Struktur. Die Gremien- und Verbandsarbeit für die ambulante Kinderchirurgie betreibt der heutige BNKD also nunmehr seit mehr als 25 Jahren. „Mit derzeit rund 50.000 ambulanten kinderchirurgischen Eingriffen pro Jahr leisten die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen einen kleinen, aber wichtigen Teil der hochspezialisierten ambulanten chirurgischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“, erklärt Dr. med. Ralf Lippert, erster Vorsitzender des BNKD.

Auch die Aus- und Weiterbildung des ärztlichen kinderchirurgischen Nachwuchses wird sich zumindest in Teilen in den ambulanten Sektor verlagern müssen. Hier gelte es, gemeinsam gute Strukturen und Bedingungen zu entwickeln, damit das Fach zukunftsfähig werde und bleibe, betont Lippert. Über die berufspolitische und fachliche Arbeit hinaus engagiert sich der BNKD auch sozial, indem er jährlich gemeinnützige Hilfsprojekte mit Spenden unterstützt. Die Fachgesellschaft und den wissenschaftlichen Nachwuchs des kinderchirurgischen Faches bereichert er durch die jährliche Auslobung des Gero-Wesener-Vortragspreises, benannt nach einem der Gründerväter des Berufsverbands. Anlässlich der Jubiläumstagung des BNKD erreichten den Verband Glückwünsche und Grußworte seiner Kooperationspartner, dem Berufsverband der niedergelassenen Chirurgen Deutschlands e.V. (BNC, Jan Henniger), dem Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC, Dr. med. Peter Kalbe), dem Bundesverband ambulantes Operieren e.V. (BAO, Dr. med. Christian Deindl) und dem Berufsverband der Kinder- und JugendärztInnen e.V. (BVKJ, Dr. med. Stefan Trapp), die allesamt eine gut funktionierende Zusammenarbeit im Interesse der ihnen anvertrauten chirurgisch kranken Kinder unterstrichen. 

Der BNKD e.V. wird sich auch in Zukunft getreu Artikel 24 der UN-Kinderrechtskonvention vom 20. November 1959 und 02. September 1990: Alle Kinder haben ein Anrecht auf eine optimale kindgerechte medizinische Versorgung für seine Patientinnen und Patienten einsetzen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie steht dem Berufsverband dabei zur Seite.

Der Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands e.V. hat den Ausbau und die Sicherung der freien Berufsausübung des niedergelassenen Kinderchirurgen zum Wohle der Patienten im Kindes- und Jugendalter zum Ziel. Der Berufsverband fordert eine kinderchirurgische Versorgung, die sich am Stand der Wissenschaft orientiert und unter wirtschaftlich und gesundheitspolitisch vernünftigen Bedingungen erbracht werden kann.

Kinderunfälle im Haus vermeiden, damit sie kein Fall für die Kinderchirurgie werden

Berlin, den 08.06.2024 – Viele Menschen verlassen sich auf ihr Gefühl. Das gilt auch für Eltern kleiner Kinder. Sie halten ihr Zuhause für den sichersten Ort und unterschätzen Gefahren, die hier lauern. Tatsächlich schätzt die Mehrzahl der Eltern den Straßenverkehr als besonders bedrohlich ein. Doch diese Einschätzung ist falsch.

Anlässlich des deutschlandweiten Kindersicherheitstags am 10. Juni macht die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie auf die Gefahren für kleine Kinder im Haushalt aufmerksam und gibt Tipps für einen sicheren Umgang in den eigenen vier Wänden.

Die Unfallstatistik zeigt: Fast zwei Drittel der Unfälle bei Kindern unter drei Jahren passieren zu Hause und in der unmittelbaren Wohnumgebung. Unter den Alltagsverletzungen stehen Sturzunfälle an erster Stelle. Das höchste Risiko, einen schweren Unfall zu erleiden, haben Säuglinge und Kleinkinder. Eine repräsentative Umfrage der BAG Mehr Sicherheit für Kinder e.V. zusammen mit ihren Kooperationspartnern Ariel und Lenor des Konsumgüterherstellers Procter & Gamble (P&G) unter mehr als 1.000 Eltern hat herausgefunden, dass sich viele Eltern über Kinderunfälle zuhause gut informiert fühlen. 

Trotzdem benötigen gerade junge Eltern mit dem ersten Kind immer wieder Tipps zur Sturzprävention, da es ständig zu gefährlichen Situationen kommen kann. Grundsätzlich sollten kleine Kinder niemals alleine bei geöffnetem Fenster oder auf dem Balkon spielen. Fenster und Türen können mit Sicherheitsriegeln oder Schlössern versehen werden. Laufwege und Treppen sollten frei geräumt und gefährliche Ecken abgesichert werden. Eltern sollten mit ihren kleineren Kindern das Treppen steigen trainieren: Erst rückwärts krabbelnd, später mit einer Hand am Handlauf. Es ist wichtig, auf rutschfeste Socken und Schuhe zu achten! Kinder sollten zudem nicht auf Möbel und Regale klettern. Eine weitere Vorsichtsmaßnahme besteht darin, Regale an der Wand zu fixieren. 

„Eine Gefahrenquelle sind zudem die bei Familien beliebten Hochbetten. Es ist wichtig zu wissen, dass sie sich erst ab dem Schulalter eignen. Bei jüngeren Kindern sollten Eltern zugunsten der Sicherheit darauf verzichten. Außerdem gilt es darauf zu achten, dass das Hochbett kein Ort zum Toben ist“, betont die Präsidentin Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie PD Dr. med. Barbara Ludwikowski.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie ist Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft "Mehr Sicherheit für Kinder" und macht am Kindersicherheitstag auf die große Bedeutung der Unfallprävention im Kindesalter aufmerksam.

Bei seltenen Erkrankungen ist gerade die Kinderchirurgie gefragt!

Berlin, den 26.02.2024 – Die Kinderchirurgie nimmt eine zentrale Rolle bei der Behandlung seltener Erkrankungen ein. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) fordert daher, dass das Know-How der Kinderkliniken durch ausreichende Finanzierung und qualitative Weiterbildung gewährleistet bleiben.

Anlässlich des Internationalen Tags der seltenen Erkrankungen am 29. Februar macht die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) auf die besondere Verantwortung der Kinderchirurgie für Menschen mit seltenen Erkrankungen aufmerksam. Seltene Erkrankungen haben eine große Bandbreite. So behandelt die Kinderchirurgie etwa Fälle angeborener Fehlbildungen des gesamten Verdauungstraktes von der Speiseröhre bis zum Anorektum, der Gallenwege und des Zwerchfells in hochspezialisierten Zentren, urogenitale Erkrankungen oder auch die genetisch bedingte Hautkrankheit Epidermolysis bullosa. Was diese Fälle eint: Alle brauchen eine hochspezialisierte, intensive Behandlung und Betreuung von ausgewiesenen Expertinnen und Experten in den einzelnen Bereichen der Kinderchirurgie und in Kooperation mit den pädiatrischen und psychotherapeutischen Kolleg:innen.

„Wir haben hier eine besondere gesellschaftliche Verantwortung. Kinder sollen nicht nur bestmöglich, sondern auch altersgerecht behandelt werden. Ganz besonders wichtig ist dieser Aspekt bei komplexen Fehlbildungen und seltenen Erkrankungen. Die Familien haben einen erhöhten Bedarf an medizinischer, aber auch psychologischer Begleitung. Die Kinderchirurgen und -chirurginnen begleiten sie bereits vor der Geburt bis zur Transition in die Erwachsenenmedizin. Diese Kinder haben einen besonderen Anspruch auf eine kindgerechte Versorgung.“, erklärt die Präsidentin der DGKCH, PD Dr. med. Barbara Ludwikowski. Die kinderchirurgische Fachgesellschaft fordert daher von der Politik, die Kinderkliniken und die in der Kinderchirurgie Tätigen in den Fokus der Krankenhausreform zu nehmen.

„Die Politik muss den Wert der Kinderkliniken erkennen und entsprechend handeln. Das heißt, dass sie im Zuge der geplanten Zentralisierung von Leistungen sowohl die Finanzierung als auch die Weiterbildung berücksichtigen und zum zentralen Aspekt der Krankenhausreform machen muss. Nur so können Fälle wie seltene Erkrankungen bei Kindern zukünftig adäquat behandelt und versorgt werden“, unterstreicht Ludwikowski.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. vertritt das Fach Kinderchirurgie in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Gegründet im Jahr 1963, schafft die DGKCH bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland.

2023

Kinder und Jugendliche vor den Folgen der Klimakrise schützen – Appell der Kinderchirurgie an die Politik

Berlin, den 13.12.2023 – Anlässlich der Klimakonferenz COP 28, die derzeit in Dubai in die Verlängerung geht, hat die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) eine deutliche Botschaft an die Politik: Die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen steht auf dem Spiel, wenn wir nicht endlich an die Gesundheit unserer Erde denken.

„Insbesondere für die nachfolgenden Generationen werden die Auswirkungen des Klimawandels, falsche Ernährung und mangelnde Mobilität die größten Gesundheitsgefahren darstellen“, erklärt PD Dr. med. Barbara Ludwikowski, Präsidentin der DGKCH. „Nicht nur die Prävention und der besondere Schutz der Kinder und Jugendlichen vor den bereits merkbaren Folgen der Erderwärmung, sondern auch die Begrenzung von CO2 Ausstoß und Umweltverschmutzung müssen schnellstens vorangetrieben werden, um zusammen mit der Förderung von gesunder Ernährung und Bewegung eine weitere Verschlimmerung der Situation und damit einhergehende Gefahren für die Gesundheit der jungen Generationen zu begrenzen.“

DGKCH unterstützt die Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit in ihren Forderungen

Die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrie der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG) hat ein Positionspapier erstellt, das die DGKCH ausdrücklich unterstützt. In diesem Positionspapier hat KLUG fünf Themen herausgearbeitet, die für Heranwachsende besonders relevant sind und in denen dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu schützen.

Drei Punkte hebt die DGKCH hervor, die auf die Kinderchirurgie großen Einfluss haben:

1. Hitze / UV-Strahlung:

„Die Frequenz der Kinder, die von der Hautarztpraxis bei Kinderchirurginnen und -chirurgen vorgestellt werden, um suspekte „Leberflecken“ entfernen zu lassen, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen“, so Dr. med. Ralf Lippert vom Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen in Deutschland e.V. (BNKD).

Kinder reagieren empfindlicher auf Hitze und auf UV-Strahlung als Erwachsene. Sie haben als vulnerable Gruppe ein hohes Risiko für Hitzeschäden und Austrocknung, für Sonnenbrand und dadurch für späteren Hautkrebs. Die Zahl der Krankenhausbehandlungen von Kindern nimmt in Hitzeperioden deutlich zu. Besonders groß ist die Gefahr durch Hitze und UV-Strahlung für Neugeborene und Kleinkinder, aber auch für Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen. 

2. Ernährung

„Immer mehr Kinder haben neben einer chirurgischen zu behandelnden Erkrankung Übergewicht oder auch Diabetes. Dadurch wird die Wundheilung beeinflusst, die postoperative Phase der Mobilisation ist verlängert und die Kinder haben häufig längere Krankenhausverweildauern. Auch ist das Übergewicht im Kindes- und Jugendalter mittlerweile zu einem relevanten gesamtgesellschaftlichen und kindermedizinischen Problem geworden, welches langfristig die Gesundheit der betroffenen Kinder nicht nur im Bereich des Herz- Kreislaufsystems beeinträchtigt, sondern auch Stoffwechselprobleme und Probleme im Bereich der Knochen und Gelenke induziert“, erklärt Dr. med. Petra Degenhardt, Sekretär der DGKCH und Chefärztin der Klinik für Kinderchirurgie am Klinikum Westbrandenburg in Potsdam.

Eine ausgewogene, pflanzenbasierte, schadstofffreie und zuckerarme Ernährung ist gleichzeitig gesund und klimafreundlich. Sie schützt vor Übergewicht, Herzinfarkten, Schlaganfällen, Bluthochdruck und Diabetes Typ 2. Eine solche Ernährung sowie Zugang zu sauberem Trinkwasser sollten allen Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehen. Sie muss durch sozial gerechte Maßnahmen für alle Bevölkerungsgruppen ermöglicht und gefördert sowie in öffentlichen Institutionen angeboten werden. Zudem dürfen klima- und gesundheitsschädliche Lebensmittel nicht beworben oder bezuschusst werden. Gesunde und nachhaltige Ernährung muss zur günstigsten und einfachsten Alternative gemacht werden.

3. Mobilität

„Klingt erst einmal paradox, ist aber logisch: Ohne Bewegung sind die Heranwachsenden anfälliger für Unfälle. Den direkten Beweis haben wir durch die Corona-Pandemie bedingte Isolationsphase: Nachdem die jungen Leute rund zwei Jahre durch das zu Hause Herumsitzen praktisch bewegungslos waren, stiegen in den Kliniken die unfallbedingten chirurgischen Fälle drastisch an, als alle wieder raus durften“, erklärt Dr. med. Joachim Suß, Pressesprecher der DGKCH und Chefarzt der Kinderchirurgie im Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg.

Selbstständige Fortbewegung und körperliche Betätigung fördern die Ausbildung der motorischen Fähigkeiten von Kindern, sie unterstützen die Entwicklung des Gehirns und ermöglichen vielerlei Lernprozesse. Bewegung verringert das Risiko für Übergewicht bei Kindern und Erwachsenen und schützt so vor vielen Erkrankungen. Die selbstständige Mobilität von Kindern dient dauerhaft der Bewegungsfreude, schafft Begeisterung für die eigenständige Fortbewegung und erhöht dadurch das Selbstvertrauen von Kindern. Dafür muss sie risikoarm und altersgerecht möglich sein. Hierfür ist eine entsprechende Infrastruktur erforderlich. Das digitalisierte Lernen und die Verfügbarkeit von elektronischer Freizeitbeschäftigung führt bei vielen Kindern und Jugendlichen zu Bewegungsmangel und Übergewicht. Ihnen muss genügend Zeit für körperliche Betätigung bleiben. 

„Klar ist: Die Politik und wir alle müssen sofort handeln. Körperliche und auch psychische Schäden, die durch den Klimawandel, durch ungesunde Ernährung gepaart mit einem Mangel an Bewegung bei Kindern und Jugendlichen verursacht werden, beeinträchtigen sie ein Leben lang“, betont Ludwikowski.

Positionspapier der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit „Kinder vor den Folgen der Klimakrise schützen“

Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen in Deutschland: www.kinderchirurgie.com

Die Kinderchirurgie fordert die Sicherstellung der Notfallversorgung und eine realistische Bedarfsplanung

Für die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) sowie den Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen in Deutschland (BNKD) ist die Situation der hoffnungslos überfüllten Notfallaufnahmen nicht mehr tragbar.

Im Rahmen des 46. Deutschen Krankenhaustags, der kommende Woche stattfindet, fordern die Verbände daher neben den von der Regierungskommission vorgeschlagenen Institutsambulanzen die Einrichtung von Portalpraxen an den Kliniken, sowie eine realistische Bedarfsplanung, um die Patientenströme vorausschauend steuern zu können.

„Die Anzahl von Kindern, die die kinderchirurgischen Notfallambulanzen in den Kliniken aufsuchen, geht durch die Decke“ – so beschreiben Frau PD Dr. Barbara Ludwikowski, Chefärztin der Klinik für Kinderchirurgie am Kinderkrankenhaus auf der Bult in Hannover und Präsidentin der DGKCH, und Dr. Joachim Suß, Chefarzt der Abteilung für Kinderchirurgie am Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg, unisono die sehr angespannte Situation in den Kliniknotfallambulanzen. „Wir kommen nicht mehr zur Behandlung der wirklich kritischen Fälle, weil täglich zahllose Kinder in die Klinik kommen, die keine Notfälle sind und keiner Krankenhausbehandlung bedürfen.“

Zu den Fällen, die nicht in eine Notaufnahme gehören, zählen unter anderem Prellungen, Verstauchungen, Platzwunden, Schürfwunden, Wundkontrollen, Gipskontrollen und Nachbehandlungen nach chirurgischer Versorgung, die durch die Pädiatrie oder Chirurgie nicht weiterbehandelt werden können. Auch eine Vielzahl von Fällen, die bereits vor einigen Tagen passiert sind, gehört dazu. „In der Notaufnahme des Wilhelmstifts werden täglich etwa vierzig Kinder mit chirurgischen Problemen angemeldet, die keine Notfälle sind. Eine Katastrophe für die Versorgung tatsächlicher kinderchirurgischer Notfälle“, so Dr. Joachim Suß. „Die niedergelassenen Kinderärztinnen und -ärzte können die chirurgische Notfallversorgung nicht leisten und die niedergelassene Erwachsenenchirurgie behandelt in der Regel keine Kinder. Dadurch drängen diese sogenannten Bagatellfälle in die chirurgische Notaufnahme. Und dies sowohl während der regulären Praxisöffnungszeiten als auch abends und an den Wochenenden.“

Anders als im Bereich der Pädiatrie gebe es keine Möglichkeiten, die jungen Patient:innen an die niedergelassenen Kinderchirurg:innen, beziehungsweise außerhalb der Praxisöffnungszeiten an den Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) zu verweisen. „Für chirurgisch kranke Kinder gibt es keinen KV-Notdienst. Die Situation in Hannover: Bis auf zwei völlig überlaufene niedergelassene Kinderchirurgen existieren keine weiteren Vertragsärzte, die diese Kinder behandeln könnten. Die beiden kinderchirurgischen Vertragsärzte können auch nicht zu zweit einen KV-Notdienst für chirurgisch kranke Kinder etablieren – anders als es von den mehr als sechzig niedergelassenen Pädiaterinnen und Pädiatern in Hannover und Umgebung geleistet wird“, so Ludwikowski. Daher bleibt nur die Notaufnahme der kinderchirurgischen Kliniken und Abteilungen als der Anlaufort für alle chirurgisch kranken Kinder, seien es die Bagatellverletzungen, Verletzungen, die einer Krankenhausbehandlung bedürfen, oder Schulunfälle. Die Folge sind endlose Wartezeiten für Kinder und Eltern und fehlende Zeit der Kinderchirurg:innen für echte Notfälle.

In den bundesweit gerade einmal 65 Praxen niedergelassener Kinderchirurg:innen ist ein ähnlicher Trend bemerkbar. Auch hier „stranden“ Bagatellen, die noch vor einigen Jahren von den niedergelassenen Kinderärzt:innen versorgt wurden. Behandlungen wie das Fädenziehen nach Operationen, Wundversorgungen oder die einfache Weichteil-Splitterentfernung nahmen noch vor wenigen Jahren die Kinderärzte vor. Heute kommen die Kinder damit zum Kinderchirurgen. „Am Montagmorgen stapeln sich die am Wochenende in den Notfallambulanzen der Kliniken behandelten Kinder geradezu zur Weiterbehandlung in den wenigen Praxen“, erklärt Dr. Ralf Lippert, Vorsitzender des Berufsverbands der niedergelassenen Kinderchirurgen in Deutschland e.V. (BNKD). „Die Eltern werden oft auf der Suche nach Weiterbehandlungsmöglichkeiten allein gelassen. Und bereits jetzt können in den Praxen elektiv vorzunehmende ambulante Eingriffe wie zum Beispiel die Operation eines Hodenhochstandes nicht mehr zeit- und leitliniengerecht erfolgen. Für diese Eingriffe bestehen inzwischen erhebliche Wartezeiten“, so Dr. Ralf Lippert. Was fehle ist eine an den realen Patientenzahlen orientierte aktualisierte Bedarfsplanung für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen.

DGKCH und BNKD fordern daher – abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und einer aktualisierten Bedarfsplanung – die Etablierung einer kinderchirurgischen Portalpraxis in den entsprechenden kinderchirurgischen Kliniken, extrabudgetär finanziert durch die KV. Da es in aller Regel keine oder nicht ausreichend vertragsärztliche Kinderchirurg:innen gibt, die dort eingesetzt werden können, könnte die KV zwei Facharztstellen im Schichtmodell finanzieren, die durch die jeweiligen Kliniken/Abteilungen für Kinderchirurgie gestellt werden. Außerdem ist die Finanzierung einer MFA-Stelle im Dreischicht-Modell für die Versorgung dieser Patienten notwendig. „Wir brauchen beides: für die Notfälle die Portalpraxis und für die Folgeversorgung, die von der Regierungskommission bereits vorgeschlagene Institutsambulanz in den Regionen, in denen es keine oder nicht ausreichend niedergelassene Kinderchirurginnen und -chirurgen gibt, die die Versorgung übernehmen könnten. Nur so können wir die jungen Patientinnen und Patienten sowohl akut als auch in der Nachsorge zufriedenstellend behandeln“, so Ludwikowski.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. vertritt das Fach Kinderchirurgie in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Gegründet im Jahr 1963, schafft die DGKCH bis heute Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland.

Der Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands e.V. hat den Ausbau und die Sicherung der freien Berufsausübung des niedergelassenen Kinderchirurgen zum Wohle der Patienten im Kindes- und Jugendalter zum Ziel. Der Berufsverband fordert eine kinderchirurgische Versorgung, die sich am Stand der Wissenschaft orientiert und unter wirtschaftlich und gesundheitspolitisch vernünftigen Bedingungen erbracht werden kann.

Die Kinderchirurgie auf dem Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2023

Beim diesjährigen Kongress für Kinder- und Jugendmedizin stellt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) ihre Themen vor.

„Die Kinderchirurgie ist in Deutschland gut aufgestellt. Trotz einer immer schwieriger werdenden Situation in Kliniken und Praxen halten sich die Kinderchirurginnen und -chirurgen auf dem neuesten wissenschaftlichen und technischen Stand, was sie auf dem diesjährigen Kongress für Kinder- und Jugendmedizin wieder beweisen“, erklärt Dr. med. Barbara Ludwikowski, Präsidentin der DGKCH.

Zwei Schwerpunktthemen: Medizin für Jungen und Digitalisierung der Kinderchirurgie
„Jungenmedizin“ behandelt die spezifischen Krankheiten und Probleme, die mit dem Heranwachsen von Jungen vergesellschaftet sind, in physischer wie psychischer Hinsicht. Beim Symposion „Jungenmedizin“ am Freitag, den 22. September um 15.15 Uhr stellt Professor Dr. med. Maximilian Stehr typische Krankheitsbilder exemplarisch und praxisorientiert vor. Er wird dabei nicht nur die Krankheitsbilder beschreiben, sondern auch die Notwendigkeit, Jungen stärker in das medizinische Versorgungs- und Vorsorgesystem einzubinden. Dieses Symposion soll unter anderem ein Ratgeber sein, der interdisziplinäres Denken und Arbeiten in eine praxisnahe Form bringt.

Die Kinderchirurgie im digitalen Wandel – werden Kinder zukünftig von Robotern operiert? Diese Frage wird Professor Dr. med. Jan Gödeke im Plenum am 23. September in der Sitzung „Veränderungen im digitalen Zeitalter“ erörtern. Gegenwärtig ist die Kinderchirurgie bei der Roboterassistenz noch weit weg davon, auf einem Stand mit der Erwachsenenchirurgie zu stehen. Eine einfache Skalierung ist nicht möglich. Kinder sind wie so oft „keine kleinen Erwachsenen“.

Dennoch befindet sich die Kinderchirurgie mitten im Prozess des digitalen Wandels. Dabei zeichnet sich die Kinderchirurgie gegenüber anderen medizinischen Fachgebieten durch besondere Stärken aus, die grundlegend ideal für eine erfolgreiche digitale Transformation sind: Kleine, agile Standorte für ein effektives „Design Thinking“ und gute nationale und internationale Vernetzungen sowie digital affine Mitarbeiter:innen, Patient:innen und Eltern zur erfolgreichen Testung, Weiterentwicklung und Implementierung neuer Ideen. Das Themengebiet der künstlichen Intelligenz für die Kinderchirurgie zeigt immer mehr Potential, da so der Datenschatz für seltene Fälle effektiver denn je ausgewertet werden kann und auch operative Ergebnisse mit und ohne robotische Assistenz harmonisiert werden können. Die Sicherheit der kinderchirurgischen Evaluation und Behandlung wird gesteigert werden.

Zum Programm: https://dgkj-kongress.de/programm/

Patientensicherheit für Kinder ist nicht nur eine ethische Verpflichtung, sondern auch eine Investition in die Zukunft

Berlin, den 15. September 2023 – Anlässlich des Welttages der Patientensicherheit am 17. September, der dieses Jahr unter dem Motto steht: „Stimme der Patientinnen und Patienten stärken“ weist die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) darauf hin, dass die Patientensicherheit für Kinder nicht nur eine ethische Verpflichtung der Gesellschaft ist, sondern auch eine Investition in die Zukunft.

„Besonders in der operativen Kindermedizin ist es wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, die die Sicherheit der kleinen Patienten im Krankenhaus, aber auch bei der ambulanten medizinischen Versorgung gewährleisten. Aus Sicht der Kinderchirurgen ist ein offener Umgang mit Fehlern eine unbedingte Voraussetzung zur Verbesserung der Patientensicherheit für Kinder. Besser als Fehleranalyse zu betreiben ist es aber, Maßnahmen zur Fehlervermeidung zu ergreifen“, erklärt Frau PD Dr. med. Barbara Ludwikowski, Präsidentin der DGKCH.

Daher fordert die Fachgesellschaft für alle Einrichtungen, die Kinder behandeln, insbesondere:

  • Die Kommunikation mit Kindern und ihren Familien zu fördern, um ihre Bedenken, Wünsche und Erwartungen zu verstehen und zu berücksichtigen
  • Eine kindgerechte Umgebung zu schaffen, die sicher und für Kinder komfortabel ist
  • Die Anpassung von Leitlinien, Protokollen und Standards an die kinderspezifischen Anforderungen
  • Die Schulung und Sensibilisierung des Gesundheitspersonals für die Besonderheiten der Kindermedizin

Die Umsetzung dieser Maßnahmen in allen Bereichen, die Kinder behandeln, ist ein Beitrag zur Erhöhung der Behandlungssicherheit von Kindern. Die Kinder und ihre Angehörigen müssen sich darauf verlassen können, jederzeit fachgerecht und kompetent von Personal betreut zu werden, das in den Besonderheiten der Kindermedizin geschult ist. Nur so kann das Vertrauen der Kinder und ihrer Eltern in unser Gesundheitssystem erhalten und gefestigt werden.

Mehr Informationen zum Welttag der Patientensicherheit hier.

Die Kinderchirurgie in Deutschland sieht sich gut aufgestellt

Berlin, den 5. Juli 2023 – Unter dem Motto „Quo vadis? Kinder- und Jugendchirurgie. Gestalten wir die Zukunft oder werden wir von der Zukunft gestaltet?“ fand am 1. und 2. Juli 2023 das Konsultationstreffen der Leitenden Kinderchirurg:innen der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) mit Beteiligung des Berufsverbandes der niedergelassenen Kinderchirurg:innen Deutschlands e.V. (BNKD) statt, um wesentliche aktuelle Themen zur chirurgischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu besprechen.

Auf dem jährlich stattfindenden Konsultationstreffen wurden die Schwerpunkte Personalmangel an deutschen Kinderkliniken, nachhaltige Medizin sowie Künstliche Intelligenz (KI), inklusive des roboterassistierten Operierens diskutiert. Aber auch der Ökonomie, und damit der Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin, wurde im Gespräch mit dem GKV und der Politik Raum gegeben.

Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz wurde umfassend von Dr. Wolfgang Hildesheim, IBM Direktor Watson, Data Science & Artificial Intelligence, Hamburg, dargestellt. Im Anschluss erfolgte die Vorstellung des Einsatzes der KI am Projekt „Kinder, Knochen und Künstliche Intelligenz“ durch Dr. Ludger Tüshaus vom Universitätsklinikum Lübeck.

Als weitere Schwerpunktthemen wurden „Personalsituation und Akquise – aktuelle Problematik und Lösungsstrategien“ durch Joachim Prölß, Pflegedirektor und Vorstand am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und „Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Krankenhaus“ durch Dr. Anne Hübner von der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit, Berlin, sehr umfassend analysiert.

In Bezug auf die Ökonomie wurden „Stand und Perspektive der Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes“ von Johannes Wolf, Referatsleiter Krankenhausvergütung beim GKV-Spitzenverband, vorgetragen. Nezahat Baradari, Mitglied des Bundestags (SPD) und Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, hielt den Vortrag „Welche Perspektiven kommen aus der Politik“. Mit dem Thema „Hybrid DRG. Erste Erfahrungen aus der Praxis“ wurde von Thomas Kugler von der Kinderchirurgischen Praxis Ulm der erste Sitzungstag abgeschlossen.

Am zweiten Sitzungstag beschäftigten sich die Teilnehmenden mit fachspezifischen Themen. Die Kindertraumatologie und die „Zusatzweiterbildung – Kinderurologie“ wurden von den PD Dr. Dirk Sommerfeld und Professor Dr. Maximilian Stehr, Altonaer Kinderkrankenhaus/Cnopf’sche Kinderklinik in Nürnberg, beschrieben. Im Anschluss stellte Professor Dr. Rolle vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main den Stand der im April dieses Jahres gegründeten „Exzellenzakademie“ vor.
 
Mit den wichtigen Themen „Qualitätsmanagement in der Kinderchirurgie – konkrete Tools zu Verbesserung der Ergebnisqualität“ durch Professor Dr. Benno Ure von der Medizinischen Hochschule Hannover, „Neues aus der Chirurgie: Roboter assistiertes Operieren. Sicht eines Viszeralchirurgen“ durch Professor Dr. Oliver Mann vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, „Roboter assistiertes Operieren: Welches System ist passend für Kinderchirurgen“ durch Professor Dr. Robert Bergholz vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, sowie die „Verschlüsselung seltener Erkrankungen – Pflicht und Wirklichkeit“ durch Dr. Andrea Schmedding vom Städtischen Klinikum Braunschweig fand das Konsultationstreffen seinen Ausklang.

„Die Kinderchirurgie in Deutschland ist auf einem guten Weg, die kommenden strukturellen Herausforderungen zu meistern und die medizinische Versorgung der uns anvertrauten Neugeborenen, Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Um so wichtiger sind Konsultationstreffen wie diese, um auch im Kontakt mit den Kostenträgern und der Politik einen Weg zu finden, die hochspezialisierte Chirurgie am Kind im Sinne der Daseinsfürsorge zu sichern und zu gewährleisten“, so PD Dr. Barbara Ludwikowski, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH).

Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V.
Pressestelle / Langenbeck-Virchow-Haus
Dr. Joachim Suß, Pressesprecher
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Den Sonnenbrand bei Kindern vermeiden – für eine ungetrübte Ferienzeit

Berlin, den 28. Juni 2023 – Die Ferienzeit steht vor der Tür. Viele Familien planen eine schöne Zeit – am Badesee, im Park, oder auch einen Urlaub – am Strand oder in den Bergen. Aber Achtung! Die Gefahr des Sonnenbrands wird unterschätzt.

Katrin Scherwatzki in der Wundsprechstunde mit einem kleinen Patienten.
Bild: Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift

Katrin Scherwatzki ist Wundexpertin und spezialisierte Pflegekraft für thermische Verletzungen in der Verbrennungssprechstunde am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg. Täglich berät sie Eltern, wie diese ihre Kinder vor Verbrennungen, unter anderem der Sonne, schützen können. „Jedes Jahr nehmen wir Kinder stationär auf, die eine Wundversorgung in Narkose erhalten müssen, weil sie einen schweren Sonnenbrand erlitten haben. Durch Vorsorgegespräche möchten wir den Familien dieses Leid ersparen“, erklärt sie. In einem interdisziplinären Team werden jedes Jahr mehr als 500 kleine Patientinnen und Patienten mit Brandverletzungen ambulant oder stationär versorgt.

„Die Haut von Kindern ist viel dünner als die von Erwachsenen und daher viel empfindlicher gegenüber Sonnenstahlen“, so Dr. med. Joachim Suß, Chefarzt der Abteilung für Kinderchirurgie und ausgewiesener Spezialist für Verbrennungen im Kindesalter. „Daher benötigt zarte Kinderhaut einen besonderen Schutz. Auch Hautpartien, die zuvor eine thermische Verletzung durch heiße Flüssigkeiten oder Feuer erlitten haben, sind extrem empfindlich und sollten – bei Erwachsenen übrigens auch – unbedingt vor der Sonne geschützt werden.“ 

Wundexpertin Scherwatzki berät in der Sprechstunde Eltern und Kinder sorgfältig, wie die empfindliche Haut von Babys und Kleinkindern bis ins Schulalter vor der Sonne geschützt werden kann. Hierzu eignen sich Sonnencremes mit einem sehr hohen Lichtschutzfaktor (LSF 30 oder 50), Kopfbedeckung und der Aufenthalt möglichst im Schatten. Oftmals gibt sie auch die Empfehlung zu einer speziellen UV-Kleidung, etwa für längere Aufenthalte im Freibad, Strand oder besonders für Urlaube in südlicheren Regionen. Kinder unter einem Jahr sollten möglichst gar nicht der direkten Sonnen ausgesetzt werden. „Die Eltern, die wir aufklären, sind sehr dankbar für unsere Hinweise“, so Scherwatzki. 

Wenn Eltern und Kinder diese Regeln beachten, können sich alle auf eine ungetrübte Ferien freuen. Mehr Infos hier: www.kindergesundheit-info.de

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Tag der seltenen Erkrankungen - Chancen der Datenerhebung nutzen

Berlin, den 28. Februar 2023 – Anlässlich des internationalen Tags der Seltenen Krankheiten appelliert die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) an die Politik, eine bessere Nutzung klinischer Daten für diese Patientengruppe möglich zu machen.

„Gerade bei seltenen Erkrankungen kann ein Erheben von und der Zugriff auf Daten Leben retten. Seltene Krankheitsbilder hat man eben nicht täglich in Klinik oder Praxis, findet sie aber möglicherweise in der Datenbank und kann so eine bessere Behandlung und Therapie durchführen“, erklärt Professor Udo Rolle, Präsident der DGKCH. 

In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Da es mehr als 7.000 unterschiedliche Seltene Erkrankungen gibt, ist die Gesamtzahl der Betroffenen trotz der Seltenheit der einzelnen Erkrankungen hoch. Allein in Deutschland leben schätzungsweise etwa vier Millionen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung, in der gesamten EU geht man von 30 Millionen Menschen aus.

Viele dieser Erkrankungen werden bereits im Kindesalter sichtbar. Dies gilt insbesondere für angeborene Fehlbildungen, von denen viele zu den seltenen Erkrankungen gehören. Während es früher bei den Kindern mit solchen Fehlbildungen, insbesondere des Verdauungssystems, des Zwerchfells oder des Rumpfes darum ging, ein Überleben zu sichern, liegt der Fokus der Behandlung inzwischen auf der optimierten Funktion des fehlgebildeten Organsystems und der Lebensqualität. Insgesamt sind in Deutschland etwa 25.000 Kinder betroffen, bei vielen Kindern liegen mehrere Fehlbildungen gleichzeitig vor.

Da es in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern kein nationales Register für angeborene Fehlbildungen gibt, hat die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie 2015 mit der Entwicklung des KinderRegisters für angeborene Fehlbildungen begonnen. Ziel ist die deutschlandweite Erfassung der Patientinnen und Patienten mit angeborenen Fehlbildungen. Mit dem Register sollen neben der Darstellung von Häufigkeiten insbesondere auch die Behandlungsqualität und die Langzeitverläufe der Erkrankungen untersucht werden. Das Register konnte dank einer Förderung der Dr. Emil Alexander Huebner und Gemahlin-Stiftung in den letzten drei Jahren aufgebaut werden.

Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Registers bereiteten insbesondere die unterschiedlichen landesspezifischen Regelungen im Bereich Datenschutz und Ethik. Im Vergleich zu den Nachbarländern in Europa zeichnet sich Deutschland hier durch eine Vielfalt unterschiedlicher Gesetze aus, die eine rasche Realisierung eines nationalen Registers erschweren. Ab dem ersten November 2021 wurden die ersten Patienten erfasst. Nach etwas über einem Jahr sind bereits 20 Kliniken aus ganz Deutschland angeschlossen und haben Daten von 240 Patienten eingegeben.

„Für die Zukunft erhoffen wir uns für die Kinderchirurgie Regelungen in einem geplanten Gesundheitsdatennutzungsgesetz und im Registergesetz, die eine Vereinheitlichung der Datenschutzregelungen in Deutschland erreichen und eine bessere Nutzung von klinischen Daten für diese besondere Patientengruppe möglich machen, damit die gemeinschaftliche deutschlandweite Forschung schneller zum Wohl des Patienten durchgeführt werden kann“, unterstreicht Rolle. Der DGKCH begrüße die Stellungnahme „Erhebung von Fehlbildungen bei Neugeborenen“ der Bundesärztekammer, die darlegt, dass eine gesetzliche Regelung vorteilhaft wäre, um die mit dem geplanten „Nationalen Register für angeborene Fehlbildungen“ verbundene zentrale Speicherung von Daten zu ermöglichen.

Prof. Dr. Udo Rolle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie

Dr. Andrea Schmedding, Studienleitung des KinderRegisters für angeborene Fehlbildungen der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie
Gegründet im Jahr 1963, schafft die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bis heute die Grundlagen für eine bestmögliche kinderchirurgische Versorgung in Deutschland. Dazu gehören die Neugeborenenchirurgie, die allgemeine Kinderchirurgie und Kindertraumatologie wie auch die Kinderurologie. Die DGKCH vertritt das Fach in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Derzeit praktizieren hierzulande Fachärzte für Kinderchirurgie in 131 kinderchirurgischen Kliniken und Abteilungen. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurgen. Denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.

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2022

Operation oder Infekt? Herbst droht mit Wettbewerb um Klinikbetten für Kinder

Berlin, den 25. Oktober 2022 – Für den Herbst ist eine Verschärfung der stationären Versorgungslage von Kindern und Jugendlichen zu befürchten. Kinder, die dringende Operationen benötigen, müssen dann mit Kindern, die schwere Infektionen haben, um ein Klinikbett konkurrieren.

Verantwortlich sei vor allem der Pflegenotstand. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) appelliere an die Politik, hier für Abhilfe zu sorgen, so Dr. Joachim Suß, Pressesprecher der DGKCH und Chefarzt der Kinderchirurgie im Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg.  

Die von der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ eingesetzte Arbeitsgruppe „Pädiatrie und Geburtshilfe“ hat bereits im Juli in einer Stellungnahme eine gute Personalausstattung rund um die Uhr für eine hochwertige Versorgung und zur Vermeidung von Personalüberlastung als „essenziell“ bezeichnet. Eine Zusammenarbeit oder Zusammenlegung kleinerer Abteilungen könne die individuelle Arbeitslast verringern.

„Das löst aber nicht das Kernproblem. Nach der Umstellung der Pflegeausbildung 2020 kann man sich nicht mehr sofort auf die Kinderkrankenpflege spezialisieren, sondern erst später im dritten Ausbildungsjahr oder danach. Das ist für viele nicht motivierend, die diesen Beruf eigentlich ergreifen wollen“, sagt Suß.

Kritisch ist auch das Finanzierungssystem. Die derzeitigen Fallpauschalen im stationären Bereich (DRGs) bilden die Besonderheiten der operativen und konservativen Kindermedizin nicht ausreichend ab. Kinder und ihre Eltern stellen im Vergleich zur Erwachsenenmedizin einen hohen Personal- und Betreuungsaufwand dar. Mit den bestehenden DRGs können Kinderkliniken nicht kostendeckend arbeiten.

Die amtierende Bundesregierung hat schon im Koalitionsvertrag versprochen, für eine bedarfsgerechte Finanzierung der Pädiatrie, einschließlich der Kinderchirurgie zu sorgen. Die Arbeitsgruppe der Regierungskommission empfiehlt, ab Januar 2023 zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Suß: „Das geht in die richtige Richtung. Diese Mittel muss man dann aber auch genau dort einsetzen, wo sie am meisten fehlen, nämlich beim Personal.“

Bundesgesundheitsminister Lauterbach gibt zu: „In der Pädiatrie, der Kinderchirurgie und der Geburtshilfe ist die Not groß. Deshalb danke ich der Kommission für die gute Arbeit… Mit der Übergabe der Stellungnahme beginnt nun der politische Prozess.“ Die DGKCH bietet dazu begleitend gerne ihre Expertise an.

Weltkindertag: Unfall oder Misshandlung? Kinderchirurgie erste Anlaufstelle bei Verletzungen

Berlin, den 16. September 2022 – Missbrauchsverdächtige Verletzungen von Kindern fallen meist zunächst in kinderchirurgischen Abteilungen oder Ambulanzen auf. Die Unterscheidung zwischen Unfall und Misshandlung ist nicht immer einfach. Am 20. September ist Weltkindertag.

Blutergüsse, Schnitte, Verbrühungen, Verbrennungen oder Knochenbrüche – hier zwischen Unfall und Misshandlung zu unterscheiden, ist nicht immer einfach“, sagt Prof. Dr. Udo Rolle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Oft sei es gerade der Kinderchirurgie zu verdanken, wenn Kindesmissbrauch frühzeitig entdeckt werde. 

Die Kinderchirurgin und Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM), Dr. Frauke Schwier, sagt: „Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Insbesondere (kinder-)chirurgische Ambulanzen, Rettungsstellen und Notaufnahmen sind erste Anlaufpunkte, wenn sich Kinder vorstellen, behandlungsbedürftig sind oder geklärt werden muss, ob eine Misshandlung vorliegt. Für diese immense Verantwortung braucht es ausgebildetes Fachpersonal und entsprechende Strukturen im Gesundheitssystem, wie zum Beispiel Kinderschutzambulanzen und klinikbasierte Kinderschutzgruppen“, so Schwier.

In Kinderschutzgruppen arbeiten Angehörige verschiedener Disziplinen – zum Beispiel Ärzte, Psychologinnen und Pädagoginnen – zusammen. Sie sehen nicht nur die medizinische Seite, sondern versuchen auch, die unmittelbare Umgebung des Kindes, die Familie, einzubeziehen. Derzeit sind etwa 100 Kinderschutzgruppen bei der DGKiM akkreditiert, erfüllen also Mindeststandards hinsichtlich Personal, Arbeitsweisen und Kooperationen.

„Gefährdete Kinder, die im Gesundheitssystem auffallen, müssen wir als Kinderschutzfälle anerkennen und adäquat medizinisch versorgen. Ohne Aufnahme in die Regelfinanzierung können wir das auf Dauer aber nicht leisten“, appelliert Rolle an Gesetzgeber und Selbstverwaltung.

In fast 60.000 Verfahren haben Jugendämter 2021 eine akute oder latente Gefährdung des Kindeswohls festgestellt. Die Gründe sind zum Beispiel körperliche und seelische Misshandlungen, aber auch sexuelle Gewalt. Die Polizei berichtet für dasselbe Jahr von über 15.500 Fällen von Kindesmissbrauch. Das entspreche einem Anstieg um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Angeborene Fehlbildungen lebenslang begleiten

Berlin, den 9. September 2022 – Eine gute operative Versorgung ist zwar ein wesentlicher erster Schritt in der Behandlung angeborener Fehlbildungen. In der Regel bedeutet eine solche Fehlbildung aber eine lebenslange Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild. 

"Außerdem erfordert es eine intensive, multidisziplinäre Begleitung“, so Dr. Andreas Leutner, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Klinikum Dortmund und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) auf dem diesjährigen Kongress für Kinder- und Jugendmedizin vom 7. bis 10. September in Düsseldorf. Der Kongress steht unter dem Motto „Wachstum und Entwicklung“.

Die beteiligten Berufsgruppen und Fachdisziplinen sollten die Behandlung gerade während der Wachstumsphase engmaschig steuern. Diese Arbeit dürfe aber nicht mit dem 18. Lebensjahr en-den. Leutner sagt: „Wir dürfen Betroffene und ihre Bedürfnisse, auch die nach Fürsorge und Zuwendung, selbst in der Erwachsenenwelt nicht aus dem Auge verlieren.“ Dabei sei eine zentralisierte Behandlung dringend geboten, denn nur sie garantiere eine qualitative hochwertige, profes-sionelle Versorgung.

Bei der DGKCH ist der wissenschaftliche Beirat des „KinderRegisters für angeborene Fehlbildungen“ angesiedelt. Das Register erforscht Fehlbildungen wie die Ösophagusatresie, also die Nicht-Durchgängigkeit der Speiseröhre, oder die Spina bifida, den offenen Rücken. Diese Fehlbildungen gehören zu den sogenannten „seltenen Erkrankungen“. Darunter fallen in der Europäischen Union Krankheiten, an denen nicht mehr als fünf von zehntausend Menschen leiden. Viele angeborene Fehlbildungen werden oft schon im Mutterleib operiert.

Narben bei Kindern ist ein anderes zentrales Kongressthema. Insbesondere nach thermischen Verletzungen käme es zu Narbenbildungen, die Kinder funktionell, aber auch seelisch stark in ihrer Entwicklung beeinträchtigen könnten, erklärt Dr. Ingo Königs, leitender Oberarzt der Kinderchirurgie am Altonaer Kinderkrankenhaus und Sekretär des Arbeitskreises „Das schwerbrandverletzte Kind“. Und weiter: „Die Versorgung dieser Kinder in erfahrenen Abteilungen mit großer Expertise ist ein erklärtes Ziel der DGKCH.“

Nicht zuletzt spielt auch in der Chirurgie die Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle. Alle Beteiligten im Gesundheitssektor müssten daran arbeiten, ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern, sagt Leutner. Der Einsatz vieler Medizinprodukte, gerade in der Chirurgie, spiegele den Hand-lungsdruck wider, den man auch aus anderen Lebensbereichen kenne. Leutner: „Wie können wir den überbordenden Einsatz von Einmal- und Kurzzeitprodukten stoppen? Hier stehen wir noch An-fang. Aber es ist höchste Zeit, jetzt die nächsten Schritte zu gehen.“

Kinderschutz im Fokus beim Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2022

Berlin, den 1. September 2022 - Beim diesjährigen Kongress für Kinder- und Jugendmedizin vom 7. bis 10. September im Congress Center Düsseldorf wird dem Thema Kinderschutz eine zentrale Bedeutung zukommen. 

Denn immer wieder müssen kinderchirurgische Ambulanzen, Rettungsstellen und die Notaufnahmen von Kliniken Kinder behandeln, deren Verletzungen nicht aufgrund eines Unfalls, sondern durch körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt zustande gekommen sind. Darauf verweist die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), die als eine von fünf Fachgesellschaften den Kongress begleitet. Er steht dieses Jahr unter dem Motto „Wachstum und Entwicklung“.

„Trotz der Hektik in den Notaufnahmen, der erheblichen Belastung des Personals, der Ausnahmesituation für Eltern und Kinder, kommt es darauf an, Verletzungen an Kindern, die nicht aus einen Unfall resultieren, zu erkennen und die entsprechenden Schritte einzuleiten“, sagt Dr. Andreas Leutner, DGKCH-Mitglied und Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Klinikum Dortmund.

Interessierte Fachjournalistinnen und Fachjournalisten sind herzlich eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen und die verschiedenen Vorträge und Symposien zu verfolgen. Ein großer Wert wird hierbei auf die Ausrichtung interdisziplinärer Symposien gelegt. Tagesübersichten dazu finden sich auf der Kongress-Website der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Bitte akkreditieren sie sich bis zum 6. September 2022.

Weitere Schwerpunktthemenkomplexe betreffen eine zentrale Aufgabe der Kinderchirurgie, nämlich die Therapie angeborener Fehlbildungen, Unfälle, Tumore der Haut und die Narbenbehandlung bei Kindern.

Ein ganz aktuelles, übergreifendes Thema wird die Nachhaltigkeit und das Gemeinwohl in der Kinderchirurgie sein. Damit greifen die Veranstalter die Diskussion um den Klimaschutz auf. Darunter fällt zum Beispiel der ständig zunehmende Einsatz von Einmal- und Kurzzeitprodukten in der Kinder- und Jugendmedizin.

Erfinder der PEG-Magen-Sonde Michael Gauderer erhält Fritz-Rehbein-Ehrenmedaille

Berlin, den 22. Juni 2022 – Kinderchirurg und Chirurg Prof. Dr. Michael W. L. Gauderer hat von der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie e. V. (DGKCH) die Fritz-Rehbein-Ehrenmedaille erhalten. Damit würdigt sie sein Engagement in der kinderchirurgischen Forschung und Embryologie. 

Gauderer ist einer von zwei Erfindern der PEG-Sonde, einer in der Intensivpflege häufig genutzten Magensonde zur künstlichen Ernährung von Patienten. Die erste zur PEG-Sonde von Gauderer mitverfasste Publikation, „Gastrostomy without laparotomy: A percutaneous endoscopic technique“ erschien am 15. Dezember 1980 im Journal of Pediatric Surgery. Mehr als 40 Jahre später, im März 2021, nennt dasselbe Magazin – basierend auf einer Studie - diese Publikation die am fünfthäufigsten zitierte unter den TOP 100-Beiträgen. Sie gilt zudem als „most disruptive article“, und steht damit an der Spitze jener Publikationen, die einen Paradigmenwechsel mit langfristigen Auswirkungen zur Folge hatten. 1990 hat es die PEG sogar auf das Titelblatt des US-amerikanischen TIME-Magazins geschafft.

In seiner Laudatio hielt Prof. Dr. Udo Rolle, Präsident der DGKCH, fest: „In den USA ist Gauderer zum Inbegriff des innovativen Kinderchirurgen geworden. Er hat mehr als 30 chirurgische Techniken entwickelt. Die Fritz-Rehbein-Ehrenmedaille ist die höchste Auszeichnung, welche die DGKCH vergibt. Sie zeichnet nicht nur Prof. Gauderer für sein Lebenswerk aus. Auch für uns ist es eine Ehre, so eine herausragende Persönlichkeit unter unseren Preisträgern zu wissen.“

Geboren 1944 in Rudolstadt, Thüringen, wanderte Gauderer mit seiner Familie nach Kriegsende nach Brasilien aus, wo er in den 1960er Jahren auch Medizin studierte. Seine Weiterbildung zum Kinderchirurgen startete er 1970 bei Fritz Rehbein in Bremen, dem Namensgeber der Ehrenmedaille. Er setzte sie fort in den USA und absolvierte dort zusätzlich eine allgemeinchirurgische Weiterbildung. Während seiner ersten Tätigkeit ab 1978 am Rainbow Babies And Children’s Hospital in Cleveland, Ohio, dessen kinderchirurgischer Leiter er später wurde, veröffentlichte er die Publikation zur PEG-Sonde, die ihn berühmt machen sollte. 1994 wechselte er als Professor für Chirurgie und Pädiatrie an eines der Krankenhäuser der Universität Greenville, South Carolina. 

 Seit 2010 ist Gauderer pensioniert. Er lebt heute in Salem, South Carolina. 

Arbeitskreis „Das schwerbrandverletzte Kind“ bestätigt Kay Großer als Vorsitzenden

Berlin, den 16. Juni 2022 – Dr. Kay Großer, Chefarzt und Leiter der Kinderchirurgie am Klinikum Kassel sowie Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), ist alter und neuer Vorsitzender des Arbeitskreises „Das schwerbrandverletzte Kind“ (AK) der DGV.

Das haben die Mitglieder des AK beim 29. Jahrestreffen im Mai entschieden. Bestätigt haben die Mitglieder auch die Kinderchirurgin Dr. Mechthild Sinnig, Ärztliche Leiterin des Zentrums für schwerbrandverletzte Kinder im Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT in Hannover, als stellvertretende Vorsitzende. Das Gleiche gilt für den Kinderchirurgen Dr. Ingo Königs als Sekretär des Vorstandes. Königs ist leitender Oberarzt am Altonaer Kinderkrankenhaus und Oberarzt am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg.

Einer der Schwerpunkte der AK-Arbeit ist die Verleihung des Gütesiegels „Sicherheit und Qualität für brandverletzte Kinder“. Sinnig leitet die Arbeitsgruppe zur Vergabe dieses Siegels. Großer sagt: „Vor drei Jahren konnten wir es zum ersten Mal vergeben. Es erhalten Kliniken, welche die von uns definierten qualitativen Mindestanforderungen an die Therapie brandverletzter Kinder erfüllen.“ In diesem Frühjahr seien für fast alle Kliniken die ersten Rezertifizierungen mit Gültigkeit bis 2024 erfolgt.

Ein anderer Tätigkeitsschwerpunkt des AK bildet das Verbrennungsregister, um das sich in erster Linie Königs kümmert. An diesem Register für thermische Verletzungen von Kindern ist der AK seit seiner Wiedergründung 2015 in Zürich dran. Großer bilanziert: „Mittlerweile haben wir es geschafft, das Register flächendeckend für Deutschland zu etablieren. Gerade haben wir damit begonnen, die ersten Daten wissenschaftlich zu analysieren. Auf die Ergebnisse sind wir schon sehr gespannt.“

Aktuell widmet sich der Arbeitskreis auch der weiteren Debatte um die Zentralisierung der Therapie schwerstverbrannter Kinder, also von Kindern mit mehr als 50 Prozent verbrannter Körperoberfläche. „Dieses Problem wollen wir als Vorstand in den nächsten zwei Jahren aktiv angehen“, so Großer.

Der AK ist eine eigenständige, der DGV angegliederte Arbeitsgruppe. Er fördert explizit die Qualitätssicherung bei der Behandlung schwerbrandverletzter Kinder und Jugendlicher. Die enge Zusammenarbeit mit der DGKCH und der DGV stellt eine standardisierte Akutbehandlung und Nachsorge sicher, die sich auf dem aktuellen Stand der Verbrennungschirurgie und Wissenschaft bewegt.

Corona-Pandemie erhöht Gefahr von Sportunfällen bei Kindern

Berlin, den 10. Juni 2022 - Der Bewegungsmangel in der Corona-Pandemie hat für viele Kinder die Gefahr erhöht, gerade bei Sport und Spiel einen Unfall zu erleiden. Heute ist wieder Kindersicherheitstag. Er steht dieses Jahr unter dem Motto „Bewegung und Sport, aber sicher!"

„Kinder, die sich nicht regelmäßig bewegen, zum Beispiel, indem sie draußen mit anderen spielen, verhalten sich ungeschickter und weniger geschmeidig, sind dadurch unfallanfälliger und verletzen sich schwerer, wenn sie mal stürzen“, sagt Prof. Stefanie Märzheuser, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Rostock, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) und Präsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V. (BAG). 

Der Alltag in den letzten beiden Jahren war aufgrund der Pandemiesituation oft geprägt von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen. Gerade Kinder und Jugendliche hatten darunter zu leiden. Schul- und Kitaschließungen, Heimunterricht, Isolation – viele Kinder kannten ihre Klassenkameraden nur noch aus zahlreichen Videokonferenzen. Es entfiel nicht nur der Sportunterricht, sondern vor allem auch das tägliche Austoben im Freien, im Grunde alle Bewegungsmöglichkeiten, die sowohl psychisch als auch physisch so notwendig sind für ein gesundes Heranwachsen.

„Wer sich viel bewegt, gerät nicht nur schwerer ins Straucheln, sondern fängt sich auch ganz anders ab, wenn es doch einmal passiert. Und das gilt nicht nur für Kinder. Man kennt das auch von älteren Menschen, die noch Sport treiben und sich eine gewisse Grundgelenkigkeit erhalten haben“, führt Märzheuser aus.

Die BAG berichtet für 2019 – gestützt auf Daten des Statistischen Bundesamtes und des Robert-Koch-Institutes, bezogen auf Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren – von 153 tödlichen Unfällen, mehr als 194.000 verletzten Kindern mit Krankenhausaufenthalt und insgesamt fast 1,9 Millionen ärztlich behandelten Kindern und Jugendlichen. Ursachen für Krankenhausaufenthalte sind vor allem offene Wunden, Schädel-Hirn-Verletzungen und Knochenbrüche. Aktuell hat die „Stiftung Sicherheit im Sport“ nach einer Umfrage etwa eine Million Kinder ermittelt, die von April 2021 bis April 2022 speziell bei Sport und Bewegung so schwer verletzt worden sind, dass sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mussten.

Prof. Dr. Udo Rolle, Präsident der DGKCH fordert: „Gerade aus den letztgenannten Zahlen müssen wir dringend die Konsequenz ziehen, in künftigen Pandemiesituationen das bisherige Management einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Lockdowns und Kontaktbeschränkungen lassen sich natürlich auch für Kinder und Jugendliche nie ganz ausschließen. Wir sollten sie aber immer als Ultima Ratio begreifen, also nur dann einsetzen, wenn alle anderen Stricke reißen. Kinder brauchen Bewegung, vielleicht in Pandemiezeiten noch mehr als sonst.“

2021

Brandunfälle im Advent: Kinderchirurgen fordern spezialisierte Therapie schwerverletzter Kinder

Berlin, den 2. Dezember 2021 - Kinder oder Jugendliche mit schwereren thermischen Verletzungen, in der Regel Verbrühungen oder Verbrennungen, sollten sich nach der Erstversorgung umgehend zur weiteren Behandlung in Schwerbrandverletzten-Zentren oder spezialisierte Kliniken begeben.

Diesen Appell richten die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) und der Arbeitskreis "Das schwerbrandverletzte Kind" an alle Eltern und erstbehandelnden Ärztinnen und Ärzte. Jedes Jahr am 7. Dezember veranstaltet „Paulinchen - Initiative für brandverletzte Kinder e.V.“ den Tag des brandverletzten Kindes. Das diesjährige Motto „Advent, Advent – es brennt!“ verweist auf die besonderen Gefahren für Kinder durch Brandverletzungen in der Vorweihnachtszeit.

„Nur in spezialisierten Einrichtungen ist eine hochqualifizierte Therapie dieser schwerverletzten Kinder gewährleistet“, sagt Dr. Joachim Suß, Chefarzt der Kinderchirurgie am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg und Pressesprecher der DGKCH in Berlin. Für die stationäre Behandlung schwerbrandverletzter Kinder gebe es in Deutschland - zwischen Lübeck und München flächendeckend verteilt - 16 Kinderzentren und vier Zentren für Erwachsene, die auch Kinder behandeln. Darüber hinaus existierten sechs spezialisierte Kliniken für die etwas leichter brandverletzten Kinder, so Suß.

Ergänzend erklärt der Vorstandsvorsitzende des Arbeitskreises „Das schwerbrandverletzte Kind“, Dr. Kay Großer, zugleich Chefarzt der Kinderchirurgie im Klinikum Kassel „dass innerhalb unserer Qualitätsoffensive alle Brandverletztenzentren und spezialisierten Kliniken ein Gütesiegel erhalten können, sofern sie bestimmte strukturelle und personelle Voraussetzungen erfüllen und eine definierte Mindestzahl an Kindern pro Jahr behandeln.“ Informationen zum Gütesiegel „Sicherheit und Qualität für brandverletzte Kinder“ einschließlich einer Liste der mit dem Siegel ausgezeichneten Zentren und Kliniken finden sich auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin.

Jedes Jahr müssen etwa 30.000 Kinder wegen einer thermischen Verletzung in ärztliche Behandlung, 6.000 davon in einer Klinik. Insbesondere zu Beginn der Corona-Pandemie war die Inanspruchnahme pädiatrischer Notaufnahmen zwar deutlich rückläufig. Jedoch hatte der Anteil der Kinder mit thermischen Verletzungen zugenommen. Darunter versteht man vor allem Verbrühungen und Verbrennungen: Während heiße Dämpfe, Gase oder Flüssigkeiten eine Verbrühung auslösen können, entstehen Verbrennungen durch den Kontakt mit einer heißen Fläche, zum Beispiel einer Kochplatte, mit Feuer, Explosionen oder Wärmestrahlung.

Den Tag des brandverletzten Kindes gibt es seit 2010. Seither finden jährlich in über 100 Kliniken und Institutionen in Deutschland Aktionen zu diesem Tag statt. Viele kinderchirurgische und pädiatrische Einrichtungen in Deutschland und international informieren dann über Brandverletzungen im Kindesalter. Sie weisen auch auf Präventionsmaßnahmen für Kinder und Eltern hin und machen auf die Gefahren aufmerksam, die von heißen Flüssigkeiten oder Gegenständen sowie Feuer ausgehen.

Weniger Lebertransplantationen bei Neugeborenen durch zentralisierte Gallengangtherapie

Berlin, den 17. August 2021 - Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) hat fünf medizinische Zentren in Deutschland benannt, die sie für die Therapie einer sogenannten Gallengangsatresie, einem angeborenen Verschluss der Gallenwege, empfiehlt. 

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) hat fünf medizinische Zentren in Deutschland benannt, die sie für die Therapie einer sogenannten Gallengangsatresie, einem angeborenen Verschluss der Gallenwege, empfiehlt. Diese Diagnose ist in vielen Ländern die häufigste Ursache für eine Lebertransplantation bei Neugeborenen oder Säuglingen. „Vor allem in Großbritannien hat sich gezeigt, dass eine Zentralisierung der Therapie auf wenige Institutionen die Überlebenschancen mit der eigenen Leber deutlich erhöht“, sagt Prof. Dr. Udo Rolle, Präsident der DGKCH und Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Frankfurt/Main.

Prof. Dr. Peter Schmittenbecher, stellvertretender DGKCH-Präsident und Direktor der kinderchirurgischen Klinik am Städtischen Klinikum Karlsruhe, ergänzt: „Jeder Leiter einer kinderchirurgischen Einrichtung soll entscheiden, mit welchem Zentrum er zusammenarbeiten und die konkreten Behandlungsschritte abstimmen möchte.“

Ermittelt wurden die fünf Zentren über eine Ausschreibung und eine Bewertung anhand verschiedener Kriterien durch eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe. Besetzt war diese Arbeitsgruppe mit Vertretern der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE) und der DGKCH. Hauptkriterien waren die operative Expertise in hepatobiliärer Chirurgie (fünf bis zehn Kasai-Operationen im Jahr über fünf Jahre) und das Vorhandensein eines pädiatrischen Lebertransplantationsprogramms (fünf bis zehn Lebertransplantationen pro Jahr über fünf Jahre) sowie einige strukturelle Aspekte. Die fünf benannten Zentren sind:

  • Die Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Universitätskinderklinik Hamburg-Eppendorf

  • Die Kinderchirurgische Klinik, Zentrum Chirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover

  • Die Abteilung für Kinderchirurgie der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie des Universitätsklinikums Essen zusammen mit der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie des Kinderkrankenhauses, Kliniken Köln

  • Die Abteilung Kinderchirurgie und Kinderurologie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Tübingen

  • Die Kinderchirurgische Klinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, Klinikum der Universität München zusammen mit der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderorthopädie, Klinik St. Hedwig, Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg

Diese Zentren haben sich zum Benchmark auf der Basis der Dateneingabe in das Register BARD (Biliary Atresia and Related Diseases) beziehungsweise das Register des European Reference Network (ERN) „RARE-LIVER“ bereiterklärt. Eine erste Evaluation hinsichtlich von Fallzahlen, Zuweiserspektrum, Qualität der Dokumentation sowie Akzeptanz und Effizienz der Zentralisation soll Ende 2022 erfolgen.

Das System der Gallengänge transportiert den in der Leber produzierten Gallensaft an alle Stellen im Körper, die ihn benötigen. Für die Verdauung beispielsweise gelangt die Galle so direkt in den Zwölffingerdarm. Dort zersetzt der Gallensaft die aufgenommenen Fette und macht sie für die Bauchspeicheldrüse verwertbar.

Bei einer Gallengangsatresie handelt es sich um eine seltene Erkrankung mit einem Verschluss (Atresie) der Gallenwege. Sie betrifft ausschließlich Neugeborene oder Säuglinge. Die Ursachen dafür sind noch weitgehend unklar. Ihre Inzidenz liegt in Deutschland bei 1:19.000, das entspricht etwa 40 Neuerkrankungen pro Jahr. Unbehandelt verläuft die Erkrankung tödlich.

In der Europäischen Union (EU) gilt eine Erkrankung als selten, wenn sie von 10.000 Menschen maximal fünf betrifft (das heißt 1:2000 Neugeborene). Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) gibt es mehr als 6.000 unterschiedliche seltene Erkrankungen. Daher sei die Gesamtzahl der Betroffenen trotz der Seltenheit der einzelnen Erkrankungen hoch. In Deutschland lebten etwa vier Millionen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung, in der EU seien es etwa 30 Millionen, so das BMG.

2020

Die Finanzierung der medizinischen Versorgung von Kindern muss das Alter mit berücksichtigen

Berlin, den 11. August 2020 - Kinderchirurgen, Kinderorthopäden und Kindertraumatologen begrüßen die Bundesratsinitiative von Mecklenburg-Vorpommern zur besseren Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin.

Die Finanzierung der operativen Kinder- und Jugendmedizin ist unzureichend und muss deshalb auf den Prüfstand gestellt werden. Denn die Abrechnung nach Fallpauschalen im DRG-System (Diagnosis Related Groups) spiegelt nicht die tatsächlichen Kosten wider. Dadurch ist die Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen Versorgung von kranken Kindern und Jugendlichen gefährdet. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) begrüßt deshalb im Zusammenschluss mit der Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO) und der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) die Bundesratsinitiative des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur besseren Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin. „Wir brauchen ein Finanzierungsmodell, das die besonderen Bedürfnisse von Säuglingen, Kleinkindern, Schulkindern und Jugendlichen berücksichtigt und damit kostendeckend ist. Das ist bisher nicht der Fall“, sagt DGOU-Präsident Prof. Dr. Dieter C. Wirtz, Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Bonn.

Die Kinderorthopädie, die Kinder- und Jugendtraumatologie und die allgemeine operative Kinder- und Jugendmedizin leiden unter einem besonders starken ökonomischen Druck. Denn der Aufwand für die Therapie von Krankheiten im Kindesalter wird in 95 Prozent der Fälle wie eine Behandlung von Erwachsenen berechnet. Dabei ist die Personalintensität bei der Versorgung von Kindern wesentlich höher und die Behandlung ist zeitaufwändiger, weil Kinder mehr Pflege, Geduld und individuelles Einfühlungsvermögen benötigen, vor allem Neugeborene und Säuglinge. Auch die Zeit für aufklärende Elterngespräche lässt eine DRG-basierte Krankenhausfinanzierung unberücksichtigt. Ein weiterer Kostenfaktor ist die spezielle Ausstattung: Die verwendeten Platten, Schrauben, Nägel und andere Implantate für Kinder sind wesentlich teurer. Das liegt auch daran, dass sie in viel niedrigerer Stückzahl zum Einsatz kommen als bei Erwachsenen. Die Idee des DRG-Systems, dass sich durch eine Mischung der Fälle ein Ausgleich einstellt, greift nicht, da Kinder ausschließlich zeitaufwändige Patienten mit meist hohen Sachkosten sind. Das betrifft Kliniken und Abteilungen für Kinderchirurgie ebenso wie Kinderstationen in operativen Fachabteilungen. Sie alle können nicht kostendeckend arbeiten und müssen bei einer Neuausrichtung der Vergütung der Kindermedizin mit bedacht werden.

Der Kostendruck führt dazu, dass die Behandlung von Kindern und Jugendlichen nicht im Sinne einer Spezialisierung gebündelt, sondern von vielen Häusern – weil unvermeidbar – miterledigt wird. Zudem wurden in letzter Zeit zunehmend kinderchirurgische und -orthopädische Stationen verkleinert oder gar geschlossen. „Durch das systematische Kleinhalten von Fallzahlen aus wirtschaftlichen Gründen wird beispielsweise im Bereich der Kinderorthopädie eine Spezialisierung auf Kinder mit Krankheiten im Bereich des Bewegungsapparates systematisch verhindert“, sagt Prof. Dr. Robert Rödl, 1. Vorsitzender der DGOU-Sektion Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO) und Chefarzt der Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie am Universitätsklinikum Münster. „Verschärft wird dieser Effekt durch die Tatsache, dass die über 400 verschiedenen kinderorthopädischen Erkrankungen fast alle seltene Erkrankungen sind, sodass der einzelne Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie unter Umständen in seinem Leben nur dreimal die gleiche Diagnose behandelt und dies somit immer wieder vollkommen unerfahren tut. Das System sollte bieten, dass vor allen Dingen die Kinder mit seltenen Erkrankungen optimal von Kinderspezialisten behandelt werden“, sagt Rödl.

Das DRG-System muss so angepasst werden, dass auf Kinder spezialisierte Zentren erhalten bzw. entstehen können. Denn gerade im Kindesalter ist eine exzellente Behandlungsqualität erforderlich, da dies lebenslange Folgen hat. Kinderorthopäden, Kindertraumatologen und Kinderchirurgen sprechen sich daher für die Umgestaltung der Finanzierung aus: Sie schlagen eine direkte Kostenerstattung vor bzw. einen nach Alter gestaffelten Aufschlag für die Behandlung von Kindern. Entsprechend der Fachgesellschaften müsse die Finanzierung auch der hohen Quote von Notfallaufnahmen Rechnung tragen. „Circa 20 Prozent in der Kindertraumatologie und -chirurgie sind planbare Eingriffe. Ansonsten haben wir es mit Notfällen zu tun. Hier müssen wir rund um die Uhr auf alles eingerichtet sein“, sagt Prof. Dr. Dr. Peter Schmittenbecher, stellvertretender DGKCH-Präsident und Sektionsleiter Kindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie und Direktor der Kinderchirurgischen Klinik am Klinikum Karlsruhe. Das generiere Vorhaltekosten für die ganze Alterspalette vom Kleinkind bis zum Jugendlichen. Auch hier müsse bei der Finanzierung nachgebessert werden.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern will den Antrag für seine Bundesratsinitiative zur nächsten Bundesratssitzung am 18. September 2020 einbringen.

Weitere Informationen:
www.dgou.de
www.dgkch.de
www.kinderorthopaedie.org

Kontakt für Rückfragen:
Susanne Herda, Swetlana Meier
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 340 60 36 -06 oder -00
Telefax: +49 (0)30 340 60 36 01
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Internationaler Tag der Seltenen Erkrankungen – Selten sind viele

Berlin, den 29. Februar 2020 – Unter dem Motto „Selten sind viele“ findet heute der Internationale Tag der Seltenen Erkrankungen statt. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie baut ein medizinisches Register für angeborene Fehlbildungen auf.

In Deutschland werden pro Jahr zirka 200 Kinder mit einem Verschluss der Speiseröhre, 450 Kinder mit einem Verschluss oder einer Nervenstörung des Dünn- oder Dickdarmes, 280 Kinder mit einem nicht-durchgängigem Anus, 400 Kinder mit einem Bauchwanddefekt und 200 Kinder mit einer Lücke im Zwerchfell geboren. Teilweise liegen bei den Kindern mehrere dieser Fehlbildungen kombiniert oder weitere Fehlbildungen an anderen Organsystemen vor. Insgesamt sind etwa 25.000 Kinder in Deutschland betroffen, sie benötigen in der Regel eine Operation im Neugeborenenalter, teilweise werden weitere Operationen im Verlauf notwendig.

Aufgrund des medizinischen Fortschritts konnte bei den meisten Kindern mit diesen Fehlbildungen die Sterblichkeit in den letzten Jahrzehnten auf über 90 Prozent deutlich gesenkt werden. Die Kinder werden in der Regel von GeburtshelferInnen, KinderchirurgInnen und NeonatologInnen in einem sogenannten Perinatalzentrum behandelt – auch die Zahl der Erwachsenen mit einer angeborenen Fehlbildung steigt stetig. In den Fokus der Kinderchirurgie rückt daher immer mehr die Optimierung der postoperativen Nachsorge, die Erkennung und Behandlung von Langzeitfolgen, sowie die Transition, so dass den PatientInnen eine bestmögliche Entwicklung und Lebensqualität gegeben werden kann.

Für die Erforschung dieser Langzeitfolgen gibt es – auch international – bislang nur wenig Daten. ForscherInnen und klinisch tätige ÄrztInnen müssen daher eng kooperieren, um eine ausreichende Zahl von Kindern nachbeobachten zu können. Aus diesem Grund baut die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) aktuell das Kinderregister für angeborene Fehlbildungen (KiRaFe) auf. Das Register wird mit einem Open-Source-Registersystem für Seltene Erkrankungen umgesetzt. Diese individuell anpassbare Softwarelösung für SE-spezifische Patientenregister wurde durch eine Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit unterstützt. Beim Aufbau des Registers steht die DGKCH im engen Dialog mit den Patientenorganisationen KEKS (Speiseröhrenfehlbildung), SoMA (anorektale Fehlbildung) und ASbH (offener Rücken, Hirnwasserflussstörung). 

Im Sommer 2020 beginnt die Dateneingabe in das Register. Schon jetzt haben 70 in- und ausländische Kliniken ihre Teilnahme  zugesichert. Das KinderRegister für angeborene Fehlbildungen (KiRaFe) wird damit wertvolle wissenschaftliche Daten über die Qualität der Versorgung liefern können. Für den Aufbau hat die DGKCH eine Förderzusage der Dr. Emil Alexander Huebner und Gemahlin-Stiftung erhalten.

Fachlicher Kontakt:

Dr. Andrea Schmedding, Prof. Dr. Udo Rolle
Studienleitung KiRaFe der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie
Universitätsklinikum Frankfurt, Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie, Frankfurt am Main

2019

Bessere Operationsergebnisse und lückenlose Nachsorge bei angeborenen Fehlbildungen: Kinderchirurgen und Elterninitiativen gemeinsam für Zentralisierung und Transition

Berlin, 4. Dezember 2019 – Das Stammgebiet der Kinderchirurgie sind die angeborenen Fehlbildungen. Die fehlende oder nicht korrekte Anlage von Speiseröhre oder Enddarm, der fehlende Bauchdeckenverschluss oder der offene Rücken sind hierfür typische Beispiele. 

Die Fachgesellschaft hat ein großes Interesse daran, die Behandlung und Betreuung dieser Kinder kontinuierlich sowohl auf medizinischem Gebiet als auch strukturell fortzuentwickeln. Das schließt heute, wo die Sterblichkeit aufgrund dieser Fehlbildungen sehr gering geworden ist, auch die „Übergabe“ ins Erwachsenenalter ein.

Selbsthilfegruppen und Patienteninitiativen sind wichtige Interessenvertreter im Gesundheitswesen. Sie bringen die Sicht der Betroffenen ein und fördern Prozesse zur Patientensicherheit und Qualitätsverbesserung. Für das Kindesalter handelt es sich dabei um Elterninitiativen, die im wohlverstandenen Interesse ihrer erkrankten Kinder das Mandat der „Betroffenen“ wahrnehmen. Diese Interessen sind natürlich immer Diagnose-zentriert, haben sich inzwischen weit in die Adoleszenz ausgedehnt (Jugendgruppen) und umfassen auch die Probleme der Pubertät und den Übergang in das Erwachsenenalter.

Der Dialog der Fachgesellschaft mit den Elterninitiativen ist in beiderlei Richtung sehr wichtig. Wir wollen die Erfahrungen und Erlebnisse der betroffenen Eltern einschließen, aber auch immer wieder Verständnis dafür wecken, dass es in der Behandlung komplexer Fehlbildungen nicht immer nur den einen erfolgreichen und komplikationsfreien Weg gibt. Dabei wollen wir diese Kommunikation nicht den wissenschaftlichen Beiräten alleine überlassen, sondern vonseiten des Vorstandes agieren. Hierzu haben 2019 drei „Runde Tisch“-Gespräche stattgefunden, beteiligt waren vonseiten der Eltern KEKS (Speiseröhrenfehlbildung), SoMA (anorektale Fehlbildung) und ASbH (offener Rücken, Hirnwasserflussstörung). Dabei waren die Erwartungen durchaus differenziert, vor allem war zu verdeutlichen, dass die Fachgesellschaft kein fachliches Durchgriffsrecht und keine Regulationsmöglichkeiten in die Kliniken und Praxen hinein hat.

Große Übereinstimmung besteht zwischen den Elterngruppen und der Fachgesellschaft, dass es für komplexe Fehlbildungen im Neugeborenenalter eine Zentralisierung geben muss. Die begrenzte Inzidenz der Fehlbildungen (zwischen 1:2 000 und 1:20 000 Neugeborene) führt dazu, dass viele Diagnosen nur im einstelligen Bereich pro Jahr und Klinik auftreten. Andererseits wissen wir für die Chirurgie, dass Häufigkeit der OP und Ergebnisqualität miteinander in Beziehung stehen. Für die Gallenwegsfehlbildungen hat sich in England gezeigt, dass das Fünf-Jahres-Überleben mit eigener und funktionierender Leber von 20 Prozent auf 50 Prozent angestiegen ist, nachdem die Diagnose auf drei Zentren beschränkt wurde. Hier ist die DGKCH weit fortgeschritten, eine vergleichbare Regelung aus eigener Kraft und ohne politische Vorgabe zu treffen. Im nächsten Schritt müssen weitere komplexe Diagnosen in gleicher Weise zentralisiert werden. Hierzu ist ein Neugeborenen-OP-Register in Vorbereitung, aus dessen Daten Regionalisierungen, Kooperationen und Ähnliches abgeleitet werden können und müssen.

Daneben gilt das Augenmerk von Elterngruppen und Fachgesellschaft der Übergabe der Patienten in die Erwachsenenmedizin, sogenannte Transition. Die Kinder überleben heute auch schwere Begleitfehlbildungen vor allem des Herzens und werden erwachsen. Dort treffen sie auf ein System, das mit den spezifischen Diagnosen und ihren Problemen nicht vertraut ist und wenig Erfahrung mit der Betreuung junger, aber schon langjährig funktionsgestörter und damit chronisch kranker Patienten hat. Vereinzelt gibt es gut funktionierende Modelle, häufig können wir und die Elterngruppen aber bei entsprechenden Anfragen keine Kontaktstellen in der Erwachsenenmedizin benennen. Der gastro-ösophageale Reflux (Rückfluss von Magensaft in die Speiseröhre) bedeutet bei einem 20-Jährigen mit angeborener Speiseröhrenfehlbildung und dadurch grundsätzlich gestörter Motilität etwas anderes als beim 50-jährigen Raucher. Und die Stuhlinkontinenz ist nach Analatresie mit Anlage-bedingt suboptimalem Schließmuskel bei einem Jugendlichen zu differenzieren von einer degenerativen Problematik im Alter. Hier haben wir Gesprächskontakte mit der DGAV (Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie) und der DGVS (Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten) geknüpft, um eine systematischere Weiterbetreuung vorzubereiten.

Eltern und behandelnde Ärzte von Kindern mit angeborenen Fehlbildungen haben zwei gemeinsame Ziele: die Qualität der primären Versorgung zu optimieren und eine kontinuierliche Nachsorge über das Kindesalter hinaus zu gewährleisten. Die Qualität der Erstversorgung hängt sehr stark von der einen Operation, aber auch von den strukturellen Gegebenheiten und der Erfahrung vor Ort ab, damit aber ganz klar von der lokalen Häufigkeit! Für die Nachsorge müssen wir ein Netzwerk konzipieren, was bei zentralisierter Erstversorgung auch einfacher geht. Deshalb:
Kinderchirurgen und Elterninitiativen gemeinsam für Zentralisierung und Transition!

Professor Dr. med. Bernd Tillig
Ehemaliger Präsident
Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Direktor der Klinik für Kinder- und Neugeborenenchirurgie und Kinderurologie, Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin

Mehrfach behinderte Kinder richtig behandeln

Berlin/München, 14. September 2019 – Die Kinderchirurgie als operative Kindermedizin ist hierbei ein unverzichtbarer Partner, da einige Beeinträchtigungen des mehrfach behinderten Kindes ausschließlich chirurgisch zu versorgen sind.

Dazu gehören angeborene oder erworbene Fehlbildungen des Gehirns, die zu Störungen der Zirkulation des Hirnwassers führen. So kann es zum Beispiel durch Hirnblutungen im Rahmen der Frühgeburtlichkeit oder durch angeborene Verengungen kleinster Kanälchen im Hirnkammersystem zu einem Aufstau des Hirnwassers kommen mit der Folge einer Erweiterung der Hirnkammern, eines sogenannten „Wasserkopfes“. Um Druckschädigungen des empfindlichen kindlichen Gehirns zu vermeiden, sind Ableitungen des Hirnwassers über ein Schlauchsystem in die Bauchhöhle oder in das Blutkreislaufsystem erforderlich. 

Aber auch bei angeborenen oder erworbenen Störungen des Schluckens bzw. des weiteren Nahrungstransportes ist in bestimmten Fällen eine Operation unvermeidlich. Sind Kinder nicht im Stande, die angebotene Nahrung zu schlucken, muss diese auf direktem Wege in den Magen befördert werden. Eine so genannte „Gastrostomie“ kann endoskopisch eingebracht werden; in einigen Fällen ist dies aufgrund von Verwachsungen im Bauchraum oder wegen anderer angeborener Fehlbildungen nicht möglich, so dass die Gastrostomie durch eine Operation angelegt werden muss.

Ein häufiges Problem bei mehrfach behinderten Patienten ist der Rückfluss der Nahrung aus dem Magen in die Speiseröhre mit der Folge von äußerst schmerzhaften Entzündungen der Speiseröhrenschleimhaut durch den Kontakt mit der aggressiven Magensäure. Darüber hinaus kann der Rückfluss der Magensäure zusätzlich die Luftröhre und das Bronchialsystem schädigen. Oft lässt sich ein solcher Rückfluss oder „Reflux“ von saurem Mageninhalt nicht ausreichend medikamentös behandeln, so dass ein chirurgischer Eingriff - meist minimal invasiv - zur anatomischen Rekonstruktion des Übergangs von Speiseröhre in den Magen erforderlich wird.

Ein bedrohliches Problem sind Atemstörungen durch Fehlbildungen bzw. Einengungen der oberen Luftwege, so dass als letzte Therapiemöglichkeit ein direkter Zugang zur Luftröhre – ein sogenanntes „Tracheostoma“ – als vorübergehende oder auch endgültige Maßnahme unvermeidbar ist. Der Patient kann damit über eine Kanüle atmen bzw. beatmet werden. Durch Fehlhaltung zum Beispiel durch ungleichmäßigen Muskeltonus kann es bei behinderten Patienten zu erheblichen und teilweise überaus schmerzhaften Fehlstellungen des Skelettsystems kommen, so dass operative Korrekturen durch Kinderchirurgen oder Kinderorthopäden unvermeidbar sind.

All diese Beispiele verdeutlichen den Stellenwert und den vielschichtigen Anspruch an die Kinderchirurgie in der Betreuung mehrfach behinderter Kinder.

Professor Dr. med. Bernd Tillig
Ehemaliger Präsident
Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Direktor der Klinik für Kinder- und Neugeborenenchirurgie und Kinderurologie, Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin

Einladung zum Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2019

Berlin/München Juni 2019 – Über 2.000 Kinder- und Jugendärzt*innen werden vom 11.-14. September 2019 in München zusammenkommen, um über Neues und Innovatives rund um die Kindergesundheit zu diskutieren. Die DGKCH wird ebenfalls über Aktuelles aus dem Bereich Chirurgie berichten.

Hauptthemen & Specials

Die Schwerpunkte des Kongresses sind fachübergreifend gewählt:

  • Innovative Diagnostik – von Bildgebung bis Genetik
  • Epidemiologie und Evidenz für den Alltag
  • Mehrfachbehinderte Kinder auf Station

Der Kongress wird (nach einem Weiterbildungstag am Mittwoch) am Donnerstag, 12. September, eröffnet, u.a. mit einem Festvortrag zu ethischen Herausforderungen in der Kinder- und Jugendmedizin (Prof. Dr. Georg Marckmann). In den Vorträgen, Diskussionen und Symposien werden bis Samstag, 14. September, auch zahlreiche weitere Themen wie die 2019 publizierte Kinderschutz-Leitlinie, Mediensucht und andere Abhängigkeiten, Hüftprobleme im Kindesalter, Neuroplastizität, Familiengesundheit u.v.m. aufgegriffen.

Programm & Abstracts

Für Ihre Planung: Das Programm samt Kalenderfunktion und sukzessive auch mit den Abstracts der Beiträge finden Sie auf www.dgkj2019.de.

Pressegespräche & Foto-/Drehmöglichkeiten

Wir laden Sie herzlich ein, sich Ihren eigenen Terminplan zusammenzustellen und die Fachveranstaltungen zu besuchen, oder aber sich auf unseren speziellen Presseterminen von Expert*innen der Kindergesundheit auf den neuesten Stand bringen zu lassen.

An den drei Kongresstagen vom 12.-14. September 2019 werden Ihnen unsere Pressetermine einen komprimierten Einstieg in die diesjährigen Schwerpunktthemen bieten. Genaueres geht Ihnen zeitnah über unseren Verteiler zu. Gern vermitteln wir auch schon im Vorfeld Interviews und Gespräche zu ausgewählten Themen oder nehmen Ihre Akkreditierung auf. Bei Interesse wenden Sie sich gern an uns, damit wir Ihre Wünsche rechtzeitig koordinieren können.

Herzlich willkommen auf dem Kongress für Kinder- und Jugendmedizin!

Gallengangsatresie, Zentralisierung und Lebertransplantation

Berlin/München, März 2019 – Beim Chirurgenkongress 2019 haben Organtransplantation und damit verbundene Fragen einen besonderen Platz. Für die Kinderchirurgie gilt die Organspende als besondere Herausforderung wie der Präsident hier zusammenfasst.

Für das Kindesalter ist die Lebertransplantation nach Gallengangsatresie eine der häufigsten Transplantationsindikationen. Dabei ist die Gallengangsatresie selten und kommt nur in 1:20.000 Neugeborenen vor. Das sind knapp 40 Fälle in Deutschland pro Jahr. Der Pathomechanismus ist unverändert unbekannt, dagegen ist das Behandlungsziel klar: Überleben mit der eigenen Leber, auch, um Spenderorgane zu sparen. Um das zu verbessern, werden z. B. in Großbritannien Patienten mit Gallengangsatresie zentralisiert: in 2004 erfolgte die Reduktion von 15 auf drei Zentren, was das Gesamtüberleben von 84 Prozent auf 90 Prozent, das Überleben mit eigener Leber aber von 30 Prozent auf 46 Prozent ansteigen ließ! Andere europäische Länder mit einer Zentralisation dieser Patientengruppe sind Norwegen, Finnland, Dänemark, Holland und die Schweiz.

In Deutschland zeigte eine Datenerhebung von 2001-2005, dass 29 Kliniken die sog. Kasai-OP angeboten haben. Bei dieser Operation wird – nach Entfernung des narbigen Rests der außerhalb der Leber verkümmerten Gallenwege – eine Dünndarmschlinge so an die sog. Leberpforte angeschlossen, dass Galle abfließen kann, sofern die Gallenwege in der Leber ausreichend funktionieren. Das Überleben lag bei 83 Prozent aller Kinder. Wurden diese Kinder in einer der sieben Kliniken mit mehr als fünf Patienten pro Jahr betreut, überlebten 26,4 Prozent mit eigener Leber; hatte die Klinik Erfahrung mit weniger als fünf Patienten pro Jahr, sank diese Quote auf 7,7 Prozent. Insgesamt 118 von 183 Kindern wurden lebertransplantiert. In einer aktuellen Überprüfung der Situation (2010-2015) hat sich die Zahl der „Anbieter“ bereits auf 15 reduziert, 11 Kliniken betreuen weiterhin weniger als fünf Patienten im Jahr, nur vier Kliniken mehr als fünf Patienten. Transplantationen erfolgen in sieben Zentren.

Diesen Weg weiter zu gehen, verspricht ein höheres Überleben mit der eigenen Leber, ein Einsparen vermeidbarer Lebertransplantationen und einen sorgsamen Umgang mit den wenigen Spenderorganen. Zudem kommt hier ein ökonomischer Aspekt in die Diskussion, da die Behandlungskosten zehn Jahre nach einer erfolgreichen Kasai-Operation bei 18.000 Euro liegen, nach einer Lebertransplantation bei ca. 150 000 Euro.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie arbeitet deshalb aktuell an einem Plan, Neugeborene mit Gallengangsatresie an fünf Zentren zusammenzuziehen. Hierbei muss natürlich neben der fachlichen Expertise an den Wunsch der Familien nach einer wohnortnahen Behandlung gedacht werden. Andererseits sollen die Patienten in diesen Zentren ggf. bis zur und einschließlich der Transplantation betreut werden. Hierzu bedarf es natürlich nicht nur der chirurgischen, sondern auch der pädiatrisch-gastroenterologischen Qualifikation.

Was aussieht wie die Quadratur des Kreises, lässt sich – wie in Großbritannien gezeigt – durchaus umsetzen. Dort hat ein staatliches Gesundheitswesen für die Entscheidung gesorgt. Hier in Deutschland müssen wir es – wollen wir nicht auf die Karte „Mindestmenge“ und den Gemeinsamen Bundesausschuss setzen – aus Einsicht und eigenem Antrieb schaffen. Dazu rufe ich als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie auf und weiß, dass ich von vielen, aber nicht allen Mitgliedern unserer Fachgesellschaft unterstützt werde. Ich bin nachdrücklich dafür, dass wir das selbst regeln, bevor es andere für uns tun. Damit – und damit schließt sich der Kreis – am Ende der das Lebertransplantat bekommt, der es wirklich benötigt.

Prof. Dr. med. Peter Schmittenbecher
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie

Fortschritte in der Perinatalchirurgie

Berlin/München, März 2019 – Expertenstatement zu Operationen im Mutterleib, während der Entbindung und nach der Geburt. Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) sprechen beim Chirurgenkongress in München über aktuelle Frotschritte in der Perinatalchirurgie.

Die perinatale Chirurgie ist ein wesentlicher Schwerpunkt des kinderchirurgischen Fachgebietes und umfasst neben operativen Interventionen unmittelbar nach der Geburt auch pränatale Eingriffe, aber auch Interventionen während der Geburt. Durch inzwischen hoch entwickelte Ultraschallgeräte können heute die meisten (über 80 Prozent) der angeborenen Fehlbildungen des ungeborenen Kindes bereits in der Schwangerschaft erkannt beziehungsweise diagnostiziert werden. Entscheidend ist in dieser Phase die kompetente und empathische Kommunikation mit den werdenden Eltern, um Unsicherheiten und nachvollziehbaren Ängsten entgegenzutreten. Hierzu sind Gespräche mit einem in der Neugeborenenchirurgie erfahrenen Kinderchirurgen unerlässlich, um den Eltern den konkreten Behandlungsplan nach der Geburt auseinanderzusetzen und mit dem zuständigen Geburtshelfer den optimalen Zeitpunkt sowie die Art der Entbindung (Geburt auf natürlichem Weg / Kaiserschnitt) zu besprechen.

Einige Erkrankungen beziehungsweise Fehlbildungen des Fetus können bereits vor der Geburt behandelt werden: Blutgefäßanomalien werden durch Laserung verödet, flüssigkeitsgefüllte Raumforderungen können durch Punktionen entlastet werden. Neben pränatalen Interventionen über Nadelpunktionen, die meist von den Geburtshelfern und Gynäkologen vorgenommen werden, hat sich nach ersten Ergebnissen bisher eine Operation am Fetus als vorteilhaft herausgestellt: der plastische Verschluss einer Rückenmarksspalte (sogenannte „Spina bifida“). Da bei diesem Eingriff naturgemäß eine gewisse Gefährdung der Mutter nicht ausgeschlossen werden kann sowie durch möglicherweise einsetzende Wehentätigkeit aufgrund der Operation an der offenen Gebärmutter sich eine Frühgeburt des Kindes mit entsprechenden Folgen ereignen kann, sollte ein solcher hochkomplexer Eingriff ausschließlich in einem der wenigen Zentren (zum Beispiel Philadelphia, Zürich) vorgenommen werden im Rahmen kontrollierter Studien, um tatsächlich eine Evidenz der Wirksamkeit dieser Operation bei zumutbaren Risiken herausarbeiten zu können. Auch während der Geburt können chirurgische Interventionen am Neugeborenen notwendig werden. Bei Tumoren oder Fehlbildungen am Hals, die die Atmung des Neugeborenen nach Geburt schwerst beeinträchtigen würden, kann eine Freilegung der Luftröhre mit Kanülierung lebensrettend sein. Dieser Eingriff erfolgt noch vor der Abnabelung, sodass die Sauerstoffversorgung des Neugeborenen über die Plazenta und die Nabelschnurgefäße gewährleistet ist. Dieses Vorgehen wird als „EXIT-Procedure“ bezeichnet. Alle übrigen chirurgischen Korrektureingriffe werden nach der Geburt vorgenommen. Das Spektrum reicht von Operationen bei Fehlbildungen des Gehirns (Hydrozephalus) über Korrekturen bei Fehlbildungen der Speiseröhre (Ösophagusatresie) und des Magen-Darm-Traktes, bei Fehlbildungen der Lunge bis zu Malformationen des Urogenitaltraktes. Die Behandlung dieses sehr breiten Spektrums anspruchsvoller Krankheitsbilder erfordert eine entsprechend große Erfahrung des Kinderchirurgen wie auch strukturelle und personelle Voraussetzungen, wie sie nur in einem Perinatalzentrum der Maximalversorgung vorgehalten werden. In solchen Zentren ist auch aufgrund entsprechender Fallzahlen die nötige Kompetenz vorhanden, um eine qualitativ hochwertige Neugeborenenchirurgie anbieten zu können. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie arbeitet zurzeit an einem Konzept zur Umsetzung der Zentralisierung der Neugeborenenchirurgie.

2018

Erwachsen – und was nun? Für Patienten mit angeborenen Fehlbildungen fehlen weiterbetreuende Experten

Berlin, 5. Dezember 2018 – Babys mit angeborenen Fehlbildungen erreichen heute dank fortschrittlicher Operationsmethoden in aller Regel das Erwachsenenalter. Doch der Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenchirurgie gestaltet sich schwierig.

 Babys mit angeborenen Fehlbildungen erreichen heute dank fortschrittlicher Operationsmethoden in aller Regel das Erwachsenenalter. Doch der Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenchirurgie gestaltet sich schwierig. So beklagen Elterninitiativen, dass in der Erwachsenenmedizin kompetente Ansprechpartner für die Heranwachsenden fehlen. Um Lösungsansätze zu finden, veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) einen Runden Tisch mit Betroffenen. Darüber hinaus bereiten Arbeitsgruppen der DGKCH Vorschläge für eine Zentralisierung der Behandlung kinderchirurgischer Fehlbildungen vor. Ein ähnlicher Ansatz könnte auch zu einer adäquaten Weiterbetreuung in der Adoleszenz führen, erläuterten Experten auf der Jahrespressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) am 5. Dezember 2018 in Berlin.

Zu den angeborenen Fehlbildungen zählt unter anderem die Ösophagusatresie, ein Verschluss der Speiseröhre. „Nach erfolgreicher Operation erreichen die Kinder heute das Erwachsenenalter“, berichtet Professor Dr. med. Peter P. Schmittenbecher, Präsident der DGKCH. „Aber sie brauchen wegen Begleitfehlbildungen des Herzens oder aufgrund von Schluckstörungen eine vielseitige und langjährige Nachsorge.“

Dies gilt auch für Kinder mit einer anorektalen Malformation, einer nicht korrekten Anlage des Afters. „Hauptfolgeproblem nach der operativen Korrektur ist hier die Inkontinenz, also der ungewollte Stuhlverlust“, erklärt Schmittenbecher. Kinder mit Spina bifida, einem offenen Rücken, können heutzutage bereits im Mutterleib operiert werden. „Doch trotz verbesserter Ergebnisse handelt es sich nach dem Eingriff in der Regel um Kinder mit mehrfachen Behinderungen wie einem Querschnitt, oft einem Wasserkopf und urologischem, orthopädischem und  neurochirurgischem Betreuungsbedarf“, so Schmittenbecher.

Wenn Patienten mit angeborenen Fehlbildungen das Erwachsenenalter erreichen, hört die Betreuung durch Kinderchirurgen und Kinderärzte auf. Doch für alle drei genannten Krankheitsbilder fehlen geeignete Anlaufstellen in der Erwachsenen-Gastroenterologie, -Proktologie oder -Urologie. „Elterninitiativen beklagen vielfach ein Loch, in das die betroffenen Familien und Patienten fallen“, berichtet Schmittenbecher. „Für diese Fehlbildungen existieren keine Transitionsprogramme, die eine geordnete Überleitung in die Erwachsenenfächer sicherstellen würden. Gewissermaßen tut sich hier ein neues ‚Problem‘ auf, das aus den Fortschritten der Kinderchirurgie resultiert.“

Um dies zu ändern, lädt die DGKCH im Januar zu einem Runden Tisch mit den Elterninitiativen ein. „Die Betroffenen verfügen über keine Lobby. Deshalb müssen wir aktiv werden, brauchen aber unbedingt auch engagierte Partner aus den Erwachsenenfächern“, betont DGKCH-Präsident Schmittenbecher. Nötig seien beispielsweise Fortbildungskurse für Erwachsenenmediziner und gut verteilte, zentralisierte Anlaufstellen zur Weiterbetreuung nach der Pubertät. Geeignete Anlaufstellen könnten sich im Zuge einer Zentralisierung der Behandlung kinderchirurgischer Fehlbildungen ergeben, die von der DGKCH angestrebt wird. „Zwei Arbeitsgruppen der Fachgesellschaft bereiten eine solche Zentralisierung vor“, sagt Schmittenbecher. Geplant sind unterschiedliche Versorgungslevel: Seltene  Erkrankungen und komplexe Fehlbildungen sollen in spezialisierten kinderchirurgischen Referenzzentren und Kliniken der Maximalversorgung therapiert werden.

Die Behandlung häufiger Fälle und die Weiterversorgung von operierten Kindern und Jugendlichen ohne spezielle Probleme würden wohnortnahe kinderchirurgische Einrichtungen übernehmen. „Dies würde zu einer besseren Qualität in der Versorgung komplexer kindlicher Erkrankungen führen“, betont Schmittenbecher.

Konservative und operative Kinder- und Jugendmedizin sitzen im gleichen Boot

Berlin, September 2018 – Zum Tag des Kinderkrankenhauses am 23. September 2018 weist die DGKCH auf den hohen Standard deutscher Kinderkrankenhäuser hin. Kindgerechten Leistungen sind bei der Behandlung selbsverständlich, sind allerdings vergleichsweise schlecht vergütet.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und benötigen eine spezielle medizinische Versorgung in kinderspezifisch ausgerichteten Krankenhäusern. Kinderstationen leiden besonders unter der zunehmenden Ökonomisierung der Medizin. „Nach wie vor werden kindgerechte Leistungen vergleichsweise schlecht vergütet – die konservative und operative Kindermedizin sitzen dabei im gleichen Boot“, erklärt Prof. Dr. Dr. Peter Schmittenbecher, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) und Leiter der Kinderchirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums Karlsruhe. „Darauf soll der Tag des Kinderkrankenhauses erneut hinweisen, der aber zunächst ein Tag der Freude ist – können wir uns doch eines prinzipiell sehr hohen Qualitätsstandards in der Kindermedizin erfreuen.“

Aber nicht nur die Finanzierung der Kinderkliniken ist kritisch, auch der Mangel an spezialisierten Pflegekräften, besonders Intensivpflegekräfte für Kinder und Neugeborene, führt zur Reduktion von Bettenkapazitäten. „Es mussten sogar an Universitäten kinderchirurgische Betten geschlossen werden“, so Dr. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH und Leiter der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg. „Der Markt ist ausgeschöpft, die politisch versprochene Stellenvermehrung läuft also ins Leere, und das trifft die Kinderkliniken mit ihrem höheren Betreuungsbedürfnis der Kinder besonders“, ergänzt Schuster.

Außergewöhnlich aufwändig bei operativen Kindermedizin ist die Versorgung aller Altersgruppen unter Beachtung ihrer alters- und entwicklungsbedingten anatomischen, physiologischen, klinischen und psychologischen Besonderheiten. „Man benötigt vom Bett bis zum OP-Tisch, von der Pinzette bis zum Beatmungsschlauch, vom Pflaster bis zum Gipsverband immer diverse Größen. Und all das sollte in einem kind- resp. jugendgerechten Umfeld passieren, in dem jederzeit und von allen auf die körperlichen und seelischen Bedürfnisse kranker Kinder und ihrer Familien eingegangen werden kann – bauliche Zustände von Kinderkrankenhäusern inbegriffen“, so Schuster.

Die beste Voraussetzung für höchste Betreuungsqualität und Patientensicherheit für das chirurgisch kranke Kind im Kinderkrankenhaus sieht die DGKCH in der konsequenten Zusammenarbeit mit Spezialisten der Kinder- und Jugendmedizin, möglichst in einem Zentrum für konservative und operative Kinder- und Jugendmedizin mit Perinatalzentrum und in der Verfügbarkeit von Kinderradiologie, Kinderanästhesie und Kinderpathologie. Erfreulicherweise sind, so das Statistische Bundesamt für 2016, 82,3 Prozent aller stationär behandelten 0- bis 15-Jährigen in Kinder- und Jugendabteilungen aufgenommen.

Den ständig steigenden Herausforderungen für die Kliniken – geforderte Effizienzsteigerung, reglementierende Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschuss und die Anspruchshaltung in der Bevölkerung – steht erfreulicherweise eine Zunahme der kinderchirurgischen Facharztabschlüsse seit 2013 um mehr als 25 Prozent entgegen. Zusammen mit den unermüdlichen Bemühungen der DGKCH für Reformen der Versorgungstrukturen dürfte das Fach auch für den demographischen Wandel gut vorbereitet sein. „Die Frequenz kinderchirurgischer Notfälle hat z. B. in der Notaufnahme am Klinikum Augsburg vom 1. Quartal 2015 bis zum 1. Quartal 2018 um 26 Prozent zugenommen – Tendenz weiter steigend“, so Schuster. Mit immer weniger Betten für Kinder, einer immer kürzer werdenden Verweildauer, aber zunehmenden Patientenzahlen wachsen die Herausforderungen weiter, nicht nur für die konservative, sondern auch für die operative Kindermedizin.

Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2018 in Leipzig

Berlin/Leipzig, Juni 2018 – Vom 12. bis 15.09.2018 wird din Leipzig der Kongress für Kinder- und Jugendmedizin veranstaltet. Über 2.000 Kinder- und Jugendärzt*innen werden zusammenkommen, um über Neues und Innovatives rund um die Kindergesundheit zu diskutieren.

Gewählt wurden Themen, bei denen die enge und optimal abgestimmte Zusammenarbeit von Experten-Teams aus unterschiedlichen Disziplinen besonders wichtig ist: 

• Akut- und Notfallmedizin
• Gesundes Leben
• Kein Kind wird zurückgelassen

Teamarbeit ist auch die Gestaltung dieses Kongresses, denn 2018 werden gemeinsam mit der DGKJ wieder die Fachgesellschaften für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ), für Kinderchirurgie (DGKCH) sowie der Berufsverband Kinderkrankenpflege (BeKD) tagen.

2018 werden erstmals auch Kolleg*innen aus der Volksrepublik China an einem speziellen „Sino-German-Symposium“ teilnehmen.

Kalender und Abstracts online

Für Ihre Planung: Das Programm samt Kalenderfunktion und den Abstracts der Beiträge Planung finden Sie auf www.dgkj2018.de.

Pressefrühstücke und Foto-/Drehtermine

Wir laden Sie herzlich ein, an den Veranstaltungen des Fachkongresses teilzunehmen, oder aber sich auf unseren speziellen Presseterminen von Expert*innen der Kindergesundheit auf den neuesten Stand bringen zu lassen.

An drei Tagen bieten Ihnen unsere morgendlichen Pressetermine einen komprimierten Einstieg in das Fachprogramm: 

Pressefrühstück (DGKJ) DO 13.9., 8:00 Uhr
„Vorbeugen ist besser als Heilen“. Die Macht der Prävention an den Beispielen Frühgeburtlichkeit, vorgeburtliche Risiken (Drogen, Infektionen, Umwelteinflüsse), SIDS-Prävention.
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Pressefrühstück (DGKJ und DGKCH) FR 14.9., 8:00 UhrNotfall! Experten-Teams für das akut erkrankte Kind
Kopfschmerz, Hodenschmerz, Bauchweh: Was ist die Ursache?
Arm- und Beinbruch: Frakturen richtig behandeln.
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Pressefrühstück (DGSPJ und BeKD) SA 15.9., 8:00 Uhr
Inklusion – auch ein Thema für die Kinder-und Jugendmedizin?!  Möglichkeiten und  Grenzen bei der schulischen Inklusion von chronisch kranken und psychisch belasteten Kindern und Jugendlichen aus sozialpädiatrischer und pflegerischer Sicht.
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Für Dreh- und Fototermine wird uns die Universitätskinderklinik in Magdeburg und deren Direktor Prof. Dr. Gerhard Jorch unterstützen.

Gern vermitteln wir auch schon im Vorfeld Interviews und Gespräche zu ausgewählten Themen oder nehmen Ihre Akkreditierung auf. - Bei Interesse wenden Sie sich gern an uns, damit wir ihre Wünsche rechtzeitig koordinieren können.

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)
Dr. Sybille Lunau
Chausseestr. 128/129 | 10115 Berlin
Tel. +49 30 3087779-14
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. | www.dgkj.de

Krankenkassenreport: Kleinkinder sind Hochrisikogruppe bei Brandverletzungen

Berlin, 24. Mai 2018 – Gemeinsame Pressemitteilung zur Jahrestagung des Arbeitskreises „Das schwerbrandverletzte Kind“, Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) und Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin e.V. (DGV) am 25.-26.05.2019

Jährlich werden deutschlandweit über 30.000 Kinder mit thermischen Verletzungen ambulant und 6.000 Kinder stationär behandelt. Verbrühungen, Feuer und Flammen, Kontaktverbrennungen, Strom sowie Verpuffung und Explosion führen zu gesundheitlichen Schäden mit oft lebenslanger Beeinträchtigung. Der Unfallschwerpunkt liegt klar im häuslichen Umfeld. Eine Auswertung des Arbeitskreises „Das schwerbrandverletzte Kind“ zeigt, dass Säuglinge und Kleinkinder eine Hochrisikogruppe darstellen. Der Arbeitskreis ist unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin (DGV) in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) organisiert. 

Die Auswertung bezieht sich auf ca. 1.200 Patienten in spezialisierten Kliniken. 75 Prozent der jungen Patienten sind zum Zeitpunkt der Aufnahme jünger als vier Jahre. Das Säuglings- und Kleinkindesalter stellt somit eine Hochrisikogruppe dar. 70 Prozent der Kinder haben eine Verbrühung und Jungen sind laut der Auswertung im Vergleich zu Mädchen doppelt so häufig wie Mädchen betroffen.

Die altersabhängigen Verhaltensmuster zu kennen und zu berücksichtigen, ist der erste Baustein, das Risiko eines thermischen Unfalls zu verringern. Typischerweise dominieren in der Hochrisikogruppe Verbrühungen durch heiße Flüssigkeiten. Schon der Inhalt einer Tasse genügt, um 30 Prozent der Körperoberfläche eines 0 bis 4-jährigen Kindes zu verletzen. In den letzten Jahren haben vor allem Unfälle mit Schnellwasserkochern durch Ziehen am herabhängenden Stromkabel dramatisch zugenommen. Das typische Verletzungsmuster besteht in einer Verbrühung von Gesicht, Rumpf und Oberschenkeln.

Kleinkinder wollen ihre Umwelt erforschen, ergreifen, um zu begreifen, sie bewegen sich blitzschnell und wissen nicht, was gefährlich ist und was nicht. Sie wachsen rasch und oft wird von den Eltern nicht rechtzeitig realisiert, dass Dinge, die gestern noch nicht möglich waren, heute schon mit Leichtigkeit vollbracht werden. Die Verhaltensweisen der Kinder sind oft nicht vorhersehbar und aus Sicht der Erwachsenen unlogisch. Besondere Gefahrenmomente entstehen dann, wenn Eltern durch andere Beschäftigungen abgelenkt sind.

Kontaktverbrennungen, Strom und Verbrennungen mit Feuer betreffen etwas ältere Kinder, die durch ihre  Neugier durch Zündeln mit Streichhölzern und Kerzen in Kontakt mit Feuer geraten. Die häufigsten Zündquellen für Textilbrände sind außerdem Adventsgestecke, Laternen und Wunderkerzen, Zigaretten, Gasflammen und der Holzkohlegrill. Insbesondere der Einsatz von Brandbeschleunigern führt jedes Jahr zu erheblichen Verletzungen durch Verpuffung vor allem im Gesicht. Der unvorsichtige Gebrauch von Böllern und Feuerwerkskörpern bei Jugendlichen führt oft zu schweren Verbrennungen, Augenverletzungen und Hörschäden.

Prävention und spezialisierte zeit- und fachgerechte Behandlung sind die Schlüsselfaktoren, Komplikationen und lebenslange Stigmatisierung betroffener Kinder zu vermeiden. Experten des Arbeitskreises „Das schwerbrandverletzte Kind“ treffen sich deshalb jährlich zu einer Jahrestagung und diskutieren über neue Behandlungsverfahren, Narbentherapie und neueste Forschungsentwicklungen. Innovative Behandlungsmethoden brauchen engagierte Ärzte, um sich zu etablieren. Auch in diesem Jahr werden Forschungsergebnisse zu innovativen Wundauflagen oder dem enzymatischen Debridement diskutiert sowie Konzepte schmerzarmer Verbandswechsel durch virtuelle Realität vorgestellt.

Das sogenannte „Medical Needling“ ist ein großer Fortschritt in der Behandlung von Narben. In einem Workshop werden Tipps und Tricks der Anwendung praxisnah vermittelt.  Trotz aller Erfolge in der Arbeit wissen alle Betroffenen und Behandler, dass psychosoziale Langzeitfolgen nach thermischen Verletzungen leider nicht immer vermeidbar sind. Die beste Behandlung ist die Vermeidung! Unfälle sind keine Zufälle! Gemeinsam mit Patientenvertretern wie Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder e.V. möchten die Experten auf die Folgen thermischer Verletzungen im Kindesalter hinweisen und gleichzeitig vor den Unfallgefahren warnen.

Die 26. Jahrestagung des Arbeitskreises „Das schwerbrandverletzte Kind“ findet am 25./26.05.2018 unter organisatorischer Leitung der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Charité – Universitätsmedizin Berlin statt.

Veranstaltungsort:
Besucher- und Schulungszentrum
Karl Storz GmbH & Co. KG
Scharnhorststraße 3 in Berlin

2017

Neuordnung in der Kinderchirurgie - Kinderchirurgen wollen Spezialeingriffe in Referenzzentren konzentrieren

Berlin, 05. Dezember 2017 – Kinder benötigen eine besondere chirurgische Behandlung, die nicht nur fach-, sondern auch kindgerecht ist. Um die Versorgung zu verbessern, streben die Kinderchirurgen eine Neuordnung in ihrem Fach an. 

Auf der Jahrespressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) am 5. Dezember 2017 in Berlin fordert Professor Dr. med. Peter Schmittenbecher eine Umstrukturierung der kinderchirurgischen Versorgung zugunsten von Referenzzentren und erläutert, warum Kinderchirurgen und Pädiater zukünftig in spezialisierten Zentren zusammenarbeiten sollen. 

„Kinder sind keine ‚kleinen Erwachsenen‘ und müssen von ärztlichem und pflegerischem Personal betreut werden, das sich gezielt auf die körperlichen, seelischen und entwicklungsbedingten Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen sowie ihren Familien einstellen kann“, so Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) e.V. Die Bedingungen dafür sind ungünstig. Grund ist die vergleichsweise schlechte Abbildung der erbrachten Leistungen im Krankenhaus-Finanzierungssystem DRG.

Aktuell sind in Deutschland 89 Kliniken für Kinderchirurgie gelistet, darunter 16 Ordinariate. Außerdem gibt es 36 kinderchirurgische Abteilungen in der Chirurgie bzw. Pädiatrie, 48 kinderchirurgische Einzelpraxen und 19 Gemeinschaftspraxen, davon sechs mit Belegbetten sowie neun kinderchirurgische MVZ. Eine mittelgroße kinderchirurgische Klinik (3 Fachärzte in Vollzeit, 5,8 Assistenzärzte in Vollzeit) benötigt zur Eigenfinanzierung etwa 2.500 Fälle mit erlösrelevanten Prozeduren. Die durchschnittliche Fallzahl kinderchirurgischer Kliniken in dieser Größe liegt derzeit bei nur etwa 1.400 Fällen. „Damit ist eine finanzielle Unterdeckung bei praktisch allen Einrichtungen programmiert“, stellt Professor Dr. med. Peter Schmittenbecher fest, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Nach der Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes wird sich diese aber Relation in den nächsten zehn Jahren nicht grundlegend ändern.

Um die bedarfsgerechte Versorgung der jungen Patienten aber auch in Zukunft weiter zu gewährleisten, fordert Schmittenbecher eine ressourcenoptimierende Neuordnung. Grundsätzlich gilt dabei: „Kinderchirurgen sollen zukünftig zusammen mit Pädiatern in interdisziplinären Zentren für konservative und operative Kinder- und Jugendmedizin behandeln“, erläutert der Kinderchirurg.

Dabei würden unterschiedliche Versorgungslevel entstehen: Seltene Erkrankungen und komplexe Fehlbildungen sollen in spezialisierten kinderchirurgischen Referenzzentren und Kliniken der Maximalversorgung therapiert werden; die Behandlung häufiger Fälle und die Weiterversorgung von operierten Kindern und Jugendlichen würden wohnortnahe kinderchirurgische Einrichtungen übernehmen.

Die Neuorganisation hätte erhebliche Veränderungen zur Folge. „Die Wege in die spezialisierte Klinik für die einzelne Fehlbildung werden weiter werden, manche kinderchirurgische Einrichtung wird sich mangels Strukturqualität und personeller Ausstattung neu orientieren müssen und auch die Perinatalzentren müssen bezüglich der kinderchirurgischen Betreuung umdenken und neue, vor allem belastbarere Wege gehen,“ erläutert Schmittenbecher.

Kinderchirurgen fordern Rund-um-die-Uhr-Versorgung für Frühchen

Berlin, 16. November 2017 – Die DGKCH setzt sich anlässlich des Welt-Frühgeborenen-Tages am 17. November 2017 dafür ein, die Versorgung für die kleinsten Patienten zu verbessern. Es ist notwendig, dass immer zeitnah eine kinderchirurgische Betreuung gewährleistet ist.

In Deutschland kommt nahezu jedes zehnte Baby vor Ende der 37. Schwangerschaftswoche und somit als Frühgeborenes zur Welt. Heutzutage sind ihre Überlebenschancen vergleichsweise gut, je unreifer ein Kind jedoch geboren wird, umso größer können die Probleme sein. Da diese Probleme nicht selten eine operative Therapie erfordern, engagiert sich die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) anlässlich des Welt-Frühgeborenen-Tages am 17. November 2017 dafür, die Versorgung für die kleinsten Patienten zu verbessern. „Da Frühchen meist ungeplant zur Welt kommen, ist es notwendig, dass immer zeitnah eine kinderchirurgische Betreuung gewährleistet ist“, betont Prof. Dr. med. Schmittenbecher, Präsident der DGKCH. 

7 bis 8 Prozent der Frühgeborenen sind von angeborenen Fehlbildungen betroffen, etwa einem Herzfehler, einem Verschluss der Speiseröhre, des Zwölffingerdarms oder des Dünndarms, einem nicht angelegten Anus, einer Lücke im Zwerchfell oder einer quasi verschlossenen Harnröhre. „Da diese Eingriffe bei Frühgeborenen nur für wenige chirurgische Teams zum Alltag gehören, ist es umso wichtiger, spezielle Eingriffe in kinderchirurgischen Kliniken der höchsten Versorgungsstufe durchzuführen“, so Schmittenbecher. Aber es geht nicht nur um die operative Kompetenz: für die Diagnosefindung, Stratifizierung der Therapie, das Stellen der Operationsindikation und die postoperative Betreuung sind Kinderchirurgen vor Ort nötig. Wenn zum Beispiel ein Frühchen mit 750 g an einer Ösophagusatresie – einer Fehlbildung der Speiseröhre – operiert wird, können sich bis zum Tag der Entlassung täglich spezielle kinderchirurgische Fragestellungen ergeben, erklärt Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH anhand eines zu früh geborenen Patienten im Klinikum Augsburg. Nicht wegzudenken aus dem spezialisierten Team sind auch die Kinderradiologie und die Kinderanästhesie, die unverzichtbar für eine erfolgreiche Behandlung sind.

Die Säuglingssterblichkeit unter Frühgeborenen lässt sich in 18 bis 20 Prozent der Fälle auf angeborene Fehlbildungen zurückführen, die meist kinderchirurgisch behandelt werden müssen. „Betroffene Eltern eines Hochrisikofrühchens wünschen sich daher berechtigt, dass ihr Kind von Anfang an in einem Zentrum versorgt wird, das auf alle Eventualitäten und Komplikationen vorbereitet ist“, so Schuster. Die Versorgung könne nur durch spezialisierte pflegerische und ärztliche Einrichtungen gewährleistet werden, in denen sich akut und rund um die Uhr routinierte Teams auch um die Kleinsten der Frühesten kompetent kümmern können. Bei angeborenen Fehlbildung, die bereits im pränatalen Ultraschall dargestellt werden können, würde dies mit der interdisziplinären vorgeburtlichen Beratung zusammen mit Kinderchirurgen beginnen.

Kinderchirurgische Einrichtungen sind seit Jahren besonders vom ökonomischen Druck betroffen. Grund dafür ist die vergleichsweise schlechte Abbildung der erbrachten Leistungen im Krankenhaus-Finanzierungssystem DRG. „Trotz einiger aktueller Verbesserungen berücksichtigt das Fallpauschalen-System zu wenig individuelle Erforderlichkeiten für den Patienten, die Familie und die Klinik", erläutert Schmittenbecher, „wodurch häufig die tatsächlichen Kosten nicht gedeckt sind – auch in Perinatalzentren.“

Notfallversorgung: Was ist wichtig für Kinder?

Berlin/Köln, 22. September 2017 – Die „Not der Notaufnahmen" und die Neustrukturierung der Notfallversorgung werden viel diskutiert und sind aktuell große Themen. Die DGKCH fordert alle beteiligten Akteure dazu auf, die besonderen Bedürfnisse von Kindern nicht zu vergessen.

Die Zahl der Notfallbehandlungen in den Krankenhäusern hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Die „Not der Notaufnahmen" und die Neustrukturierung der Notfallversorgung werden viel diskutiert und sind aktuell große Themen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) fordert alle beteiligten Akteure dazu auf, die besonderen Bedürfnisse von Kindern nicht zu vergessen. „Bei der Neustrukturierung der Notfallversorgung darf bei allen Vergütungs-, Belegungs-, Budgetierungs- und Verteilungsinteressen nicht untergehen, dass unsere kleinsten Patienten und auch deren Eltern in der Notaufnahme sehr spezielle Bedürfnisse haben", erklärt der Präsident der DGKCH, Prof. Dr. med. Peter Schmittenbecher anlässlich der Herbsttagung der DGKCH in Köln.

Der Notfall im Kindesalter bedürfe einer entsprechenden Beachtung, denn auch in den Kindernotaufnahmen seien die Zahlen gestiegen. Und das, obwohl es schon an vielen Stellen und seit geraumer Zeit die Integration kinderärztlicher Notfallpraxen in Kinderkliniken gibt. Erfreulicherweise ist die Kinderheilkunde ja noch ein Fach, in dem es vielerorts einen fachärztlichen Notdienst gibt. „Notfälle im Kindesalter sind immer von besonderer emotionaler Brisanz für die Familien", betont Schmittenbecher. Sie machen (bis zum 18. Lebensjahr) knapp zehn Prozent aller Notfälle aus. „Selbst bei offensichtlichen Bagatellverletzungen dauert es im Einzelfall meist länger als die dafür vorgesehenen zwei Minuten, besorgte Eltern von der begrenzten Schwere der Verletzung zu überzeugen und damit länger als die Verletzung tatsächlich zu versorgen." Zudem sei aufgrund der altersbedingt oft begrenzten Kommunikationsmöglichkeit mit den kleinen Patienten die Festlegung der Verletzung als „Bagatelle" sehr schwierig. „Da helfen auch die in der neuen Vergütungsstruktur ausgelobten 9,48 Euro Zuschlag wegen schwieriger Kommunikation – aber nur nachts; tagsüber hält man Kinder offensichtlich für kommunikativer – nicht entscheidend weiter", so der Präsident der DGKCH.

Kindernotfälle umfassen nicht nur internistische Krankheitsbilder, sondern auch chirurgische. Die Kinderchirurgie ist eines der Fachgebiete, in denen das Netz der niedergelassenen Ärzte so weitmaschig ist, dass eine entsprechende Notfallversorgungsstruktur nicht realisierbar ist. Kinderchirurgische Kassensitze zählen zur Chirurgie. Ist also der chirurgische kassenärztliche Bereitschaftsdienst zuständig? „Nur partiell, möchte man sagen, denn auch für kinderchirurgische Notfälle gilt, dass sich hier viele Krankheitsfälle anders darstellen als bei Erwachsenen, im Erwachsenenalter überhaupt nicht vorkommen oder aber eine besondere Diagnostik/Therapie erfordern", erklärt Schmittenbecher. Daraus resultiert die Forderung der DGKCH nach einer separaten Regelung der Notfallversorgung im Kindesalter mit eigenen Strukturen.

Dem kommt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bereits nach, indem die Notfallversorgung im Kindesalter im Abschnitt VI der entsprechenden Entwurfs-Erstfassung verortet wurde (spezielle Notfallversorgung). Hier muss nun realisiert werden, dass eine Klinik, an der kein Kinderarzt/Kinderchirurg tätig ist, für das Kindesalter nur eine Basisversorgung (Stufe 3) leisten kann – unabhängig von der sonstigen Qualifikation. Nach klaren Kriterien und in einer etablierten Kommunikationsstruktur muss das Kind dann ggf. in die erweiterte Notfallversorgung (Stufe 2) transportiert werden, wo eine bettenführende pädiatrische Klinik mit ärztlichem und pflegerischem Fachpersonal (24/7) und kindgerechten Diagnostik-Algorithmen vorgehalten wird. Komplexere kinderchirurgische Fälle sind auf die Ebene der umfassenden Notfallversorgung (Stufe 1) zu verlegen, wo mindestens ein Facharzt für Kinderchirurgie in Rufbereitschaft ist.

Alles für die Allerkleinsten: Fetalchirurgie

Berlin/Köln, 19. September 2017 – Die fetale Chirurgie ist noch eine junge Disziplin und bezeichnet die vorgeburtliche Operation in utero. Bei der erbsttagung vom 21.-23.09.2017 in Köln berichtet die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie über Neuerungen auf diesem Gebiet.

Die fetale Chirurgie ist noch eine junge Disziplin und bezeichnet die vorgeburtliche Operation in utero. Eine Indikation zur Operation besteht nur für Erkrankungen, bei denen das Kind ohne Eingriff vor der Geburt bereits verstirbt oder wenn es zu irreversiblen Schädigungen kommt, die durch einen fetalen Eingriff gemindert werden können. „Aufgrund schwerwiegenden Fehlbildungen entscheiden sich viele werdende Eltern zu einem Schwangerschaftsabbruch nach der Diagnosestellung", erklärt PD Dr. Barbara Ludwikowski, Tagungspräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Es bestehe die Hoffnung, dass die Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen durch vermehrte fetale Therapie weniger würden. Die Krankheitshäufigkeit z. B. für Spina bifida beträgt ca. 1 auf 1000 Schwangerschaften, in den 70-er Jahren war dies noch 2 auf 1000.

Es wird geschätzt, dass in Deutschland ca. 300 fetalchirurgische Eingriffe pro Jahr durchgeführt werden, meistens in universitären Frauenkliniken und in enger internationaler Zusammenarbeit, häufig in Rahmen von kontrollierten Studien.

Es werden 3 unterschiedliche fetale Therapiemethoden unterschieden:

1. Punktion und Einbringen von Kathetern unter Ultraschallkontrolle (fetale Pleuraergüsse, Zystenlungen, Megaharnblase u.a.)
2. fetoskopische Chirurgie (FETENDO): Laserkoagulation plazentarer Anastomosen bei feto-fetalem Transfusionssyndrom, Tracheaokklusion bei Zwerchfellhernie, Verschluss Spina bifida u.a.
3. offene Chirurgie mit Eröffnung der Gebärmutter und offener Operation am Feten: Spina bifida, in Einzelfällen Steißbeinteratom oder Lungenerkrankungen.

Der häufigste Eingriff ist die fetoskopische Laserkoagulation bei Zwillingstransfusionssyndrom. Es gibt in Europa einzelne Zentren, die für offene fetale Eingriffe spezialisiert sind wie Leuven, Barcelona, Zürich u.a. . In Deutschland befinden sich Zentren wie Bonn, Gießen, Hamburg und Heidelberg, die meistens in Kooperation mit anderen europäischen Zentren die fetale Chirurgie anbieten.

Bei folgenden Erkrankungen gibt es bereits multizentrische Studien (Beobachtungsstudien oder Tierexperimente), bei denen ein klarer Vorteil unter bestimmten Voraussetzungen für das Kind nachgewiesen wurde: der fetoskopische Verschluss der Trachea bei Zwerchfellbrüchen, Punktion der fetalen Blase mit Einlegen einer Ableitung in die Uterushöhle bei Harnröhrenklappen, um das Überleben zu verbessern, und der offene Verschluss bei Spina bifida (Evidenzgrad I).

Es zeigte z. B. die sogenannte amerikanische MOMS Studie 2011 (Management of Myelomeningocele Study), dass in einer ausgewählten Patientengruppe Feten, die zwischen der 19. und 26. SSW operiert wurden, ein besseres neurologisches outcome haben, als Kinder, die erst nach der Geburt operiert wurden, im Besonderen weil sie weniger häufig einen Shunt bei Hydrocephalus (Wasserkopf) benötigen und weniger Lähmungen aufwiesen in einem Nachbeobachtungsraum von 30 Monaten. Zur endoskopischen Operation bei Spina bifida fehlen bislang standardisierte Operationen und Studien, die das outcome im Vergleich zur offenen Operation bei den Kindern zeigen.

Im Rahmen des diesjährigen Kongresses, wird am 1. Kongresstag das Thema Fetalchirurgie in zwei interdisziplinären Sitzungen intensiv zu folgenden Fragestellungen behandelt: Der ethische Aspekt fetaler Eingriffe mit den Risiken für Mutter und Kind, Möglichkeiten, aber auch Grenzen der Bildgebung (Magnetresonanz), Erfahrungen mit Eingriffen im Brustkorb von Feten und die fetale Behandlung von Kindern mit Spina bifida , offen oder endoskopisch, werden in Hauptreferaten vorgetragen. Abschließend werden die verschiedenen Standpunkte im Rahmen eines Roundtable gemeinsam interdisziplinär diskutiert.

Sommer, Sonne, Sorgen: Unfälle bei Kindern vermeiden

Berlin, 05. Juli 2017 – Der Sommer ist auch bei uns angekommen: Baden im Baggersee, Grillen im Garten und ausgedehnte Fahrradtouren stehen in den Sommerferien bei Kindern hoch im Kurs. Die Sommerlaune verfliegt aber ganz schnell, wenn den Jüngsten etwas passiert.   

Der Sommer ist auch bei uns angekommen: Baden im Baggersee, Grillen im Garten und ausgedehnte Fahrradtouren stehen in den Sommerferien bei Kindern hoch im Kurs. Die Sommerlaune verfliegt aber ganz schnell, wenn den Jüngsten etwas passiert. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) rät daher besonders beim Grillen und Baden zur Vorsicht. 

Brandbeschleuniger wie Spiritus verursachen nach wie vor die meisten Grillunfälle in Deutschland – rund 400 Unfälle enden pro Jahr mit schwersten Brandverletzungen. Durch die Verwendung von Brandbeschleunigern kann es beim Grillen zu hohen Stichflammen kommen. Kinder sind oft besonders schwer betroffen, da sie auf Augenhöhe mit dem Grill stehen. „Wer auf Spiritus beim Grillen verzichtet, schützt gleichzeitig seine Kinder vor Verletzungen", erklärt Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH. Prinzipiell sollten Kinder beim Grillen nicht unbeaufsichtigt bleiben und einen Sicherheitsabstand einhalten. Wenn trotz aller Vorsicht doch etwas passiert, raten Kinderchirurgen dazu, kleinere Verbrennungen innerhalb der ersten 30 Minuten mit handwarmem Wasser vor Ort lokal zu kühlen. Verbrennungs-Gel-Kompressen und Kühlpacks bieten bei kleineren Verbrennungen zwar eine Alternative, aber keine Vorteile. „Bei großflächigeren Verbrennungen und auch bei Verbrühungen erhöhen Kühlpacks aber das Risiko einer Unterkühlung des Kindes", so Schuster. Wenn möglich, sollte man Brandwunden mit sterilem Verbandmaterial abdecken. „Auf das Auftragen von Hausmitteln wie Joghurt, Mehl oder Butter auf Brandwunden sollte unbedingt verzichtet werden. Damit wird eher Schaden angerichtet."

Genau wie für Grillunfälle beginnt jetzt auch die Saison für Badeunfälle. „Kleinkinder sollten nur in Begleitung ans Wasser – am besten sollten sie in Griffnähe beaufsichtigt werden", so Prof. Dr. med. Peter Schmittenbecher, Präsident der DGKCH. Oft birgt das Springen in trübe oder unbekannte Gewässer eine große Gefahr und ist häufige Ursache von Badeunfällen bei Kindern und Jugendlichen. „Neben dem klassischen Ertrinkungsunfall sind es die Schädelverletzungen bzw. Gehirnerschütterungen, die dann z. B. eine Computertomographie des Kopfes erforderlich machen", so Schmittenbecher.

Pressegespräch der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie

Berlin/Köln, Juni 2017 – Bei der 55. Herbsttagung der DGKCH wird am 22.09.2017 ein Pressegespräch zu kinderchirurgischen Themen stattfinden. Wir laden Sie herzliche ein, mit unseren Referenten ins Gespräch zu kommen übder aktuelle Entwicklungen in der Kinderchirurgie.

55. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
PD Dr. med. Barbara Ludwikowski, Tagungspräsidentin DGKCH

Termin: Freitag, 22. September, 13.00 bis 14.00 Uhr
Ort: Congress Centrum Ost Kölnmesse, Presselounge
Anschrift: Messeplatz 150679 Köln

Vorläufige Themen und Referenten:

Was stimmt nicht mit meinem Penis? Jungensprechstunde in der Kinderchirurgie
Prof. Dr. med. Maximilian Stehr, Nürnberg

„Ästhetische" Kinderchirurgie: Wann zahlt die Kasse nicht?
Dr. med. Tobias Schuster, Augsburg

Notfallversorgung in der Kinderchirurgie – vom Neugeborenen bis zum Jugendlichen
Prof. Dr. med. Peter Schmittenbecher, Karlsruhe

Akkreditierung

Das Presse-Team der DGKCH-Pressestelle betreut alle Journalisten vor, während und nach dem Pressegespräch der DGKCH. Wir kümmern uns um Ihre Fragen und Wünsche nach Informationsmaterial, Gesprächspartnern und Interviewterminen.

Gern nehmen wir Sie in unseren Presseverteiler auf und informieren Sie regelmäßig über die Themen des Pressegesprächs. Aktuelle Informationen für Journalisten/Redaktionen anlässlich des Kongresses werden wir auf dieser Seite veröffentlichen.

Medienvertreter können sich per E-Mail oder per Fax zum Kongress und der Pressekonferenz anmelden.

Akkreditierungsformular

Ihr Kontakt für Rückfragen:
Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Julia Weilbach
Langenbeck-Virchow-Haus
Luisenstraße 58/59
10117 Berlin

Telefon: 030 2 80 04-3 61
Fax: 030 2 80 04-3 69
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

www.dgkch.de
www.dgkj2017.de

Pflegeberufereform: Umsetzung entscheidet über gute Pflege von Kindern

Berlin, 25. April 2017 – Nach der Einigung der Koalition über eine Reform der Pflegeberufeausbildung müssen nun die Details festgelegt werden: Die DGKCH appelliert an die Politik, bei der Umsetzung die Interessen kranker Kinder im Blick zu behalten.

Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) appellieren zahlreiche Fachverbände und Elternorganisationen aus der Kinder- und Jugendmedizin an die Politik, bei der Umsetzung die Interessen kranker Kinder im Blick zu behalten. Zusätzlich mahnen sie an, die Ausbildungs- und Prüfungs-verordnung umgehend vorzulegen: Ohne diese ist eine fachgerechte Beurteilung der Pflegeausbildungsreform nicht möglich.

Der Kompromiss sieht vor, die Ausbildung zur Krankenpflege abzuschaffen und durch eine generalistische Pflegeausbildung zu ersetzen. Deren Absolventen wären auch zur Pflege von Kindern berechtigt. Parallel dazu sollen die Berufe Altenpflege und Kinderkrankenpflege erhalten bleiben. Diese Qualifikation ist zukünftig in einer zweijährigen generalistischen Ausbildung sowie einem zusätzlichen Jahr separater Ausbildung zu erwerben. Die Neuregelungen sollen erstmals für die Ausbildungsjahrgänge ab 2019 gelten. - Konkrete Festlegungen für die Ausbildungs- und Prüfungsordnung stehen noch aus.

Um die geplante Pflegeberufereform fachgerecht bewerten zu können, müsste die Ausbildungs- und Prüfungsordnung umgehend vorgelegt werden, rechtzeitig vor der Entscheidung über die Gesetzesvorlage selbst, fordert die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH).

Kranke Kinder: Fachwissen und bestmögliche Versorgung sind unverzichtbar

Seit Beginn der Diskussion um die Pläne für eine Ausbildungsreform in der Pflege hat sich die Fachwelt der Kinder- und Jugendmedizin für einen Erhalt der eigenständigen Ausbildung zur Kinderkrankenpflege ausgesprochen.

Hauptargument war dabei die Qualität der Pflege in diesem sehr anspruchsvollen Bereich: „Die Bedürfnisse kranker Kinder und Jugendlicher sind außerordentlich individuell, bedingt durch die Altersspanne vom Frühgeborenen bis zum jungen Erwachsenen, bedingt durch Wachstum und Entwicklung und aufgrund des extrem vielfältigen Krankheitsspektrums in der konservativen wie operativen Kinderheilkunde," betont Prof. Dr. Peter P. Schmittenbecher, Präsident der Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH).

Die hohe Spezialisierung der Kind-orientierten Fächer bildete sich bislang auch in der Versorgung ab, dank einer anspruchsvollen Ausbildung zur Kinderkrankenpflege-Fachkraft– einem wesentlichen Faktor für die gesundheitlichen Chancen junger Patienten.

„Von dieser hohen Versorgungsqualität dürfen wir nicht abrücken", betont der Präsident der deutschen Kinderchirurgen, „weiterhin muss der Nutzen für die Kinder im Zentrum stehen."

Evaluation: Qualität im Vordergrund

In einem Forderungspapier, das den zuständigen Bundestagsabgeordneten heute zugeht, fassen die kinder- und jugendmedizinischen Fachgesellschaften und Elternverbände die Kriterien für ein Gelingen der Pflegeberufereform zusammen.

Der Kompromissvorschlag von CDU/CSU und SPD sieht sechs Jahre nach Einführung die Pflicht zur Evaluation vor. Diese Erhebung wird grundsätzlich begrüßt. Die Evaluation soll über den Fortbestand der spezialisierten Berufsausbildungen Altenpflege und Kinderkranken-pflege entscheiden, allerdings nach rein numerischen Gesichtspunkten.
Über die Abschaf¬fung oder Beibehaltung der getrennten Abschlüsse soll der Bundestag nach Vorliegen des Evaluationsberichts 2025 beschließen. Im Kompromiss der Koalition heißt es: „Haben sich von den Auszubildenden der Alten- und Kinderkrankenpflege, die zwischen den separaten Abschlüssen und der Generalistik gewählt haben, mehr als 50 % für den generalistischen Abschluss entschieden, dann soll der getrennte Abschluss abgeschafft werden."

Die Kinder- und Jugendmedizin geht bei ihrer Einschätzung der Reformentwurfs davon aus, dass sich diese Bewertung auf den jeweiligen Ausbildungsschwerpunkt bezieht und Alten- und Kinderkrankenpflege jeweils eigenständig evaluiert werden, da ansonsten die Kinderkrankenpflege schon rein numerisch kaum eine Chance auf Erhalt hätte: Den 6.300 Auszubildenden in der Kinderkrankenpflege stehen 126.000 in der Kranken- und Altenpflege gegenüber.

Inhalt und Ausrichtung der Evaluation fokussieren bisher allein auf die Quantität der Auszubildenden - die Qualität der Ausbildung scheint ausgeblendet zu sein. Das Forderungspapier der Kinder- und Jugendmedizin betont, dass sowohl die Absolventen selbst als auch die Kliniken nach ihrer Einschätzung befragt werden sollten, wie gut die jeweilige Ausbildungsvariante auf die Pflege von 0- bis 18-jährigen Patienten vorbereitet.

Auch der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Dr. Eßer stellt fest: „Die Qualität der Pflege darf nicht außer Acht geraten, sie sollte zentral für die Evaluation der Neuordnung der Pflegeberufe sein. Kinder brauchen sehr gute Pflege. Unser Ziel bleibt daher weiterhin, dass Kinder auch in Zukunft durch spezialisierte und hoch qualifizierte Pflegekräfte gepflegt werden."

Gute Pflege von Kindern in Zukunft: Forderung zu Pflegeberufereform

Berlin, 06. April 2017 – Die Bundesregierung plant die drei Berufe Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie die Altenpflege in einer generalistischen Ausbildung zusammenzulegen. Dazu wurde ein Forderungspapier zusammengestellt.

Vorrangiges Ziel muss bei Umsetzung der jüngsten Koalitionsvereinbarung zur Pflegeausbildung eine sehr gute Pflege für kranke Kinder auch in Zukunft sein. Es sollte eine deutliche Verbesserung der Ausbildungsqualität für die Kinderkrankenpflege gegenüber dem Status Quo angestrebt werden, denn die Anforderungen an die Pflege werden nicht einfacher sondern komplexer. Daher fordern wir:

• Rechtzeitig vor einer endgültigen Entscheidung über die Gesetzesvorlage muss die Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorliegen, da ansonsten keine Bewertung möglich ist.

• Während der zweijährigen generalistischen Grundausbildung müssen in Schulen, die die Vertiefung Kinderkrankenpflege anbieten, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis mindestens zu einem Drittel pädiatrie-spezifische*) Inhalte vermittelt werden.

• Während der generalistischen Ausbildung mit Vertiefung Kinderkrankenpflege im 3. Ausbildungsjahr müssen sowohl in der Theorie als auch in der Praxis mindestens zur Hälfte pädiatrie-spezifische*) Inhalte vermittelt werden.

• Eine generalistische Ausbildung mit Vertiefung Kinderkrankenpflege im 3. Ausbildungsjahr darf nur an Ausbildungsstandorten angeboten werden, an denen auch eine kinder- und jugendmedizinische Abteilung angesiedelt ist.

• Als Voraussetzung sowohl für die spezifische Kinderkrankenpflegeausbildung im 3. Ausbildungsjahr als auch für die generalistische Ausbildung mit Vertiefung Kinderkrankenpflege muss die Pflegeschule Lehrpersonal mit Expertise in der Kinderkrankenpflege nachweisen.

• Auszubildende, die die 3jährige generalistische Ausbildung mit Vertiefungseinsatz in der Kinderkrankenpflege wählen, erhalten in ihrer Berufsbezeichnung den Zusatz „Kinder“.

Das vollständigen Forderungspapier finden Sie HIER

Beteiligte Verbände und Fachgesellschaften:

Aktionskomitee KIND IM KRANKENHAUS (AKIK), Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Bundesarbeitsgemeinschaft Kind und Krankenhaus (BaKuK), Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ), Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM), Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ), Elterninitiative „Ich bin keine Fallpauschale", Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland (GKinD), Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin (GNPI), Kindernetzwerk, Verband Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Deutschlands (VLKKD)

Kinderchirurgie – Quo vadis. Zur Versorgungsstruktur eines kleinen, modernen und sehr vielfältigen Faches der Chirurgie.

Berlin, März 2017 – Die Kinderchirurgie als eigenständiges Fach im Gebiet Chirurgie umfasst ein spezifisches Spektrum in Krankenversorgung, Forschung und Lehre. In Deutschland verzeichnen wir aktuell insgesamt 224 kinderchirurgische Einrichtungen. 

Dabei sind 90 eigenständige Kliniken für Kinderchirurgie gelistet, darunter 16
 Ordinariate. Daneben gibt es 35 kinderchirurgische Abteilungen als Bereich einer Chirurgie oder Pädiatrie, insgesamt 90 Einzel-, bzw. Gemeinschaftspraxen, davon sechs mit Belegbetten sowie 10 kinderchirurgische MVZ-en. Die Fallzahl stationärer Kinderchirurgisch versorgter Patienten verzeichnet seit 1995 einen steten Zuwachs. 

Die Kinderchirurgen/-innen machen nur 0,16 % aller berufstätigen Ärzte/-innen aus, 0,25 % aller mit Gebietsbezeichnung. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) hat derzeit 710 Mitglieder und ist damit in den letzten sechs Jahren um ca. 40 % gewachsen. Das Organ der DGKCH ist das European Journal of Pediatric Surgery (EJPS). Durch den Artikel 24 der UN-Kinderrecht-konvention wird allen kranken Kindern ein Höchstmaß an Gesundheit und vor allem das Recht auf eine kindgerechte Betreuung durch entsprechend spezialisierte Fachgebiete zugesichert. Demzufolge müssen eine kinderchirurgische Expertise und entsprechende medizinische Einrichtungen jederzeit verfügbar sein, in denen chirurgisch kranke Kinder von ärztlichem und pflegerischem Personal betreut werden, welches durch Ausbildung und Erfahrung befähigt ist, auf die körperlichen, seelischen und entwicklungsbedingten Bedürfnisse und Besonderheiten von Kindern und Jugendlichen sowie ihren Familien einzugehen.

Die Expertise der Kinderchirurgen /-innen sieht die DGKCH in der Erkennung, Diagnostik, operativen, postoperativen und konservativen Behandlung und Nachsorge von chirurgischen Erkrankungen, angeborenen Fehlbildungen, Organtumoren, Verletzungen und Unfallfolgen des Kindes einschließlich der pränatalen Chirurgie, jeweils geprägt von den Phänomenen Wachstum und Entwicklung. Zum Beispiel weist das wachsende Skelett bei Kindern und Jugendlichen anatomische und physiologische Besonderheiten auf, mit der Folge sehr spezieller Verletzungsformen, diagnostischer Herausforderungen und diverser zu beachtender altersangepasster Therapieoptionen. Angeborene Funktionsstörungen, etwa des oberen Harntraktes, können innerhalb des ersten Lebensjahres maturieren; die erstaunliche Plastizität des Gewebes bei Neugeborenen und Säuglingen beeinflusst das chirurgische Vorgehen maßgeblich.

Die Konzeption einer ganzheitlichen chirurgischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen muss auch die Langzeitbetreuung inklusive z.B. psychosexueller Entwicklung, etwa nach angeborener Fehlbildung, mit einschließen und beinhaltet letztendlich auch die Transition. Die Notwendigkeit einer Spezialisierung auf das Wachstums- und Entwicklungsalter auch im chirurgischen Bereich ist belegt.

Mindestvoraussetzungen für eine qualifizierte ambulante und stationäre kinderchirurgische Versorgung sind laut DGKCH der Facharztstatus und eine qualifizierte Kinderkrankenpflege sowie altersgerechte räumliche und fachlich adäquate strukturelle Bedingungen. Die Verfügbarkeit des kinderchirurgischen Facharztes muss 24h an 365 Tagen betragen. Die Zusammenarbeit mit Spezialisten der Kinder- und Jugendmedizin, der Geburtshilfe, der Kinderintensivmedizin und der Neonatologie, möglichst in einem Zentrum für konservative und operative Kinder- und Jugendmedizin mit Perinatalzentrum und der Verfügbarkeit von Kinderradiologie, Kinderanästhesie und Kinderpathologie ist anzustreben und Voraussetzung für höchste Betreuungsqualität und Patientensicherheit.
Auch Krankenhausplaner, Universitäten und (Kinder-)Kliniken stehen hier in der Verantwortung, nachdem gegenwärtig eine Kinderchirurgische Klinik mindestens 2500 DRG-Fälle benötigt, um entsprechende Dienststrukturen implementieren zu können. In Bayern beispielsweise ist aktuell eine Kinderchirurgie nur in 75 % der Perinatalzentren „vor Ort", in weniger als 50 % unterstützt von einer ausgewiesenen Kinderradiologie; nur die Hälfte dieser Kinderchirurgischen Einrichtungen verfügt dort über die volle Weiterbildungsermächtigung. Entsprechende Kooperationsmodelle sind hier erforderlich.

Die Aufgabe und Chance für die Zukunft sieht die DGKCH in einer Konzentration der Expertise und Zentralisierung spezialisierter, kinderchirurgischer Versorgung in einer dem Bedarf entsprechenden Zahl an Referenzzentren (es gibt Fehlbildungen, von denen z. B. in Bayern weniger als 50 pro Jahr auftreten) und kinderchirurgischen Kliniken der Maximalversorgung. Die Zentralisierung ist gleichzeitig die wichtigste Voraussetzung für Qualitätssicherung sowie für Grundlagen- und Versorgungsforschung und eine effektive Weiterbildung. Zusatzqualifikationen (z. B. Kindertraumatolgie, Kinderurologie) , Zertifikate (z. B. „Neugeborenenchirurgie") bzw. Schwerpunktbildungen (z. B. Verbrennungsmedizin) sollen etabliert werden.

Für eine auf der anderen Seite möglichst flächendeckende kinderchirurgische Versorgung sind zudem kinderchirurgische Bereiche der Regelversorgung im Verbund mit Einrichtungen der Kinder- und Jugendmedizin sowie Kooperationen zwischen Zentren und Kliniken sowie sektorenübergreifende Konzepte der ambulanten kinderchirurgischen Versorgung erforderlich. Zudem betont die DGKCH die Notwendigkeit direkter interdisziplinäre Kooperationen mit benachbarten chirurgischen Fachgebieten in klinischer Versorgung, Weiterbildung, Fortbildung und Forschung in Abhängigkeit von den lokalen Bedingungen und verweist auf hierbei auf erfolgreich gelebte Modelle in verschiedenen Städten.

Die Bevölkerungsentwicklung und die anhaltend positive Geburtenrate lassen auf einen wachsenden Bedarf an strukturierter Kinderchirurgischer Versorgung schließen. Die hohe Attraktivität diese Faches unter den jungen Kolleginnen und Kollegen auf dem Weg der Weiterbildung und nicht zu Letzt mehr und mehr kreative Arbeitszeitmodelle stimmen die DGKCH optimistisch, eine hochqualitative kinderchirurgische Versorgung für die Zukunft zu sichern, trotz derzeit eher negativer struktureller und ökonomischer Entwicklungen im Gesundheitswesen.

Die Transition Kinderchirurgischer Patienten in die Erwachsenenmedizin – eine interdisziplinäre Herausforderung

Berlin, Februar 2017 – Die Kinderchirurgie bietet eine ganzheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Fehlbildungen oder nach Traumafolgen an, die auch die Transition, d.h. die geordnete Überleitung von der Kinder- und Jugend- in die Erwachsenenmedizin beinhaltet.

Dank der hohen Spezialisierung sowohl der Kinderchirurgischen Abteilungen als auch unserer Partner in den Abteilungen für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, überleben heutzutage die meisten Kinder mit angeborenen Fehlbildungen und auch solche mit schweren Entwicklungsstörungen oder nach Verkehrs- oder Verbrennungsunfällen. Diese Kinder werden von uns bis ins Jugend- und junge Erwachsenenalter begleitet und medizinisch betreut.

In der Kinderchirurgie wird unter Berücksichtigung der Wachstums- und Entwicklungstypischen Veränderungen des kindlichen Organismus die Diagnostik, das präoperative, operative und postoperative Management entsprechend dem Entwicklungsstand des Kindes angepasst und berücksichtigt. Neben der körperlichen Veränderung im Verlauf des Wachstums kommen die unterschiedlichen Stufen der psychosozialen Entwicklung hinzu, die Entwicklung der sexuellen Identität, die Pubertät und die Adoleszenz, die bei der Planung der Therapie Beachtung finden müssen. (1)

Die Transition dieser Jugendlichen ist dann ein letzter, aber elementarer Bestandteil der langjährigen Verantwortung gegenüber unseren Patienten. Mit der Volljährigkeit fordern die Kostenträger die Weiterbehandlung durch die Erwachsenenmediziner. Wenn der geplante Übergang von der Jugend- in die Erwachsenenmedizin misslingt, kann dies sowohl unter individuellen als auch unter sozialökonomischen Aspekten zu weitreichenden Konsequenzen führen: Kommen die jungen Erwachsenen – nach dem letzten Besuch beim Kinderarzt oder Kinderchirurgen – erst nach Jahren in eine Erwachsenenpraxis oder –ambulanz, sind die gesundheitlichen Probleme oft weit fortgeschritten. Das bedeutet für das Individuum eine verminderte Lebensqualität und letztendlich im Verlauf oft einen erhöhten Behandlungsmehraufwand. Und es hat für die Gesellschaft vor allem auch durch erhöhte Behandlungskosten eine ökonomische und gesundheitspolitische Relevanz.

Beispielsweise kann es bei Patienten mit Spina bifida und Hydrocephalus (angeborener offener Rücken mit Abflußstörung des Hirnwassers, Wasserkopf) , die sowohl eine gestörte Harnblasenfunktion als auch mehr oder weniger ausgeprägte Symptome einer Querschnitsslähmung haben, zu gravierenden Nierenfunktionsstörungen bis hin zum Nierenversagen kommen, wenn die Nierenfunktion und die Blasenentleerung nicht regelmäßig überprüft werden und die Therapie angepasst werden kann. Außerdem sind sie in den meisten Fällen lebenslang auf eine Ventilgesteuerte Ableitung des Hirnwassers angewiesen. Wenn es hier zu unerkannten Fehlfunktionen der Hirnwasserableitung (Shunt) kommt, resultieren psychische und physische Einschränkungen bis hin zu Koma und Tod. Langwierige Therapien und Rehamaßnahmen können notwendig werden. Eine frühzeitig eingeleitete und durchgängige spezialisierte Mitbehandlung durch geeignete Erwachsenenmediziner kann diese Komplikationen verhindern.

Experten schätzen, dass etwa 14 % (2) der Jugendlichen eines Jahrgangs in Deutschland an einer chronischen Krankheit leiden, die eine lebenslange ärztliche Behandlung erfordert. Da diese Gruppe aber aufgrund der verschiedenen Krankheitsursachen (innere Erkrankungen, angeborene Fehlbildungen, Verletzungsfolgen) sehr inhomogen ist, gibt es in Deutschland nach wie vor keine standardisierten Transitionsprozesse, die alle benötigten Fachdisziplinen einbeziehen und die vor allem von den Kostenträgern berücksichtigt und vergütet werden. Bestenfalls gibt es individuelle, sonderfinanzierte Transitionsprogramme (3), die ganz überwiegend aber Patienten aus der Kinder- und Jugendmedizin betreffen und nicht solche mit chirurgischen Erkrankungen.
Auch die kinderchirurgischen Patienten, die in die Erwachsenenmedizin übergeleitet werden müssen, bilden eine sehr heterogene Gruppe mit jeweils eher kleinen Fallzahlen, was die Möglichkeit einer Spezialisierung der weiterbehandelnden Erwachsenenmediziner zusätzlich erschwert. Unter den Patientengruppen mit angeborenen Fehlbildungen, die eine lebenslange spezialisierte medizinische Nachsorgen benötigen sind die folgenden Diagnosen besonders hervorzuheben:

  • Spina Bifida (offener Rücken): ca. 700/Jahr. Langzeitprobleme Blasen- und Mastdarmentleerungsstörung, Niereninsuffizienz, Skelettverformungen, Skoliose, chronischer Über- oder Unterdruck im Gehirn mit neurologischen Störungen. Daraus resultieren wiederholte Operationen. Transitionsbedarf 100%.
  • Ösophagusatresie (Speiseröhrenverschluß): ca. 200/Jahr. Langzeitprobleme Schluckstörungen, chronische Atemwegsinfekte, Säurereflux aus dem Magen, Speiseröhrenkrebs, Wirbelsäulenfehlstellung mit chronischen Rückenschmerzen (Skoliose). Transitionsbedarf 100%
  • Analatresie (Enddarm-/Darmausgangverschluß) : 280-300/Jahr. Langzeitprobleme chronische Obstipation, chronische Darmentzündung, Stuhlinkontinenz (Überlaufenkopresis), gynäkologische Probleme, urologische Probleme, Sexualstörungen, orthopädische Probleme. Transitionsbedarf 100% ( derzeit ca 10.000 Patienten in Deutschland).
  • Gallengangatresie ( Gallengangverschluß) : 35-38/Jahr (Überleben ca. 90%). Davon benötigen 70%-80% eine Lebertransplantation. Chronische Lebererkrankung. Transitionsbedarf 100%.
  • Schwere thermische Verletzungen die in einer Spezialklinik versorgt werden müssen: ca 6.000/Jahr. Langzeitprobleme Kontrakturen, Bewegungseinschränkung, psychische Probleme. Transitionsbedarf ca. 20%

Die Transition kinderchirurgischer Patienten tritt erst seit 5 Jahren, mit Gründung der Deutschen Gesellschaft für Transitionsmedizin, immer mehr in den Fokus der Fachgesellschaften (4).
Als Kinderchirurgen sehen wir uns ganz besonders in der Verantwortung und der Sorge um die Patienten mit angeborenen Fehlbildungen und Verletzungsfolgen, die dank unseres Zutuns das Erwachsenenalter erreicht haben und bei denen aber mit Erreichen des 18. Lebensjahres der Bedarf nach einer fach- und sachgerechten Nachsorge nicht aufhört. Wir tragen auch die Verantwortung dafür, mit den nachbehandelnden Kollegen der Erwachsenenmedizin der unterschiedlichen chirurgischen Disziplinen zu kooperieren und unser Wissen um die Besonderheiten dieser speziellen Krankheitsbilder weiterzugeben und letztendlich unseren Patienten auch jenseits der Volljährigkeit mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Der diesjährige 134. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, der unter dem Motto VERANTWORTUNG, VERTRAUEN, SICHERHEIT steht, geht erstmals in mehreren interdisziplinären Sitzungen mit anderen chirurgischen Fachgesellschaften speziell auf das Thema der Transition ein. So diskutieren wir und Mitglieder von Selbsthilfegruppen gemeinsam mit den Kollegen der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) über die angeborenen Fehlbildungen der Speiseröhre (Öeophagusatresie), der Gallenwege (z.B. Gallengangatresie), des End- und Dickdarmes (z.B. Analatresie) und über deren besonderen lebenslangen Versorgungsbedarf auch nach der Überleitung in die Erwachsenenmedizin. Mit den Kollegen der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) stellen wir die Besonderheiten des kindlichen Hydrocephalus (Wasserkopf) und dessen Behandlung aus Kinderchirurgischer und Neurochirurgischer Sicht dar sowie die Komplexizität und die damit verbundenen Hürden der Überleitung von Kindern mit Spina bifida in die Erwachsenenmedizin. In einer gemeinsamen Sitzung mit den Kollegen der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRÄC) und der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin (DGV) stellen wir Kooperationsmodelle zwischen Zentren für schwerbrandverletzte Kinder und für Erwachsene vor und diskutieren die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit lebenslangem Behandlungsbedarf nach schweren Verbrennungen.

Literatur

  1. Tillig B. Steckbrief: Kinderchirurgie. Passion Chirurgie. 2017 Januar, 7(01): Artikel 03_01.

  2. C. Scheidt-Nave, U. Ellert, U. Thyen, M. Schlaud: Prävalenz und Charakteristika von Kindern und Jugendlichen mit speziellem Versorgungsbedarf im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) in Deutschland. In: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung und Gesundheitsschutz. 50, 2007, S. 750–756 doi:10.1007/s00103-007-0237-3)

  3. Jana Findorff, Silvia Müther, Arpad von Moers, Hans-Dieter Nolting, Walter Burger: Das Berliner Transitionsprogramm. De Gruyter ISBN 978-3-11-044035-5

  4. Homepage: www.transitionsmedizin.de

2016

Kinderchirurgen prognostizieren Pleitewelle bei Frühchen-Zentren

Berlin, Dezember 2016 – Unter der Ökonomisierung der Medizin leiden Kinderkliniken besonders. Einer Umfrage zufolge mussten rund 40 Prozent ihre Betreuungskapazitäten in 2015 wegen Personalmangels reduzieren. 

Jetzt schreibt eine neue Qualitäts-Richtlinie eine hohe Fachkraftquote für die Frühgeborenen-Versorgung vor. „Angesichts der derzeitigen Finanzierungslage ist die Umsetzung einer solchen Vorgabe vollkommen unrealistisch", erklärt Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH). Er prognostiziert in der Folge eine ungeordnete Pleitewelle und appelliert an den Staat, diesen Konzentrationsprozess planvoll zu gestalten. „Für ein solches Strukturprojekt bieten wir der Politik unsere Expertise an", erklärte Tillig auf einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH).

Einrichtungen der Kindermedizin sind seit Jahren vom ökonomischen Druck in besonderer Weise betroffen – Grund ist die vergleichsweise schlechte Abbildung der erbrachten Leistungen im Krankenhaus-Finanzierungssystem DRG. „Zwar erhalten kindermedizinische Einrichtungen teilweise Zuschläge", erläutert Tillig, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie am Vivantes Klinikum Neukölln in Berlin. Aber sie reichen nicht aus, um die Zusatzkosten zu decken. „Wir nehmen ja häufig auch Eltern in die Klinik mit auf, benötigen neben speziellem technischem Equipment auch kindergerechte
Ausstattung und Kinderbetreuung", zählt der Kinderchirurg einige der kostenintensiven Extraposten auf. Um die Deckungslücken zu schließen, sparen Klinikleitungen ganz überwiegend am Personal. Eine bundesweite Umfrage des Verbandes Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen (VLKKD) ergab, dass in 2015 rund 40 Prozent der Kinderkliniken ihre Bettenkapazität reduzieren mussten, zu 95 Prozent wegen Personalmangels insbesondere in der Pflege. Aber die Einsparungen treffen auch den ärztlichen Bereich.

„Kinderchirurgen können aufgrund zu geringer Personalkapazität häufig keine 24-Stunden-Dienste mehr vorhalten", berichtet Tillig. Frisch operierte und verletzte Kinder werden dann von anderen Kinderärzten mit betreut, der Kinderchirurg nur noch bei Bedarf in die Klinik gerufen. Auch Rettungsstellen halten oft keine Kinderchirurgen mehr vor, so dass die jungen Patienten von Ärzten anderer Fachrichtungen behandelt werden müssen. „Die Mehrzahl der Kinderkliniken und kinderchirurgischen Einrichtungen arbeiten bereits defizitär", so der DGKCH-Präsident.
Mit der Qualitätssicherungs-Richtlinie zur Frühgeborenen-Versorgung, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auf den Weg gebracht wurde und im Januar 2017 verbindlich in Kraft treten soll, verschärft sich die Situation erheblich. Denn das neue Gesetz schreibt eine hohe Fachkraftquote für die neonatologische Intensivpflege sowie einen strikten Personalschlüssel für die Frühgeborenen-Versorgung vor – ohne ausreichende Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Laut einer aktuellen Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts können derzeit nur gut ein Viertel der Perinatalzentren diese Anforderungen erfüllen.

Um die Personalvorgaben der Richtlinie vollumfänglich umsetzen zu können, ist bundesweit von einem personellen und finanziellen Mehrbedarf von bis zu 1.750 Vollkräften – das entspricht einem Plus von 28 Prozent gegenüber dem derzeitigen Stand – beziehungsweise von mehr als 100 Millionen Euro auszugehen.. „Diese Anforderungen sind nicht zu schaffen, es werden in der Konsequenz Perinatalzentren untergehen", prognostiziert Tillig. „Eine solche Marktbereinigung wird offenbar in einigen medizinischen Bereichen politisch bewusst in Kauf genommen, um Überkapazitäten abzubauen." Damit werde jedoch ein gefährlicher Weg beschritten, warnt Tillig. „Bei einer Marktbereinigung nach rein ökonomischen Kriterien bleiben schnell Qualität und Versorgungsaspekte auf der Strecke." Ein Konzentrationsprozess sollte in der Medizin nicht den Gesetzen der Marktwirtschaft und Zufällen überlassen bleiben, sondern anhand von klar definierten Kriterien strukturiert erfolgen – ähnlich wie es in der Transplantationsmedizin der Fall war. „Der Rückbau von Kapazitäten gehört in die Hände des Staates, er muss im Bereich der Gesundheit seiner Fürsorgepflicht gerecht werden", betont der Kinderchirurg. Die DGKCH biete der Politik daher ihre Expertise und Unterstützung für ein transparent aufgesetztes Strukturprojekt zur bedarfsgerechten Neustrukturierung der konservativen und operativen Kinder- und Jugendmedizin sowie der Frühgeborenen-Medizin an. „Aus unserer Sicht sollte sich eine Neuordnung primär an der Versorgungsnotwendigkeit ausrichten", so Tillig. „Dafür brauchen wir transparent hergeleitete Kriterien für eine Versorgungsplanung, die unter anderem Einwohnerzahl, Behandlungsmöglichkeiten, Fallzahlen, Erreichbarkeit und medizinische Qualität der Einrichtungen berücksichtigen und entsprechend gewichten."

54. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)

Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Termin: Donnerstag, 15. September, 12.00 bis 13.00 Uhr
Ort: Congress Center Hamburg (CCH), Raum "Planten und Bloemen"

Vorläufige Themen und Referenten:

Fehlbildungen an Penis und Hoden sind häufiger als gedacht –
wie Kinderchirurgen heute bei Funktionsstörungen helfen können
Prof. Dr. med. Maximilian Stehr, Nürnberg

Immer noch nicht trocken? Beim Einnässen von Kindern an alles denken und optimal behandeln
Dr. med. Tobias Schuster, Augsburg

Stuhlinkontinenz bei Kindern durch Fehlbildungen des Darms: Mit Korrektur-OPs, Aufklärung und guter Nachsorge zur sozialen Teilhabe beitragen
Dr. med. Sabine Grasshoff-Derr, Frankfurt

Von der Schnittverletzung bis zur Verbrennung: Neues aus der Wundversorgung vom Neugeborenen bis zum Teenager
Dr. med. Verena Ellerkamp, Tübingen

Moderation: Dr. Adelheid Liebendörfer, Thieme Kommunikation, Stuttgart

Akkreditierung

Das Presse-Team der DGKCH-Pressestelle betreut alle Journalisten vor, während und nach der Pressekonferenz der DGKCH. Wir kümmern uns um Ihre Fragen und Wünsche nach Informationsmaterial, Gesprächspartnern und Interviewterminen.

Gern nehmen wir Sie in unseren Presseverteiler auf und informieren Sie regelmäßig über die Themen der Pressekonferenz. Aktuelle Informationen für Journalisten/Redaktionen anlässlich des Kongresses werden wir auf dieser Seite veröffentlichen.

Medienvertreter können sich per E-Mail oder per Fax zum Kongress und der Pressekonferenz anmelden.

Kontakt:

Pressestelle Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Dr. Adelheid Liebendörfer und Julia Hommrich
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-173
Fax: 0711 8931-167

Einnässen bei Kindern: frühzeitiges Abklären verringert seelische Belastung

Hamburg, September 2016 – Einnässen ist das häufigste urologische Symptom bei Kindern und Jugendlichen. Von Ängsten und Schulproblemen bis hin zu funktionellen und organischen Störungen - Harninkontinenz kann viele Ursachen haben.

Häufig entwickeln betroffene Kinder in der Folge negative Gefühle wie Scham, Ängste und Sorgen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) empfiehlt, frühzeitig die Ursachen von Harninkontinenz medizinisch abklären zu lassen. Sei das Problem benannt, falle der Umgang mit dem Krankheitsbild oft leichter. Was die Ursachen für Einnässen sein können, wann Abwarten Sinn macht und wann welche Behandlungen in Frage kommen, ist ein Thema auf der Pressekonferenz der DGKCH am 15. September in Hamburg.

Mit sieben Jahren nässen nachts noch fünf bis 10 Prozent der Kinder ein. „Etwa sieben Prozent der Schulkinder machen sogar bis ins Erwachsenenalter nachts ins Bett", berichtet Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH. An einer vom nächtlichen Einnässen zu unterscheidenden sogenannten funktionellen Störung der Blasenfunktion litten zudem bis zu zehn Prozent der Schulkinder.

Im dritten bis sechsten Lebensjahr entwickelt sich bei den meisten Kindern eine stabile Blasenkontrolle – zunächst tagsüber, später auch nachts. „Bis zum vollendeten fünften Lebensjahr sehen wir Einnässen als physiologisch an", sagt Schuster, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg ist. Daure es jedoch nach dem sechsten Geburtstag an, sollten Eltern die Ursachen medizinisch abklären lassen: „Von seelischen Auslösern abgesehen liegen die Ursachen der Harninkontinenz meist in Reifungsverzögerungen und funktionellen Störungen – eher selten haben wir es mit anatomischen oder neurologischen Grunderkrankungen wie Fehlbildungen des Urogenitaltraktes zu tun", so Schuster. Die Bandbreite der normalen Kontinenzentwicklung sei jedoch groß – und nicht immer eine Behandlung nötig, ergänzt er.

Um die genaue Ursache zu klären, sind als erster Schritt Trink- und Ausscheidungsprotokolle entscheidend. Weiterführende Untersuchungen können Ultraschalluntersuchungen, Messungen der Blasenkapazität sowie der Blasenentleerung (Uroflow) mit Restharnbestimmung und Darstellung der Funktion des Beckenbodens (EMG) sein. Aber auch klassische urologische Untersuchungen wie etwa Blasendruckmessung oder eine Blasenspiegelung können erforderlich werden. Oft sei die Kapazität der Blase, Urin zu halten, und die Steuerung der Blasenfunktion durch das Gehirn noch nicht ausreichend entwickelt. Gar nicht so selten haben sich Kinder auch ein problematisches Zurückhalten ihres „Pipi" antrainiert. „Wenn sie sich etwa vor dem Gang aufs dreckige Schulklo fürchten, kann sich ihr Beckenboden so verkrampfen, dass die normale Urinausscheidung nachhaltig gestört wird." Auch komme es vor, dass ein Hormon, das unter anderem die Urinproduktion über Nacht reduziert, noch nicht ausreichend wirkt.

Die Therapie orientiert sich an der jeweiligen Diagnose und daran, ob das Kind nur nachts oder rund um die Uhr in die Hose macht. Sie reicht von klassischer Konditionierung mit Klingelhose, die den Patienten aufweckt, wenn er nachts einnässt bis hin zur Gabe von Medikamenten zur Beruhigung der Blase – und in seltenen Fällen zu kinderchirurgischen oder urologischen Eingriffen. „Unter konsequenter und manchmal durchaus auch langwieriger Therapie lassen sich die meisten Beschwerden erfolgreich behandeln", sagt Schuster. Oft arbeiten hier Kinderchirurgen, Kinderärzte, Urologen und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten Hand in Hand zusammen.

Wichtig sei jedoch, mit dem Gang zum Kinderarzt oder Kinderchirurgen nicht zu lange zu warten. „Es gilt, auch sekundäre Folgen des Einnässens, wie reduziertes Selbstwertgefühl, sozialen Rückzug und einen gestörten Schlafrhythmus bei Kind und Familie in Grenzen zu halten", bekräftigt Schuster.

 Quellen:

  • Neveus, T., et al. (2010) Evaluation of and treatment for monosymptomatic enuresis: a standardization document from the International Children's Continence Society. J Urol 183(2):441-7

  • Austin, P., et al (2014) The standardization of terminology of lower urinary tract function in children and adolescente: Update report from the Standardization Comimittee oft the International Children's Continence Society (ICCS). J Urol 191:1863-5

  • Negoro, H., et al. (2013) Chronobiology of micturation: putative role oft he circadian clock. J Urol 190:843-9

  • Glazener, C.M., et al. (2005) Alarm interventions for nocturnal enuresis in children. Cochrane Database Syst Rev, Cd002911

  • Van Gool, JD., et al. (2014) Multi-center randomized controlled trial of cognitive treatment, placebo, oxybutinin, bladder training, and pelvic floor training in children with functional urinary incontinence. Neurourol Urodyn 33:482-7

  • Sinha, R., et al (2016) Management of nocturnal enuresis – myths and facts. World J Nephrol 584):328-38

Krankenkassenreport: Operationshäufigkeit von Blinddarm-OPs regional unterschiedlich Kinderchirurgen fordern Nachbesserung der Studie

Berlin, September 2016 – Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) kritisiert eine soeben veröffentlichte Studie der Techniker Krankenkasse (TK). Diese zeigt große regionale Unterschiede in der Häufigkeit von Blinddarm-OPs bei Kindern. Laut TK würden Ärzte überflüssige Blinddarm-Operationen an Kindern durchführen, denn diese Unterschiede seien „medizinisch kaum zu erklären". Die DGKCH hingegen bemängelt methodische Fehler und unzulässige Schlussfolgerungen der vorgelegten Studie. Dies könne Eltern unnötig verunsichern.

Laut einer Auswertung von Daten des Statistischen Bundesamtes durch die TK wurde im Jahr 2014 bei etwa 18 000 Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren – davon waren etwas mehr als die Hälfte Jungen – eine Blinddarm-Operation vorgenommen. Die regionalen Unterschiede sind dabei groß. Während in Bremer Krankenhäusern 95 Blinddarm-Operationen auf 100 000 Heranwachsende kamen, waren es in Nordrhein-Westfalen 183 und in Bayern 208.

„Um diese regionalen Unterschiede seriös interpretieren zu können, braucht man die kompletten Daten der Patienten", sagt Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH. Erforderlich sei etwa die Angabe, bei wie vielen der entnommenen Blinddarmfortsätzen sich die Diagnose „Entzündung" bei der Untersuchung des Gewebes, Histologie, auch bestätigt habe. Es fehle bei der Veröffentlichung der TK darüber hinaus auch der Überblick über sämtliche im Vergleichszeitraum mit Verdacht auf Blinddarmentzündung vorgestellte Kinder: „Wie viele von ihnen sind ohne Operation als geheilt entlassen worden, wie viele tatsächlich operiert und wie viele davon quasi „zu spät", also mit fast oder ganz durchbrochenem Blinddarm?", so Schuster.

Wichtig sei auch zu erfassen, welcher diagnostische Aufwand der Operation vorangegangen ist: „Sind die operierten Kinder vorher stationär aufgenommen worden, und ist der Verlauf ihrer Beschwerden engmaschig kontrolliert worden, bevor es zu einer OP-Entscheidung kam?"

Die adäquate Diagnose und Therapie von Entzündungen der Blinddarmfortsätze von Kindern sei oft schwieriger als die von Erwachsenen, erläutert Schuster, Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg: „Kinder können ihre Beschwerden meist nicht genau beschreiben. Auch sind ihre Symptome sehr unterschiedlich – deshalb kommen sie manchmal sehr spät in die Klinik." Gerade bei den Jüngeren könne jedoch der entzündete Wurmfortsatz innerhalb weniger Stunden durchbrechen.

In der Kinderchirurgie gelte in besonderem Maße der Grundsatz, Operationen nur dann durchzuführen, wenn sie wirklich sein müssen, so der Experte weiter. „Kinderchirurgen betreiben deshalb ganz bewusst einen großen Aufwand und beobachten die betroffenen Kinder über Stunden, manchmal Tage in der Klinik, ob die Entzündung wieder abklingt." Dazu werde auch hochauflösender Ultraschall eingesetzt. Das bei Erwachsenen gegebenenfalls zur weiteren Diagnosesicherung eingesetzte CT komme wegen der Strahlenbelastung jedoch nicht infrage. Der Lohn der Mühen: „Oft können wir die Kinder auch ohne Operation wieder entlassen." Die Schwierigkeit sei jedoch, den richtigen Zeitpunkt zwischen „nicht zu früh" und „nicht zu spät operieren" zu erwischen. Denn „Appendizitiden können tückisch und unvorhersehbar sein", sagt Schuster. Im Zweifel müsse man die Risiken eines weiteren Abwartens gegenüber den Risiken der OP, die ein Routineeingriff sei, abwägen, so Schuster. „Deshalb kommen selbst die besten kinderchirurgischen Kliniken auf einen gewissen Anteil sogenannter Negativhistologien – wo sich also der Verdacht auf eine Appendizitis im Nachhinein nicht bestätigt hat." Im Klinikum Augsburg etwa liege die Rate Dank modernster Diagnostik bei nur fünf bis sechs Prozent, führt Schuster weiter aus.

„Zu behaupten, hier würde überflüssigerweise operiert – womöglich um mehr Gelder in die Krankenhauskassen fließen zu lassen – ist absolut voreilig", fasst Professor Dr. med. Bernd Tillig aus Berlin, Präsident der DGKCH und Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Vivantes in Berlin, zusammen. „Und wir sind die ersten, die an seriösen Ergebnissen interessiert sind."


Quelle:
www.tk.de/tk/pressemitteilungen/gesundheit-und-service/270358

Offener (Leser-) Brief der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie an die DGU

In den URO News 20(5): 2016 hat Prof. Gerharz, Urologie an der Paulskirche, Frankfurt sowohl als Schriftleiter als auch als Autor seiner Meinung Ausdruck gegeben, Kinderurologie gehöre in die Hand der Urologen und sei auch nur dort zweifelsfrei richtig und gut aufgehoben. Er ruft seine eigene Fachgesellschaft auf, sich (wieder) mehr um die Kinderurologie zu kümmern, und stellt die kinderurologische Kompetenz der deutschen Kinderchirurgie pauschal in Frage.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der DGU,

in den URO News 20(5): 2016 hat Prof. Gerharz, Urologie an der Paulskirche, Frankfurt sowohl als Schriftleiter als auch als Autor seiner Meinung Ausdruck gegeben, Kinderurologie gehöre in die Hand der Urologen und sei auch nur dort zweifelsfrei richtig und gut aufgehoben. Er ruft seine eigene Fachgesellschaft auf, sich (wieder) mehr um die Kinderurologie zu kümmern, und stellt die kinderurologische Kompetenz der deutschen Kinderchirurgie pauschal in Frage.

Die von der Bundesärztekammer zu verantwortende und vom Deutschen Ärztetag verabschiedete Musterweiterbildungsordnung ordnet die Behandlung von angeborenen oder erworbenen urologischen Fehlbildungen/Erkrankungen/ Funktionsstörungen im Kindesalter zwei operativ tätigen Fachgebieten zu: der Urologie, wie auch der Kinderchirurgie. Der Facharzt für Urologie muss im Rahmen seiner Weiterbildung keinen Kind-spezifischen Eingriff nachweisen, der Facharzt für Kinderchirurgie dagegen 50 Eingriffe aus dem kinderurologischen Bereich. Während der Urologe durch seine Ausbildung eine breite urologische Expertise nachweisen kann, hat der Kinderchirurg die breitere Erfahrung im Umgang mit kindlichem Gewebe und den sehr feinen Gewebsstrukturen aufzuweisen. Ob eines davon besser, wichtiger oder relevanter ist und ob das messbar ist, bleibt eine spekulative Frage. Es gibt hierzu natürlich keine vergleichenden Studien, sonst wären diese bereits mit großem Nachdruck als quasi schlagende Beweismittel in die Diskussion eingeführt worden.

Umso trefflicher kann man natürlich darüber streiten! Aber ist das sinnvoll? Sollte nicht diese Energie in eine gemeinsame Lösung zum Wohle der Kinder eingebracht werden? Zu einer kollegialen Diskussion gehört es aber vor allem, dass man den Partner auch zu Wort kommen lässt. So haben die unfallchirurgischen Kollegen im vergangenen Jahr zweimal auf Kongressen die Frage gestellt: ist der Unfallchirurg oder der Kinderchirurg der bessere Kindertraumatologe? Jeweils nahmen ein Unfallchirurg und ein Kinderchirurg dazu Stellung, und man diskutierte anschließend gemeinsam das Pro und Kontra. Wenn die Deutsche Gesellschaft für Urologie auf ihrer Jahrestagung schlicht die Frage stellt, ob der Kinderurologe besser als der Kinderchirurg sei, und der Referent diese Frage per se als rhetorisch bezeichnet, ist das sicher keine inhaltlich relevante Auseinandersetzung. Richtigerweise müsste die Frage so gestellt werden: Ist der Urologe oder der Kinderchirurg der bessere Kinderurologe? Damit wäre zunächst zumindest klar, dass ein Kinderurologe ein spezialisierter, auf die Kinder und ihre Erkrankungen fokussierter Kollege ist, egal welcher der beiden Fachrichtungen er entstammt. Betrachtet man die komplexen Fehlbildungen, dann bedarf es für die operative sowie für die prä- und postoperative Versorgung neben der speziellen chirurgischen Kompetenz sicher eines hohen Maßes pädiatrischer Expertise, die der Kinderchirurg in der Weiterbildung zumindest anteilig zum einen obligatorisch erwirbt und zum anderen während seiner gesamten beruflichen Tätigkeit naturgemäß täglich vertieft. Die Korrektur anorektaler Fehlbildungen z.B. ist fachlich und operationstechnisch sicher nicht mehr und nicht weniger weit von klassischen kinderurologischen Eingriffen entfernt als die Beschäftigung mit dem Prostatakarzinom. Abgesehen davon sind gerade die komplexen urogenitalen Malformationen oft mit anorektalen Fehlbildungen kombiniert, was das Erfordernis einer kinderchirurgischen Expertise für die Versorgung doppelt unterstreicht.

Die Bezeichnung „Kinderurologe" ist inhaltlich nicht geschützt. Falsch ist daher zunächst einmal die Annahme, dieses könne nur ein Urologe sein! Und das auch, wenngleich viele urologische Stellenausschreibungen im Deutschen Ärzteblatt unter der Überschrift „Klinik für Urologie und Kinderurologie" erscheinen, aber unter den Schwerpunkten der Klinik das Wort Kinder nicht mehr auftaucht. Und solange es keine festgelegten Inhalte für die Kinderurologie gibt, kann es auch keine drei habilitierten Kinderurologen geben.

„Die fehlende Weiterbildungsordnung und die völlig ungeschützten Titulaturen" sind Tatsachen, die sicherlich beide Fachgesellschaften betreffen. Seit vielen Jahren bemüht sich die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie um die Beschreibung und Festlegung entsprechender Inhalte und scheitert regelmäßig an der fehlenden Gesprächsbereitschaft der DGU. Zuletzt wurde rund um die angelaufene Novellierung der MWBO von beiden Fachgesellschaften ein Antrag auf Einrichtung einer Zusatzweiterbildung Kinderurologie eingereicht. Die Inhalte sind definitiv nicht weit voneinander entfernt, beide Fachgesellschaften wollen also eine anspruchsvolle und hochwertige Weiterbildung verankern! Auf insgesamt vier schriftliche Anfragen und Bitten um gemeinsame Beratung dieser Inhalte mit dem Ziel einer gemeinsamen Vorlage wurde von Seiten der DGU dreimal nicht einmal reagiert, einmal wurden zeitnah Terminvorschläge avisiert, aber nie vorgelegt. Ein zumindest unkollegiales und unhöfliches Vorgehen. Wo liegt eigentlich das Problem? Die DGU ist aufgefordert, ihre Forderung nach struktureller Ordnung endlich durch aktive interdisziplinäre Kooperation und Gesprächsbereitschaft zu ersetzen, um für Deutschland das zu realisieren, was die ESPU tatsächlich vorgemacht hat: vom Urologen oder vom Kinderchirurgen ausgehend spezialisiert man sich für die Kinderurologie! Europa zeigt hier einen guten Weg auf! Ob dieser dann zu einer nochmaligen Differenzierung von Basis-Kinderurologie und spezieller Kinderurologie führt wie Herr Gerharz vorschlägt, wird die weitere Entwicklung zeigen und muss in der täglichen Arbeit entschieden werden. In diesem Sinne verstehen wir auch Prof. Tekgül, der unserer Auffassung nach mehr Verbindendes als Trennendes beschreibt.

Konterkariert wird ein solches Gedankengebäude natürlich, solange eine Fachgesellschaft die andere als Fremdkörper beschreibt. Uro-Think ist den kinderurologisch-kinderchirurgischen Kollegen sicher ebenso eigen wie den Urologen, und den Knochen-Think haben eben die kindertraumatologisch-kinderchirurgischen Mitarbeiter intus und teilen ihn mit den Unfallchirurgen. Es ist in vielen großen kinderchirurgischen Kliniken in den letzten Jahren zu einer Subspezialisierung auf der Führungsebene (Chef- und Oberärzte) gekommen. Die Denke der 1970er – 1980er-Jahre ist überholt, der Kinderchirurg könne alles, hauptsächlich der Patient sei unter 14 Jahren. Beispielhaft seien hier die kinderurologisch ausgewiesenen und anerkannten Kollegen Prof. Boemers (Köln), Prof. Dietz (LMU München), Frau Prof. Eckoldt (Jena), Prof. Fuchs (Tübingen), Prof. Lorenz (Bremen), Frau PD Dr. Ludwikowski (Hannover), Dr. Schuster (Augsburg), Prof. Stehr (Nürnberg) und Prof. Tillig (Berlin) genannt, deren fachübergreifende Akzeptanz auch bereits durch enge Kooperation bei den Veranstaltungen des kinderurologischen Arbeitskreises deutlich wurde. Sind diese Kollegen Fremdkörper? Ist das die richtige Wortwahl in der kollegialen Diskussion? In diesem Zusammenhang darf durchaus festgestellt werden, dass bahnbrechende kinderurologische Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten von Kinderchirurgen wie Barry O'Donnell (Dublin; endoskopische Therapie des VUR) oder Paul Mitrofanoff (Rouen; Stoma) angestoßen wurden. Prof. Hohenfellner als allseits anerkannter kinderurologisch orientierter Ordinarius der Urologie hat kinderurologisch kompetente Kinderchirurgen aus der BRD und der ganzen Welt anerkannt wie Hardy Hendren, Pierre Mouriquand, Hermann Mildenberger oder den bei Herby Johnston ausgebildete Klaus Devens. Die wirklich kinderurologisch Aktiven in der ESPU sehen sich weder von der einen noch von der anderen Seite als Fremdkörper an. Hier findet sich vielmehr ein überschaubarer Kreis, in dem gegenseitige Wertschätzung und persönliche Freundschaft gepflegt werden.

Der konzeptionelle Anspruch eines „continuum of care" entspricht in keiner Weise der Realität der weltweiten Entwicklung und würde konsequenterweise die gesamte Pädiatrie in Frage stellen. Die spezielle und altersgerechte Kinderbetreuung geht im Rahmen einer geordneten Transition über in die Hände der Erwachsenenmedizin. Warum der Arzt, der von der Blasenekstrophie bis zum Prostatakarzinom alles betreut, die Segnung der konzeptionellen Hochleistungsmedizin mehr repräsentiert als der, der neben der Blasenekstrophie auch die Ösophagusatresie, die Analatresie und die Spina bifida betreut, erschließt sich primär nicht! Kinderorthopädie wird übergeben in die Orthopädie, die Fehlbildungen des Gastrointestinaltraktes wechseln in die Hand des Gastroenterologen, der Shuntpatient nach posthämorrhagischem Hydrozephalus wird in neurochirurgische Hände übergeben. Warum also nicht geordnete Übergabe der kinderurologischen Kinder, die als Adoleszente noch urologischer Betreuung bedürfen, im Rahmen der Transition an den Urologen? Nicht zuletzt übergeben ja auch die Kinderärzte ihre Patienten mit chronischen Erkrankungen an die Internisten. Sind sie deshalb auch „Fremdkörper" in der urologischen Denke, weil ihnen das „continuum of care" fehlt? Ist der Kindernephrologe nicht doch ein kompetenter Partner des Kinderurologen? Und wenn es internistische Kinderkompetenz auch ohne „continuum of care" geben muss und darf, warum dann nicht auch chirurgische?

„Whoever serves the patient best". Dem können wir uns vorbehaltlos anschließen. Wer das ist, entscheiden die Patienten. Ganzheitlich wahrgenommen wird das Kind aller Erfahrung nach eher in kinderspezifischen Einrichtungen durch pädiatrisch geschultes pflegerisches und ärztliches Personal als in Abteilungen der Erwachsenenmedizin. Bestes Beispiel ist hier die Spina bifida, die im Kinderzentrum kinderurologisch, kinderorthopädisch und kinder-neurochirurgisch betreut wird – ggf. sogar in einer Hand resp. in einer Abteilung.

Authentizität, Empathie, Zeit und Humor sind sicher keine genuin urologischen Eigenschaften. Kinderurologische Kompetenz ist bisher nicht definiert, könnte es aber bei beiderseitigem Willen zeitnah werden. Und vielleicht ist ja sogar mancherorts die fachübergreifende, gemeinsame Sektion ein Modell, das Kinder- und Uro-Qualifikation verbindet zum Wohle der Patienten. Sofern dieses noch das Ziel der Bemühungen ist ...

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie hat nie einen kinderurologischen Alleinvertretungsanspruch geäußert. Sie wünscht sich eine interdisziplinäre und kooperative Diskussion von Weiterbildungsinhalten und erforderlichen Kompetenzen für diesen Spezialbereich. Die Novellierung der Musterweiterbildungsordnung stellt immer noch die Möglichkeit dar, auf die Ebene der kollegialen Diskussion und an den Tisch sachlicher Beratungen zurückzukehren. Die Blöße, von der Bundesärztekammer hierzu gedrängt werden zu müssen, sollten wir uns nicht geben und durch Umsetzung unserer gemeinsamen Interessen ersparen.

Mit kollegialem Gruß

Prof. Dr. med. Bernd Tillig
Präsident der DGKCH

Prof. Dr. P. P. Schmittenbecher
Stellv. Präsident der DGKCH

Prof. Dr. M. Stehr
Sprecher der AG Kinderurologie der DGKCH

Keine Nüsse und Co. für die Kleinsten Eltern sollten auf Notfälle vorbereitet sein

Berlin, Juli 2016 – Säuglinge und Kleinkinder sind besonders gefährdet, Fremdkörper zu verschlucken, beziehungsweise einzuatmen. Als sehr risikobehaftet gelten Nüsse und andere kleine runde Gegenstände mit glatter Oberfläche, aber auch Magnete und Batterien. Da im Notfall schnelles und kompetentes Handeln lebensrettend sein kann, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) Eltern und Aufsichtspersonen, sich frühzeitig über geeignete Anlaufstellen wie Kinderkliniken zu informieren. Zudem rät sie, sich vorsorglich mit Erste-Hilfe-Maßnahmen vertraut zu machen. Die Versorgung von Kindern mit verschluckten und eingeatmeten Fremdkörpern ist auch Gegenstand einer neu erschienenen Leitlinie, an der die DGKCH mitgearbeitet hat. 

 „Verschluckte oder eingeatmete Gegenstände und Nahrungsmittel gehören zu den häufigsten Notfällen von Kindern zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 4. Lebensjahr – mit steigender Tendenz", sagt Dr. med. Peter Schmittenbecher, Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Karlsruhe. Meist husten oder scheiden die Betroffenen den Fremdkörper von alleine aus. Mehr als drei von hundert Kindern jedoch ersticken, nachdem Nahrungsmittel oder kleine Spielzeugteile die Atemwege verstopft haben.

Im Zweifelsfall sollten Eltern mit ihren Kindern sofort eine Klink aufsuchen. Vielfach lassen sich die Fremdkörper unter Vollnarkose mit einem Endoskop, mitunter aber nur durch einen kinderchirurgischen Eingriff, wieder entfernen. Bei der Behandlung arbeiten idealerweise Mediziner verschiedener Fachdisziplinen, wie Kinderanästhesisten, Intensivmediziner, Pneumologen und Kinderchirurgen, Hand in Hand. „Diese Notfall-Eingriffe sind komplikationsträchtig und erfordern viel Erfahrung", betont Schmittenbecher, der an der Erstellung der Leitlinie mitgewirkt hat. Damit ihre Kinder eine fachgerechte Behandlung erhalten, sollten Eltern sich rechtzeitig über entsprechend qualifizierte Kliniken und Praxen erkundigen, rät er: „Kinderärzte wissen in der Regel Bescheid, wo man hingehen sollte."

Doch am besten ist, wenn nichts passiert. „Kleine Gegenstände und Nahrungsmittel mit runder, glatter Oberfläche sowie spitze Gegenstände müssen von Kindern unbedingt ferngehalten werden", sagt Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH. Denn besonders während der sogenannten oralen Phase im Alter zwischen etwa vier Monaten und eineinhalb Jahren erkunden die Kleinen die Welt, indem sie alles in ihren Mund stecken. „Da die Atem- und Verdauungswege bei Kindern noch eng sind, bleiben Fremdkörper zudem leichter stecken", erläutert Schuster, Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg. Und er ergänzt: „Eltern sollten auch daran denken, dass Spielzeuge zerfallen und damit ebenfalls eingeatmet oder verschluckt werden könnten."

Auch Magnete und Batterien landen bei Kindern öfter im Magen-Darm-Trakt. Sie können sich aus Spielzeug lösen oder finden sich im Haushalt. Kritisch wird es, wenn sich mehrere Magnete im Darm gegenseitig anziehen und ihn dadurch verstopfen oder durchlöchern. „Dies kann zu schweren inneren Verletzungen bis hin zum Tod führen", berichtet Schmittenbecher. Batterien wiederum schädigen die Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes besonders stark: „Sie können sich an den Schleimhäuten elektrisch entladen und so zu tiefen Verätzungen führen", erläutert er.

Eltern mit Kindern im kritischen Alter sollten die Umgebung ihres Nachwuchses regelmäßig aus seiner (Vierfüßler-) Perspektive auf Gefahren absuchen, fasst der Sprecher der DGKCH zusammen. Und gegessen werden sollte nur am Tisch – unter Aufsicht.

Gefahr der Zeugungsunfähigkeit Hodenschmerzen sind bei Jungen immer ein Notfall

Berlin, Juni 2016 – Eltern sollten plötzliche und starke Hodenschmerzen ihres Kindes immer ernst nehmen und schnellstmöglich einen Kinderchirurgen oder Kinderurologen aufsuchen. Denn in etwa einem Fünftel der Fälle liegt eine „Hodendrehung" vor, die innerhalb weniger Stunden operiert werden sollte. Zu dieser Empfehlung kommt die neue Leitlinie „Akutes Skrotum", die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) entstanden ist. Der Grund: Bei einer Hodentorsion, wie der Fachausdruck für die Hodendrehung lautet, ist die Blutzirkulation über die versorgenden Gefäße gestört. Nicht rechtzeitig behandelt, kann dies bereits nach sechs bis acht Stunden zum Absterben von Hodengewebe führen. Dauerhaft verminderte Fruchtbarkeit und ein äußerlich beeinträchtigtes Genital sind dann die Folge.

Die Hoden sind, je nach Alter, etwa oliven- bis pflaumengroße Organe, die im Hodensack, dem Skrotum, in voneinander getrennten Fächern des Hodensackes untergebracht sind. Ihre Hauptfunktion besteht darin, männliche Geschlechtshormone wie Testosteron und – mit einsetzender Pubertät – auch Samenzellen (Spermien) zu produzieren.

„Dreht sich der Hoden mit dem Nebenhoden um den Samenstrang, sprechen wir von einer Hodentorsion", erläutert der Bremer Kinderchirurg Professor Dr. med. Christian Lorenz, der die Erstellung der Leitlinie koordiniert hat. Dabei wird die Blutversorgung des betroffenen Hodens vermindert, was zu plötzlichen, starken Schmerzen, Schwellung und Rötung eines, seltener beider Hodenfächer führen kann. „Hodengewebe ist sehr empfindlich", betont Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH und Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg. Ist die Blutzufuhr komplett unterbrochen, sterben die spermienbildenden Zellen nach spätestens sechs bis acht Stunden ab. Die hormonproduzierenden Zellen, die sogenannten Leydig-Zellen, gehen nach etwa zwölf Stunden zugrunde – es droht der Verlust des Hodens.

Hodentorsionen können in jedem Lebensalter auftreten. Ursache sind oft besonders locker befestigte und damit im Hodenfach sehr bewegliche Hoden. Aber auch Kinder mit einem verspäteten, also nicht bis zur Geburt erfolgten Abstieg eines oder beider Hoden in den Hodensack haben ein bis zu zehnfach erhöhtes Torsionsrisiko. „Im Kindes- und Jugendalter gibt es jedoch Besonderheiten gegenüber Erwachsenen, die Diagnose und Therapie erschweren", erklärt Professor Lorenz, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Klinikum Bremen-Mitte.

Dies hängt auch mit den zwei Altersgipfeln der Hodendrehung bei jungen Patienten zusammen: Neben einem kleineren Häufigkeitsgipfel für die Hodentorsion im ersten Lebensjahr sind vor allem Knaben zwischen dem 12. und 18. Geburtstag mit etwa 65 Prozent aller Ereignisse betroffen. Das Risiko zu erkranken, liegt hier bei 1:4000. Während sich die sehr kleinen Patienten noch nicht präzise äußern können, tun betroffene Jungen dies in der Pubertät oft aus Scham nicht – oder zu spät, schildert Lorenz die Problematik. „Dies kann dazu führen, dass die Drehung oft schon Stunden zurück liegt, bis wir die Patienten sehen, und die Prognose für den Hoden trotz zügig eingeleiteter Operation entsprechend schlecht ist." Deshalb sei ein akutes Skrotum immer ein Notfall mit höchster Dringlichkeit.

Für die Diagnose ist eine gründliche Untersuchung des gesamten Genitals und seiner Umgebung entscheidend. Diese sollte immer auch eine Ultraschalluntersuchung einschließlich des sogenannten Farbdopplers beinhalten. „Damit können wir die Qualität der Durchblutung der Hoden überprüfen", so Lorenz. Zudem gelte es, weitere infrage kommende Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen auszuschließen oder sie angemessen zu behandeln – dann in der Regel mit anderen Therapien, die als ersten Schritt nicht unbedingt eine Operation vorsehen. Zu diesen Erkrankungen gehören etwa eine Torsion von Anhangsgebilden an Hoden oder Nebenhoden (sogenannte Hydatiden), Hodenentzündungen oder Hodentumore.

Der Begriff „Akutes Skrotum" gilt als Überbegriff und Leitdiagnose bis zur Sicherung der genauen Ursache für die Beschwerden. „Besteht trotz zeitgerechter Ausschöpfung aller Untersuchungstechniken der geringste Zweifel an einer ausreichenden Durchblutung des betroffenen Hodens, ist eine notfallmäßige operative Eröffnung des betroffenen Hodenfaches mit Inspektion des Hodens und adäquater Therapie die zwingend gebotene Maßnahme", so Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH aus Berlin.

Bei der Operation wird der betroffene Hoden in seine ursprüngliche Lage zurück gedreht, sodass die Durchblutung wieder möglich ist und der Hoden erhalten werden kann. Auch wird er mit zwei bis drei Nähten gesondert im Hodenfach befestigt; man bezeichnet diesen Teil des Eingriffs auch als Orchidopexie. Die neue
Leitlinie empfiehlt die Orchidopexie auch für den bislang unauffälligen Hoden auf der Gegenseite, um so einer möglichen Torsion vorzubeugen.

„Nur wenn der Hoden unwiederbringlich geschädigt ist, muss er entfernt werden", betont Tillig. Eine prothetische Versorgung des leeren Hodenfaches ist heute Teil der Nachsorge für alle Patienten, die einen Hodenverlust erlitten haben und deren Körperwachstum abgeschlossen ist. Dabei setzen die Chirurgen ein Implantat aus Kunststoff ein, das aussieht und sich auch anfühlt wie ein Hoden.

Weitere Information:

Leitlinie Akutes Skrotum im Kindes- und Jugendalter - Klassifikation S2k - Stand: 31.8.2015, gültig bis 31.8.2018

www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/006-023.html

Kranke Kinder bei der Pflegeausbildungsreform benachteiligt

Berlin, Februar 2016 – Heute stellt Staatssekretär Karl-Josef Laumann, Bevollmächtigter der Bundesregierung für Patienten und Pflege, die Kampagne „Generalistik jetzt" der Öffentlichkeit vor. Darin wirbt er um Unterstützung für das neue Pflegeberufegesetz. Gemeinsam mit den anderen Fachgesellschaften der Kindermedizin weist die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) erneut darauf hin, dass das Pflegeberufegesetz in seiner aktuell vorliegenden Form eine drastische Verschlechterung der Kinderkrankenpflege nach sich ziehen wird. Denn Kinderkrankenpflege sei ein anspruchsvoller Beruf mit hohen spezifischen Anforderungen, die sich in einer entsprechend spezialisierten Ausbildung widerspiegeln müssten, so die DGKCH.

Nach dem Entwurf des Pflegeberufegesetzes werden die bisher separaten Ausbildungen zur Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege zukünftig in einer generalistischen dreijährigen Pflegeausbildung zusammengefasst und vereinheitlicht. Erst nach der Grundausbildung folgt dann eine fachspezifische Ausbildung. Das Gesetz soll in diesem Jahr in erster Stufe in Kraft treten.

Die DGKCH kritisiert dieses Vorhaben: „Die Pflege von Kindern erfordert eine spezielle Ausbildung", stellt Professor Dr. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH, klar. Gerade die Kinderkrankenpflege sei sehr komplex und setze viel spezifisches Fachwissen sowohl in der Breite wie auch in der Tiefe voraus: „Pflegende tragen gleichermaßen Verantwortung für 500 Gramm leichte Frühgeborene wie für Säuglinge bis hin zu Jugendlichen. Dies setzt fundierte Kenntnisse über Neonatologie, Chirurgie, Onkologie und Pädiatrie in allen Entwicklungsstufen voraus." Gleichzeitig gelte es, eine altersgerechte Entwicklung der Patienten zu fördern und sie während ihrer Genesung adäquat psychosozial zu unterstützen, fügt er hinzu. „Die Erfolge der Kinderchirurgie sind nur mit speziell geschulten Teams der Kinderkrankenpflege möglich", fasst er zusammen.

Darüber hinaus gibt er zu bedenken, dass die Pflegeausbildung durch die Reform an Attraktivität verlieren könnte: „Junge Menschen entscheiden sich oft gezielt dafür, mit Kindern zu arbeiten – und nicht vorrangig dazu, Pflegende/r zu sein." Für diese hoch motivierten Kandidaten sei eine generalisierte Pflegeausbildung möglicherweise nicht mehr attraktiv.

Die DGKCH setzt sich gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und weiteren Verbänden, die sich der Kindergesundheit verschrieben haben, für einen Kompromissvorschlag ein. Dieser soll das Berufsbild der Kinderkrankenpflege im Rahmen der geplanten generalistischen Ausbildung sichern. Dieser Kompromissvorschlag enthält vier Punkte für den Erhalt von ausreichend praktischen und theoretischen Inhalten der Kinderkrankenpflege während der Ausbildung sowie den Erhalt der Berufsbezeichnung. „Im Interesse unserer jungen Patienten hoffen wir dringend auf Gehör unserer fachlichen Argumente", sagt Tillig, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Vivantes in Berlin ist.


Weitere Information finden Sie HIER.

Kinderchirurgie in Not - spezialisierte Versorgung chirurgisch kranker Kinder ist in Deutschland nicht mehr finanzierbar -

Recht auf kindgerechte Medizin: Keine kleinen Erwachsenen

Die chirurgische Behandlung von Kindern erfordert spezielle und besonders schonende Techniken, denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie erleiden andere Erkrankungen als Erwachsene und reagieren anders auf Erkrankungen und auf Behandlungen. Sie haben anatomische und physiologische Besonderheiten, die im Unterschied zum Erwachsenenalter ein spezielles operatives Vorgehen erfordern. Kindgerechte Medizin beinhaltet deshalb die Behandlung von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen durch Ärzte, die speziell für die Besonderheiten dieser Altersgruppen ausgebildet wurden und entsprechende klinische Erfahrungen vorweisen können. Darüber besteht internationaler Konsens.

Die „Kyoto Declaration of Pediatric Surgery" der World Federation of Associations of Pediatric Surgeons (WOFAPS) fordert, dass „jedes erkrankte Kind das Recht hat, in einer speziell auf Kinder ausgerichtete Einrichtung durch Kinderärzte und Kinderchirurgen behandelt zu werden." (1).
Auch die Charta für Kinder im Krankenhaus der European Association for Children in Hospital (EACH) spricht den Kindern das Recht auf bestmögliche medizinische Behandlung durch spezialisiertes ärztliches und Pflegepersonal als fundamentales Recht zu (2, 3).

Deutsche Realität: Viele Kinder nicht von Kinderchirurgen operiert
Die Realität in Deutschland sieht gegenwärtig allerdings anders aus: laut Statistischem Bundesamt wurden 2013 in Deutschland fast ein Viertel der Säuglinge, ca. ein Drittel der Kleinkinder (1-5 Jahre), mehr als die Hälfte der Schulkinder (5-10 Jahre) und mehr als zwei Drittel der Jugendlichen (10-15 Jahre) von nicht speziell für diese Altersgruppen ausgebildeten Chirurgen, also nicht von Kinderchirurgen operiert. Die Ursachen dafür liegen offensichtlich vor allem in der Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin, speziell der Kinderchirurgie und der inhomogenen Versorgungsstruktur. Der Gesetzgeber, kommunale Entscheidungsträger und einige Klinikträger müssen hierfür verantwortlich gemacht werden.

Unterfinanzierung mit System: Die meisten Kinderchirurgien können Kosten nicht decken
Bundesweit sind die Mehrzahl der kinderchirurgischen Kliniken und damit auch die Notfallversorgung für Kinder nicht mehr kostendeckend zu betreiben. Das liegt in erster Linie an den unzureichenden Erlösen aus dem DRG-System, in dem die gegenüber der Erwachsenenmedizin deutlich höheren Vorhaltekosten und der erhöhte Personalbedarf nicht berücksichtigt sind. Derzeit betreut eine kinderchirurgische Klinik in Deutschland durchschnittlich 152.000 Einwohner bis 17 Jahren und behandelt 1.400 Patienten pro Jahr. Um eine solche Klinik jedoch kostendeckend betreiben zu können, wären unter den gegenwärtigen Bedingungen mindestens 2.500 Fälle erforderlich (Quelle: GKinD, Statistisches Bundesamt).
Auch große kinderchirurgische Kliniken der Maximalversorgung und Universitätskliniken sind gegenwärtig nicht mehr kostendeckend zu finanzieren. Vom Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V. wird für 2014 eine Unterfinanzierung der kinderchirurgischen Kliniken an den Universitäten von 5 Millionen Euro angegeben.
Zudem führen Disproportionen in der Versorgungsstruktur zwischen Ballungszentren mit einer relativen Überversorgung und Flächenregionen mit relativer Unterversorgung zu erheblichen Problemen in der Finanzierbarkeit von spezialisierten kinderchirurgischen Leistungen.
Die Folge ist meist eine Reduktion der Personalkapazität mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die Struktur der kinderchirurgischen Kliniken mit zwangsläufiger Verschlechterung der Versorgungsqualität. Gleichzeitig werden dadurch die Voraussetzungen für die Ausbildung des kinderchirurgischen Nachwuchses erheblich verschlechtert und die bedarfsgerechte kinderchirurgische Versorgung für die Zukunft wird dadurch ernsthaft infrage gestellt.

Stellschrauben: Finanzierung und Qualität
Konkret sind vom Gesetzgeber geeignete Maßnahmen zu fordern, um die ausreichende Finanzierung der Kinderchirurgie auf der Basis des DRG-Systems sicherzustellen. Die Sicherung einer bedarfs- und qualitätsgerechten kinderchirurgischen Versorgung muss für Krankenhausträger zur Verpflichtung gemacht werden. Von den Ländern ist zu fordern, dass die Versorgungsstruktur auf kommunaler Ebene aktiv so gestaltet wird, dass in den Ballungszentren Überversorgung beseitigt und eine sinnvolle Konzentration kinderchirurgischer Versorgung ermöglicht werden, um die Wirtschaftlichkeit kinderchirurgischer Kliniken sicherstellen zu können. Gleichzeitig sind verbindliche Wege zu eröffnen, um eine wirtschaftliche flächendeckende Versorgung durch Kooperationsmodelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung realisieren zu können.
Auch in Zukunft muss allen Kindern ihr Recht auf eine optimale Betreuung durch medizinische Spezialisten gewährt werden. Kinder sind die Zukunft unserer Gesellschaft.

 


Quellen:

1. http://www.wofaps.org/content/kyoto-declaration-pediatric-surgery
2. http://old.akik.de/charta/charta8.htm
3. http://www.each-for-sick-children.org

2015

Vorsicht bei Kinderpunsch und Co. Kinderchirurgen warnen vor Verbrühungen durch heiße Flüssigkeiten

„Tag des brandverletzten Kindes" am 7. Dezember 2015

Berlin, Dezember 2015 – Die Haut von Kindern unter fünf Jahren ist nur einen halben Millimeter und damit teilweise nur ein Viertel so dick wie die Haut von Erwachsenen. Versehentlich ausgeschüttete heiße Flüssigkeiten richten bei den Kleinen daher häufig großen Schaden an. So kann bei Kindern bereits eine Tasse heißen Tees bis zu 30 Prozent der Körperoberfläche schwer schädigen und zu bleibenden Narben führen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) und der Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands (BNKD) nehmen deshalb den „Tag des brandverletzten Kindes" am 7. Dezember zum Anlass, Eltern und Angehörige auf die besonderen Gefahren für Babys und Kinder durch heiße Flüssigkeiten wie Tee, Punsch oder Suppe hinzuweisen. Über 70 Prozent der thermischen Verletzungen von Kindern beruhen auf Verbrühungen, so die Kinderchirurgen.

„Aufgrund ihres geringeren Hautdurchmessers und ihrer relativ größeren Körperoberfläche erleiden Kinder im Vergleich zu Erwachsenen schon bei vermeintlich kleinen thermischen Unfällen viel tiefer gehende Verletzungen der Hautschichten", erläutert Dr. Verena Ellerkamp, Kinderchirurgische Oberärztin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen. „Schon zehn Sekunden mit über 50 Grad heißer Flüssigkeit reichen aus, um kindliche Haut nachhaltig zu verletzen und eine bis zu drittgradige Verbrennung, also vollständige Zerstörung der Haut, zu verursachen", ergänzt sie. Zum Vergleich: Bei einem Erwachsenen führt dies lediglich zu einer kurzzeitigen, schmerzhaften Rötung und vielleicht zur Blasenbildung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit heilt sie folgenlos ab. Bei Kindern jedoch sind lebenslange Narben die Folge. Oft sind sie nicht nur entstellend, sondern ziehen zudem zahlreiche Korrekturoperationen nach sich. „Das kann sich bis in das Erwachsenenalter hineinziehen", so Ellerkamp, die an der Leitlinie über thermische Verletzungen im Kindesalter federführend beteiligt war.

Dieses Leid für Betroffene und ihre Angehörigen gilt es möglichst zu vermeiden. Experten schätzen, dass Sicherheitsvorkehrungen und Wachsamkeit etwa 60 Prozent dieser Verletzungen verhindern könnten. „Dazu gehört, die Teetasse abzustellen, wenn man ein Kleinkind auf den Arm nimmt, oder ein Herdgitter anzubringen", sagt Ellerkamp. Zudem sei es wichtig, die Sicherheitsmaßnahmen laufend an den wachsenden Radius des Kindes anzupassen.

Ist nach einer leichten Verbrühung die Haut nur gerötet oder bildet kleine Blasen, können Eltern sie mit Kühlung und Salben selber behandeln. Das Wasser dürfe jedoch nicht eiskalt, sondern sollte lauwarm sein, so die Empfehlung der Kinderchirurgen. Cool Packs oder gar Eis können die Haut schädigen und zu Unterkühlung führen.

„Alle anderen Verletzungen gehören in die Hand eines Arztes", betont Dr. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH aus Augsburg. Dieser könne Ausmaß und Schwere der Verletzung einschätzen und rasch die richtigen Schritte einleiten, um die Wunde angemessen zu versorgen und Narben und Infektionen zu vermeiden. Der erstbehandelnde Arzt kann zudem entscheiden, ob der Transport in ein Zentrum oder eine Spezialisierte Klink für brandverletzte Kinder notwendig ist. In Deutschland gibt es 19 Zentren für schwerbrandverletzte Kinder mit 59 Betten sowie an vielen größeren Krankenhäusern auf Verbrennungen spezialisierte Abteilungen. „Wenn die thermischen Schädigungen bei zweitgradigen Verbrennungen mehr als zehn Prozent der Körperoberfläche und/oder Gesicht, Hände, Genitalien oder Füße betreffen, sollte die Behandlung in einer spezialisierten Einrichtung erfolgen, bei drittgradigen Verbrennungen sogar schon, wenn fünf Prozent Körperoberfläche verletzt sind", sagt Schuster, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg ist. Neben der umfassenden Versorgung in Zentren helfen Spezialisierte Kliniken, die fachgerechte Versorgung von thermisch verletzten Kindern in der Breite sicher zu stellen. In beiden Einrichtungen sei die bestmögliche Behandlung dieser Kinder durch qualifizierte, komplexe und interdisziplinäre Behandlung und Nachsorge gewährleistet, so Ellerkamp.


Quellen:
S2k-Leitlinie 006-128 „Thermische Verletzungen im Kindesalter (Verbrennung, Verbrühung), Behandlung"
Stand: 30.04.2015 , gültig bis 31.12.2017; http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/006-128.html

Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder e.V. ; www.paulinchen.de

Pflegereform ignoriert Kinder Kinderchirurgen fordern Erhalt der Kinderkrankenpflege

Berlin, Dezember 2015 - Die Bundesregierung plant, ab 2016 die Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege in einer generalisierten Ausbildung zusammenzulegen. Eltern, Ärzte und Pflegende wollen den Beruf „Kinderkrankenpflege" jedoch erhalten. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) fordert im Interesse ihrer kleinen Patienten das Weiterführen dieser speziellen Qualifikation.

Eine Generalisierung der Pflege ignoriert die besondere und verletzliche Situation des kranken Kindes: „Schwer kranke oder chronisch kranke Kinder werden die Verlierer einer Reform sein, die in erster Linie den Personalmangel in der Altenpflege bewältigen will", kritisiert Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH, die Pläne der Bundesregierung, die Ausbildung zum „Gesundheits- und KinderkrankenpflegerIn" künftig abzuschaffen.

Gemeinsam haben Verbände und Organisationen der Eltern-Selbsthilfe und der Kinder- und Jugendmedizin einen Aufruf verfasst, der die Interessen des kranken Kindes ins Zentrum rückt. Alle befürchten einen deutlichen Qualitätsverlust, sollten die Reformpläne tatsächlich umgesetzt werden.

„Kinderkrankenpflegerinnen und-pfleger sind in der Kinderchirurgie unverzichtbar", betont Tillig. „Ob zarte Frühgeborene, schwer kranke Säuglinge mit komplexen Fehlbildungen, ein verunfalltes Kleinkind oder pubertierende Jugendliche, die operiert werden müssen - ohne die über mehrere Jahre fachspezifisch geschulten Kinderkrankenpflegerinnen und-pfleger verliert das kranke Kind immens wichtige Partner für seine Genesung und Betreuung", sagt Tillig. Die Erfolge der Kinderchirurgie seien nur in fachübergreifenden Teams möglich.

Die Unterzeichner des Aufrufs zum Erhalt der Kinderkrankenpflege in Deutschland werden sich weiterhin bei Politikern auf Landes- und auf Bundesebene intensiv dafür einsetzen, bei den Gesetzes- und Reformplänen im Gesundheitsbereich die spezifischen Bedürfnisse von Kindern im Krankenhaus entsprechend zu berücksichtigen. Die Pläne zur Pflegeausbildungs-Reform sind stillschweigend über etwas Grundlegenden hinweggegangen: „Das Recht auf fachgerechte und qualitativ hochwertige Betreuung im Krankheitsfall gilt auch für Kinder und ist nicht verhandelbar", stellt Tillig fest.


Weitere Information:

Positionspapier der Verbände und Organisationen der Eltern-Selbsthilfe und der Kinder- und Jugendmedizin

Kranke Kinder im Abseits: Hauptsache „irgendwie" pflegen? – Kinderkrankenpflege soll abgeschafft werden

Kinderkrankenhäuser in Deutschland finanziell benachteiligt Kinderchirurgen fordern bessere Versorgung

„Tag des Kinderkrankenhauses" am 16. September

Berlin, September 2015 – Die Zahl kinderchirurgischer Stationen in Deutschland ist seit dem Jahr 1994 von 101 auf 81 im Jahr 2012 gesunken. Ein Grund dafür sei, dass die Vergütungsstrukturen im Krankenhauswesen kindgerechte Medizin wirtschaftlich benachteiligten, mahnen die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) und die Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland e.V. (GKinD). Eine hochwertige, flächendeckende kinderchirurgische Versorgung – und damit auch Ausbildung des Nachwuchses – könne in Deutschland nach aktuellem Stand nicht mehr gewährleistet werden, erklärt die DGKCH im Vorfeld des Tages des Kinderkrankenhauses. Dabei gehöre die Behandlung durch Spezialisten der Kindermedizin zu den Grundrechten von Kindern.

Nach Angaben des. Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2013 fast ein Viertel der Säuglinge, ein Drittel der Kleinkinder, jedes zweite Schulkind und zwei Drittel der Jugendlichen bis 15 Jahre von nicht speziell für Kinder ausgebildeten Erwachsenenchirurgen behandelt. „Das verstößt gegen die Grundrechte der Kinder auf eine Behandlung durch Kinderspezialisten in dafür ausgerichteten Einrichtungen und Zentren", sagt Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH. Diese Rechte sind in Artikel 24 der UN-Konvention zu den Rechten des Kindes sowie in der Kyoto Declaration of Pediatric Surgery festgelegt.

Ein Großteil der deutschen Kliniken betreibt jedoch gar keine Abteilung für Kinderchirurgie. Damit sei eine flächendeckende spezialisierte Behandlung nicht möglich. Zudem fehle es dadurch auch an Ausbildungsstätten für junge Ärzte. An vielen Standorten sei eine kinderchirurgische Abteilung nicht finanzierbar, erklärt Professor Dr. med. Stuart Hosie, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie am

Städtischen Klinikum München. „Denn Krankenhäuser machen oft Verluste, wenn sie ihren kleinen Patienten eine kindgerechte Behandlung ermöglichen möchten." Muss ein Kind etwa an den Rachenmandeln und wegen eines Leistenbruches operiert werden, ist es deutlich sicherer und kindgerechter, beide Eingriffe in einer Narkose durchzuführen. Das Abrechnungssystem über Fallpauschalen honoriert diese schonenden fachübergreifenden Kombinationseingriffe jedoch nicht: In diesen Fällen werden nicht beide operativen Leistungen vollständig erstattet, so dass meist eine der beteiligten Fachabteilungen leer ausgeht. Ähnlich sieht es mit der Dauer des Krankenhausaufenthaltes bei Kindern aus: Neue Operationstechniken wie die Schlüssellochchirurgie oder endoskopische Verfahren sind besonders schonend und ermöglichen damit eine frühere Entlassung. Zudem sollen sich Kinder nach Operationen möglichst schnell wieder in ihren Familien erholen können. Werden jedoch die kleinen Patienten früh entlassen, ziehen die Krankenkassen von den bereits von vornherein zu knapp bemessenen Erlösen für die Klinik größere Beträge ab. Dies verschärfe die ohnehin schon angespannte wirtschaftliche Lage der Kinderkrankenhäuser, so Hosie. Die Folge sei, dass immer mehr Kinderabteilungen schließen müssten.

Dabei hätten Kinder vielfach ganz andere Erkrankungen und grundsätzlich andere Risiken als Erwachsene sowie besondere Bedürfnisse bei der Versorgung im Krankenhaus: „Es wäre völlig inakzeptabel, wenn Kinder in Deutschland keinen Zugang mehr zu medizinischen Einrichtungen hätten, die speziell auf ihre besonderen Erfordernisse zugeschnitten sind", sagt Tillig.

Kranke Kinder benötigen ein kindgerechtes Umfeld mit auf Kinder spezialisiertem Pflegepersonal und Ärzten sowie schonende, kindgerechte Verfahren von der Bildgebung über Kindernarkosen bis hin zur Kinderintensivmedizin. Zudem müssen die Eltern in die Behandlung integriert werden.
Voraussetzung für all dies sei jedoch eine faire Vergütung dieser spezialisierten medizinischen Leistungen, so Tillig.

Strahlenschäden durch CT und Röntgen bei Kindern vermeiden – Moderner Ultraschall und MRT immer wichtiger für Kinderchirurgen

53. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) vom 2. bis 5. September 2015 im CCD-Congress Center in München

München, September 2015 –Computertomografien (CT) erhöhen das Krebsrisiko von Kindern – anders als bei Erwachsenen – deutlich. Moderner Ultraschall und Magnetresonanztomografie (MRT) bieten strahlenfreie und schonende Alternativen zu CT und Röntgen bei der Abklärung von Bauchschmerzen, Blinddarmentzündungen, Knochenbrüchen oder Unfallverletzungen. Welche neuen Möglichkeiten sie Kinderchirurgen heutzutage bieten, ist ein Thema auf der Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) am 4. September in München im Rahmen ihrer 53. Herbsttagung.

Bildgebende Verfahren sind für Kinderchirurgen ein unverzichtbares Instrument zur Diagnose von Erkrankungen. Doch die bewährten Methoden aus der Erwachsenenmedizin lassen sich nicht 1:1 auf Kinder übertragen – etwa die CT-Diagnostik nach einem Unfall. Denn die Strahlung am CT ist bis zu 400 Mal so hoch wie bei einer einfachen Röntgenaufnahme der Lunge oder eines Knochens. „Da die Knochen und Organe von Kindern noch wachsen, sind sie viel sensibler für Röntgenstrahlung", sagt Professor Dr. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH: „Studien zeigen, dass häufige Bestrahlung im Kindesalter das Risiko auf spätere Krebserkrankungen erhöht". Idealerweise sollten deshalb bei Kindern so oft wie möglich Ultraschall und MRT zum Einsatz kommen, so der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Vivantes, Berlin.

Beim Ultraschall profitieren Kinder zudem von ihren anatomischen Voraussetzungen. Durch ihre Zierlichkeit können Ultraschallwellen die Gewebe besser durchdringen, so dass im Regelfall eine deutlich bessere Auflösung und damit genauere Diagnostik möglich ist. „Moderne Ultraschallgeräte erreichen zunehmend höhere Schallfrequenzen bis zu 20 MHz und ermöglichen eine immer bessere Bildqualität", erläutert Dr. Marc Steinborn, leitender Oberarzt der Kinderradiologie am Städtischen Klinikum München. Damit sei etwa die Diagnose von Darmerkrankungen wie einer Blinddarmentzündung mit einer sehr hohen Sicherheit möglich.

Zusätzlich können neuartige Anwendungen wie die Kontrastmittelsonographie dazu beitragen CT-Untersuchungen zu ersetzen, etwa um die Durchblutung einzelner Organe zu kontrollieren, oder um nach Unfällen zu prüfen, ob Organe verletzt sind „Wie viele andere Medikamente auch, haben diese Kontrastmittel bisher jedoch keine gesonderte Zulassung für Kinder", räumt Steinborn ein. Deshalb sei ihr Einsatz bisher noch begrenzt.

Die Beurteilung von Ultraschallbildern, MRT- und Röntgenaufnahmen von Kindern setzt viel klinische und radiologische Erfahrung voraus. Denn oft unterscheiden sich sowohl Krankheitsbilder als auch Normalbefunde von Erwachsenen und Kindern erheblich: „Was für ein Kind normal ist, kann bei einem Erwachsenen etwa auf einen Tumor hinweisen", erläutert Kinderchirurg Tillig. „Optimal kindgerecht ist deshalb die Zusammenarbeit mit Kinderradiologen", sagt Professor Tillig. „Leider fehlt hier der Nachwuchs, da es immer weniger Ausbildungsstätten gibt", kritisiert er: „Hier wünschen wir uns dringend Nachbesserung."

Welche weiteren schonenden neuen Einsatzmöglichkeiten es in der bildgebenden Diagnostik in der Kinderchirurgie gibt und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit Kinder profitieren, ist Gegenstand der Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) am 4. September in München.


Ärzte und weitere Berufsgruppen aus verschiedenen Bereichen der Kindermedizin tagen vom 2. bis 5. September im CCD-Congress Center in München. Die DGKCH veranstaltet ihren Kongress im Rahmen der 111. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Gesellschaften für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) sowie des Berufsverbandes Kinderkrankenpflege Deutschland (BeKD). Das gesamte Kongressprogramm finden Sie unter www.dgkj2015.de.

Eigene Krankheitsbilder, andere Risiken – Kinderchirurgen fordern die Behandlung von Kindern in Fachzentren

53. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) vom 2. bis 5. September 2015 im CCD-Congress Center in München

München – Fast ein Viertel aller Säuglinge und etwa ein Drittel der Kleinkinder werden hierzulande von Erwachsenenchirurgen operiert. Doch Kinder dieser Altersgruppen sollten nur von Kinderchirurgen, Kindermedizinern und speziell für diese Altersgruppe geschultem Fachpersonal behandelt werden, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Denn durch die Zusammenarbeit von Kinderanästhesisten, Kinderintensivmedizinern und Kinderkrankenpflegekräften ließen sich die besten Behandlungsergebnisse und höchstmögliche Patientensicherheit erzielen. Welche Eingriffe in welchem Alter besonders kritisch sind und wie kindgerechte fachübergreifende Konzepte aussehen, ist Thema auf der Pressekonferenz der DGKCH im Rahmen ihrer 53. Herbsttagung am 4. September in München.

Im Jahr 2013 fanden hierzulande knapp 50 000 vollstationäre Operationen an Kinder bis zu ihrem fünften Lebensjahr statt. Etwa 20 000 der kleinen Patienten wurden dabei nicht von Kinderchirurgen, sondern von Erwachsenenmedizinern behandelt. Dies geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Herz- und neurochirurgische Eingriffe, sowie Operationen durch Augen- und Hals-Nasen-Ohrenärzte sind dabei nicht erfasst, da sie nicht generell ins Spektrum der Kinderchirurgie fallen.

Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH, kritisiert die Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern in der Erwachsenenchirurgie: „Die meisten Krankheitsbilder unterscheiden sich deutlich von denen Erwachsener", sagt er. So stünden im ersten Lebensjahr die Behandlung von angeborenen Erkrankungen – wie etwa Fehlbildungen, Magenpförtnerkrampf, Störung der Blasen- und Darmentleerung – im Vordergrund. Diese zögen in den Folgejahren eine intensive Betreuung und oft weitere Operationen nach sich. „Es liegt deshalb auf der Hand, dass für die fachgerechte Behandlung eine Spezialisierung auf Kinder erforderlich ist", betont Tillig, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Vivantes in Berlin ist. Dies gelte ganz besonders für angeborene Fehlbildungen. „Sie sind zum einen zu selten, als dass jeder Chirurg ausreichend Übung darin erlangen könnte. Zum anderen sind diese Eingriffe aufgrund der filigranen und teilweise noch unreifen Gewebestrukturen eine operative Herausforderung – und setzen viel Spezialwissen, Erfahrung und Fingerfertigkeit voraus."

Unverzichtbar für eine optimale chirurgische Versorgung sei auch die Kooperation mit erfahrenen, gesondert ausgebildeten Teams, etwa Kinderanästhesisten, Kinderintensivmedizinern, Kinderradiologen, Kinderkardiologen. Hier komme es nicht nur auf den Einsatz miniaturisierter Instrumente an. Es gehe auch um schonende kindgerechte Narkosetechniken sowie eine altersentsprechende Risikobeurteilung und intensive Überwachung und Betreuung nach der Operation. „Kinder haben im Vergleich zu Erwachsenen andere und oftmals erhöhte Risiken", führt Professor Dr. med. Stuart Hosie, Kongresspräsident der DGKCH 2016 aus München aus. „So besteht bei Kleinkindern etwa bis zu sechs Wochen nach einem Atemwegsinfekt ein erhöhtes Risiko, bei einer Operation einen Herzstillstand zu erleiden." Angesichts der sechs bis acht Infekte der Luftwege, an denen kleine Kinder jährlich erkranken, sei das durchaus ein Thema.

„Insgesamt ist die Kinderchirurgie in den vergangenen Jahren immer sicherer und besser geworden", sagt Hosie. Sie müsse bei Kindern jedoch auch flächendeckend zum Einsatz kommen, fordert Tillig. „Aus Kostengründen ist das leider nicht gegeben – hier ist die Politik gefordert", mahnt er.

Welche neuen Konzepte zur Verfügung stehen und wie alle Kinder bestmöglich versorgt werden können, ist ein Thema auf der Pressekonferenz der DGKCH im Rahmen ihrer 53. Herbsttagung am 4. September in München.


Quellen:

[1] Van der Griend BF. Postoperative mortality in children after 101885 anesthetics at a tertiary pediatric hospital. Anesthesia-Analgesia. June 2011 • Volume 112 • Number 6
[2] Becke K. Das Kind mit einem Atemwegsinfekt – Wann und wie führe ich die Narkose? Anästhesiol Intensivmed Schmerzther 2014; 49:162-167

Ärzte und weitere Berufsgruppen aus verschiedenen Bereichen der Kindermedizin tagen vom 2. bis 5. September im CCD-Congress Center in München. Die DGKCH veranstaltet ihren Kongress im Rahmen der 111. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Gesellschaften für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) sowie des Berufsverbandes Kinderkrankenpflege Deutschland (BeKD). Das gesamte Kongressprogramm finden Sie unter www.dgkj2015.de.

Reiterglück – aber sicher Kinderchirurgen fordern mehr Unfallschutz im Pferdesport

Kindersicherheitstag am 10. Juni 2015 - Motto „Kinder und Tiere. Sicher geht das!"

Berlin – Stürze, Tritte, Bisse – Reiten ist eine Risikosportart: Jährlich ereignen sich etwa 30 000 bis 40 000 Reitunfälle, deren Opfer ärztlich behandelt werden müssen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) nimmt den Kindersicherheitstag am 10. Juni 2015 zum Anlass, mehr Sachkenntnis im Umgang mit Pony und Pferd zu fordern. Des Weiteren weist sie darauf hin, dass Verletzungen durch den Umgang mit Pferden kindgerecht und von Kinderchirurgen behandelt werden sollten. Nur so ließen sich Folgeschäden für die Patienten minimieren.

Voltigieren, Dressurreiten, Springen: Rund 1,7 Millionen Menschen hierzulande reiten nach Angaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung regelmäßig. Etwa 500 000 von ihnen sind Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 14 Jahren – meist Mädchen. Doch Reiten gehört zu den fünf gefährlichsten Sportarten für Kinder und Jugendliche: Bereits in der Altersgruppe der 5- bis 9-Jährigen führen Verletzungen durch Pferde die Statistik der Unfälle mit Tieren an. Die meisten Stürze und Tritte erleiden Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren. „Prellungen, Verstauchungen oder Gehirnerschütterungen, aber auch Knochenbrüche und Organschäden können die Folge sein. In seltenen Fällen enden Reitunfälle sogar tödlich", sagt Dr. med. Stefanie Märzheuser, Kinderchirurgin an der Charité Universitätsmedizin in Berlin.
Fast die Hälfte aller Unfälle mit Pferden passiert nicht während des Reitens, sondern bei der Pflege oder beim Führen. Denn Pferde können mit Erschrecken, Bocken, Durchgehen, Treten und Beißen reagieren.
„Der Umgang mit Pferden ist für viele Kinder das Größte und eine sehr wichtige Erfahrung", sagt Dr. Märzheuser. „Wir wollen Kindern nichts verbieten oder sie unnötig in Watte packen", betont sie. Aber man muss auch wissen, wie sich Pferde verhalten und wie man mit Risiken umgeht: „Pferde sind schreckhafte Fluchttiere und noch dazu halb so schwer wie ein Auto", führt sie weiter aus. Die Gefahren lassen sich jedoch durch eine gute Ausbildung von Pferd und Reiter und umsichtiges Verhalten klein halten – und natürlich auch mit der richtigen Ausrüstung sagt die Expertin.
Ist es doch zu einer Verletzung gekommen, sind Kinderchirurgen die richtige Anlaufstelle. Denn bei der Versorgung von Heranwachsenden gelten teilweise andere Regeln als in der Erwachsenenchirurgie. „In der Kinderchirurgie ist es noch viel wichtiger, bestimmte Organe wenn möglich zu erhalten", sagt Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH aus Berlin. Denn sie spielten für die Entwicklung eine entscheidende Rolle, etwa für die körpereigene Abwehr. „Und sie werden noch lange gebraucht, um den Körper zu versorgen", so Tillig. Seien Bauchorgange wie Milz oder Niere nach einem Tritt oder Sturz vom Pferd verletzt, versuchten Kinderchirurgen deshalb, das Organ zu retten, anstatt es zu entfernen. Auch bei der Behandlung von Knochenbrüchen gehe der Kinderchirurg anders vor: „Unser Anliegen ist, Übertherapie zu vermeiden", sagt er. Dazu gehöre, auch mal nicht zu operieren, sondern nur eine Gips- oder Kunststoffschiene anzulegen. Voraussetzung sei fundiertes Wissen über Wachstumsvorgänge und Selbstkorrekturpotenzial von jungen Knochen.
Damit das Glück der Erde nicht zum Albtraum wird, sollten Eltern ihre Kinder nur in gut geführte Reitställe mit artgerechter Tierhaltung und professionellem Reitunterricht geben, fasst Märzheuser zusammen. Dort lernten sie den richtigen Umgang mit den Vierbeinern. „Nicht verhandelbar ist eine professionelle Ausrüstung mit splitterfestem Helm in passender Größe, Reitstiefel und Reithose. Im Gelände und beim Springen sind je nach Risiko auch Sicherheitswesten, Rückenprotektoren und Sicherheitssteigbügel erforderlich."


Der Kindersicherheitstag am 10. Juni 2015 - Motto „Kinder und Tiere. Sicher geht das!" wird von der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mehr Sicherheit für Kinder e. V. veranstaltet. Dr. med. Stefanie Märzheuser ist Präsidentin der BAG. Weitere Informationen sind abrufbar unter http://www.kindersicherheit.de/kindersicherheitstag.html

Hilfe für Kinder drogenkranker Eltern: Kinderchirurgen fordern verbesserte Kinderschutzstrukturen an Kliniken

7. wissenschaftliche Jahrestagung der AG Kinderschutz in der Medizin vom 8.-9.5.2015 in Dresden
Schwerpunktthema: Kinder in drogenbelasteten Familien

Berlin, Mai 2015 – Hierzulande leben etwa 2,6 Millionen Kinder in Familien mit einem suchtkranken Elternteil – geschätzte 30 000 von ihnen haben drogenabhängige Eltern. Diese Kinder sind gefährdet, seelisch, psychisch und sozial Schaden zu nehmen, später selbst an einer Sucht zu erkranken oder auch Opfer von physischer Gewalt zu werden. Kinderchirurgen kommen mit diesen Kindern in Kontakt, etwa wenn sie ein verletztes Kind behandeln – und sollten dann Hilfestellungen im Sinne des Kindes einleiten.

Jedoch mangelt es in vielen Krankenhäusern an geeigneten Strukturen, die sich dieser Familienproblematik annehmen könnten. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) fordert deshalb deutschlandweit interdisziplinäre Kompetenzstrukturen für den Kinderschutz in und um Kinderkliniken. Die DGKCH macht dies deutlich anlässlich der 7. wissenschaftlichen Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Kinderschutz in der Medizin vom 8. bis 9. Mai 2015 in Dresden.

Immer mehr Menschen in Deutschland greifen zu gefährlichen künstlichen Drogen wie Crystal Meth oder Legal Highs. Drei Prozent mehr als im Jahr zuvor starben 2014 an ihrem Drogenkonsum, wie Bundeskriminalamt und Bundesregierung soeben berichteten. Dies wirkt sich auch auf Kinder aus: „Wir beobachten im Umfeld unserer kleinen Patienten einen zunehmenden Missbrauch von Drogen, gerade in jungen Familien, bei Schwangeren und Heranwachsenden", sagt Frauke Schwier, Tagungspräsidentin der Jahrestagung AG Kinderschutz in der Medizin und Kinderchirurgin am Universitätsklinikum Dresden. Dieses Jahr stehen Kinder in drogenbelasteten Familien im Zentrum der Veranstaltung „Hier bedarf es - ähnlich wie bei den anderen Suchterkrankungen - rascher Hilfe: Denn diese Kinder sind nicht nur in großer Gefahr, selbst eine Suchtproblematik oder andere Störungen zu entwickeln, häufig wachsen sie auch ohne Fürsorge auf, sind vereinsamt und in ihrer Entwicklung massiv beeinträchtigt."

Im Rahmen der Behandlung etwa von Verletzungen gelangen diese Kinder auch in Kontakt zu Kinderchirurgen. Dabei können Kinderchirurgen familiäre Krisensituationen erkennen und Hilfe einleiten. Bewährt haben sich dabei interdisziplinäre Strukturen wieKinderschutzgruppen, die nicht nur medizinisch helfen, sondern auch versuchen, fachübergreifend Hilfskonzepte, die sowohl Eltern als auch Kinder einbeziehen, zu erstellen. „Zahlreiche auf den Einzelfall abgestimmte Disziplinen von Jugendhilfe, Sozialdiensten, Pädagogen, Kinderpsychologen und Jugendpsychiatern, Rechtsmedizinern, Augenärzten, Radiologen, Kinderärzten, Gynäkologen und Kinderchirurgen und manchmal auch der Polizei arbeiten im Idealfall zum Wohl der Betroffenen zusammen", berichtet Dr. med. Sylvester von Bismarck, Vorsitzender der AG Kinderschutz in der Medizin.

Aktuell gibt es in mehr als 50 Kliniken solche Kinderschutzgruppen. „Das ist zwar schon ein Fortschritt", sagt von Bismarck, der Kinderchirurg am Berliner Klinikum Vivantes ist. Doch für eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung reiche das bei weitem nicht aus: „Wir brauchen mehr Kinderschutzgruppen und von ihnen geschaffene, lokale Hilfsnetzwerke, die mit den Kliniken zusammenarbeiten. Und er benennt die fehlende Finanzierung der Arbeit: „Die Ansprache und Behandlung der Betroffenen erfordern Kompetenz, Zeit und Einfühlungsvermögen", sagt von Bismarck. Dieser Aufwand sei in den Fallpauschalen zur Vergütung der Kliniken jedoch nicht eingeplant.

Hier müsse dringend etwas getan werden, fordert die DGKCH: „Insbesondere Babys und Kleinkinder sind durch den Drogenkonsum ihrer Eltern gefährdet. Diese Gefährdungen müssen rechtzeitig erkannt und durch entsprechende Hilfen für die Familien abgewendet werden", sagt von Bismarck.


 

Zur 7. Jahrestagung erwarten die Veranstalter 250 Teilnehmer aus allen beteiligten Disziplinen des medizinischen Kinderschutzes nach Dresden. Die Arbeitsgemeinschaft Kinderschutz in der Medizin wurde im Jahr 2008 gegründet und ist bundesweit tätig. Sie entwickelte den ersten Leitfaden für medizinischen Kinderschutz in Kliniken. Zu ihren Mitgliedern gehören Kinderchirurgen, Kinderärzte, Kinder- und Jugendpsychiater, Rechtsmediziner, Psychologen und Sozialpädagogen. Weitere Informationen sind abrufbar unter: www.ag-kim.de und www.jahrestagung.ag-kim.de.


Quellen:
Bundesministerium für Gesundheit, Berlin: Metastudie Arbeit mit Kindern und deren suchtkranken Eltern. Stand: 31.05 2007
Amt für Soziale Dienste Bremen: Fachliche Weisung Umgang mit Kindern substituierter bzw. drogenabhängiger Mütter/Väter bzw. Eltern. Stand: 01.03.2009, abrufbar unter www.soziales.bremen.de.

Blutschwämme mit Herzmittel verschwinden lassen Kinderchirurgen begrüßen neue Studienergebnisse

Berlin, März 2015 – Drei bis zehn Prozent aller Säuglinge entwickeln Blutschwämme. Über 85 Prozent der sogenannten Hämangiome bilden sich von selbst zurück. Wachsen sie schnell oder sitzen sie an kritischen Stellen wie Augen, Lippen oder After, muss der Kinderchirurg sie mit Laser, Vereisung oder Skalpell behandeln. Doch nicht immer ist dies vollständig möglich. Viele Kinderchirurgen setzen deshalb das Herzmittel Propranolol ein, um die Blutschwämmchen medikamentös schrumpfen zu lassen. Dass der seit Jahrzehnten bekannte Blutdrucksenker hier wirksam ist, ist vor einigen Jahren zufällig in Frankreich entdeckt worden. In Deutschland ist er seit April 2014 dafür nun offiziell zugelassen.

Eine jetzt im „New England Journal of Medicine" veröffentlichte Studie bestätigt, dass diese Therapie sicher und sinnvoll ist. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) sieht daher im Einsatz des Herzmittels Propranolol ein wichtiges Instrument bei der Behandlung von Hämangiomen.

Blutschwämmchen sind oft nur millimetergroße hellrote bis bläuliche Flecke auf der Haut. Mitunter erstrecken sie sich aber auch auf deutlich größere Hautflächen. Um einer problematischen Größenzunahme beziehungsweise funktionellen oder ästhetischen Komplikationen vorzubeugen, müssen Ärzte Blutschwämme oft schon im Frühstadium behandeln. „Dies betrifft häufig Hämangiome im Gesicht", erläutert Professor Dr. Rainer Grantzow, Coautor der Studie und Kinderchirurg an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Blutschwämme nahe den Augen etwa können unbehandelt zur Erblindung führen. An der Nase führen sie mitunter zu entstellenden und dauerhaften Veränderungen, an den Lippen verbleiben erfahrungsgemäß oft Reste. Doch große, rasch wachsende oder komplizierte Hämangiome lassen sich mit bisherigen Maßnahmen wie Kältetherapie, Laser und OP oft nicht ausreichend oder schonend genug behandeln. Zudem bleiben oft Narben und therapiebedürftige Hautveränderungen zurück. „Deshalb greifen wir in solchen Fällen seit einigen Jahren auf Propranolol zurück", berichtet Professor Grantzow. Seit etwa fünf Jahren ist es im sogenannten „Off-Label-Use" im Einsatz. Daten aus qualitativ hochwertigen klinischen Studien über die optimale Dosierung und mögliche Nebenwirkungen fehlten bislang.

Diese Lücke schließt nun die aktuell veröffentlichte internationale Studie einer Forschergruppe unter französischer Leitung: Insgesamt hatten sie 456 Kinder mit wachsenden Hämangiomen in die Studie einbezogen. Von diesen erhielten 55 ein Scheinmedikament, ein sogenanntes Placebo. Eine Gruppe von 188 Patienten nahm drei Milligramm Propranolol pro Kilogramm Körpergewicht über 24 Wochen ein. Mit Erfolg: Insgesamt sprachen 88 Prozent der kleinen Patienten positiv auf die Therapie an. Bei 60 Prozent aller Behandelten bildeten sich die Hämangiome vollständig oder nahezu vollständig zurück – gegenüber vier Prozent bei den Kindern mit Placebo. Die geringen Nebenwirkungen wie Kreislaufprobleme waren in beiden Gruppen vergleichbar. Jedoch traten bei zehn Prozent der zunächst erfolgreich behandelten Kinder die roten Male später wieder auf.

„Auch wenn es leider hin und wieder zu einem solchen „Rebound-Effekt" kommt, ist der Einsatz von Propranolol eine unverzichtbare Therapieoption", stellt Dr. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH und Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie in Augsburg, fest. „Mit dem Medikament können wir den Kindern eine nach dem heutigen Erkenntnisstand sichere und zumeist auch wirkungsvolle Behandlung anbieten". Um alle therapeutischen Möglichkeiten optimal auszuschöpfen und dabei gleichzeitig eine Übertherapie zu vermeiden empfiehlt er Eltern, Blutschwämme möglichst frühzeitig einem Kinderarzt oder Kinderchirurgen vorzustellen.

Quelle:
N Engl J Med 2015; 372:735-746 February 19, 2015 DOI: 10.1056/NEJMoa1404710
http://www.nejm.org/toc/nejm/372/8/

Gefährlicher Winterspaß Wie Kinderunfälle auf Schnee und Eis vermieden werden können

Berlin, Februar 2015 – Das schöne Schneewetter in Teilen Deutschlands lockt derzeit viele Familien auf Rodel- und Schlittschuhbahnen oder Skipisten. Die Kinder packen ihren Schlitten und die Schlittschuhe aus oder versuchen sich auf Skiern oder mit trendigen Wintersportarten wie Snowboard oder Snowkiting. Doch dabei überschätzen die jungen Sportler oft ihre Fähigkeiten hinsichtlich Tempo und anderer Gefahren. So kann der Spaß schnell mit einem gebrochenen Arm in der Notaufnahme enden. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) gibt Tipps, wie Familien ohne Unfälle den Winterspaß genießen können.

Im Winter verletzen sich Kinder und Jugendliche besonders oft an Kopf und Hand, oder brechen sich den Unterschenkel. Häufig kommen die jungen Patienten auch mit schmerzhaft überdehnten Bändern, verletzten Knien oder Sprunggelenken in die Notaufnahme. Die Unfallursachen sind meist die erhöhte Risikobereitschaft bei Jugendlichen sowie Fahrfehler und Kollisionen durch unterschätzte Geschwindigkeiten. „Zwei Drittel aller Wintersportunfälle ereignen sich nachmittags. Dann lassen nämlich Konzentration und Kraft nach", erklärt Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) und Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg. Er rät Eltern dazu, dafür zu sorgen, dass die Kinder ihre „Kraftakkus" immer wieder aufladen, zum Beispiel durch Pausen und kleine Snacks.

Um gefahrlos durch den Winterspaß zu kommen ist auch die richtige Wintersportart für das richtige Alter entscheidend: Skifahren und Schlittschuhlaufen sollten Kinder frühestens ab vier Jahren ausprobieren. Schlittenfahren können schon die Kleinsten zusammen mit ihren Eltern. Darüber hinaus rät Schuster, bei rasanten Rodelabfahrten immer einen passenden Helm zu tragen. Auch sollten Eltern darauf achten, ob die Skipiste vereist oder in gutem Zustand ist. Zu Schutzmaßnahmen beim Eislaufen gibt es bislang keine wissenschaftlich belegten Empfehlungen, so Schuster. Beim Einsatz von Handgelenks- und Ellbogenschützern rät er Eltern deshalb, die Gefahren von Fall zu Fall selber einzuschätzen. Denn manchmal behinderten Protektoren Kinder mehr in ihrer Bewegungsfreiheit, als dass sie sie schützten.

Ist das Kind auf den Kopf gestürzt, müssen Ärzte und Eltern immer eine Gehirnerschütterung in Betracht ziehen. Diese zeigt sich oft durch Übelkeit, Erbrechen, apathisches und ungewöhnliches Verhalten. Klagt das Kind über Schmerzen an Armen, Beinen oder Schulter, könnte ein Knochen gebrochen sein. „In beiden Fällen sollten Eltern unbedingt zum Arzt gehen, falls sie nicht direkt vor Ort als Notfall versorgt werden", so Schuster. Der Kinderchirurg empfiehlt Eltern, in jedem Fall eine auf Kindertraumatologie spezialisierte Praxis oder Klinik aufzusuchen. Denn insbesondere bei Knochenbrüchen sollten auf Kinder spezialisierte Ärzte die Verletzung behandeln. „Da der Knochen sich bei diesen Patienten noch im Wachstum befindet, ist eine professionelle Behandlung besonders wichtig, um Folgeschäden am jungen Bewegungs- und Halteapparat zu vermeiden."

Quellen:
http://www.allgemeinarzt-online.de/a/1563933
http://www.skiunfall-hilfe.de/skiverletzung/verletzungsarten-skisport.html

2014

Kinderunfälle: verletzte Milz nicht entfernen Immunorgan schützt lebenslang vor Infekten

Berlin – Etwa 8000 Menschen ließen hierzulande im vergangenen Jahr ihre Milz auf dem Operations-Tisch – meist wegen einer Verletzung, etwa einem Milzriss. Unter den Operierten waren nur 300 Kinder und Jugendliche. Denn gerade junge Menschen brauchen ihre Milz für die körpereigene Abwehr. Kinderchirurgen bemühen sich deshalb, eine verletzte Milz zu retten anstatt das Immunorgan zu entfernen.

Unfälle beim Reiten, Downhill-Mountainbiking oder im Straßenverkehr, aber auch ein Sturz vom Wickeltisch verursachen in bis zu 15 Prozent schwere Verletzungen der Bauchorgane von Kindern. In einem Drittel der Fälle ist dabei die Milz betroffen. Ein Milzriss kann zum Schock und Tod durch Verbluten führen. Bei Erwachsenen entfernen Ärzte deshalb meist die verletzte Milz. Jedoch bedeutet die Entnahme des Immunorgans für Patienten, dass sie lebenslang stärker anfällig für Infekte sind – bis hin zur Blutvergiftung mit Todesfolge. „Dieses Risiko ist vor allem im Kindesalter, aber auch bei Jugendlichen noch einmal deutlich erhöht", sagt Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH).

Die Erkenntnisse über die Milz als wichtiges Organ hätten in der Kinderchirurgie in den letzten Jahren einen Wandel bewirkt: „Wir versuchen bei Kindern und Jugendlichen sehr gezielt, das Organ zu erhalten und eine Entnahme zu vermeiden", erläutert Tillig, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Vivantes in Berlin ist. Auch Fortschritte in Diagnostik und Therapie spielten bei dieser Entwicklung eine Rolle. So ist es heute möglich, eine Verletzung im Bauch zu orten, zu beurteilen und schonend zu behandeln. In etwa 98 Prozent der Fälle ist eine Verletzung der Milz heute erfolgreich ohne Operation zu behandeln. „Voraussetzung ist jedoch, dass die Blutung beherrschbar und nicht primär lebensbedrohlich ist. Zudem müssen die Kliniken die entsprechende kinderchirurgische Expertise, spezialisierte Ärzte und die erforderliche technische Ausstattung besitzen". Oft helfen moderne interventionelle, radiologische Therapieverfahren, bei denen der Arzt kleine Katheter über eine Punktion in die Blutgefäße einführt und die Blutungen in der Milz durch gezielte Embolisierung stoppt.

Das nicht operative Vorgehen sei jedoch oftmals aufwändiger als die schnelle Entfernung der Milz. „Wir müssen unsere Patienten auf der Intensivstation Stunden bis Tage mit modernster Technik engmaschig überwachen. Da es bei schweren Milzverletzungen letztendlich um Leben und Tod geht, stehen wir rund um die Uhr bereit, um bei Bedarf die Blutung doch noch operativ stoppen zu können". Kinderchirurgie bedeute mitunter eben auch, gezielt nicht zu operieren, so Tillig.

„Rein betriebswirtschaftlich gesehen ist das jedoch ein Verlustgeschäft", gibt er zu Bedenken. Denn die Krankenkassen bezahlten im Rahmen ihrer Fallpauschalen für eine Milzentfernung mehr Geld als für einen Klinikaufenthalt, bei dem die Milz gerettet würde. Hier müsse noch nachjustiert werden, fordert er.

Quellen:
DRG-Statistik 2013 - Vollstationäre Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern

Selective Angioembolization in Blunt Solid Organ Injury in Children and Adolescents: Review of Recent Literature and Own Experiences. Schuster, Tobias, Leissner, Giessbert. Eur J Pediatr Surg 2013;23:454–463.

Weltfrühgeborenentag am 17. November 2014 Gefährdete Frühchen, belastete Eltern – Mit sozialmedizinischer Nachsorge den Behandlungserfolg sichern

Berlin, Oktober 2014 – Die Sterblichkeit von Frühgeborenen liegt auch nach der ersten Klinikzeit deutlich höher als bei reif geborenen Kindern. Deshalb brauchen Eltern und Kind beim Übergang in den heimischen Alltag viel Beistand: Nicht nur medizinischen, sondern auch psychosozialen. Dies sei essentiell, um den Behandlungserfolg in der Klinik nicht zu gefährden, sagen Experten der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH).
Wie sozialmedizinische Nachsorge die kritische Übergangsphase gelingen lässt und worauf es dabei besonders ankommt, diskutieren DGKCH-Experten auf einer Pressekonferenz am 13. November 2014 in Berlin im Vorfeld des Weltfrühgeborenentages.

„Wenn Eltern ihr Frühchen nach der Zeit im Perinatalzentrum nach Hause nehmen und selbstständig versorgen sollen, sind sie dadurch sehr gefordert und nicht selten erheblich belastet", sagt Petra Grieben, Case Managerin und Expertin in der sozialmedizinischen Nachsorge von Frühgeborenen am Kindergesundheitshaus e.V. in Berlin.

So drohen frühgeborenen Kindern vielfältige gesundheitliche Risiken wie Atemstillstand, Unterzuckerung, Gelbsucht bis hin zum plötzlichen Kindstod (SIDS). Denn ihre Organfunktionen wie selbstständige Atmung, Temperaturregulation, Kreislauf und Stoffwechselfunktionen sind oft noch nicht ausgereift und stabil. Auch das Stillen klappt nicht von Beginn an, mitunter auch gar nicht.

Aber auch das Familiengefüge gerät in der Ausnahmesituation leicht aus dem Lot. Die Beziehung zum Partner leidet, Geschwisterkinder kommen zu kurz. Die ständige Alarmbereitschaft, zahlreiche Nachsorgetermine für das Frühgeborene und oft auch existenzielle Sorgen fordern die Familien zusätzlich und bringen sie oft an ihre Grenzen. „Durch die Summe der Belastungen für die Eltern besteht die Gefahr, Wichtiges bei der Versorgung des Frühgeborenen zu übersehen", erklärt Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH.

Hier setzt die Arbeit der sozialmedizinischen Nachsorge an, die eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen ist: Ein Team aus Kinderärzten, Psychologen, Case Managern, Heil- und Sozialpädagogen erstellt bei der Entlassung einen individuellen Hilfeplan, leitet Eltern zur speziellen Pflege an, bietet psychologische Betreuung und berät bei der Beantragung von finanzieller Unterstützung. „Die sozialmedizinische Nachsorge ist ein außerordentlich wichtiger Bestandteil der Behandlung von Frühgeborenen, denn sie sichert den Erfolg unserer Arbeit in der Klinik", betont Tillig. Er ist Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie, Neugeborenenchirurgie und Kinderurologie am Vivantes Klinikum Neukölln. Zudem verkürze sie oft den Klinikaufenthalt und helfe, unnötige Notaufnahmebesuche und erneute stationäre Aufnahmen zu vermeiden. Dennoch: Die bewilligten Stunden reichen häufig nicht aus, um den Familien bestmöglich zu helfen, bemerkt Petra Grieben, die Familien im Rahmen der sozialmedizinischen Nachsorge berät. „Diese Finanzierungslücken schließen wir durch Zuschüsse der Jugendhilfe oder Spenden", berichtet sie.

Was strukturierte sozialmedizinische Nachsorge hierzulande leistet, wie sie noch besser aufgestellt werden könnte und was noch getan werden muss, um Gesundheit und Lebensqualität von Frühgeborenen und ihren Familien zu sichern, diskutiert ein interdisziplinäres Expertenforum auf der Pressekonferenz der DGKCH am 13. November in Berlin.

Von der vorgeburtlichen Diagnose zur OP Fehlbildungen der Bauchwand erfordern fachübergreifende Planung

Berlin – Eins von 2000 Kindern kommt laut internationalen Studien mit einem Defekt in der Bauchwand zur Welt. Vor etwa 30 Jahren galt dies für einen Teil der Neugeborenen noch als Todesurteil. Doch dank moderner Behandlungsverfahren und Operationstechniken und insbesondere einer optimalen fachübergreifenden Zusammenarbeit können Kinderchirurgen solche Fehlbildungen heute in fast allen Fällen beheben. Auf der Pressekonferenz anlässlich der 52. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) erklären Experten, wie sie Bauchwanddefekte bestmöglich behandeln.

Ein Loch in der Bauchwand, die sogenannte Gastroschisis, oder ein großer Bauchwanddefekt, von Ärzten Omphalozele genannt, sind keine seltenen Fehlbildungen. Entwicklungsfehler während der Schwangerschaft führen dazu, dass Organe wie Darm, Leber oder Milz außerhalb der Bauchhöhle wachsen. Bereits auf dem Ultraschallbild während der Schwangerenvorsorge zeigt sich, ob dem Ungeborenen Teile der Bauchwand fehlen, oder unvollständig angelegt sind. Auf diese Weise lässt sich eine Operation früh planen. Dabei müssen sich Kinderchirurgen sehr genau mit den anderen beteiligten Ärzten abstimmen, sagt Professor Dr. med. Thomas Boemers: „Bei komplexen Fehlbildungen wie Bauchwanddefekten ist nach der Geburt oftmals Eile geboten und eine optimale Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen“, so der Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie im Kinderkrankenhaus Köln Amsterdamer Straße.

Vor allem bei einer Gastroschisis dürfen Kinderchirurgen keine Zeit verlieren: Denn der Darm ragt durch die Spalte in der Bauchwand nach außen. Schon der Kontakt mit dem Fruchtwasser im Bauch der Mutter ist gefährlich, da der Darm sich entzünden kann. Nach der Geburt ist er Trockenheit und schädlichen Keimen ausgesetzt. Das Neugeborene muss dann umgehend in den OP, meint Boemers: „Ist der Darm nur leicht entzündet, schieben wir ihn sofort in die Bauchhöhle zurück und verschließen diese“, so der Experte im Vorfeld der Herbsttagung der DGKCH. Doch das gelingt nur in Einzelfällen. „Bei einer starken Entzündung wäre eine Operation zu riskant. Dann müssen wir den Darm zunächst in ein steriles Plastiksäckchen verlagern und dieses in die Bauchwand einnähen, bis die Entzündung abgeklungen ist.“

Bei einem Bauchwandbruch drängen Organe aus dem Bauchraum in ein sehr dünnes Häutchen, das sich aus Nabelschnurgewebe gebildet hat. Anders als bei der Gastroschisis liegen sie aber nicht frei. Je größer dieser „Sack“, desto schwieriger die Behandlung. „bei kleinen Omphalozelen können wir die Organe leicht in der Bauchhöhle platzieren“, erläutert Boemers. „Bei großen kann es sinnvoll sein, zunächst einige Wochen zu warten, bis der ‚Sack‘ sich stabilisiert hat. Die Operation erfordert herausragendes chirurgisches Können.“ Denn oft ist die Bauchhöhle der betroffenen Kinder zu klein, um alle Organe aufzunehmen. Außerdem leidet jedes zweite an einer weiteren Fehlbildung – zum Beispiel einem Herzfehler. „Auch aus diesem Grund sollte die Behandlung dieser kleinen Patienten nur von Experten an spezialisierten Perinatalzentren vorgenommen werden“, sagt Boemers. Nur gemeinsam könnten Pränatalmediziner, Geburtshelfer, Neonatologen und Kinderchirurgen das Neugeborene bestmöglich versorgen. Auf der 52. Herbsttagung der DGKCH in Leipzig diskutieren Kinderchirurgen neue Methoden der Operation von Bauchwanddefekten bei Neugeborenen.

Elizabeth A. Fountaine, MD, Kristin M. Knight, MD, FACOGb, Ultrasound for Abdominal Wall Defects, Ultrasound Clin 8 (2013) 55–6

Zahl der Frühgeburten in Deutschland steigt Wasserkopf bei Neugeborenen deshalb nicht immer zu vermeiden

Berlin, September 2014 – In Deutschland hat sich seit 1997 die Zahl der zu früh geborenen Säuglinge von sieben auf neun Prozent erhöht. Damit gibt es auch immer mehr Kinder, die mit einem Wasserkopf zur Welt kommen oder gefährdet sind, einen Wasserkopf zu entwickeln. Denn je niedriger das Geburtsgewicht, desto häufiger tritt diese Komplikation auf. Die Betroffenen sind später nicht selten geistig und körperlich behindert. Insbesondere da die “Frühchen“-Rate hierzulande steigt, empfehlen Kinderchirurgen dringend, diesen Patienten direkt nach der Geburt die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen. Über die verschiedenen Therapiekonzepte informieren wir Sie auf der Pressekonferenz der 52. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) in Leipzig.

Jährlich kommen in Deutschland mehr als 60 000 Kinder zu früh auf die Welt – davon 8 000 vor der 30. Schwangerschaftswoche. Dank medizinischer Fortschritte überleben heute Säuglinge, die vor einigen Jahren keine Chance gehabt hätten. „Doch aufgrund der extremen Unreife des kindlichen Gehirns und bestimmter Stressfaktoren nach der Geburt lassen sich Blutungen des Gehirns mitunter nicht verhindern“, erläutert Professor Dr. med. Ralf-Bodo Tröbs, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie am Marienhospital Herne. In der Folge fließt Gehirnwasser nicht gleichmäßig ab, sammelt sich an und es bildet sich ein sogenannter Hydrocephalus – ein Wasserkopf. Die Flüssigkeit drückt auf das Gehirn und kann es dauerhaft schädigen. Äußerlich fällt zunächst auf, dass sich die Schädelnähte vorwölben, später in den Vorsorgeuntersuchungen der vergrößerte Kopfumfang. „Wird der Wasserkopf nicht behandelt, wächst der Kopf im Übermaß weiter“, so der Kinderchirurg.

Besonders gefährdet, einen Wasserkopf zu bekommen, sind Kinder mit einem Geburtsgewicht von weniger als 1500 Gramm. „Hier liegt die Häufigkeit für Blutungen bei fast einem Drittel, bei niedrigerem Geburtsgewicht steigt das Risiko“, sagt Tröbs. Nach der Geburt eines Frühchens gilt es also umgehend zu prüfen, ob eine Hirnblutung vorliegt, meint Tröbs. „Eine gut abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Neonatologen, Kinder- und Neurochirurgen erlaubt die bestmögliche Behandlung.“

Bei bis zu einem Drittel extrem kleiner Frühgeborener mit Hirnblutung kann eine Operation erforderlich werden. „In der Regel behandeln wir den Wasserkopf, indem wir einen sogenannten Liquorshunt einsetzen – ein Ableitungssystem für die Hirnflüssigkeit“, erklärt Professor Dr. med. Guido Fitze, Tagungspräsident der 52. Herbsttagung und DGKCH-Vorstandsmitglied. Dabei schiebt der Chirurg über ein kleines Loch im Schädel einen dünnen Silikonschlauch in die Hirnkammer. Das andere Ende des Schlauchs verlegt er unter die Haut und platziert es in der Bauchhöhle, so dass überschüssiges Hirnwasser nach dorthin abfließt. „Der Liquorshunt erlaubt den Kindern oft eine weitgehend normale Entwicklung“, sagt Tröbs. Bereits eingetretene Schäden könne er jedoch nur teilweise korrigieren. Hier setzen neue Verfahren an, bei denen der Chirurg ein sehr feines Endoskop in den Schädel einführt und mit Blut verstopfte Kanäle sucht. Mit dem Schlauch spült er Blutreste aus den Hirnkammern, um dafür zu sorgen, dass das Gehirnwasser wieder abfließen kann. „Ob solche Methoden die Behandlung des Wasserkopfes bei Frühgeborenen verbessern, bleibt jedoch abzuwarten“, meint Tröbs. Auf der 52. Herbsttagung der DGKCH in Leipzig diskutieren Experten diese und weitere Verfahren zur Behandlung des Wasserkopfes bei Neugeborenen.

„Tag des Kinderkrankenhauses" am 21. September Kinder in Deutschland nicht flächendeckend kinderchirurgisch versorgt Kinderchirurgen fordern bessere Versorgung

Berlin, September 2014 – Die Zahl kinderchirurgischer Stationen ist hierzulande seit 1994 von 101 auf 81 im Jahr 2012 gesunken. Damit könne von einer flächendeckenden kinderchirurgischen Versorgung keine Rede sein, mahnt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) zum Tag des Kinderkrankenhauses am 21. September. Denn nur in Kinderkliniken sei die bestmögliche Versorgung junger Patienten – auch entsprechend der von der WHO unterstützten Charta für Kinder im Krankenhaus – gewährleistet. Die DGKCH fordert, dass Kinder grundsätzlich in Kinderkliniken mit kinderchirurgischen Abteilungen oder in Zusammenarbeit mit einer kinderchirurgischen Abteilung behandelt werden.

Knochenbrüche, Leistenhernien, Hodenhochstand oder Blinddarmentzündung: Jedes Jahr operieren Kinderchirurgen mehr als 120 000 Kinder. Doch immer noch viel zu viele der erforderlichen Operationen an Heranwachsenden werden durch Erwachsenenchirurgen durchgeführt. Denn ein Großteil der Kliniken betreibt gar keine Abteilung für Kinderchirurgie, sagt Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der DGKCH. „Aber auch wenn eine qualifizierte Kinderchirurgie in der Nähe verfügbar ist, kommt es vor, dass ein 6-jähriger in der benachbarten Erwachsenenklinik nach Erwachsenenkriterien operiert wird - und damit nicht die bestmögliche kindgerechte Behandlung erhält", sagt Dr. med. Tobias Schuster aus Augsburg, der Pressesprecher der DGKCH ist. „Denn Kinderchirurgie ist mehr als Chirurgie am Kind", gibt er zu Bedenken. Nicht immer lasse sich das Vorgehen aus der Erwachsenenchirurgie 1:1 auf die Behandlung beim Kind übertragen. „Zudem unterscheiden sich die Patienten je jünger sie sind desto mehr von Erwachsenen auch in den Krankheitsbildern, etwa bei komplexe Fehlbildungen des Urogenitaltrakts", erläutert Tillig. Und selbst bei gleicher Diagnose verlaufen Erkrankungen oft unterschiedlich: „Bei vielen kindlichen Knochenbrüchen genügt ein Gips oder eine Schiene anstelle einer Operation wie in der Erwachsenenchirurgie, denn der wachsende Körper ist bis zu einem gewissen Grad in der Lage, Schäden zu korrigieren". Eine optimale Behandlung von Kindern und Jugendlichen setze deshalb spezielle Kenntnisse und Erfahrungen über Wachstumsvorgänge und anatomische Strukturen des kindlichen Organismus voraus.

Zudem hätten Kinder – selbst bei vergleichbarem Krankheitsverlauf – andere Bedürfnisse bei der Versorgung im Krankenhaus als Erwachsene, ergänzt Schuster: „Sie brauchen ein auf sie zugeschnittenes Umfeld mit spezialisiertem Pflegepersonal, kindgerechten Verfahren wie Kinderanästhesie oder Kinderintensivmedizin und einer auf kontinuierliche Betreuung und Nachsorge eingestellten Station. Zudem müssen die Eltern in die Behandlung integriert werden".

Doch die Realität sieht anders aus: Obwohl die Zahl der stationären Fälle seit 1994 fast gleich geblieben ist, sank die Zahl der verfügbaren kinderchirurgischen Betten von etwa 3200 auf rund 1800. Das liegt zum einen an der mittlerweile kindgerecht verringerten Verweildauer im Krankenhaus und an den vermehrt ambulant durchgeführten Eingriffen. Ein wichtiger Grund für den Bettenabbau ist aber auch, dass Krankenkassen die im Vergleich zur Erwachsenenmedizin oft aufwändigeren Leistungen nicht ausreichend bezahlen würden, erläutert Schuster. Auch die sogenannten Vorhaltekosten, also die Besetzung rund um die Uhr mit Personal, seien nicht abgedeckt. Die Folge: Die Häuser machten Verluste, Schließungen seien die Konsequenz.
„Unserer Gesellschaft sollte es wert sein, kranke Kinder bestmöglich behandeln zu lassen", sagt Tillig. Dazu gehöre eine flächendeckende Versorgung aus hochspezialisierten Zentren und wohnortnahen Versorgungsstrukturen mit definierter Struktur und Qualität. Voraussetzung dafür sei jedoch die bessere Vergütung der medizinischen Leistungen. Sinnvoll findet die DGKCH auch eine Beteiligung bei der Landesplanung, so der Pressesprecher. Hier sei Hamburg, bei der soeben erfolgten Neufassung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes, vorbildlich vorgegangen. So wurde bestimmt, dass Kinder grundsätzlich in Kinderkliniken oder -abteilungen behandelt werden müssen.
Mehr über den Tag des Kinderkrankenhauses am 21. September 2014 finden Interessierte unter www.gkind.de.

Quellen:
Wie sichern wir die stationäre und ambulante pädiatrische Versorgung? Auswirkungen des DRG-Systems auf die pädiatrischen Krankenhäuser und Korrekturmöglichkeiten. Vortrag von Dr. med. Nicola Lutterbüse, GKinD, auf der Jahrestagung der DGKJ, Leipzig, 12.09.2014.

Die Charta für Kinder im Krankenhaus. Erläuterte Fassung. In: Der Kinderarzt 21, 1990, Nr. 12, ISSN 0340-5877, S. 1807–1810.

Negativ-Berichte über Anästhesien bei Säuglingen und Kleinkindern verunsichern Eltern Kinderchirurgen raten zu begründeten Operationen

Berlin, – Operationen unter Vollnarkose sind bei Säuglingen und Kleinkindern mitunter unvermeidlich. Das umfasst einerseits Notfälle wie eine Blinddarm-OP. Aber auch bei Fehlentwicklungen wie etwa angeborenen Doppelnieren erspart eine Operation dem Kind weitere Beschwerden, beispielsweise durch wiederholte Entzündungen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) bedauert deshalb Medienberichte, wonach eine Allgemeinanästhesie bei Säuglingen und Kleinkindern zu einer lebenslangen Beeinträchtigung des Gedächtnisses führen könne. Solche wissenschaftlich derzeit nicht haltbaren Aussagen verunsicherten Eltern betroffener Kinder und schadeten den kleinen Patienten, kritisiert die DGKCH. Stattdessen sollten Ärzte Eltern beraten und vermitteln, dass notwendige Operationen rechtzeitig stattfinden.

Die Berichte beruhen auf einer kürzlich im Fachblatt „Neuropsychopharmacology" veröffentlichten Studie von US-Forschern um Greg Stratmann. Sie verglichen die Gedächtnisleistung von 28 Kindern im Alter zwischen sechs und elf Jahren, die sich aufgrund einer Operation im ersten Lebensjahr einer Allgemeinanästhesie – umgangssprachlich Vollnarkose genannt – unterzogen hatten. Ihre Gedächtnisleistung war um etwa 25 Prozent verringert gegenüber Gleichaltrigen ohne Anästhesieerfahrung. Die Untersuchung schließt an frühere experimentelle Studien mit Tieren an. Danach können Anästhetika und Sedativa die Entwicklung des noch unreifen Gehirns negativ beeinflussen. Inwieweit sich dies auf Menschen übertragen lässt, ist umstritten.Gegenwärtig vorliegende wissenschaftliche Erkenntnisse als Argument gegen eine begründete Operation, etwa in den ersten beiden Lebensjahren, zu verwenden, sei verantwortungslos, meint Dr. med. Tobias Schuster, Sprecher DGKCH. „Es besteht Konsens, dass wir Kinder nur operieren, wenn es medizinisch geboten ist", so der der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg. Das bevorzugte OP-Alter richte sich nach dem Krankheitsbild, wichtige Erkenntnisse, etwa über den OP-Zeitpunkt bei Harnröhrenverkürzung, dürften jetzt nicht einfach über Bord geschmissen werden, so Schuster.

Eine noch unveröffentlichte prospektive Studie von Medizinern um Antje Allendorf, Oberärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt/Main stützt diese Einschätzung: Sie untersuchten in Kooperation mit der Kinderchirurgie unter Leitung von Professor Udo Rolle 40 Patienten mit angeborenen Fehlbildungen im Magen-Darm-Bereich, die als Neugeborene operiert und anästhesiert worden waren und 40 Kinder einer Kontrollgruppe, die nicht operiert wurden. Im Alter von zwei Jahren wiesen die kleinen Patienten keinen allgemeinen Rückstand in der motorischen und kognitiven Entwicklung auf.

Schuster rät Eltern davon ab, aus Bedenken oder Angst vor möglichen Folgen der Anästhesie medizinisch notwendige Operationen bei ihren Kindern zu verschieben. Denn Eingriffe unter Vollnarkose werden auch bei kleinen Kindern keineswegs nur in Notfällen durchgeführt. Auch um Entwicklungsstörungen eines Organs, einer Organfunktion oder etwa drohende Infektionen zu verhindern, ist eine rechtzeitige Operation entscheidend. Als Beispiel nennt der Facharzt eine OP bei Harnleiterabgangsenge zur Rettung der Nieren oder bei Hodenhochstand zur Erhaltung der Fruchtbarkeit. „Eine solche Operation hinauszuzögern ist nicht gerechtfertigt."

Mehrere Forschergruppen widmen sicher derzeit dem Thema, insbesondere in den USA. Hier flossen im Jahr 2012 bereits 24 Millionen Dollar in entsprechende Studien. Als begrenzt bewertet die Aussagekraft der Rückschau von Stratmann und Co. jedoch auch Dr. med. Karin Becke, Chefärztin der Abteilung für Anästhesie an der Cnopf´schen Kinderklinik in Nürnberg. Die Sprecherin des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kinderanästhesie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) verweist unter anderem auf die geringe Zahl der Probanden, wechselnde Anästhesieverfahren sowie Grunderkrankungen, die bereits mit kognitiven Funktionseinschränkungen einhergehen können.

Erfahrene Kinderanästhesisten und der Einsatz von Anästhesietechniken, bei denen Regional- und Lokalverfahren sowie Analgetika und Anästhetika kombiniert werden, verringern ein potentielles Risiko, wie Schuster und Becke betonen: „Es gibt bislang keine Evidenz, dass die Medikamente per se für Neugeborene, Säuglinge oder Kleinkinder mit einem erhöhten Risiko späterer neurokognitiver Defizite einhergehen", betont Schuster.

Quellen:

Stratmann, G. et al.: Effect of General Anesthesia in Infancy on Long-Term Recognition Memory in Humans and Rats, Neuropsychopharmacology (Online-Veröffentlichung Juli 2014), doi: 10.1038/npp.2014.134

Neurotoxizität durch Anästhetika? Stellungnahme der Dtsch. Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) vom 1. Juli 2014

Becke, K. et al.: Anästhetika-induzierte Neurotoxität, Anästh Intensivmed 2012;53:706-710

Allendorf, A. et al.: Follow-up of children with gastrointestinal malformations and postnatal surgery, vorgestellt auf der 40. Jahrestagung der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin (26. bis 28. Juni 2014) in Bonn.

Jungen mit Hodenhochstand schon im ersten Lebensjahr behandeln – Unfruchtbarkeit und Hodenkrebs vorbeugen

Berlin, Juni 2014 – Jungen mit Hodenhochstand sollten schon bis zum Ende des ersten Lebensjahres behandelt werden. Zu dieser Empfehlung kommt die neue Leitlinie Hodenhochstand, die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) entstanden ist. Die Fachgesellschaft spricht sich hierin ausdrücklich gegen die bisher häufig angewandte Praxis aus, mit der Behandlung länger abzuwarten. Dies könne eine verminderte Fruchtbarkeit bis hin zu Sterilität zur Folge haben, warnen die Experten. Zudem sinke durch eine frühzeitige Therapie das Risiko, später an Hodenkrebs zu erkranken.

Beim Hodenhochstand befindet sich der Hoden bei der Geburt nicht im Hodensack, sondern noch im Bauch oder den Leisten. Er ist die häufigste Anomalie des männlichen Urogenitaltrakts: Bis zu drei Prozent der „reif" geborenen Jungen kommen mit dieser Abweichung zur Welt, bei männlichen Frühgeborenen sind es sogar bis zu 30 Prozent.

Da der Hodenhochstand keine Beschwerden verursacht und die Keimdrüse bei etwa sieben Prozent der betroffenen Babys in den ersten sechs Lebensmonaten von allein an den richtigen Platz wandert, sind sich Ärzte darüber einig, dass diese Zeit erst einmal abzuwarten ist. „Aber anders als früher, wo man eine Operation oft erst nach Jahren durchgeführt hat, ist man heute der Auffassung, dass der Hoden bis zum ersten Geburtstag in den Hodensack verlagert werden sollte", sagt Privatdozentin Dr. Barbara Ludwikowski, Chefärztin der Klinik für Kinderchirurgie auf der Bult, Hannover. Denn Untersuchungen zeigen, dass sich die Zahl der Samenvorläuferzellen beim Hodenhochstand ab dem Ende des ersten Lebensjahrs laufend verringert. Da diese spermienbildenden Zellen unwiederbringlich verloren gehen, ist die Fruchtbarkeit danach immer schwerer zu erhalten. Zudem wächst der Hoden besser, wenn er frühzeitig in der richtigen Position ist: „Ein unperfektes oder unvollständiges Genital kann große Scham und seelische Beeinträchtigungen auslösen", so die Kinderchirurgin, die die Erstellung der Leitlinie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Urologie und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin koordiniert hat.

Und noch ein weiterer Grund spricht aus Sicht der Wissenschaftlerin für eine frühe Behandlung: Männer, die im Kindesalter an einem Hodenhochstand oder „Maldeszenus testis" gelitten haben, sind einem bis um das 10-fache erhöhten Risiko ausgesetzt, später an Hodenkrebs zu erkranken. „Diese Gefahr ist durch die Operation zwar nicht gebannt", erläutert die Kinderchirurgin. „Sie ist jedoch umso niedriger, je früher der Hoden im Hodensack zu liegen kommt." Hodenkrebs ist mit rund 4000 Neuerkrankungen pro Jahr hierzulande die häufigste Krebsart bei Männern zwischen 20 und 45 Jahren.

Der Hochstand wird in der Regel „offen" operiert. Bei Verdacht auf den sogenannten Bauchhoden kommt jedoch immer die Schlüssellochtechnik zum Einsatz. Die Erfolgsraten der Operationen liegen bei 74 bis 96 Prozent. Vor der OP-Planung besteht zudem die Möglichkeit, die Kinder durch eine Hormontherapie zu behandeln. „Die Gabe von Hormonen ist jedoch umstritten, da die langfristigen Folgen einer Einwirkung auf den kindlichen Hormonhaushalt noch nicht abschließend geklärt sind", gibt Dr. Ludwikowski zu bedenken. Zudem sei die Erfolgsquote mit rund 20 Prozent niedrig, die Rückfallquote aber hoch. „In vielen skandinavischen Ländern wird die Hormontherapie ausdrücklich nicht empfohlen", ergänzt Chefarzt Dr. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH.

„Unser Ziel ist, die Behandlung bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats abzuschließen, dann erhalten wir die besten Ergebnisse", fasst DGKCH-Präsident Professor Bernd Tillig zusammen. „Voraussetzung ist jedoch, dass Eltern ihre kleinen Jungen bei Verdacht auf Hodenhochstand frühzeitig einem Kinderchirurgen zur Abklärung vorstellen. Dann können wir auch das optimale Zeitfenster zur Therapie nutzen." Hier müsse noch Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Weitere Informationen:
S2k-Leitlinie: Hodenhochstand – Maldescensus testis aktueller Stand: Juli 2013

Abrufbar unter: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/006-022l_SS2k_Hodenhochstand_Maldescensus_testis_2013-04.pdf

Kindersicherheitstag am 10. Juni Kinderchirurgen warnen vor Sturz vom Wickeltisch

Berlin, Juni 2014 – Über 80 Prozent aller Verletzungen von Kindern unter zwei Jahren finden im häuslichen Umfeld statt. Stürze vom Wickeltisch stehen dabei an erster Stelle der Unfallursachen, wie eine Auswertung des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2013 zeigt. Stürze aus dieser Höhe können bei Säuglingen und Kleinkindern zu schweren Verletzungen, insbesondere zu schweren Kopfverletzungen, führen. Diese Unfälle sind jedoch vermeidbar. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) nimmt deshalb den Kindersicherheitstag am 10. Juni 2014 zum Anlass, auf die Gefahren hinzuweisen und junge Eltern aufzuklären, wie sie ihren Nachwuchs schützen können.

Es passiert oft ganz schnell: Ein unbedachter Moment und schon hat sich das Baby zur Seite gerollt und ist vom Wickeltisch gestürzt. Lebensbedrohliche Schädel-Hirn-Traumen (SHT) können die Folge sein: „Weil der Kopf kleiner Kinder relativ groß und schwer ist im Vergleich zu den anderen Körperteilen, trifft er meist als Erstes auf", sagt DGKCH- Pressesprecher Dr. med. Tobias Schuster, Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg. Was die Stürze außerdem so gefährlich macht: In diesem Alter sind zum einen die Schutzreflexe noch schwach ausgebildet, zum anderen lässt sich die noch nicht stabil verknöcherte, dünne Schädeldecke leicht eindrücken. Außerdem reißen die noch zarten Blutgefäße im Bereich der Hirnhäute bei heftigen Stößen leicht ein und können dadurch bedrohliche Blutungen im Kopf verursachen.

Zwar stufen Ärzte mehr als 90 Prozent der Schädel-Hirn-Traumen mit der Diagnose „Gehirnerschütterung" bei Kindern als leicht ein. Doch nicht immer lässt sich die Schwere der Verletzung sofort beurteilen. „Deshalb ist in jedem Fall eine sorgfältige Beobachtung über 24 bis 48 Stunden nach dem Vorfall angezeigt. Erscheint der Sturz harmlos und geht es dem Kind gut, genügt zunächst die Überwachung zu Hause durch die Eltern. War der Unfall eher schwer, zeigen sich eindeutige Verletzungen oder erscheint das Kind in seinem Verhalten verändert, sollte es unmittelbar ins Krankenhaus aufgenommen werden", so der Kinderchirurg. Denn eine Blutung im Schädelinneren könne sich noch Stunden bis Tage nach dem Unfall bemerkbar machen. Zu den Symptomen gehören Erbrechen, Krampfanfälle, ein verändertes Wesen, Lust- und Appetitlosigkeit, Schläfrigkeit oder Kopfschmerzen. „Die beiden Pupillen sollten bei gesunden Kindern normalerweise gleich groß sein und kleiner werden, wenn Licht darauf scheint. Ist dies nicht der Fall, ist das ein Alarmzeichen", sagt Schuster.

Sind Eltern im Zweifel, sollten sie ihr Kind umgehend einem Kinderchirurgen oder Kinderarzt vorstellen. Auch wenn es gilt, in diesen Fällen keine Zeit zu verlieren, sollte immer darauf geachtet werden, unnötige, das Kind zusätzlich belastende Untersuchungen und Maßnahmen zu vermeiden. „Zur Ersteinschätzung kommt heute bevorzugt eine Ultraschalluntersuchung zum Einsatz", sagt Schuster. Ein qualifizierter Kinderradiologe kann damit meist die Frage nach einem Schädelbruch schonend – und ohne die Strahlenbelastung durch das Röntgen oder die Computertomografie – abklären. Besonders bei Säuglingen sei auch der Ausschluss einer Hirnblutung per Ultraschall möglich.

Doch Vorbeugen sei hier die beste Therapie: „Kinder entwickeln sich sprunghaft und können sich von einem Tag auf den anderen plötzlich drehen, das ist Eltern oft nicht bewusst"; so Schuster. Eltern sollten immer eine Hand am Kind haben, wenn es auf dem Wickeltisch liegt. Damit der Nachwuchs nicht herunterfallen kann, sind zudem hohe Seitenwände am Wickeltisch vorteilhaft. Und auf der sicheren Seite ist, wer unruhige, eingecremte oder nasse Kinder gleich auf dem Bett oder dem Boden wickelt.

Quelle:
Unfälle, Gewalt, Selbstverletzung bei Kindern und Jugendlichen - 2013
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Gesundheit/Gesundheitszustand/UnfaelleGewaltKinder.html

Chirurgen empfehlen spezielle Kissen für Neugeborene Schlafen in Rückenlage verformt häufig das Babyköpfchen

Berlin, 19. März 2014 – Eltern lernen in Babykursen, dass Neugeborene als Schutz vor dem plötzlichen Kindstod nachts auf dem Rücken schlafen sollen. Allerdings verformt diese Schlafposition häufig den Hinterkopf des Neugeborenen. Kommt es zu schweren Deformitäten, kann aus dem zunächst rein kosmetischen Problem sogar eine schmerzhafte Belastung der Halswirbelsäule oder des Kiefers werden. Chirurgen raten deshalb, das Köpfchen auf ein Lagerungskissen zu legen, das die hintere Partie frei in der Luft schweben lässt. „Mit dieser einfachen Maßnahme lässt sich eine Kopfverformung vermeiden", erklärte Professor Dr. med. Joachim Jähne, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), auf der Vorab-Pressekonferenz zum 131. Chirurgenkongress in Berlin. Bemerken Eltern eine Verformung, sollten sie früh einen Spezialisten aufsuchen.

 

Schläft das Neugeborene jede Nacht auf dem Rücken, kann der noch leicht verformbare Hinterkopf durch den Druck gegen die Unterlage abflachen. Genaue Zahlen, wie viele Kleinkinder von einer solchen Deformität betroffen sind, liegen nicht vor. „Ich sehe aber jede Woche drei bis vier neue Fälle in meiner Sprechstunde", berichtet Professor Dr. med. Guido Fitze, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Dresden und Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). „Das ist ein häufiges Problem." Jedes 200. Kind könnte betroffen sein, schätzt der Tagungspräsident.

Um dies zu verhindern, sollten Eltern den Kopf des Neugeborenen über Nacht auf einem Lagerungskissen betten. Dabei handelt es sich um eine Art „Lochkissen", bei dem der Hinterkopf frei in der Luft schwebt. Kostenpunkt: zwischen 30 und 50 Euro. „Hilfreich ist es auch, wenn die Eltern das Kind aus verschiedenen Richtungen ansprechen, um eine bevorzugte Seitenhaltung des Kopfes zu vermeiden", so Fitze. Tagsüber liegt der Nachwuchs am besten auf der Seite oder dem Bauch.

„Kommt es zu einer Abflachung des Hinterkopfes, sollte frühzeitig mit einer Therapie begonnen werden", betont Fitze. Leichte Deformitäten lassen sich im ersten Lebensjahr gut durch manuelle Therapien wie Osteopathie, Physiotherapie und Chiropraktik korrigieren, die mit einer Art Reflexzonentraining bestimmte Bewegungsabläufe stimulieren und Halswirbelblockaden auflösen. „Die Behandlungen erstrecken sich über mehrere Monate", so Professor Fitze.

Liegt eine stärkere Deformität vor, hilft die Helmtherapie. Dabei handelt es sich um eine Kopforthese, die dauerhaft getragen wird und das Wachstum des Schädels gezielt in die gewünschte Richtung lenkt. Da der Schädel im ersten Jahr besonders schnell wächst – er nimmt zwölf bis dreizehn Zentimeter an Umfang zu –, sollte mit der Helmtherapie um den sechsten Lebensmonat begonnen werden. „In dieser Wachstumszeit kann der Helm die Verformung am besten korrigieren", erklärt Fitze. Die Behandlung dauert in der Regel drei bis sechs Monate. „Trägt das Kind die Orthese konsequent an 23 von 24 Stunden am Tag, sind die Ergebnisse sehr gut", berichtet der Kinderchirurg. Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Helm, einige zahlen anteilsmäßig. Eine Orthesen-Behandlung kostet insgesamt rund 1700 Euro.

Bis ins Vorschulalter besteht die Möglichkeit, dass sich Verformungen wieder auswachsen. „Schwere Verformungen, die auch die Gesichtspartie betreffen, sind nicht nur ein kosmetisches Problem", betont Professor Fitze. Es wird angenommen, dass sie auch zu einer frühzeitigen Abnutzung der Halswirbelsäule oder einer Fehlbelastung der Kiefergelenke führen können, die häufig schmerzhaft ist.

Weitere Infos zum Kongressprogramm unter www.chirurgie2014.de.

Pressekonferenz anlässlich des 131. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Mittwoch, 27. März 2014, 12:30 bis 13:30 Uhr, Berlin

Kinderchirurgisches Thema und Referent

Ambulante Kinderchirurgie – Dilemma oder Lösung der ökonomischen Probleme?
Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH);
Chefarzt und Direktor der Klinik für Kinder- und Neugeborenenchirurgie und Kinderurologie, Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin

Inhalt

Redemanuskripte

  • Professor Dr. med. Guido Fitze
  • Professor Dr. med. Bernd Tillig

Angeborene und erworbene Schädeldeformitäten im Säuglingsalter
Professor Dr. med. Guido Fitze, Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH); Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden

Abweichungen der Schädelform von der Norm sind im Säuglingsalter kein seltenes Phänomen. Um diese jedoch hinsichtlich ihrer Ursächlichkeit und insbesondere in Bezug auf ihre Behandlung richtig einordnen zu können, ist eine prinzipielle Unterscheidung in angeborene und erworbene Schädel¬deformitäten notwendig.

Die angeborenen Schädeldeformitäten sind mit einer Häufigkeit von ein bis zwei Kindern auf 2 000 Neugeborene verhältnismäßig selten. Sie können in Familien gehäuft vorkommen oder auch Bestandteil eines komplexeren Krankheitsgeschehens sein und somit ihre Ursache in einer genetischen Determination haben. Die Schädelknochen wachsen auf der Grundlage einer bindegewebigen Verknöcherung. Die Knochen des Schädeldaches sind untereinander bindegewebig verbunden. An diesen Verbindungsstellen wird Knochen angelagert (sogenannter Belegknochen), wodurch der Schädelknochen an Größe zunimmt. Angeborene Schädeldeformitäten entstehen nun auf der Grundlage, dass diese bindegewebigen Verbindungsstellen der jeweiligen Schädelknochen bereits bei Geburt verknöchert sind. Somit wird an diesen angeborenen verknöcherten Schädelnähten kein Knochenwachstum mehr stattfinden können, sodass der Kopf als Ausgleichsreaktion in bestimmte andere Richtungen sein Wachstum ausdehnt. Auf dieser Grundlage entstehen in Abhängigkeit der verknöcherten Schädelnaht ganz spezifische Deformitäten des Gehirnschädels. So sehen wir zum Beispiel bei einer verknöcherten Pfeilnaht eine Schädelform, die sehr lang und schmal erscheint, den sogenannten Kahnschädel oder Scaphocephalus. Oder bei Verknöcherung der Frontalnaht entsteht ein Dreiecksschädel, der sogenannte Trigonocephalus. Abgesehen davon, dass durch die teilweise sehr prägnant veränderten Schädelformen die Kinder später an einem kosmetisch bedingten psychologischen Leidensdruck kranken, ist davon auszugehen, dass aufgrund der teils eingeschränkten Wachstumstendenz des Kopfes eine latente Hirndrucksymptomatik anzunehmen ist. Außerdem wissen wir, dass die Sehfunktion geschädigt werden kann und dass Kinder mit einer angeborenen Schädeldeformität ebenfalls eine höhere Häufigkeit an Krampfleiden entwickeln. Daraus leitet sich ab, dass die allermeisten Säuglinge mit einer angeborenen Schädeldeformität aktiv behandelt werden, was eine chirurgische Korrektur der Deformität beinhaltet. Diese operative Korrektur der Schädelform ist in den meisten Fällen ein chirurgisch-komplexer Eingriff, der für den jeweilig betroffenen Patienten individuell zu planen und durchzuführen ist.

Von diesen angeborenen Schädeldeformitäten sind die erworbenen abzugrenzen. Typisch für die erworbenen Schädeldeformitäten ist, dass die Kinder bei Geburt eine vollkommen regelrechte Konfiguration des Köpfchens zeigten. Spezielle Deformitäten haben sich dann innerhalb der ersten Lebenswochen ausgeprägt. Typisch ist im Weiteren, dass die Fontanellen normal tastbar sind, die große Fontanelle noch regelrecht offen erscheint und ebenso die Verläufe der Schädelnähte bei Abtasten völlig unauffällig sind. Das Phänomen der erworbenen Schädeldeformität steht im direkten Zusammenhang mit der seit Anfang der 90er-Jahre propagierten Prophylaxe für den plötzlichen Kindstod, wobei unter anderem eine strenge Rückenlage gefordert worden ist. Diese Prinzipien sind im Weiteren aufgrund der zunehmend aufgetretenen Schädeldeformitäten in der Hinsicht modifiziert worden, dass Kinder im wachen Zustand auch in Bauchlage oder Seitenlage liegen dürfen. Nur in den Nachtstunden beziehungsweise wenn die Kinder nicht unter direkter Beobachtung stehen, wird auch weiterhin die Rückenlage gefordert. Aufgrund dieser Situation führt die strenge Lagerung des Kopfes auf dem Hinterhaupt zu einer symmetrischen Abflachung des Hinterhauptes mit dem Resultat des erworbenen Kurzschädels, des sogenannten Brachycephalus. Wird bei der Lagerung überwiegend eine Seite des Kopfes bevorzugt, so entsteht der erworbene Plagiocephalus, was eine einseitige Abflachung des Hinterhauptes mit konsekutiver Neigung der Gesichtsebene zur Gegenseite beinhaltet. Die Entstehung derartiger erworbener Schädeldeformitäten ist somit an das normale Schädelwachstum gebunden, dass durch die Lagerung nur in eine bestimmte Richtung verschoben wird. Aus dieser Kausalität lassen sich auch direkt die Behandlungsprinzipien dieser erworbenen Deformitäten ableiten. Das Wachstum des Köpfchens ist somit durch vielfältige Maßnahmen zum Ausgleich der erworbenen Deformität zu stimulieren. Eine der wesentlichen Grundlagen ist eine physiotherapeutische Behandlung des Kindes, die die körperliche Aktivität des Säuglings stimuliert und somit die permanente Fehllage kompensieren soll. Diese physiotherapeutische Behandlung ist durch osteopathische beziehungsweise chiropraktische Maßnahmen zu ergänzen, die wieder eine freie Beweglichkeit der Halswirbelsäule herstellen sollen. Es besteht Einigkeit darüber, dass gering ausgeprägte erworbene Schädeldeformitäten sich durch diese Maßnahmen und durch den spontanen Wachstumsverlauf innerhalb des ersten und zweiten Lebensjahres korrigieren lassen. Schwer ausgeprägte Deformitäten sind jedoch durch das spontane Schädelwachstum in den meisten Fällen nicht vollständig zu kompensieren. Für diese Kinder ist die Behandlung mit einer dynamischen Kopforthese in Erwägung zu ziehen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird versucht, in Studien zu definieren, ab welchem Grad der Deformität eine derartige Behandlung angestrebt werden muss und welche messtechnischen Parameter Ausdruck für den Schweregrad der Deformität adäquat darstellen. Mit der Behandlung wird durch die Kopforthese das Wachstum des Schädels ganz gezielt in eine bestimmte Richtung gedrängt. Somit ist auch diese Behandlung an das Wachstum des Köpfchens gebunden und sollte somit möglichst zeitig begonnen werden, idealerweise um den sechsten Lebensmonat. Die Behandlungsdauer wird dann drei bis sechs Monate in den meisten Fällen andauern und zeigt bei entsprechender Konsequenz – und dies bedeutet, dass die Kopforthese 23 von 24 Stunden am Tag getragen werden muss – entsprechend sehr gute Ergebnisse. Es wird immer wieder erwähnt, dass die Behandlung von erworbenen Schädeldeformitäten eben nicht nur ein kosmetisches Problem darstellt, sondern durch das Fehlwachstum wesentlich komplexere Deformitäten entstehen, die zum Beispiel zu einer Fehlbelastung der Kiefergelenke, aber auch der Halswirbelsäule führen und somit zu einer vorzeitigen Abnutzung der entsprechenden knöchernen Strukturen. Ebenso wird eine Fehlbelastung der Muskulatur mit entsprechenden Schmerzsymptomen postuliert, sodass auch den erworbenen Schädeldeformitäten durchaus ein Krankheitswert zukommt.

(Es gilt das gesprochene Wort!)
Berlin, März 2014

 


 

Ambulante Kinderchirurgie – Dilemma oder Lösung der ökonomischen Probleme?
Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH); Chefarzt und Direktor der Klinik für Kinder- und Neugeborenenchirurgie und Kinderurologie, Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin

Mit Recht fordern Eltern die bestmögliche und vor allem eine altersspezifische medizinische Versorgung für ihre Kinder. Und das nicht nur in Großstädten und Zentren, sondern wohnortnah, auch in ländlichen Regionen.

Kinderchirurgische Kliniken sind aber ähnlich wie Kinderkliniken heute finanziell und strukturell nicht mehr so ausgestattet, dass eine flächendeckende und nachhaltige Versorgung der jungen Patienten für die Zukunft gesichert werden kann. Das liegt vor allem an der Vergütung stationärer Leistungen über das DRG-System. Diese Finanzierung über Fallpauschalen berücksichtigt weder die strukturellen Besonderheiten der stationären Kinderchirurgie und Kindermedizin und die daraus resultierenden deutlich erhöhten Vorhaltekosten, noch fließen erhöhtes Risiko und steigende Qualität durch Spezialisierung in die Berechnung ein. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist die Erlössteigerung durch Erhöhung der Patientenzahl zudem faktisch ausgeschlossen.

Mögliche Lösungsansätze liegen zum einen darin, immer mehr ausgewählte kinderchirurgische Operationen bei gleicher Sicherheit und Qualität ambulant durchzuführen und zum anderen in der Konzentration von aufwendigen und spezialisierten stationären kinderchirurgischen Leistungen an immer weniger Zentren.

Ambulante Operationen sind auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen im Sozialgesetzbuch (SGB) V, Paragraf 115b auch unter Nutzung der hoch entwickelten Struktur und Ausstattung der Krankenhäuser möglich. Dadurch könnten Kosten für stationäre Leistungen eingespart und ein hoher Standard an Qualität und Patienten¬sicherheit gewährleistet werden. Zudem entspricht das ambulante Operieren mehr der Psyche der Kinder als ein Krankenhausaufenthalt und bietet zudem deutlich mehr Komfort für die ganze Familie. Die Kinderchirurgie mit zahlreichen Standardoperationen mit relativ kurzer Operationsdauer, praktisch keinem Blutverlust und geringer Komplikationsrate bietet dafür ideale Voraussetzungen. Auch moderne Operationsverfahren, wie einige minimalinvasive Operationen, und endoskopische Diagnostik sind heute durchaus bei Kindern ambulant durchführbar.

Allerdings ist die Vergütung ambulanter Operationen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) heute noch erheblich niedriger als die Erlöse aus stationären Operationen, die nach DRG-Fallpauschalen abgerechnet werden. Folglich sind durch die hohen Kosten für die Infrastruktur an den Krankenhäusern ambulante Operationen derzeit für die Kliniken nicht kostendeckend zu realisieren und deshalb wirtschaftlich nicht lukrativ. Deshalb müssen die ambulanten Operationen aus den Kliniken heraus in ambulante Strukturen, in Niederlassungen und Praxen ausgelagert werden.
Auch die Zentralisierung der stationären Kinderchirurgie, die neben dem ökonomischen Aspekt vor allem unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung in der Perspektive erforderlich ist, setzt eine Ausweitung der ambulanten Strukturen der Kinderchirurgie voraus, um eine flächendeckende kinderchirurgische Versorgung sichern zu können.

Diesem Trend folgend hat sich die Zahl der kinderchirurgischen Praxen in den letzten zwei Dekaden mehr als verdoppelt. Zurzeit gibt es deutschlandweit 85 kinderchirurgische Praxen.

Die ambulante Kinderchirurgie ist derzeit jedoch insgesamt unterfinanziert und viele der kinder-chirurgischen Standardoperationen sind in den zumeist Einzelpraxen unter den heutigen Qualitäts¬anforderungen nicht mehr kostendeckend zu erbringen. Einer Ausweitung der ambulanten Operationsindikationen in den Praxen, etwa die Einführung moderner minimalinvasiver oder endoskopischer Operationsmethoden, stehen die hohen Investitionskosten entgegen, die mit den gegenwärtigen niedrigen Erlösen aus dem EBM nicht refinanziert werden können.

Unter diesem Dilemma, hervorgerufen durch die gegenwärtigen ökonomischen Bedingungen, sind strukturell neue Wege notwendig, um bei erforderlicher Zentralisierung der stationären Kinder¬chirurgie eine flächendeckende kinderchirurgische Expertise durch ambulante Versorgungsstrukturen gewährleisten zu können. Beispiele dafür sind Kooperationen zwischen Praxis und Klinik, Praxis¬verbünde und vor allem interdisziplinäre Kooperationen in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Vorteile dieser Strukturmodelle sind Wirtschaftlichkeit durch gemeinsame Nutzung und Auslastung der vorhandenen Ressourcen, gegenseitige Vertretung, Möglichkeiten der Spezialisierung, Erhöhung der Qualität durch interdisziplinäre Zusammenarbeit, Erhöhung der Patientensicherheit und vieles mehr.

Die Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sind gefordert, entsprechende Finanzierungsmodelle zu unterstützen.

(Es gilt das gesprochene Wort!)

2013

Mangelhafte Versorgung von Jugendlichen mit Fehlbildungen Kinderchirurgen fordern strukturierte Übergabe in die Erwachsenenmedizin

Berlin, November 2013 – Kinder mit schweren Fehlbildungen fallen beim Übergang in das Erwachsenenalter häufig aus der medizinischen Versorgung heraus. Dies kann ihren Gesundheitszustand massiv und dauerhaft verschlechtern und damit ihre Chancen auf ein weitgehend selbstbestimmtes Leben vermindern. Wie die „Transition", der Übergang chronisch kranker Jugendlicher von der kinderchirurgischen Versorgung in die Erwachsenenmedizin, gelingen kann, diskutieren Experten auf einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) am 4. Dezember 2013 in Berlin.


Fehlbildungen des Enddarms und des Afters, eine nicht durchgängige Speiseröhre oder ein offener Rücken: Über sieben Prozent aller Kinder, das entspricht etwa 49 000 Neugeborenen, kommen hierzulande jedes Jahr mit schweren Fehlbildungen zur Welt. Dank aufwendiger kinderchirurgischer Operationsverfahren und moderner Intensivmedizin hat sich die Überlebensrate betroffener Kinder in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend verbessert. Dennoch bleiben die Patienten häufig lebenslang behindert und leiden teilweise unter beträchtlichen Störungen wie Urin- und Stuhlinkontinenz, Schluckstörungen oder Krämpfen.


Bis zum Erwachsenenalter tragen fachübergreifende Betreuungskonzepte durch Kinderchirurgen, Kinderärzte, Sozialpädiater sowie Kinder- und Jugendpsychiater dazu bei, dass sich die Betroffenen – trotz aller Einschränkungen – möglichst normal entwickeln und die Schule besuchen können. „Doch die Pubertät ist eine Sollbruchstelle des gut eingespielten und strukturierten kinderchirurgisch-pädiatrischen Betreuungskonzepts", erläutert Professor Dr. med. Bernd Tillig, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). „Gerade in dieser Phase, in der die jungen Menschen, verstärkt durch ihre Behinderung, besonders verletzlich und schwer zugänglich sind, müssen sie den Übergang vom vertrauten Kinderchirurgen zu fremden Spezialisten bewältigen", erklärt der Experte. Dies gelänge oftmals schlecht oder gar nicht.


„Häufig brechen die jungen Patienten ihre Therapie ab, gehen nicht mehr zur Physiotherapie und hören auf, ihre Medikamente zu nehmen", berichtet Tillig. Damit gingen mühsam errungene Therapiefortschritte – auch im Hinblick auf Alltag, Schule und Berufsausbildung – wieder verloren. „Teilweise für immer", betont Professor Tillig. Der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Neugeborenenchirurgie und Kinderurologie am Vivantes Klinikum Berlin verweist unter anderem auf die Bewertung des Sachverständigenrats Gesundheit, nachdem die Betreuung chronisch kranker Jugendlicher in der Übergangsphase in Deutschland „mangelhaft" ist. „Es besteht dringender Handlungsbedarf", so Tillig.


Die DGKCH fordert, Jugendliche beim Übergang in die Erwachsenenmedizin mit flächendeckenden Transitionskonzepten, wie etwa geeigneten wohnortnahen Weiterbetreuungseinrichtungen, zu unterstützen. Im Rahmen einer Pressekonferenz am 4. Dezember 2013 in Berlin formuliert die Fachgesellschaft ihre Forderung an Gesetzgeber und Kostenträger nach Strukturen, die den Übergang in die Erwachsenenmedizin professionell begleiten können.

Presseerklärung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie zum Artikel „Guter Schnitt" in der FAS am 20.10.2013

Am 20.10.2013 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein Artikel, der sich mit der
Beschneidung und der Behandlung der Phimose bei Jungen in Deutschland beschäftigt. In diesem
Artikel wird der Berufsstand der Kinderchirurgen, insbesondere die niedergelassenen ambulant
tätigen Kinderchirurgen durch die Anschuldigung des Abrechnungsbetruges und Unterstellung, aus
ökonomischen Interessen Diagnosen vorzutäuschen, pauschal diffamiert. Als Grundlage dafür sind
lediglich eine äußerst oberflächliche Recherche, Falschdarstellungen medizinischer Sachverhalte und
wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie polarisierende Einzelmeinungen und subjektive Beurteilungen
ausgewählter Personen aufgeführt.


Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) wendet sich entschieden
gegen diese Vorwürfe und protestiert energisch gegen diese Art der Berichterstattung.


Der gegenwärtige Wissensstand zum Thema Phimose ist in der aktuellen Leitlinie der DGKCH
„Phimose und Paraphimose" (AWMF-Register Nr. 006/052) nachlesbar. Unter der Diagnose
„Phimose" ist die „Unmöglichkeit der atraumatischen Retraktion des Präputium über die Glans
infolge einer Fibrose oder Vernarbung der Präputium-Öffnung" zu verstehen. Nicht die angeborene
Vorhautverengung (primäre Phimose) ist die Hauptindikation zur operativen Vorhautentfernung, wie
im Artikel angegeben, sondern meist sind es Fibrosen bzw. Vernarbungen infolge von Verletzungen
oder Entzündungen, die die normale Entwicklung der Vorhaut verhindern und somit entfernt werden
müssen (sekundäre Phimose). Natürlich finden sich solche Veränderungen entgegen den
Ausführungen im vorliegenden Artikel nachweislich auch im Vorschulalter. Laut Leitlinie ist bei
unkompliziertem Verlauf der Beginn einer Therapie im Vorschulalter, bei Beschwerdefreiheit auch
später, zu empfehlen. Die Salbenbehandlung ist nur bei prolongierter bzw. sog. fixierter,
physiologischer Phimose sinnvoll einzusetzen, jedoch können nur ca. 30 % der Knaben dauerhaft
konservativ geheilt werden und nicht wie behauptet 60-70%.
In Übereinstimmung mit der Leitlinie wendet sich auch die DGKCH konsequent gegen eine
prophylaktische Beschneidung ohne medizinische Indikation.


Im Allgemeinen wird die medizinisch indizierte komplette oder partielle Zirkumzision von der nicht
medizinisch indizierten, kulturell oder religiös motivierten Beschneidung unterschieden. Zwischen
diesen bestehen auch Unterschiede im operativen Vorgehen. Richtet sich die OP-Technik bei der
Beschneidung vorwiegend nach religiösen oder traditionellen Vorgaben, so richtet sich das Vorgehen
bei der medizinisch indizierten Zirkumzision nach den Erfordernissen der Erkrankung der Vorhaut. Bei
Vorliegen eines Lichen sclerosus zum Beispiel (ca. 80% der sekundären Phimose), einer chronischen
Entzündung des inneren Vorhautblattes, richtet sich die Resektionsgrenze an der Vorhaut nach dem
Krankheitsbefall und erfordert in jedem Fall eine plastische Resektion der Vorhaut, die je nach
Befund mehr oder weniger ausgiebig durchgeführt werden muss. Häufig sind subtotale plastische
Resektionen erforderlich. Zudem ist wie auch bei vielen anderen Indikationen zur Zirkumzision eine
gleichzeitige plastische Verlängerung des sklerotisch verkürzten Vorhautbändchens (Frenulum breve)
erforderlich. Das sind operative Prozeduren, die nicht gleich jeder Kinderarzt am postoperativen
Ergebnis erkennen kann. Der umstrittene OPS-Code zur Abrechnung lautet: „5-640.3 Operationen am
Präputium: Frenulum- und Präputiumplastik. Synonyme: Frenulumplastik am Penis, Frenulumplastik
und Präputiumplastik" (Katalog OPS 2013). Vor diesem sachlichen Hintergrund ist das
Heraufbeschwören des Verdachtes des Abrechnungsbetruges nur aufgrund des durch konservative
Kindermediziner beurteilten, postoperativen Erscheinungsbildes, wie im vorliegenden Artikel
geschehen, methodisch falsch, völlig unbegründet und nicht zulässig.


Weiterhin betrifft, anders als im vorliegenden Artikel ausgeführt, das 6 % ige Risiko einer
Nachblutung prinzipiell alle Resektionsverfahren und keinesfalls nur die vollständige Zirkumzision.
Die vorhauterhaltenden plastischen OP-Verfahren bergen zusätzlich das relevante Risiko des
narbigen Phimosen-Rezidives, der erneuten Enge der Restvorhaut durch Narbenbildung.


Die im vorliegenden Artikel angeführten Daten des Wissenschaftlichen Institutes der AOK (WIdO)
und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sind bemerkenswert und interessant. Die darin
nachgewiesene ansteigende Anzahl an Eingriffen an der Vorhaut bei Jungen unter 5 Jahren bedarf
einer seriösen Analyse der Ursachen. Diese können vielfältig sein und sowohl auf gesellschaftlichkulturelle
Prozesse, als auch auf medizinische Entwicklungen zurück zu führen sein (siehe Leitlinie).
Bemerkenswert ist allerdings, dass sowohl WIdO als auch KV zur Klärung dieser Fragen den Weg über
die Presse nutzen, anstatt eine fundierte Klärung mit den Leistungserbringen, den Kinderchirurgen
und Kinderurologen, anzustreben.


Die DGKCH hat sich gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und
den Kinderrechtsorganisationen Deutschlands in der Planungsphase des Gesetzes zur Beschneidung
vehement für die Rechte der Kinder und aus diesem Grund auch mit aller Kraft gegen den
Gesetzesentwurf eingesetzt. Leider war unser politisches Gewicht zu gering. Auch zukünftig wird sich
die DGKCH gegen die nicht medizinisch indizierte Beschneidung bei nicht einwilligungsfähigen Jungen
einsetzen. Das ist notwendig, um die Rechte der Kinder zu wahren. Da stimmen wir zum ersten Mal
mit Frau Birgitta vom Lehn, der Autorin des vorliegenden Artikels, überein. Wenn allerdings die
Beteiligten, das heißt, Kinderchirurgen, Kinderurologen, Kinderärzte und Kostenträger wie im Fall des
vorliegenden Artikels gegeneinander ausgespielt werden, ist zu befürchten, dass es wieder an
politischer Kraft fehlen wird. Ein solcher skandalisierender und verantwortungslos diffamierender
Artikel ist nicht nur nicht sachdienlich sondern in höchstem Maße schädlich und in dieser Art völlig
unnötig. Zudem passt eine solche schlechte journalistische Qualität nicht zur FAZ.

4. Weltkongress der Kinderchirurgen/4th World Congress of the World Federation of Associations of Pediatric Surgeons (WOFAPS) vom 13. bis 16. Oktober 2013 in Berlin Überleben trotz Metastasen – Kinder mit Krebs nur in Spezialzentren behandeln Schlüsselloch-Chirurgie oft Methode der Wahl

Berlin, September 2013 – Die Heilungschancen für krebskranke Kinder sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen: Bei sogenannten soliden, also festen Tumoren, erhöhte sich die Überlebensrate innerhalb von 30 Jahren von 20 auf 75 Prozent. Weit weniger erfreulich sind die Zahlen jedoch, wenn sich bereits Tochtergeschwülste gebildet haben. In diesem Fall überleben nur etwa 30 bis 40 Prozent der betroffenen Kinder die Erkrankung. Wie durch eine Behandlung in kinderonkologischen Zentren die Überlebenschancen verbessert werden können und welche Rolle die Kinderchirurgie dabei spielt, darüber informieren Experten auf einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) am 14. Oktober 2013 anlässlich des 4. Weltkongresses der Kinderchirurgen (WOFAPS) in Berlin.


Jährlich erkranken in Deutschland 2000 Kinder und Jugendliche neu an Krebs. Bei bestimmten Krebsarten ist das Risiko, dass die bösartigen Geschwülste auf andere Organe streuen, groß: Das Nephroblastom beispielsweise, der häufigste Nierentumor bei Kindern, verursacht anfangs wenig Symptome und bildet zugleich rasch Tochtergeschwülste. Zum Zeitpunkt der Diagnose werden bei etwa zehn Prozent der kleinen Patienten bereits solche Metastasen festgestellt. „Hat der Tumor gestreut, steht vielen betroffenen Kindern eine intensive Chemotherapie, eine Bestrahlung, ein radikaler chirurgischer Eingriff oder sogar eine Knochenmarktransplantation bevor", sagt DGKCH-Präsident Professor Dr. med. Jörg Fuchs.


„Hier ist die enge Zusammenarbeit von Kinderärzten mehrerer Fachrichtungen im wahrsten Sinne des Wortes lebenswichtig", sagt der Experte. Das zeigen die Auswertungen internationaler Behandlungsprotokolle, die Kinderärzteteams bei der Therapie von Krebs erstellen. Werden erkrankte Kinder in Deutschland in speziellen Zentren behandelt, so richtet sich ihre Versorgung streng nach diesen Studienergebnissen. „Die optimale kinderchirurgische Versorgung betroffener Kinder ist einerseits nur ein Teil in dieser Gesamtbehandlung", erklärt Professor Fuchs, der Ärztlicher Direktor der Kinderchirurgischen Klinik der Universität Tübingen ist. „Sie ist andererseits jedoch einer der wichtigsten Einflussfaktoren für das Überleben der Patienten."
Der Experte verweist darauf, dass eine radikale operative Entfernung der Metastasen die Überlebenschance Betroffener oft deutlich erhöht. Zur Verfügung stünden dafür inzwischen auch schonende minimal-invasive Methoden, so bei der Entfernung von Lungenmetastasen. „Ein solcher Eingriff ist nicht immer möglich. Aber wenn dies der Fall ist, erspart er dem kleinen Patienten eine schwere Operation", erklärt Professor Fuchs. „Außerdem kann sich dann früher eine Chemotherapie anschließen."


Damit Kinder von den verbesserten Therapiemöglichkeiten profitieren können, sollten sie mit ihren Eltern zur Behandlung in ein kinderonkologisches Zentrum gehen, das auf die fachübergreifende Behandlung spezialisiert ist, sagt Professor Fuchs. Dies empfiehlt auch der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom Mai diesen Jahres, der sich mit der Sicherung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Versorgung von jungen Patientinnen und Patienten mit Krebserkrankungen befasst.


Mit welchen Operationsverfahren Kinderchirurgen heute die Überlebensrate krebskranker Kinder verbessern können, diskutieren Experten auf der DGKCH-Pressekonferenz am 14. Oktober 2013 von 13.00 bis 14.00 Uhr.


Zum Weiterlesen:
Surgical treatment of lung metastases in patients with embryonal pediatric solid tumors: an update. Joerg Fuchs, MDa, Guido Seitz, MDa, Rupert Handgretinger, MDb, Juergen Schäfer, MDc, Steven W. Warmann, MDa in: Seminars in Pediatric Surgery, Childhood Solid Tumors, Volume 21, Issue 1, February 2012, Pages 79–87

4. Weltkongress der Kinderchirurgen/4th World Congress of the World Federation of Associations of Pediatric Surgeons (WOFAPS) vom 13. bis 16. Oktober 2013 in Berlin Übergewicht von Kindern wegoperieren wie bei Erwachsenen? Kinderchirurgen diskutieren Adipositaschirurgie bei Heranwachsenden

Berlin, Oktober 2013 – Der Anteil der dicken Kinder in Europa hat sich allein in den Jahren zwischen 2008 und 2010 von einem Viertel auf ein Drittel erhöht: Hierzulande gelten 15 Prozent der Deutschen zwischen drei und 17 Jahren als zu dick, 800 000 von ihnen gar als fettleibig. Zu den Folgen gehören Diabetes, Herz-Kreislaufbeschwerden, Gelenkprobleme und Haltungsschäden. Während adipöse Erwachsene sich heute Magen und Darm verkleinern lassen, um dauerhaft Gewicht zu verlieren, diskutieren Experten diese Therapie bei Heranwachsenden noch kontrovers – zumal es keinerlei Langzeitwissen darüber gibt. Auf einer Pressekonferenz im Rahmen des 4. Weltkinderchirurgenkongresses (WOFAPS) am 14. Oktober 2013 in Berlin erörtern Mediziner der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) das Thema mit einem US-amerikanischen Kollegen.

Immer mehr Kinder sind hierzulande hochgradig übergewichtig. Ihr Leidensdruck durch die Dickleibigkeit an sich, aber auch aufgrund sozialer Ausgrenzung und schwerwiegender Begleiterkrankungen, ist immens. Aus einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vom Oktober 2012 geht hervor, dass Maßnahmen zur Gewichtsreduktion wie Diäten und Bewegungsprogramme bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen meist keine langfristige Wirkung zeigen. Man schätzt deshalb, dass über drei Viertel aller dickleibigen Kinder ihr Übergewicht in das Erwachsenenalter mitnehmen werden.

Hierzulande gilt bei Erwachsenen die „bariatrische Chirurgie" als Ausweg, wenn alle Versuche, herkömmlich abzunehmen, erfolglos waren. Dabei entfernen Chirurgen operativ Teile von Magen oder Darm. Die Patienten verlieren danach rasch an Gewicht und auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus kann damit entgegen gewirkt werden. Allein zwischen Januar 2005 und Dezember 2012 wurden über 22 000 adipositaschirurgische Ersteingriffe an 185 Krankenhäusern dokumentiert.

Studien belegen, dass die Adipositaschirurgie auch bei Jugendlichen zu Gewichtsabnahme und zunächst zu einer besseren Lebensqualität führt. Mehr als 1000 Heranwachsenden unter 21 Jahren wurde zur Behandlung extremer Adipositas der Magen-Darm-Trakt chirurgisch verkleinert. Doch das Abspecken per OP ist in dieser Altersgruppe nach wie vor umstritten. Neben juristischen und ethischen Aspekten seien wichtige medizinische Fragen unbeantwortet, meint Professor Dr. med. Philipp Szavay, Sprecher der DGKCH: „Uns fehlen vor allem Informationen über Langzeitergebnisse eines so gravierenden Eingriffs." So zeigten Studien beispielsweise, dass weniger als 20 Prozent der Jugendlichen nach der OP die erforderliche Nahrungsergänzung an Proteinen und Vitaminen einnehmen würden. Wachstumsstörungen und Mangelerscheinungen könnten die Folge sein, so Szavay.

Zudem müssten die jungen Patienten in Vor- und Nachsorgeprogramme eingebunden und durch Teams aus Ärzten, Sozialarbeitern, Ernährungsberatern und Psychologen betreut werden. Dies sei bisher nur im Ausnahmefall gegeben. „Dennoch sehen wir Kinderchirurgen uns zunehmend mit einem Bedarf an Adipositaschirurgie bei unseren Patienten konfrontiert", sagt Professor Szavay, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Luzerner Kantonsspital ist. Im Rahmen einer Pressekonferenz am 14. Oktober 2013 vergleichen die Experten hiesige Verhältnisse mit Erfahrungen aus den USA, um neue Erkenntnisse für die Adipositaschirurgie bei Heranwachsenden in Deutschland zu gewinnen.

Pressekonferenzen im Rahmen des WOFAPS (World Federation of Associations of Pediatric Surgeons)-Kongresses 2013 in Berlin

ressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
(In deutscher Sprache)

Termin: Montag, 14. Oktober 2013, 13.00 bis 14.00 Uhr
Ort: bcc Berliner Congress Center, C 04
Anschrift: 
Alexanderstraße 11, 10178 Berlin/Germany


Internationale Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
(In englischer Sprache)

Termin: Mittwoch, 16. Oktober 2013, 13.00 bis 14.00 Uhr
Ort: bcc Berliner Congress Center, C 04
Anschrift: Alexanderstraße 11, 10178 Berlin/Germany

Nähere Informationen zum Kongress: www.wofaps2013.com


Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)

Vorläufiges Programm:

Kinder mit Krebs: Metastasen – Was tun wenn der Krebs gestreut hat?
Professor Dr. med. Jörg Fuchs
Präsident der DGKCH, Ärztlicher Direktor der Kinderchirurgie und Kinderurologie mit Poliklinik
am Universitätsklinikum Tübingen

Fehlbildungen beim Neugeborenen: Auf die erste Operation kommt es an
Professor Dr. med. Udo Rolle
Direktor der Kinderchirurgie am Klinikum und Fachbereich Medizin
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Schlüsselloch-Chirurgie bei Säuglingen und Kindern im Unterschied zur
Erwachsenenchirurgie: Möglichkeiten, Grenzen und Herausforderungen
Professor Dr. med. Philipp O. Szavay
Chefarzt Kinderchirurgie am Kinderspital des Luzerner Kantonsspitals, Kinderchirurgische
Klinik, Luzern

Immer mehr Kinder sind zu dick: Bariatrische Chirurgie, Magen- und Darmoperationen
auch bei Heranwachsenden?
Professor Dr. med. Philipp O. Szavay
Chefarzt Kinderchirurgie am Kinderspital des Luzerner Kantonsspitals, Kinderchirurgische
Klinik, Luzern
und
Thomas H. Inge, MD, PhD, FACS, FAAP
Department of Pediatric Surgery, Cincinnati Children' s Hospital Medical Center, Cincinnati, USA


Internationale Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
(In englischer Sprache)

Preliminary program:


Partaking in life – the WOFAPS improves access and quality of pediatric surgical care worldwide
Professor Dr. Richard Azizkhan
President WOFAPS, Cincinnati, USA

Demographic change: Consequences and challenges for future pediatric surgery
Professor Jörg Fuchs
Congress Chairman, Tübingen, Germany/Präsident der DGKCH, Ärztlicher Direktor der Kinderchirurgie und Kinderurologie mit Poliklinik
am Universitätsklinikum Tübingen

The role of the pediatric surgeon in trauma and injury prevention
Professor Michael Höllwarth/Graz

Treatment of Paediatric burns: Current status and challenges
Heinz Rode, Cape Town, South Africa

Pediatric surgery in Africa – Help and hope where it is needed
Alastair Millar, Cape Town, South Africa

51. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) vom 12. bis 15. September 2013 im CCD, Düsseldorf

Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Termin: Freitag, 13. September 2013 von 11.00 bis 12.00 Uhr
Ort: CCD-Congress Center Düsseldorf, Raum 5
Anschrift: Stockumer Kirchstraße 61, 40474 Düsseldorf

Ihre Themen und Referenten sind:

Bauchschmerzen, Blähbauch und Reizdarm beim Kind – Alarmsignal oder Befindlichkeitsstörung? Was Eltern darüber wissen sollten
Professor Dr. med. Guido Fitze
Kongresspräsident der DGKCH 2014, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden

Sportverletzungen bei Kindern: Neues zur Vorsorge und den besten Therapien bei Brüchen, Bänderrissen, Verstauchungen und Co.
Professor Dr. med. Dr. Peter P. Schmittenbecher
Direktor der Kinderchirurgischen Klinik am Klinikum Karlsruhe

Kinder mit Harnwegsinfekten vor Schäden bewahren – Wie individuelle kinderchirurgische Behandlungskonzepte helfen
Professor Dr. med. Maximilian Stehr
Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Kinderurologie der DGKCH, Chefarzt für Kinderchirurgie und -urologie, Cnopf'sche Kinderklinik, Nürnberg

Knochenbrüche bei Kindern – Wird zu viel operiert?
Professor Dr. med. Lucas M. Wessel
Vorstandsmitglied der DGKCH, Direktor der Kinderchirurgischen Klinik am Klinikum Mannheim GmbH, Universitätsklinikum Medizinische Fakultät Mannheim

51. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) vom 12. bis 15. September 2013 im CCD, Düsseldorf Unterarmbrüche bei Kindern heilen oft von allein Kinderchirurgen müssen Operation vorher genau abwägen

Düsseldorf/Berlin, September 2013 – Jeder dritte Knochenbruch bei Kindern ist eine Fraktur des Unterarms nahe am Handgelenk. Ist ein Knick sichtbar, wird in der Regel operiert. Doch dies scheint nicht immer notwendig zu sein: Der Bruch, so haben Kinderchirurgen beobachtet, heilt nahezu immer gut von allein. Dies ist vor allem bei kleinen Patienten der Fall, die noch in der Wachstumsphase sind. Experten diskutieren dies auf der 51. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), die vom 12. bis 15. September 2013 in Düsseldorf stattfindet. Eine neue Studie geht dem nun außerdem wissenschaftlich nach.

Es ereignet sich täglich hunderte Male: Jemand stürzt, will sich abfangen – und bricht sich dabei den Arm dicht über dem Handgelenk. Diese sogenannte distale Unterarmfraktur tritt häufig bei Kindern auf, die beim Spielen oder Toben hinfallen. In etwa der Hälfte der Fälle verschieben sich die verletzten Knochen oder sie knicken nur ab; die Fehlstellung ist deutlich sichtbar. Dann wird meist operiert: Der Arzt richtet den Bruch, fixiert die Knochen mit einem Metallstift und stellt den Arm mit einem Gips ruhig. Bei Kindern bis zwölf Jahren sei jedoch auch ohne Operation eine Spontankorrektur zu beobachten, sagt DGKCH-Vorstandsmitglied Professor Dr. med. Lucas Wessel, Direktor der Kinderchirurgischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim. Diese Korrektur sei innerhalb von zwei Jahren nach dem Unfall zuverlässig zu verzeichnen. Denn die Knochen der jungen Patienten wüchsen noch und könnten verbliebene Fehlstellungen komplett korrigieren.

Ob es tatsächlich ausreicht, bei betroffenen Kindern den Arm nur ruhigzustellen, soll nun eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Untersuchung ergeben. „Vielen Betroffenen kann künftig womöglich eine Operation erspart bleiben", sagt Studienleiter Wessel, der die Arbeit am 13. September 2013 in Düsseldorf auf einer Pressekonferenz während der 51. Herbsttagung der DGKCH vorstellen wird.

Die Forscher vergleichen dafür in den nächsten zwei Jahren die Daten von 742 Kindern zwischen fünf und zwölf Jahren, die sich den Unterarm nahe der Hand gebrochen haben. Die Hälfte der Kinder wird operiert, bei der anderen Hälfte wird der Bruch eingegipst und der Spontanheilung überlassen. Den Heilungsverlauf kontrollieren die Ärzte wie üblich durch Röntgen. „Finden wir bei den Kontrollen über das Maß der Spontankorrektur hinausgehende Fehlstellungen, schwenken wir – wie auch sonst üblich – auf das operative Verfahren um", betont Wessel. „Das Komplikationsrisiko wird auf nahezu null geschätzt." Um die Zufriedenheit der jeweiligen Behandlung evaluieren zu können, werden die Familien hierzu befragt.

Die Studie startet im Anschluss an die DGKCH-Herbsttagung. Bestätige sich die These, dass Eingipsen in vielen Fällen ausreicht, würden nicht nur viele Operationen überflüssig, sondern auch Kosten gespart werden, betont Wessel. „Kinder werden in der Chirurgie viel zu häufig wie Erwachsene therapiert", sagt er, „dabei stellen sie deutlich davon abweichende Anforderungen an die Chirurgie."

51. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) vom 12. bis 15. September 2013 im CCD, Düsseldorf Kinder und Jugendliche im Sport nicht übertrainieren Kinderchirurgen warnen vor Überlastungsschäden

Düsseldorf, August 2013 – Verletzungen beim Sport sind bei Kindern und Jugendlichen einer der Hauptgründe, einen Arzt aufzusuchen. Bis zur Hälfte aller Schäden durch Sport sind Folge von zu viel und zu intensivem Training. Gerade in der Wachstumsphase kann Überlastung dauerhafte Folgen haben, warnt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Experten diskutieren Ursachen, kindgerechte Behandlungskonzepte und Vorbeugung von Überlastungsschäden auf einer Pressekonferenz im Rahmen der 51. Herbsttagung der DGKCH am Freitag, dem 13. September 2013 von 11.00 bis 12.00 Uhr im CCD, Düsseldorf.

Brüche, Zerrungen und Prellungen sind bei Kindern und Jugendlichen häufige Folge von Sport. Aber auch bleibende Schäden wie verformte Füße, Schultern und Gelenke, Wachstumsstörungen oder Wirbelgleiten gehen auf das Konto übermäßiger körperlicher Betätigung. „Gerade in der Pubertät macht der Körper einen erneuten deutlichen Wachstumsschub", erläutert Professor Dr. med. Peter Schmittenbecher, Direktor der Kinderchirurgischen Klinik am Klinikum Karlsruhe: „In dieser Phase reagieren die Gewebe besonders empfindlich auf übermäßige Belastung." Dies gelte beim Sport vor allem dann, wenn ausreichende Ruhe- und Erholungszeiten fehlen.

Besonders die Wachstumsfugen und die noch im Wachstum befindlichen unausgereiften Knochen, Gelenke und Sehnen seien gefährdet. Sind die Beanspruchungen zu hoch, führe das zu vielen kleinen, für das Auge nicht sichtbaren Verletzungen, sogenannten mikrotraumatischen Überlastungsverletzungen. In der Folge drohen Brüche, chronische Sehnenentzündungen bis hin zu verformten Knochen, all das begleitet von anhaltenden Schmerzen. Besonders gefährdet, so Schmittenbecher, seien junge Turner, Schwimmer und Langstreckenläufer. Aber auch jede andere Sportart, die in dieser Phase im Übermaß und ohne Ausgleich betrieben werde, berge dieses Risiko in sich.

„Sport im Kindesalter ist für eine gesunde Entwicklung unverzichtbar", sagt Professor Schmittenbecher. Aber auf das richtige Maß komme es an. „Kein Übertraining für Kinder bis zum Abschluss der pubertären Wachstumsphase", fordert deshalb der Vertreter der DGKCH. Zudem sei eine frühzeitige Spezialisierung auf eine Sportart zu vermeiden. „Wichtig ist ein altersgerechter, abwechslungsreicher Trainingsaufbau mit ausreichend Aufwärm- und Ruhezeiten." Mindestens zwei Ruhetage pro Woche und höchstens drei bis vier Stunden Training pro Tag sollten es sein, so der Experte. Und auch das Umfeld müsse stimmen: Kinder sollten mit passenden Turnschuhen von guter Qualität und falls nötig Gelenkschutz und Helm ausgerüstet sein. Außerdem sollten sie auf orthopädisch geeignetem Untergrund wie gedämpften Hallenböden trainieren. Zu viel Ehrgeiz von Seiten der Trainer und Eltern schade nur: „Die meisten Kinder sind von Natur aus nicht zum Ausnahmeathleten gemacht. Für den Versuch, dies zu erzwingen, zahlt ihr Körper einen hohen Preis."

Welche Sportarten bei Kindern und Jugendlichen Verletzungen und Sportschäden nach sich ziehen, diskutieren Experten auf der Pressekonferenz der DGKCH am Freitag, dem 13. September 2013 von 11.00 bis 12.00 Uhr im CCD, Düsseldorf. Sie erörtern auch, welche modernen, kindgerechten Behandlungskonzepte es für Knochenbrüche und Bänderrisse gibt – von Physiotherapie bis zur Schlüsselloch-Operation.

51. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) vom 12. bis 15. September 2013 im CCD, Düsseldorf Harnwegsinfekte von Kindern: Bei Fieber drohen Nierenschäden

Düsseldorf, September 2013 – Harnwegsinfekte bei Kindern sind in der Regel einfach zu behandelnde Blasenentzündungen. Gehen sie jedoch mit Fieber einher und treten häufiger auf, könnte das Kind an einem angeborenen, sogenannten vesikorenalen Reflux (VUR) leiden. Bei dieser Störung wird der Urin nicht vollständig über die Blase ausgeschieden, sondern der Harn staut sich in die Nieren zurück. Dies kann zu schweren Nierenentzündungen und dauerhaften Nierenschäden führen. Wann bei einem solchen Defekt abgewartet werden kann und wann es sinnvoll ist, ihn chirurgisch zu beheben, darüber informieren Experten auf einer Pressekonferenz im Rahmen der 51. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) am Freitag, dem 13. September 2013 von 11.00 bis 12.00 Uhr im CCD, Düsseldorf.

Über die Hälfte aller Säuglinge und Kinder mit einem fieberhaften Harnwegsinfekt und etwa 20 bis 30 Prozent aller Kinder mit einer häufig wiederkehrenden Blasenentzündung leiden an dem angeborenen Defekt des Harnsystems. Der Harnleitertunnel ist bei ihnen zu kurz, um die Funktion eines Ventils erfüllen zu können. So fließt Restharn von der Blase bis zu den Nieren und zurück. Dieser Restharn ist besonders anfällig für Bakterien – und er transportiert die Erreger ohne größeres Hindernis zu den Nieren und kann das Gewebe schädigen. Bei gesunden Kindern verhindert dies die Ventilfunktion des Harnleiters. „Erkrankt ein Kind fünfmal im Jahr an einer fieberhaften Harnwegsinfektion, beträgt das Risiko, dass es eine Nierennarbe und damit einen messbaren Nierenfunktionsverlust davonträgt, etwa 70 Prozent", erklärt Professor Dr. med. Maximilian Stehr, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Kinderurologie der DGKCH.

„Wichtigstes Ziel bei Kindern mit Refluxkrankheit ist es, fieberhafte Harnwegsinfekte rasch und effektiv zu behandeln oder sie besser noch gar nicht erst entstehen zu lassen", betont Professor Stehr, der Chefarzt für Kinderchirurgie und Kinderurologie an der Cnopf'schen Kinderklinik in Nürnberg ist.

Ein vesikorenaler Reflux wächst sich, wenn er nicht zu stark ausgeprägt ist, gerade bei kleinen Kindern oft von selbst aus. Eine Operation ist deshalb häufig gar nicht nötig. Die jungen Patienten erhalten dann über einen längeren Zeitraum ein Antibiotikum, mit dem ein Harnwegsinfekt verhindert werden soll. Bei einer hochgradigen Refluxerkrankung ist allerdings oft ein chirurgischer Eingriff erforderlich. „Dabei bestehen mehrere Möglichkeiten: die endoskopische Unterspritzungsmethode über eine Blasenspiegelung oder eine Operation, die entweder laparoskopisch oder offen chirurgisch durchgeführt werden kann", sagt Professor Stehr. Die Wirksamkeit aller Methoden sei annähernd vergleichbar, wenn auch bei der Unterspritzung noch keine Daten zur Langzeitwirkung vorlägen. „Es ist heute für jeden Kinderchirurgen und Kinderurologen eine große Herausforderung, die richtige Therapie, ob konservativ oder operativ, für die kleinen Patienten mit vesikorenalem Reflux anzuwenden. Sie ist abhängig von vielen verschieden Faktoren, wie Alter, Geschlecht, klinischen Beschwerden, aber auch Blasenfunktion und vielem mehr", betont Professor Stehr.

Bestimmte Verhaltensweisen helfen Eltern außerdem, das Risiko von Infektionen zu verringern. So sollten sie die Windeln regelmäßig wechseln und ältere Kinder anhalten, regelmäßig die Toilette zu benutzen. Gute Hygiene ist ebenso wichtig wie eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme.

Welche Behandlung, abhängig von Alter, Geschlecht und Beschwerden der jungen Patienten, am meisten Erfolg verspricht, ist ein Thema auf der Pressekonferenz der DGKCH am Freitag, dem 13. September (11.00 bis 12.00 Uhr) im CCD in Düsseldorf. Dort findet vom 12. bis 15. September die diesjährige Herbsttagung der medizinischen Fachgesellschaft statt.

Jeder Hund kann gefährlich sein Hundebisse bei Babys und Kindern richtig behandeln

Berlin, Juli 2013 – Jedes zweite Kind wird bis zu seinem 18. Lebensjahr von einem Hund gebissen. Am häufigsten trifft es kleine Kinder bis ins Vorschulalter. In über 90 Prozent der Fälle stammt das Tier aus dem näheren sozialen Umfeld des Kindes, meist ist es der eigene Familienhund. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) weist darauf hin, dass Eltern insbesondere kleine Kinder im Umgang mit Hunden immer beaufsichtigen sollten. Ist es dennoch zu einer Bissverletzung gekommen, empfiehlt die DGKCH, mit dem Kind einen Arzt aufzusuchen und die Wunde, falls nötig, kinderchirurgisch versorgen zu lassen.

Im Jahr 2010 lebten in deutschen Haushalten 5,3 Millionen Hunde. Auch zwischen Kindern und vertrauten Hunden passiert es immer wieder, dass das Tier zuschnappt. Die meisten Bisse gehen glimpflich aus. Doch auch hinter äußerlich eher kleinen und ungefährlich erscheinenden Wunden können sich in der Tiefe ausgedehnte Geweberisse und Quetschungen verbergen“, erläutert Professor Dr. med. Stephan Kellnar, Vorstandsmitglied der DGKCH. Aufgrund ihrer kräftigen Kiefer sind auch kleinere Hunde in der Lage, schwere Verletzungen zu verursachen, die nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen seien. Falsch versorgt, drohten langfristige Schäden wie Funktionseinbußen besonders an Fingern und Händen und unnötig große Narben, sagt Kellnar.

Aber es gelte auch, Infektionen zu verhindern: „Bei bis zu 20 Prozent der Hundebisse kommt es zu einer Wundinfektion“, sagt der Experte. Krankheitserreger könnten in das Gewebe eindringen und Wundstarrkrampf, Gasbrand oder eine Blutvergiftung hervorrufen. „Außerdem muss geprüft werden, ob der Hund womöglich Tollwut hatte“, meint Kellnar, der Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie am Klinikum Dritter Orden in München ist. Zwar gelte Deutschland seit 2010 als tollwutfrei. Doch die Krankheit sei in anderen Ländern noch teilweise verbreitet, sodass dieses Risiko nicht hundertprozentig auszuschließen sei.

Als erste Hilfe empfiehlt der Kinderchirurg, die Verletzung mit einer sterilen Kompresse oder einem Verband abzudecken. Eltern sollten keine eigenen Versuche unternehmen, die Wunde zu reinigen. Zur Abklärung des Tetanusschutzes sei es sinnvoll, den Impfpass des Kindes zum Arzt gleich mitzubringen. „Babys und Kleinkinder müssen im Umgang mit Hunden immer beaufsichtigt werden“, mahnt Professor Kellnar. Vielen Hunden mangele es an Erziehung. Zudem könnten kleine Kinder die Signale von Vierbeinern noch nicht deuten. Eltern sollten sich auch von der Größe eines Hundes bezüglich seiner Gefährlichkeit für ein Kind nicht täuschen lassen: „Auch ein kleiner Hund kann ein Kind schwer verletzen, wenn der Halter keine Kontrolle über sein Tier hat“, sagt Professor Kellnar.

Literatur:

Davis et al.: Dog Bite Risk: An Assessment of Child Temperament and Child-Dog Interactions Int. J. Environ. Res. Public Health 2012,9, 3002-3013; doi:10.3390/ijerph9083002

Kasbekar A. V. et al.: Dog bites to the head and neck in children; an increasing problem in the UK. Clinical Otolaryngology 2013

Sabhaney V, Goldman RD.: Can Fam Physician. 2012 Oct;58(10):1094-6, e548-50.Child health update. Management of dog bites in children.

Unfälle und Misshandlung häufigste Todesursache von Kleinkindern Kinderchirurgen fordern mehr Schutz im häuslichen Umfeld

Berlin, Juni 2013 – Die häufigste Todesursache von Kleinkindern im Alter von ein bis vier Jahren sind hierzulande Verletzungen durch Unfälle. Unfälle in dieser Altersgruppe sind mit etwa 60 000 Behandelten im Jahr 2010 – nach Atemwegserkrankungen – auch der häufigste Grund für einen stationären Krankenhausaufenthalt. Doch gerade bei sehr kleinen Kindern kann ebenso eine Misshandlung hinter den Verletzungen stecken – mit vermuteter hoher Dunkelziffer. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) fordert zum bundesweiten Kindersicherheitstag (der Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e. V.) am 10. Juni 2013 deshalb mehr Schutz für Kinder im häuslichen Umfeld und gibt Tipps zur Unfallvermeidung.

In den ersten Lebensjahren sind Stürze mit etwa 60 Prozent die häufigste Unfallursache. Was sie so gefährlich macht: Je jünger das Kind bei einem Sturz ist, desto häufiger ist auch der Kopf betroffen. Mehr als zwei Drittel der Einjährigen erleiden, wenn sie fallen, eine Schädelverletzung. „Es ist deshalb sehr wichtig, Eltern rechtzeitig auf diese Gefahren hinzuweisen“, sagt Professor Dr. med. Guido Fitze, Chefarzt der Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Dresden.

Jedoch nicht alle Kopfverletzungen rühren von unglücklichen Stürzen her: „Besonders in den ersten Lebensjahren müssen wir leider bei jedem Unfall auch daran denken, dass Kindeswohlgefährdung eine Rolle gespielt haben könnte“, so Professor Fitze, der Vorstandsmitglied der DGKCH ist. „Wir vermuten, dass etwa ein Drittel aller Sterbefälle im Säuglingsalter mit äußerer Gewalteinwirkung zusammenhängen.“ Häufigste Ursache ist das Schütteltrauma, das einer vorsichtigen Schätzung zufolge jährlich zwischen 100 und 200 Säuglinge erleiden. Weil äußerlich oft kaum Verletzungen zu sehen sind, würden viele Fälle gar nicht erst erkannt. Dies gelte auch für Knochenbrüche: „Wir schätzen, dass bis zu jeder zweite Knochenbruch im ersten Lebensjahr eine Folge von Kindesmisshandlung ist“, führt Fitze aus. Doch die Diagnose einer Misshandlung sei oft eine schwierige und heikle Angelegenheit.

Wichtig sei deshalb eine intensive Weiterbildung von Pflegekräften und Ärzten, um rechtzeitig Probleme zu erkennen und um Handlungssicherheit zu vermitteln. „Uns Kinderchirurgen kommt hier eine Schlüsselposition zu, da uns die Kinder zur Behandlung vorgestellt werden“, sagt der DGKCH-Experte und fordert für jede Klinik, die Kinder behandelt, eine Kinderschutzgruppe. Auch wenn dies heute schon in vielen Einrichtungen der Fall sei, bestehe weiter dringender Handlungsbedarf: Personal und Mittel fehlten häufig, denn in den Fallpauschalen der Krankenkassen ist die Leistung „Kinderschutz“ nicht hinreichend abgebildet. Darüber hinaus sollte es in jeder größeren Kommune ein ambulantes Kinderschutzzentrum geben – als Schnittstelle zwischen Gesundheitswesen, Jugendamt und weiteren Hilfsangeboten, um so ein verlässliches Netzwerk zum Schutz der Kleinsten zu schaffen, mahnt die DGKCH.

Weitere Informationen zum Kindersicherheitstag der Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e. V. am 10. Juni 2013: www.kindersicherheit.de

Auf Augenhöhe mit der Glut: Grillen ist für Kinder besonders gefährlich Experten warnen vor Brandbeschleunigern

Berlin, Mai 2013 – Grillen mit Brandbeschleunigern wie Spiritus, Benzin oder Alkohol ist lebensgefährlich – vor allem für Kinder. Blitzartig können sich meterhohe und weit über 1000 Grad heiße Flammenwände im Umkreis von bis zu drei Metern entwickeln. Kinder sind allein durch ihre Größe besonders gefährdet, sich am Grill Gesicht, Hals und Brust schwer zu verbrennen. Darauf weisen Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder e. V. und die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) hin und geben Tipps für sicheres Grillen mit Kindern. Ist ein Unfall geschehen, sollten Eltern sofort den Notarzt rufen.

Brandbeschleuniger beim Grillen führen hierzulande jedes Jahr zu etwa 4000 Grillunfällen mit teilweise schwersten Brandverletzungen. „Diese Unfälle wären meist durch einfache Vorkehrungen vermeidbar“, sagt Adelheid Gottwald von Paulinchen e. V. Warum Verbrennungen bei Kindern besonders gefährlich sind, erläutert Kinderchirurgin Dr. med. Verena Ellerkamp vom Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Tübingen: Die Haut von Kindern ist deutlich dünner als die von Erwachsenen. „Deshalb erleiden Kleinkinder auch viel schneller tiefere und schwerere Brandverletzungen als Erwachsene.“

Ausmaß und Tiefe einer Brandverletzung erschließen sich oft erst bei der Untersuchung durch einen Arzt. „Auch scheinbar kleinflächige Verbrennungen können für Kinder sehr gefährlich sein“, so Dr. Ellerkamp. Lebenslange Entstellung und Behinderung durch Narben sind häufige Folgen von Verbrennungen. Da Narben kaum mitwachsen und das Wachstum und die Beweglichkeit behindern, ziehen sie Korrekturoperationen und weitere Behandlungen bis ins Erwachsenenalter nach sich. „Brandverletzungen sind außerordentlich schmerzhaft und erfordern eine aufwendige, kindgerechte Behandlung durch interdisziplinäre Teams in einem spezialisierten Zentrum“, führt die Vertreterin der DGKCH aus.

Wirksames Erste-Hilfe-Mittel zur Schmerzlinderung bei Verbrennungen ist Wasser: Über die verbrannten Stellen sollten Betroffene sofort für zehn bis 15 Minuten Wasser laufen lassen, das nicht kälter als 20°C ist. Kleinere oberflächliche Verletzungen ersten Grades äußern sich durch gerötete Haut und verursachen höchstens kleine Blasen. Sie heilen in der Regel folgenlos innerhalb von drei bis zehn Tagen auch ohne ärztliche Hilfe ab. Alle anderen Brandverletzungen gehören umgehend in die Hand eines Arztes, betont die DGKCH. Dieser könne rasch die richtigen Schritte einleiten, um die Wunde – je nach Größe – angemessen zu versorgen und Narben und Infektionen zu vermeiden.

Sicher grillen Familien, die einige Hinweise berücksichtigen: So sollte man niemals Brandbeschleuniger zum Anzünden oder Entfachen der Grillglut verwenden. Eine gute Alternative sind hier CE-geprüfte Grillanzünder aus dem Handel oder schlichtweg etwa 30 Minuten Geduld, bis die Kohle glüht. Ferner tragen zur Sicherheit ein stabil aufgestellter Grill und ausreichend Abstand für Kinder bei. Auch sollten ein Kübel mit Sand, Feuerlöscher oder eine Löschdecke in der Nähe des Grills stehen. Und ganz wichtig ist: Nach dem Grillen die heiße Grillglut nie unbeaufsichtigt lassen oder sie gar vergraben, bevor sie vollständig ausgekühlt ist. Ist alles beachtet steht dem Appetit auf Bratwürstchen und Steaks nichts mehr im Wege, meint Adelheid Gottwald: „Brandverletzungen bei Kindern verändern das Leben der ganzen Familie, wir sollten alles tun, sie zu verhindern“.

Blinddarm entfernen oft unnötig Blinddarmentzündung bei Kindern richtig behandeln

erlin, März 2013 – Etwa 28 000 Kinder bis zum Alter von 15 Jahren müssen hierzulande jedes Jahr wegen einer Blinddarmentzündung ins Krankenhaus. Doch obwohl die Entfernung des Blinddarms der häufigste Baucheingriff bei Zwei- bis Fünfzehnjährigen ist, besteht nach wie vor Unsicherheit über die optimale Behandlung. Zur Frage, wann der Operateur abwarten und wann er umgehend operieren sollte, sprechen Experten der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) auf der Basis von aktuellen Studien nun klare Empfehlungen aus. Die DGKCH weist zudem darauf hin, dass der Bauchschnitt bei diesem Eingriff beim Kind nicht mehr Standard ist. Denn die Schlüsselloch-Operation eigne sich hier besser und sei deshalb das Verfahren der Wahl.

Jedes Kind hat irgendwann einmal Bauchschmerzen. Meist sind Blähungen, Verstopfungen, eine Darminfektion oder verdorbene Lebensmittel die Ursache. Auch Kummer, Angst oder Aufregung lösen bei manchen Kindern Bauchweh aus. Manchmal steckt hinter den Beschwerden aber auch eine ernsthafte Erkrankung wie beispielsweise eine Blinddarm-entzündung. Dann schwillt der entzündete Darmabschnitt an und kann schlimmstenfalls innerhalb weniger Stunden platzen.

Kinder sind besonders gefährdet, an der sogenannten Appendizitis zu erkranken. „Andererseits ist die Diagnose bei Kindern klinisch nicht einfach zu stellen, weil sie ihre Beschwerden nicht genau beschreiben können. Auch sind die Symptome sehr unterschiedlich", erläutert Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) und Chefarzt der Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Tübingen. Dies kann dazu führen, dass entweder der Blinddarm unnötigerweise entfernt wird, oder es zu einem Durchbruch kommt. Wie aktuelle Veröffentlichungen nun zeigen, entscheiden Ärzte richtig, wenn sie den Patienten nicht nur klinisch sondern auch mittels Ultraschall untersuchen. „Mit hochauflösenden Ultraschall-geräten können sogar leichte Schwellungen des zwei bis sechs Millimeter dünnen Wurmfortsatzes gesehen werden", so Kinderchirurg PD Dr. med. Philipp Szavay, Sprecher der DGKCH und Mitautor der Untersuchungen. „Mit diesem schmerzfreien, schnellen und kostengünstigen Verfahren erreichen erfahrene Untersucher bei normalgewichtigen Kindern eine hohe Treffsicherheit ", sagt der Experte. Bestehen nach der Sonografie jedoch nach wie vor Zweifel, ob der Blinddarm entzündet ist, sollte der Kinderchirurg eher operieren. „Abwarten ist bei Heranwachsenden nicht besser, auch wenn das in der Erwachsenen-medizin nun immer häufiger praktiziert wird", sagt PD Dr. Szavay, Chefarzt der Kinder-chirurgie am Kantonsspital Luzern. Dafür gebe es nach heutigem Stand keine ausreichende wissenschaftliche Beweislage. Denn der Blinddarm könne dann durchbrechen. Dann drohten Komplikationen wie eine Bauchhöhlenvereiterung. Dagegen sei das Risiko des Routineeingriffs wesentlich geringer.

Und auch bei der Art des Eingriffs setzen Kinderchirurgen Standards: Eine aktuelle Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Minimalinvasive Chirurgie der DGKCH an 98 kinderchirurgischen Kliniken zeigt, dass über 70 Prozent der Kliniken den entzündeten Blinddarm minimal-invasiv operieren. Dabei entfernt der Chirurg den entzündeten Wurmfortsatz des Darmes mit stabförmigen Instrumenten entweder über drei winzige Schnitte in die Bauchdecke oder über einen einzigen Zugang über den Bauchnabel – anstatt den Bauch wie bisher mit einem größeren Schnitt zu eröffnen. „Die Vorteile der minimalinvasiven Chirurgie sind bei diesem Eingriff eindeutig belegt", stellt Szavay klar. Denn nach einer solchen „Schlüsselloch-Operation" des Blinddarms leiden Kinder weniger unter Schmerzen, die Wunde entzündet sich seltener, Narben sind kaum sichtbar und die kleinen Patienten können schneller wieder nach Hause. Deshalb stelle sich heute auch kaum noch die Frage, ob klassisch oder mit minimalinvasivem Zugang operiert werde, sondern eher, ob minimalinvasiv mit drei Schnitten oder nur noch mit einem, so der Experte.

Quellen:

Dingemann, Jens; Metzelder, Martin; Szavay, Philipp: „Current Status of Laparoscopic Appendectomy in Children: A Nation Wide Survey in Germany" Eur J Pediatr Surg March 2013 DOI 10.1055/s-0032-1333121

Szavay, Philipp: „Appendizitis - Neues und Bewährtes in Diagnostik, Therapie und Chirurgie" Monatsschr Kinderheilkd 2013 DOI 10.1007/s00112-012-2758-6

Iqbal, Corey; Ostlie, Daniel: „The Minimally Invasive Approach to Appendectomy: Is Less Better?" Eur J Pediatr Surg 2012 DOI 10.1055/s-0032-1320015

2012

„Tag des brandverletzten Kindes am 7.12.2012“ Kinderchirurgen warnen: Winterzeit ist Verbrennungszeit „Laborhaut“ soll Kindern mit Verbrennungen helfen

Berlin, Dezember 2012 – „Winterzeit ist Verbrennungszeit“, warnt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) auf ihrer Pressekonferenz zum „Tag des brandverletzten Kindes“. Denn Feuerwerkskörper, Kerzenflammen, Kaminfeuer und Heißgetränke kommen vor allem in der kalten Jahreszeit zum Einsatz. „Verbrennungsunfälle sind vermeidbar“, sagt DGKCH-Expertin Professor Dr. med. Karin Rothe, Direktorin der Klinik für Kinderchirurgie an der Berliner Charité. Mitunter können nur noch Hauttransplantate das Leben von schwer brandverletzten Kindern retten. Jetzt ist es Schweizer Forschern gelungen, Zellen der Unter- und Oberhaut in einer biologischen Struktur zu züchten und zu transplantieren, die dem Aufbau der Haut sehr nahe kommt. Diese Innovation könnte die Lebensqualität tausender Patienten zukünftig verbessern.

 „Haben sich Kinder erst einmal verbrannt, steht ihnen meist ein langer Leidensweg bevor“, sagt Professor Rothe, die sich und ihre Kollegen als Anwalt der Kinder sieht. So vernarbt verbrannte Haut und wächst mit dem Kind nicht mit. Oberhauttransplantate retteten zwar oft das Leben von Schwerverletzten, aber sie machten bislang mehr als 70 Operationen bis ins Erwachsenenalter notwendig. Bei brandverletzten Patienten erzielen Mediziner zurzeit die besten Ergebnisse, wenn gesunde patienteneigene Vollhaut beispielsweise von den Fußsohlen transplantiert wird. Denn diese Vollhaut bildet nur sehr selten überschießende Narben. Leider steht sie aber naturgemäß nur begrenzt und für kleinere Flächen zur Verfügung. Was fehlt, ist ein im Labor gezüchteter Vollhautersatz, der ähnlich gut vertragen wird wie die eigene Vollhaut. Könnten die Experten Haut beliebig nachzüchten, wäre immer ausreichend Haut zur Wunddeckung verfügbar. Bis dahin aber muss Haut in mühevoller Kleinstarbeit in der Petrischale gezüchtet und anschließend verpflanzt werden. „Pro Quadratzentimeter verbrannter Haut brauchen wir dafür etwa einen Tag“, sagt Privatdozent Dr. med. Clemens Schiestl, Leiter des Zentrums für brandverletzte Kinder am Kinderspital Zürich.

Doch das soll sich bald ändern. Schon seit 20 Jahren suchen Forscher vom Zentrum für brandverletzte Kinder am Kinderspital Zürich nach Wegen, die so genannte „Laborhaut“ zu verbessern. „Der Durchbruch zur wirklichen Weiterentwicklung von Hauttransplantaten aus dem Labor wurde mit der Entwicklung einer Trägersubstanz erzielt. Allein das hat uns fünf Jahre gekostet“, so Schiestl.  Die Matrix ermögliche es nun, Zellen der Unter- und Oberhaut zu züchten und zu transplantieren, so dass sie eine stabile und gut aufgebaute Haut ergeben. 

Zusammen mit Wissenschaftlern aus Berlin und Amsterdam haben die Schweizer Experten nun im kommenden Jahr aufwendige Studien geplant, die von der EU mit sechs Millionen Euro gefördert werden. Privatdozent Dr. med. Clemens Schiestl freut sich: „Schon im kommenden Jahr können wir endlich den wichtigen Schritt heraus aus dem Labor hin ans Krankenbett vollziehen und bald das Leiden vieler Patienten lindern.“ 2013 wird die neuartige Laborhaut erstmals in Zürich bei verbrannten Kindern aufgelegt. In Tierversuchen habe das bisher sehr gut geklappt. Privatdozent Dr. med. Clemens Schiestl erklärt: „Wir hoffen, dass wir schon bald diese lebensrettende und elastische Haut standardmäßig einsetzen und den Kindern so einen langen Leidensweg ersparen können.“   

Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder e.V. hat den 7. Dezember 2012 zum bundesweiten Tag des brandverletzten Kindes ausgerufen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) nimmt diesen Aktionstag zum Anlass auf unterschätzte und neue Gefahren für Säuglinge und Kinder hinzuweisen.

„Tag des brandverletzten Kindes am 7.12.2012“ Dünnere Haut – dickere Narben Hautpflege nach Brandverletzungen bei Kindern mindert Narben

Berlin, November 2012 – Je jünger Kinder bei einer Brandverletzung sind, desto dickere Narben bildet ihre Haut in der Folge. Hat sich ein Kind durch Feuer, Hitze oder kochendes Wasser tief verbrannt, neigt die dünne Kinderhaut zu überschießender Narbenbildung. Wie Eltern, Ärzte und die kleinen Patienten selbst Narben vorbeugen, pflegen und behandeln sollten, erörtern Experten der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) im Rahmen einer Pressekonferenz am 6. Dezember 2012 in Berlin aus Anlass des bundesweiten Tages des brandverletzten Kindes. Weitere Themen sind die Vorbeugung von Brandverletzungen, unterschätzte und neue Gefahren für Babys und Kinder, Erste Hilfe und die Arbeit von Verbrennungszentren. Außerdem berichtet ein Forscherteam, wie Vollhautersatz aus dem Labor künftig dicke Narben vermeiden kann.


Die Haut von Kindern unter fünf Jahren ist nur einen halben Millimeter dick. Das ist etwa ein Fünftel der Dicke der Haut von Erwachsenen. „Deshalb erleiden Kleinkinder auch viel schneller tiefere und schwerere Brandverletzungen als Personen anderer Altersgruppen“, erklärt Professor Dr. med. Karin Rothe, Direktorin der Klinik für Kinderchirurgie an der Charité, Universitätsmedizin – Berlin. Schon zehn Sekunden mit über 50 Grad heißer Flüssigkeit reichen aus, um kindliche Haut vollständig zu zerstören und eine Verbrühung dritten Grades zu verursachen. Lebenslange Narben sind die Folge.

Leichte und oberflächliche Verbrennungen – sogenannte Verbrennungen ersten Grades und Grad IIa – heilen folgenlos in kurzer Zeit ab. Man erkennt sie an einer Rötung und gegebenenfalls leichten Blasenbildung. Bei tiefgehenden Brandverletzungen – Grad IIb und III – sind die zur Wiederherstellung benötigten Gewebsschichten beschädigt oder zerstört. Die Haut kann sich nicht regenerieren und bildet als Ersatzgewebe Narben. Hauttransplantationen ermöglichen und beschleunigen den Heilungsprozess, doch an den Grenzen zur unverletzten Haut entstehen auch hier Narben. Diese sind oft wulstig, erhaben, gerötet und jucken stark. „Das liegt daran, dass in der Wachstumsphase die Zellaktivität des kindlichen Organismus deutlich erhöht ist. Dies führt zu einer Überproduktion von Bindegewebe während der Wundheilung“, führt DGKCH-Mitglied Professor Rothe aus. „Manchmal bildet der Körper gar Wucherungen über die ursprünglichen Grenzen der Wunde hinaus, sogenannte Keloide“.

Narben hinterlassen Spuren an Haut und Seele. Insbesondere sichtbare Narben führen zu Ausgrenzung und Schamgefühl bei den Kindern sowie zu körperlichen Funktionseinschränkungen. Denn Narben wachsen nicht mit, wenn das Kind größer wird. Sitzen sie beispielsweise über Gelenken, schränken sie die Beweglichkeit ein und behindern das Wachstum. Im schlimmsten Fall versteifen Gelenke. „Solche narbenbedingten Versteifungen – Kontrakturen – müssen wir dann operieren und chirurgisch nachkorrigieren“, berichtet die Expertin aus ihrem Klinikalltag und ergänzt: „Je jünger das Kind zum Verletzungszeitpunkt ist, desto mehr Operationen während der Wachstumsphase können nötig sein.“

Doch Eltern und Kinder können dazu beitragen, dass es nicht so weit kommt. Frühe Narbenpflege verringert das Risiko von wulstigen – hypertrophen – Narben und Versteifungen. Dazu muss das neu gebildete Gewebe von Anfang an mit Übungen bewegt und gedehnt werden. Arzt und Physiotherapeut leiten Eltern und Patienten dabei an. Ausgiebige Narbenpflege hilft, das kosmetische Erscheinungsbild zu verbessern. Dazu gehören zum Beispiel tägliche Massagen und rückfettende Cremes. „Dadurch richten sich die Kollagenfasern der Haut gleichmäßig aus, was zu weicheren und flacheren Narben führt“, erklärt Professor Rothe. Damit sich keine dicken Narben bilden, müssen die Patienten mit großflächigen Verletzungen außerdem über etwa zwei Jahre einen fest sitzenden Kompressionsanzug, der wie lange Unterwäsche aussieht, tragen. Zusätzlich können Silikonpflaster oder -gele die Narben weicher machen. Wichtig sei auch, die ehemals verbrannte Haut und das Narbengewebe mindestens sechs Monate vor Sonnenlicht zu schützen.

Trotz aller Möglichkeiten von Hauttransplantationen, Hautersatz bis hin zu modernen Wundversorgungsprodukten lassen sich Narben bis heute nicht vollständig vermeiden, bedauert DGKCH-Expertin Professor Rothe. „Das kosmetische Ergebnis lässt sich jedoch mit Narbenmassage, Spezial-Cremes und unter Umständen professioneller Nachoperation deutlich verbessern“, sagt sie.

Was Eltern noch gegen überschießende Narben tun können, wo Gefahren für Babys und Kinder lauern, welche Erste Hilfe-Maßnahmen sinnvoll sind und was die Arbeit von Verbrennungszentren sowie Hautersatz aus dem Labor leisten kann, darüber berichten Experten auf der Pressekonferenzder Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) am 6. Dezember 2012 in Berlin.

Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) zum „Tag des brandverletzten Kindes"

Termin: Donnerstag, 6. Dezember 2012, 12.30 bis 13.30 Uhr

Ort: Langenbeck-Virchow-Haus

Anschrift: Luisenstraße 58–59, 10117 Berlin

Ihre vorläufigen Themen und Referenten sind:

  • Schnell verbrannt – fürs Leben gezeichnet: Unterschätzte und neue Gefahren für Babys und Kinder
    Professor Dr. med. Karin Rothe, Direktorin der Klinik für Kinderchirurgie, Charité, Universitätsmedizin Berlin
  • Erste Hilfe und Versorgung von brandverletzten Kindern – Was im Notfall wichtig istDr. med. Joachim Suß, Chefarzt der Abteilung für Kinderchirurgie, Wilhelmsstift – Katholisches Kinderkrankenhaus, Hamburg
  • Wenn Narben nicht mitwachsen – Die Folgen von Verbrennungen und Verbrühungen im Kindesalter
    Dr. med. Verena Ellerkamp, Kinderchirurgie und Kinderurologie mit Poliklinik am Universitätsklinikum Tübingen
  • Dünnere Haut, dickere Narben – Bei Kindern ist vieles anders. Warum ich für brandverletzte Kinder forsche
    Dr. med. Martina Hüging, Oberärztin, Zentrum für brandverletzte Kinder,Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Kinderspital, Zürich
  • Vom Labor zum Patienten: Hautersatz dank Tissue Engineering, Stammzellen & Co.
    Privatdozent Dr. med. Clemens Schiestl, Leiter des Zentrums für brandverletzte Kinder,Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Kinderspital, Zürich
„Tag des brandverletzten Kindes am 7.12.2012" Winter brandgefährlich für Kinder Verbrennungen von Kindern sofort richtig behandeln

Berlin, November 2012 – Jedes Jahr bedürfen in Deutschland etwa 30 000 brandverletzte Kinder unter 15 Jahren ärztlicher Versorgung. Rund 6000 von ihnen sind so schwer verletzt, dass sie ins Krankenhaus müssen. Auch wenn Dank der Fortschritte in der Medizin immer weniger Kinder an Brandverletzungen sterben, so bleibt die Zahl der verbrannten und verbrühten Kinder doch konstant hoch. Besonders im Winter bergen Kerzen, Lagerfeuer und Kamine, Böller und Raketen oder auch heiße Getränke für Kinder die Gefahr, sich an Hitze oder Flammen zu verbrennen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) nimmt den „Tag des brandverletzten Kindes" zum Anlass, auf diese Risiken und unterschätzte und neue Gefahren für Babys und Kinder hinzuweisen und über Erste Hilfe und Nachsorge von Brandverletzungen zu informieren. Im Rahmen einer Pressekonferenz am 6. Dezember 2012 in Berlin berichten Forscher außerdem über Narbenpflege und Hautersatz aus dem Labor.

Ausmaß und Tiefe von Brandverletzungen häufig unterschätzt

Der Winter birgt heiße Gefahren für zarte Kinderhaut: Knisternde Kaminöfen, dampfender Kinderpunsch, brennende Kerzen oder eine Wärmflasche im Bett können schwere Verbrennungen und Verbrühungen verursachen. „Sind bei Kindern etwa zehn Prozent der Körperoberfläche verbrannt, kann sie dies bereits in Lebensgefahr bringen", weiß Dr. med. Joachim Suß, Chefarzt der Kinderchirurgischen Abteilung für Kinderchirurgie am Wilhelmsstift, Hamburg. Angehörige unterschätzten Ausmaß und Tiefe der Verletzung ihres Kindes jedoch mitunter. „Doch selbst für den Erfahrenen sind einige Formen von Brandverletzungen schwierig einzuordnen", meint Suß. Deshalb sollten Eltern bei großflächigen oder tiefen Verbrennungen aber auch im Zweifelsfall immer den Haus- oder Notarzt rufen, oder eine Rettungsstelle im Krankenhaus aufsuchen. Der Arzt schätzt den Umfang der Verletzung ein und fällt die Entscheidung über die weitere Behandlung: Beispielsweise, ob der Transport in ein Verbrennungszentrum notwendig ist.

Cool-Packs und Eis sind zum Kühlen ungeeignet

Doch Angehörige und Betroffene könnten auch selbst schon etwas tun, bevor der Arzt eintrifft, meint der Experte. Zunächst sollten sie die verbrannte Stelle für etwa zehn Minuten mit Wasser kühlen. „Das ist sehr wichtig, um das sogenannte Nachbrennen zu verhindern", so Suß. Das Wasser dürfe jedoch nicht eiskalt sein, sondern sollte etwa 15 Grad haben. Denn durch den Kältereiz ziehen sich die feinen Gefäße im verletzten Hautareal zusammen. Dadurch kommt die Durchblutung zum Erliegen, was weitere Schäden an der Haut zur Folge habe. Aus diesem Grund seien Cool-Packs oder gar Eis entgegen landläufiger Meinung völlig ungeeignet und sogar gefährlich. Sinnvoll sei dagegen, feuchte kühle Handtücher vorsichtig auf die verbannte Haut zu legen. „Aber auch hier nicht übertreiben – Kinder kühlen viel schneller als Erwachsene aus", warnt der Experte.

Da thermische Verletzungen äußerst schmerzhaft sein können, rät der Kinderchirurg zur Gabe von Schmerzzäpfchen. Kleinere oberflächliche Verletzungen ersten Grades äußern sich durch gerötete Haut, verursachen aber keine Blasen. Sie heilen in der Regel folgenlos innerhalb von drei bis zehn Tagen auch ohne ärztliche Hilfe ab. Alle anderen Brandverletzungen gehören umgehend in die Hand eines Arztes, betont die DGKCH. Dieser könne rasch die richtigen Schritte einleiten, um die Wunde – je nach Größe – angemessen zu versorgen und Narben und Infektionen zu vermeiden. Über Erste Hilfe und die Versorgung von brandverletzten Kindern informiert Dr. Suß, Mitglied der DGKCH auf einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) am Donnerstag, 6. Dezember 2012 von 12.30 bis 13.30 Uhr (Achtung: geänderte Uhrzeit) im Langenbeck-Virchow-Haus in Berlin.

9. Symposium der AG Urologie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie vom 15. bis 17.11.2012 in Tübingen Einnässen bei Kindern wirksam behandeln - Teilnahme am sozialen Leben ist Therapieziel

Tübingen, November 2012 – Einnässen, häufig wiederkehrende Harnwegsinfekte oder ein nicht wahrgenommener Harndrang bei Kindern können Hinweise auf Fehlbildungen und Tumore des unteren Harntrakts sein. Auch wenn diese Erkrankungen eher selten sind, müssen Ärzte gezielt nach den Ursachen suchen, wenn gängige Therapien nicht wirken. Denn der Therapieerfolg von kindlichem Blasen- und Prostatakrebs etwa hat sich in den letzten Jahren vervierfacht. Darauf weist der Tübinger Kinderchirurg Privatdozent Dr. med. Philipp Szavay im Vorfeld des 9. Symposiums der Arbeitsgemeinschaft Urologie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) hin. Die Experten tagen vom 15. bis 17. November 2012 in Tübingen und diskutieren neue Therapien bei Fehlbildungen und Tumoren des unteren Harntrakts bei Kindern.

Bei Kindern und Jugendlichen ist Harninkontinenz mit über 600 000 Fällen im Jahr das häufigste urologische Problem. Die Ursachen liegen meist in funktionellen oder psychischen Störungen begründet. Doch auch organische Leiden können dazu führen: angeborener, sogenannter embryonaler Blasen- und Prostatakrebs, Fehlbildungen von Harnröhre, Blase und Enddarm, Verletzungen sowie der „offene Rücken" haben häufig Fehlfunktionen der Blase wie Inkontinenz und andere Entleerungsstörungen zur Folge. Mitunter bleibt auch Restharn in der Blase und der Urin staut sich bis in die Niere. Die betroffenen Kinder nässen ein, ihre Harnwege sind dauerhaft entzündet und mitunter verlieren sogar die Nieren ihre lebenswichtige Funktion. „Oft sind die Patienten aufgrund ihrer Beeinträchtigungen auch aus ihrem Freundeskreis ausgeschlossen, ihr Selbstwertgefühl ist stark gemindert", erläutert Dr. Szavay, Vorstandsmitglied der DGKCH. Deshalb verfolge die moderne Kinderurologie mit ihren Behandlungskonzepten vorrangig das Ziel, dass Kinder am altersentsprechenden, sozialen Leben teilhaben können: „Der Erhalt, die Erlangung oder Wiederherstellung einer sozialen Kontinenz, das heißt einer kontrollierten Entleerung von Stuhl und Urin, stehen bei uns im Vordergrund", führt der leitende Oberarzt und Stellvertreter des Ärztlichen Direktors der Abteilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Tübingen aus. Zentral seien auch der Schutz der Nierenfunktion und das Vermeiden, beziehungsweise gezielte Behandeln von Infekten.

Mit modernen Verfahren können Kinderchirurgen heute vielen Patienten helfen. So nutzen sie körpereigenes Gewebe aus dem Darm, um Blasen zu modellieren, Abflusskanäle neu anzulegen und um den gefährlichen Rückstau von Harn in die Niere verhindern. Bei vielen Patienten lässt sich dadurch das Einnässen vollständig verhindern. „In den letzten Jahrzehnten haben wir erhebliche Fortschritte bei diesen Therapien erzielt", sagt Dr. Szavay. Auch eine Nierenersatz-Therapie, eine Dialyse, sei heute viel seltener nötig. Und bei embryonalen Blasen- und Prostata-Tumoren wie dem Rhabdomyosarkom könnten mittlerweile 60–70 Prozent der Harnblase erhalten und die Überlebensrate von 20 auf heute etwa 80 Prozent angehoben werden.

Die enge fachübergreifende Zusammenarbeit aller betroffenen Fachdisziplinen habe diese Fortschritte erst möglich gemacht, führt der Vertreter der DGKCH aus. Da jedoch jeder einzelne Fall selten auftrete, sei gerade im Bereich der Kinderchirurgie eine Zentralisierung auf hoch spezialisierte Kliniken mit der entsprechenden Expertise notwendig, betont er. Weitere moderne Therapiekonzepte bei angeborenen Fehlbildungen und Tumoren des unteren Harntrakts sind Thema des 9. Symposiums der AG Urologie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie vom 15. bis 17.11.2012 in Tübingen.

Beschneidung und Kinderrechte nicht bagatellisieren Kinderchirurgen positionieren sich zu Gesetzentwurf

Berlin, Oktober 2012 – Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) äußert sich in einer Stellungnahme zum Eckpunktepapier des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) „Beschneidung von Jungen – Eckpunkte einer Regelung" vom 24. September 2012. Die Fachgesellschaft sieht in dem Papier des BMJ eine Missachtung der Argumente der medizinisch-fachlichen und der öffentlichen Diskussion. Es verharmlose einen mit unnötigen Risiken für das Kind verbundenen Eingriff. Dass die Operation auch von Nicht-Medizinern durchgeführt werden solle, bagatellisiere sie umso mehr. Der Entwurf des BMJ ordne Kinderrechte Elternrechten unter und beeinträchtige den Kinderschutz, anstatt beides zu stärken.

Im Mai 2012 entschied das Landgericht Köln, dass die Beschneidung eines Vierjährigen aus religiösen Gründen einen Fall von Körperverletzung darstellt. Der Bundestag hat die Bundesregierung daraufhin aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Dieser soll sicherstellen, dass die medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen zulässig ist. Das Bundesjustizministerium hat jetzt ein Eckpunktepapier vorgelegt und innerhalb einer nur fünftägigen Frist um Stellungnahme gebeten. Diese hat die DGKCH dafür genutzt, sich dazu zu äußern.

Dem Ministerium zufolge umfasse die Personensorge durch die Eltern auch, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung einzuwilligen, sofern diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolge – ausgenommen, das Kindeswohl sei gefährdet. „Der Gesetzgeber plant hier, einen nachweislich irreversiblen körperlichen Eingriff für harmlos zu erklären", schildert Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der DGKCH aus Tübingen die Auffassung der DGKCH. Damit missachte er seriöse wissenschaftliche Stellungnahmen zu den Folgen medizinisch nicht notwendiger Zirkumzisionen. Bei Kindern habe der Eingriff keinerlei gesundheitlichen Nutzen, ist unumkehrbar und mit Schmerzen sowie einem Sensibilitätsverlust verbunden. „Er bürdet dem Kind medizinisch nicht notwendige Risiken auf und liegt nicht im Kindeswohl", sagt Fuchs.

Besonders kritisch sieht die DGKCH auch ein weiteres Vorhaben des BMJ: Bis zu sechs Monate alte Säuglinge dürfen danach auch von Personen beschnitten werden, die keine Ärzte sind. „Diese Altersgrenze ist absolut nicht nachvollziehbar und die Beschneidung verliert dadurch den Status eines medizinisch-operativen Eingriffs", betont Professor Dr. med. Maximilian Stehr, Kinderchirurg aus München. Beides laufe Kinderschutz und Kinderrechten in Deutschland zuwider. „Wir erkennen hier auch überhaupt nicht, inwieweit der medizinische Sachverstand von Experten berücksichtigt wurde", ergänzt der Vorsitzende der AG Kinderurologie der DGKCH.

Für hoch problematisch hält die DGKCH das Vorgehen, ausdrücklich „keine Sonderregelung für religiös motivierte Beschneidungen" zu verfassen und bewusst die religiöse Motivation der Eltern auszuklammern. „Denn wenn allein der elterliche Wille maßgeblich wird, sind Fehlentscheidungen Tür und Tor geöffnet", erläutert Professor Fuchs. Zukünftig könnten sich Eltern danach aus ästhetischen oder hygienischen Gründen für eine Beschneidung entscheiden. Damit würde Elternrecht über grundrechtlich fixiertes Kinderrecht gestellt.

Dem Gesetzentwurf zufolge setze die Einwilligung zur Beschneidung eine wirksame Schmerzbehandlung voraus und verpflichtet den Beschneider zur Aufklärung der Eltern. Beides sind bereits geltende Standards. „Eine medizinisch nicht indizierte Operation wird also deshalb nicht zur strafbaren Körperverletzung, weil sie ordentlich durchgeführt wird?", fragt Professor Fuchs. Dass der entgegenstehende Wille des Kindes auch berücksichtigt werden kann, nicht aber berücksichtigt werden muss, sei schlicht als Ignoranz der Kinderrechte anzusehen. Wie die betroffenen Säuglinge dem Ausdruck verleihen könnten, bleibe das Papier des Ministeriums schuldig, so die DGKCH. „Wer eine medizinisch nicht notwendige Zirkumzision vornehmen will, muss jedoch die Beweislast für die Harmlosigkeit und Ungefährlichkeit des Eingriffs tragen", betont Professor Fuchs.

Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)

Termin: Freitag, 14. September 2012, 12.45 bis 13.45 Uhr Ort: CCH-Congress Center Hamburg, Saal C3/C4 Anschrift: Marseiller Straße, 20355 Hamburg

Themen und Referenten

Was Kinderchirurgie heute leistet – Die wichtigsten Fortschritte der letzten 50 Jahre Professor Dr. med. Jörg Fuchs Präsident DGKCH, Ärztlicher Direktor der Kinderchirurgie und Kinderurologie mit Poliklinik am Universitätsklinikum Tübingen

Mit High-End-Technik und Lupenbrille – Chirurgie bei Früh- und Neugeborenen Professor Dr. med. Udo Rolle Direktor der Kinderchirurgie am Klinikum und Fachbereich Medizin Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Downhill-Biking, Skateboarding & Co. – (Neue) Verletzungen bei Trendsportarten für Kinder und Jugendliche Professor Dr. med. Lucas M. Wessel Direktor der Kinderchirurgischen Klinik, Universitätsmedizin Mannheim, Fakultät für Medizin Mannheim, Universität Heidelberg

Kindgerechte Chirurgie trotz Spardiktat der Kassen? Krankenkassen bauen Leistungen ab – Wo Kinder und Eltern heute zu kurz kommen Professor Dr. med. Stuart Hosie Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie am Städtischen Klinikum München

Inhalt

Pressemeldungen (s. Links)

Redemanuskripte

  • Professor Dr. med. Jörg Fuchs
  • Professor Dr. med. Udo Rolle (Literaturliste)
  • Professor Dr. med. Lucas M. Wessel

Faktenblatt Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)

Curriculum Vitae der Referenten

Falls Sie das Material in digitaler Form wünschen, stellen wir Ihnen dieses gerne zur Verfügung. Bitte kontaktieren Sie uns per E-Mail unter: presse(at)dgkch.de


Fortschritte in der Kinderchirurgie – 50. Jahrestagung der DGKCH

Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident DGKCH, Ärztlicher Direktor der Kinderchirurgie und Kinderurologie mit Poliklinik am Universitätsklinikum Tübingen

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) kann in den letzten 50 Jahren auf eine erfolgreiche medizinische Entwicklung zurückblicken. Kinderchirurgen wie Fritz Rehbein etablierten in den 60iger Jahren neue, international anerkannte Operationsmethoden und auch heute nimmt die deutsche Kinderchirurgie international eine führende Rolle ein. Ein Beleg dafür ist unter anderem die Austragung von zwei international hochkarätigen Kongressen im Jahr 2013, dem Europäischen Kinderchirurgenkongress in Leipzig und dem Weltkongress für Kinderchirurgie in Berlin.

Durch die spezielle kinderchirurgische Behandlung konnten die Überlebensraten von angeborenen Fehlbildungen wie Nichtdurchgängigkeit der Speiseröhre, Bauchwanddefekte oder Darmatresien von 20 Prozent in den 1960iger Jahren auf über 95 Prozent gesteigert werden. Ein Erfolg der nicht nur auf der Chirurgie allein, sondern auch der besseren intensivmedizinischen Betreuung der Neugeborenen beruht. Außerdem gelang es die Lebensqualität der Kinder deutlich zu verbessern (zum Beispiel soziale Stuhl- und Urinkontinenz bei Fehlbildungen) und durch die Einführung von minimal-invasiven Operationsverfahren das Operationstrauma zu reduzieren. Gleichzeitig wurden die kosmetischen Resultate erheblich verbessert. Beispiele hierfür sind die sogenannte „Knopflochchirurgie" bei Lungenfehlbildungen oder Nichtdurchgängigkeit der Speiseröhre im Neugeborenenalter. All diese Entwicklungen basieren auf dem Engagement von Chirurgen, die sich ausschließlich der Behandlung von Kindern widmen.

Einen weiteren Meilenstein stellt die chirurgische Behandlung von Krebserkrankungen dar. Durch eine enge interdisziplinäre Kooperation mit Kinderärzten und Strahlentherapeuten gelang es auf der Grundlage von bundesweit einheitlichen Behandlungsprotokollen die Überlebensrate der Kinder mit Krebserkrankungen von 20 Prozent Anfang der 1970iger Jahre auf 75 bis 80 Prozent zu verbessern. Diese Entwicklung stellt eigentlich eine medizinische Revolution dar und ist heute Vorbild für die Weiterentwicklung von Behandlungskonzepten in der Erwachsenenonkologie. Die Kinderchirurgen erarbeiten hierzu chirurgische Behandlungsrichtlinien mit dem Ziel der Organerhaltung und der Reduktion von verstümmelnden Operationsverfahren in der Kinderkrebstherapie. Eine weitere Optimierung in der Behandlung erhofft man sich durch eine Zentralisierung der onkologischen Betreuung auf der Grundlage des GBA-Beschlusses Kinderonkologie.

Die Entwicklung der Kinderurologie als weiteres Arbeitsfeld innerhalb der Kinderchirurgie wurde wiederum durch die „Knopflochchirurgie" vorangebracht. Heute werden Nierenentfernungen oder Nierenteilentfernungen zum Teil nur über einen minimalen Zugang am Bauchnabel bzw. Operationen Am Nierenbecken und Harnleiter über Drei-Millimeter-Einschnitte durchgeführt.

In den letzten Jahren setzt sich die DGKCH zunehmend mit Fragen der Qualitätssicherung auseinander, um allen Kindern eine optimale und fachgerechte Behandlung anzubieten. Ein Weg der Qualitätskontrolle ist die Zertifizierung von Behandlungszentren. Hierzu erarbeitet die Fachgesellschaft zum Beispiel in der Neugeborenenchirurgie ein bundesweit einheitliches Konzept. Zukünftig sieht die Fachgesellschaft ihre Aufgabe aber auch in der Prävention von kindlichen Unfällen. Hierzu sind entsprechende Arbeitsgruppen aktiv.

Literatur:

Guido Seitz, MD, Tobias M. Dantonello, MD, Christoph Int-Veen, Dipl-Med Inform., Gunnar Blumenstock, MD, MPH, Jan Godzinski, MD, Thomas Klingebiel, MD, Andreas Schuck, MD, Ivo Leuschner, MD, Ewa Koscielniak, MD, and Jorg Fuchs, MD on behalf of the CWS-96 Study Group: Treatment Efficiency, Outcome and Surgical Treatment Problems in Patients Suffering From Localized Embryonal Bladder/Prostate Rhabdomyosarcoma: A Report From the Cooperative Soft Tissue Sarcoma Trial CWS-96 Pediatr Blood Cancer_ 2010 Wiley-Liss, Inc. DOI 10.1002/pbc.22950. Published online in Wiley Online Library (wileyonlinelibrary.com)

Jan Godzinski, MD, PhD, Harm van Tinteren, PhD, Jan de Kraker, MD, PhD, Norbert Graf, MD, Christophe Bergeron, MD, PhD, Hugo Heij, MD, PhD, Dietrich von Schweinitz, MD, Joerg Fuchs, MD, Giovanni Cecchetto, MD, George Audry, MD, Frederic Gauthier, MD, and Bengt Sandstedt, MD on behalf of the SIOP Nephroblastoma Trial & Study Committee: Nephroblastoma: Does the Decrease in Tumor Volume Under Preoperative Chemotherapy Predict the Lymph Nodes Status at Surgery? Pediatr Blood Cancer 2011;57:1266–1269 _ 2011 Wiley Periodicals, Inc. DOI 10.1002/pbc.23147 Published online 29 April 2011 in Wiley Online Library (wileyonlinelibrary.com)

Joerg Fuchs, MD, Katarina Kienecker, MD, Rhoikos Furtwangler, MD, Steven W. Warmann, MD, Dietrich Bürger, MD, Joachim W. Thürhoff, MD, Josef Hager, MD and Norbert Graf, MD: Surgical Aspects in the Treatment of Patients With Unilateral Wilms Tumor A Report From the SIOP 93- 01/German Society of Pediatric Oncology and Hematology Annals of Surgery • Volume 249, Number 4, April 2009 © Lippincott Williams & Wilkins

(Es gilt das gesprochene Wort!)


Mit High-End-Technik und Lupenbrille – Chirurgie bei Früh- und Neugeborenen - Literaturliste

Professor Dr. med. Udo Rolle, Direktor der Kinderchirurgie am Klinikum und Fachbereich Medizin, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Udo Rolle, Renaldo Faber, Eva Robel-Tillig, Oliver Muensterer, Wolfgang Hirsch, Holger Till: Bladder outlet obstruction causes fetal enterolithiasis in anorectal malformation with rectourinary fistula. Journal of Pediatric Surgery (2008) 43, E11–E13, Elsevier

A. REITTER, J. PETERS, B. WITTEKINDT, H. BUXMANN, F. GEKA, U. ROLLE, R. SCHLOEßER and F. LOUWEN: Prenatal management of diaphragmatic rhabdomyosarcoma presenting with fetal hydrops. Ultrasound Obstet Gynecol 2012; 40: 235–237 Published online 9 July 2012 in Wiley Online Library (wileyonlinelibrary.com). DOI: 10.1002/uog.10113

Juan A. Tovar: Congenital Diaphragmatic Hernia. Tovar Orphanet Journal of Rare Diseases 2012, 7:1 http://www.ojrd.com/content/7/1/1

M. Lacher , S. Froehlich , D. von Schweinitz , H. G. Dietz: Early and Long Term Outcome in Children with Esophageal Atresia Treated Over the Last 22 Years. Frühe Morbidität und Langzeitergebnisse
bei Kindern mit Ösophagusatresie. Klin Padiatr 2010; 222: 296– 301 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York


Frakturen im Kindesalter – (neue) Verletzungen bei Trendsportarten

Professor Dr. med. Lucas M. Wessel, Direktor der Kinderchirurgischen Klinik, Universitätsmedizin Mannheim, Fakultät für Medizin Mannheim, Universität Heidelberg

Frakturen treten im Kindesalter häufiger als bei gesunden Erwachsenen auf. Kinder und Jugendliche verfügen selten über eine differenzierte Risikoeinschätzung. Der kindliche Knochen ist weniger stabil, jedoch deutlich elastischer als bei Erwachsenen. So erklären sich die höhere Inzidenz der Frakturen und deren schnellere Heilung. Das kindliche Skelett ist ein dynamisch wachsendes Organ, dessen Wachstumseigenschaften und Reaktionen auf Traumatisierung durchaus bekannt sind. Hierzu verweisen wir auf die einschlägigen Lehrbücher (vLaer et al. 2007, Marzi et al. 2006, Rockwood et al. 2006). Die Frakturbehandlung erfordert präzise Kenntnisse der Epidemiologie, Röntgenanatomie und Wachstumseigenschaften gesunder und verletzter Knochen. Die Binsenweisheit „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen" wird dennoch zu selten beherzigt, berücksichtigt man die Zahlen der Schlichtungsstellen der Deutschen Ärztekammern. Klagen in Zusammenhang mit der Frakturbehandlung im Wachstumsalter werden überdurchschnittlich häufig anerkannt. Bestätigte Fehler betreffen ungenaue klinische Befunderhebung, Fehldeutung des Röntgenbefunds, dem Frakturmuster nicht angemessene konservative oder operative Behandlung und unterlassene oder unzureichende Frakturkontrolle. Die Behandlung von Frakturen um das Ellenbogengelenk zeigte mit 77 Prozent die höchste Fehlerquote (Vinz und Neu 2009).

Wo und bei welcher Gelegenheit die Unfälle genau auftreten, hängt stark vom Alter der Kinder ab.Die Häufigkeit der Frakturen ist zunächst mit dem Lebensalter steigend. Der Häufigkeitsgipfel liegt bei Mädchen zwischen dem 4. und dem 7. Lebensjahr, bei Jungen zwischen dem 7. und dem 13.Lebensjahr. 75 Prozent der Frakturen ereignen sich bei Mädchen vor dem 9. Lebensjahr, bei Jungen hingegen bis zum 12. Lebensjahr. Die meisten Unfälle ereignen sich im häuslichen Bereich, gefolgt von Sport, Spielplatz beziehungsweise Schule. Verkehrsunfälle stellen eher seltene Ereignisse dar,führen dann zu ernsten Verletzungen. Im Vorschulalter dominieren häusliche und Spielplatzunfälle,im Schulalter jedoch die Sportunfälle. Bei der Lokalisation überwiegt bei Weitem die obere Extremität mit 50 bis 75 Prozent vor der unteren Extremität, auch abhängig von der Jahreszeit mit unterschiedlichen Sportarten. Einer amerikanischen Studie zufolge erleiden bei Snowboard-Unfällen 27 Prozent der Kinder Kopf- und Halsverletzungen, bei 58 Prozent sind die oberen und bei 10 Prozent die unteren Extremitäten betroffen. Einer finnischen Studie zufolge nahm die Inzidenz von Frakturen im Kindesalterallgemein ab, jedoch war aufgrund von Sportverletzungen eine Zunahme der Knochenbrüche der oberen Extremität um fast ein Drittel (vor allem Unterarm und Handgelenk) zu verzeichnen.

Zu den neuen Trendsportarten der letzten Jahre und in welchen Altersgruppen diese ausgeübt werden,gibt es leider keine Statistiken. Im Internet und auf YouTube lassen sich aber anschauliche Beispiele finden. Im Winter steigt die Inzidenz von Unterschenkel- und Sprunggelenksfrakturen (Snowboard),insgesamt sind ellbogennahen Frakturen bei kleinen Kindern und distale Unterarmfrakturen am häufigsten bei fast jeder Sportart. Echte Hits sind alle Sportarten, die mit großer Geschwindigkeit„down hill", also den Berg hinunter, gehen, und seit Jahren vor allem bei Jugendlichen sehr beliebt.Beispiele sind Downhill-Biken als besondere Form von Mountainbiking, jegliche Form von Skateboarden, – auch downhill – und Skating – in welcher Form auch immer, street, agressive, alpinoder speed. Als neue Form der Fortbewegung kommen „Heelies" – eine Art Sportschuh mit einer Rolle an der Ferse – sehr in Mode. Mit den Rollen erreicht man eine hohe Geschwindigkeit– vor allemdownhill – sodass mit diesem Trend eine Zunahme der Verletzungen möglich ist. Trampoline erfreuen sich ungebrochen großer Beliebtheit in nahezu allen Altersklassen. Im Winter ist Snowboarden nach wie vor sehr populär. Die Sportarten, bei der die Geschwindigkeit sehr hoch wird und bei denen viele waghalsige Stunts durchgeführt werden, sind am unfallträchtigsten. Dazu gehören alle Formen von downhill-fahren mit Fahrrad, Skates oder Boards und Trampolins.

Als sehr gefährlich ist das große Trampolin einzuschätzen, gerade dann, wenn Kinder unterschiedlichen Alters gleichzeitig springen. Durch die Sprungkraft der Großen werden die Kleinen geradezu herauskatapultiert und ziehen sich an allen Extremitäten ernste operationsbedürftige Frakturen zu.Dies passiert vor allem, wenn keine Netze oder sonstige Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.Gefürchtet sind in solchen Situationen auch Schädelfrakturen, die mit Substanzverletzungen und Hirnhautblutungen einhergehen können.

Während kleine Kinder in der Regel Schutzkleidung, Helme und Schützer, tragen, werden diese gerade von älteren Schulkindern und Adoleszenten abgelehnt. Wie für viele Sportarten gilt: Wer es gut kann, sieht dabei „cool" aus und zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Umso mehr, wenn der Sport noch unbekannt und dazu sehr spektakulär ist. Schutzkleidung und Helm sehen dabei eher „uncool" aus und nicht selten bringen vor allem Jugendliche sich in Gefahr, weil sie weder Helm noch Gelenkschützer tragen. Dadurch entstehen sehr ernste Kopfverletzungen und vermehrt Frakturen der oberen Extremität (vor allem distale Unterarmfrakturen) bei Sportarten wie Skating, Rad- und Wintersport. Hier muss vor allem in den Schulen frühe Aufklärung betrieben und gesteigerter Wert auf Prävention gelegt werden. Studien aus Österreich (Steiermark und Region um Graz) zeigten, dass erfolgreiche Aufklärungen und kontrollierte Prävention zu einer Abnahme von ernsten Verletzungen im Sport bei Schulkindern führten.

Zum Schluss bleibt noch der Hinweis auf die Behandlung kindlicher Knochenbrüche. Während im Erwachsenenalter nahezu alle Frakturen der operativen Therapie zugeführt werden, ist dieses Vorgehen im Wachstumsalter nicht immer notwendig. Es muss genau differenziert werden, an welcher Extremität und in der Nähe welcher Wachstumsfuge Frakturen auftreten. Nahe an hochpotent wachsenden Wachstumsfugen können verbliebene Fehlstellungen durch das weitere Wachstum zuverlässig korrigiert werden. Somit ist die konservative Therapie gerade am distalen Unterarm immer noch Behandlungsmethode der Wahl. Aufwendige Osteosynthesen, insbesondere Platten und Schrauben, sollten nur selten im Kindesalter Anwendung finden.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und es muss in der Behandlung von Frakturen auf das weitere Wachstum Rücksicht genommen werden. Im Gegensatz zu Erwachsenen können verbliebene Fehlstellungen durch das Wachstum spontan korrigiert werden, jedoch nicht an jede Lokalisation und in jedem Alter. Die Fraktur darf nicht im Schaftbereich liegen oder in der Nähe von Fugen, die nur langsam wachsen und sich sehr früh verschließen, wie in der Nähe des Ellenbogens. Wer sich nicht mit dem Phänomen Kind und Wachstum auseinandersetzt, wird keine kindgerechte Therapie wählen und zum Beispiel aufwendige Plattenosteosynthesen machen, wo einfache Drähte oder auch ein Gips ausreichen.

Leider kommt es auch zu Fehlbehandlungen. Dazu haben Vinz und Kollegen im Deutschen Ärzteblatt 2009 die Erfahrungen der Schlichtungsstelle Nord ausgewertet. Zwischen 2002 und 2007 wurden 189 Klagen eingereicht und die fehlerhafte Behandlung in 64 Prozent bestätigt. Das ist die doppelte Quote im Vergleich zu den anderen Verfahren. Knochenbrüche um das Ellenbogengelenk hatten mit 77 Prozent die höchste Fehlerquote. Dabei wurde der klinische Befund nicht richtig erhoben, das Röntgenbild fehlgedeutet, die Fraktur konservativ oder operativ unangemessen behandelt oder der Heilungsverlauf unzureichend kontrolliert. 13 Prozent der Kinder werden von der fehlerhaften Behandlung schwere Dauerschäden davontragen.

Literatur:

Vinz H, Neu J: Arzthaftpflichtverfahren nach Frakturbehandlung bei Kindern. Dtsch Ärztebl Int 2009; 106(30):491–98

v. Laer L, Kraus R, Linhart W: Frakturen und Luxationen im Wachstumsalter. Stuttgart, New York: Thieme 5. Auflage 2007

v. Laer L, Kraus R: Die konservative Behandlung von Frakturen der langen Röhrenknochen im Wachstumsalter. Unfallchirurg 2007; 109: 811–23

Weinberg AM, Marzi I, Günter SM, Wessel L, Riedel J, von Laer L: Die suprakondyläre Oberarmfraktur im Kindesalter – eine Effizienzstudie. Ergebnisse der multizentrischen Studie der Sektion Kindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie – Teil I: Epidemiologie, Effektivitätsprüfung und Klassifikation. Unfallchirurg 2002; 105(3): 208–16

Marzi I (Hrsg.): Kindertraumatologie. Darmstadt: Steinkopff 2006

Beaty JH, Kasser JR (eds) Rockwood and Wilkins' Fractures in children, Lippincott Williams and Wilkins Philadelphia 7. Auflage 2010

Kraus R, Wessel L: The treatment of upper limb fractures in children and adolescents Dtsch Arztebl Int. 2010 Dec;107(51–52):903-10. Epub 2010 Dec 27.

(Es gilt das gesprochene Wort!)



Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)

Gegründet 1963 vertritt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) die Interessen der Kinderchirurgen in Deutschland in allen wissenschaftlichen, fachlichen und beruflichen Belangen. Sie ist Ansprechpartner für die weit über 500 kinderchirurgisch tätigen Ärzte, die hierzulande in mehr als 100 Klinken und Abteilungen sowie als Niedergelassene tätig sind.

Seit Anfang der 1990er Jahre ist es in Deutschland möglich, sich zum Facharzt für Kinderchirurgie zu qualifizieren. Mit den Subspezialisierungen Kinderurologie, Kindertraumatologie und Neugeborenenchirurgie entwickelt sich das Fach seither stetig weiter. Kinderchirurgen behandeln heute Kinder jeden Alters – vom Früh- und Neugeborenen, über Kleinkinder bis hin zu den Jugendlichen. Zu den häufigen Eingriffen gehören Operationen von Fehlbildungen, Unfallverletzungen oder auch die interdisziplinäre Krebstherapie. Hierbei kommen modernste Techniken zum Einsatz wie etwa die minimal-invasive Entfernung des Blinddarms.

In 14 Arbeitsgruppen und Arbeitsgemeinschaften (AGs) setzen sich Experten der DGKCH mit ausgewählten kinderchirurgischen Themen auseinander und erarbeiten Behandlungsstandards. Hierzu gehören die AG für Minimal-invasive Kinderchirurgie, AG Kinderurologie und der Arbeitskreis des Schwerbrandverletzten Kindes.

Die DGKCH hat zudem über 20 verschiedene Leitlinien zu wichtigen Krankheitsbildern wie etwa Unterarmfrakturen, Leistenhernien oder zum Thema Beschneidung veröffentlicht. Prävention ist ein weiteres zentrales Anliegen der DGKCH, dem sich unter anderem die AG Kinderschutz widmet. Die Kinderchirurgie hat sich als eigenes Fach aus der Erwachsenenchirurgie entwickelt. Erste Kinderchirurgen waren zunächst Chirurgen, die sich die Operationen von Kindern zur Hauptaufgabe machten.Im Jahr 1882 eröffnete in Stuttgart die erste kinderchirurgische Abteilung in Deutschland. Pioniere der Kinderchirurgie wie Professor Fritz Rehbein aus Bremen brachten das Fachgebiet mit Ideen und ihrer Operationskunst weiter. Ab den 50-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erzielten sie bei der Behandlung von Kindern mit bislang unheilbaren Fehlbildungen bahnbrechende Fortschritte.

Die DGKCH ist unter dem Dachverband der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) organisiert. Sowohl national als auch international steht sie laufend in regem wissenschaftlichen Austausch. Im Oktober 2013 richtet sie den World Congress of Pediatric Surgery (WOFAPS) in Berlin aus. Die DGKCH versteht Kinderchirurgen als Partner der Kinder, Eltern und der Kinder- und Jugendmediziner. Eine zielgerichtete und schonende Versorgung der Patienten vom Frühgeborenen und Säugling bis zum Teenager ist zudem nur möglich mit genauesten Kenntnissen der Wachstumsvorgänge, differenzierten Operationstechniken und individueller, kindgerechter Pflege und Betreuung. Dafür sorgen heute interdisziplinäre Teams aus Kinderchirurgen, Kinderärzten, Intensivmedizinern, Kinderanästhesisten, Kinderkrankenschwestern und Sozialarbeitern gemeinsam. Immer gilt es, das Zusammenspiel verschiedener Organsysteme zu berücksichtigen, die noch wachsen und reifen – zum Wohle der kleinen Patienten.


Curriculum Vitae

Professor Dr. med. Jörg Fuchs

Präsident DGKCH, Ärztlicher Direktor der Kinderchirurgie und Kinderurologie mit Poliklinik am Universitätsklinikum Tübingen

Beruflicher Werdegang:
1983–1989 Medizinstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin, Charité
1989 Diplom und Promotion zum Dr. med. an der Humboldt-Universität zu Berlin, Charité
1989–1991 Beginn der Facharztausbildung für Kinderchirurgie an der Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus" in Dresden
1–6/1991 Fortführung der Weiterbildung an der Kinderklinik des Klinikums Mannheim, Tätigkeit als DFG-Stipendiat
7/1991–1/1997 Weiterbildung zum Kinderchirurgen an der Medizinischen Hochschule Hannover

Berufstätigkeit:
Seit 1997 Tätigkeit als Facharzt für Kinderchirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover
Seit 1998 Oberarzt an der Kinderchirurgischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover
Seit 2002 Ordinarius für Kinderchirurgie am UK Tübingen (C4-Professur)
2007 Ruf auf die W3-Professur für Kinderchirurgie an die Berliner Charité, Verbleib beim UK Tübingen

Funktionen:
Seit 9/2010 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), Sitz Berlin

Preise und Auszeichnungen:
1988 „Robert-Koch-Preis" der Humboldt-Universität zu Berlin
1999 Zuerkennung des „Richard Drachter-Preises" der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
2005 Novartis-Preis in Stockholm für Kinderchirurgische Forschung der Pediatric Surgery International Research Group
2008 Verleihung des SIOP-AWARDS 2008 Berlin
2011 Stephen L. Gans Overseas Lectureship Award The Academy of Pediatrics, Section on Surgery, Boston/USA

Forschungsschwerpunkte:

  • Onkologische Chirurgie (Referenzchirurg für Lebertumoren, Nierentumoren und Weichteilsarkome der GPOH-Studien)
  • Minimal-invasive Chirurgie/Kinderurologie
  • Onkologische Forschung bei soliden kindlichen Tumoren (Drug Resistance, Molecular Imaging and Photodynamic Therapy, Tiermodelle für pädiatrische solide Tumoren, Targeting Therapy)

Professor Dr. med. Udo Rolle

Direktor der Kinderchirurgie am Klinikum und Fachbereich Medizin Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

* 1965

Beruflicher Werdegang:
1986–1992 Studium der Humanmedizin an der Universität Leipzig
1992–1993 Arzt im Praktikum am Institut für Anatomie, Universität Leipzig
1993 Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universität Leipzig
1993–1999 Weiterbildung an der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universität Leipzig
1.10.1999 Facharzt für Kinderchirurgie
1999–2000 Stationsarzt an der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universität Leipzig
2000–2001 Senior Researcher am Children's Research Centre, Dublin, Ireland
2001–2002 Stationsarzt an der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universität Leipzig
Ab 22.05.2002 Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universität Leipzig
8/2003–12/2003 Specialist Registrar am Our Lady's Hospital for Sick Children, University College of Dublin, Ireland
Seit 1/2004 Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universität Leipzig
Ab 4/2008 Leitender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universität Leipzig
Ab 11/2008 Direktor/Ordinarius für Kinderchirurgie an der Klinik für Kinderchirurgie, Universität Frankfurt


9.1.1995 Promotion Medizinische Fakultät der Universität Leipzig
„Histologische, immunhistochemische und polarisationsmikroskopische Untersuchungen am Kollagen des Ligamentum anulare im Kindesalter", magna cum laude
18.02.2003 Habilitation Medizinische Fakultät der Universität Leipzig
„Histologische, histochemische und immunhistochemische Untersuchungen der Innervation des oberen Harntraktes verschiedener Tiermodelle und beim Mensch"
20.5.2003–1.11.2008 Privatdozent, W3-Professur Kinderchirurgie, Goethe-Universität Frankfurt


Preise:

  • Marianne und Rudolf Haver Preis, Universität Greifswald, 2002
    „Histologische, histochemische und immunhistochemische Untersuchungen der Innervation des oberen Harntraktes verschiedener Tiermodelle und beim Mensch"
  • Best Oral Presentation, 1st World Congress of Paediatric Surgery, June 22-27, 2004, Zagreb/Kroatia
    "Demonstration of intrinsic innervation within the guinea pig upper urinary tract"

Publikationen:

  • 60 Originalarbeiten
  • 30 Arbeiten in Supplement-Ausgaben
  • 15 Kasuistiken
  • 10 Buchbeiträge
  • Circa 200 Vorträge und Poster

Professor Dr. med. Lucas M. Wessel

Direktor der Kinderchirurgischen Klinik, Universitätsmedizin Mannheim, Fakultät für Medizin Mannheim, Universität Heidelberg

* 1955

Beruflicher Werdegang:
1974–1981 Studium in Rijksuniversiteit te Gent, Belgien
8.7.1981 Approbation
11.7.1981 Promotion
24.8.1981–31.3.1982 Assistenzarzt an der Chirurgischen Klinik des Klinikum Duisburg bei Herrn (Professor Dr. H. Kivelitz)
1.4.1982–30.9.1986 Assistenzarzt an der Chirurgischen Abteilung des akademischen Lehrkrankenhauses Gießen in Lich (Professor Dr. V. Berndt)
1.10.1986–31.7.1990 Assistenzarzt an der Unfallchirurgischen Klinik des Schwerpunktkrankenhauses Wetzlar (Professor Dr. G. Scheuba)
Seit 6.4.1988 Arzt für Chirurgie
Seit 2.8.1989 Teilgebiet Unfallchirurgie
1.8.1990–30.11.1991 Assistenzarzt an der Abteilung für Kinderchirurgie am Zentrum für Operative Medizin I der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Professor Dr. K.-L. Waag) mit Oberarztfunktion
1.12.1991–31.10.2003 Oberarzt an der Kinderchirurgischen Klinik des Universitätsklinikum Mannheim, Fakultät für Klinische Medizin der Universität Heidelberg (Professor Dr. K.-L. Waag)
Seit dem 22.2.1995 Arzt für Kinderchirurgie
9.11.1998–30.4.2002 Klinisch leitender Oberarzt an der Abteilung für Kinderchirurgie, Chirurgische Klinik der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Professor Dr. K.-L. Waag)
1.11.2003 Berufung auf den Lehrstuhl Kinderchirurgie der Universität zu Lübeck und Ernennung zum Universitätsprofessor
1.11.2008 Berufung auf den Lehrstuhl Kinderchirurgie der Universität Heidelberg und Ernennung zum Universitätsprofessor

9.2.2000 Habilitation, Thema: Funktionsuntersuchungen bei angeborenen und erworbenen Motilitätsstörungen des Gastrointestinaltraktes unter besonderer Berücksichtigung der perkutanen Messung
myoelektrischer Aktivität – eine klinische und tierexperimentelle Studie


Ausgewählte Publikationen:
Hagenah J, König IR, Sperner J, Wessel L, Seidel G, Condefer K, Saunders-Pullman R, Klein C, Brüggemann N. Long-life increase of substantia nigra hyperechogenicity in transcranial sonography. Neuroimage. 2010 May 15;51(1):28–32. Epub 2010 Feb 10

van den Hout L, Schaible T, Cohen-Overbeek TE, Hop W, Siemer J, van de Ven K, Wessel L, Tibboel D, Reiss I. Actual outcome in infants with congenital diaphragmatic hernia: the role of a standardized postnatal treatment protocol. Fetal Diagn Ther. 2011; 29(1):55–63. Epub 2011 Feb 3

Schaible T, Büsing KA, Felix JF, Hop WC, Zahn K, Wessel L, Siemer J, Neff KW, Tibboel D, Reiss I, van den Hout L. Prediction of chronic lung disease, survival and need for ECMO therapy in infants with congenital diaphragmatic hernia: Additional value of fetal MRI measurements? Eur J Radiol. 2011 Mar 31. [Epub ahead of print]

Maier S, Zahn K, Schaible T, Brade J, Wessel L, Reinshagen K. Preventive anti-reflux surgery in neonates with congenital diaphragmatic hernia: a single-blinded prospective study. J Pediatr Surg (2011) 46:1510–5

 

Professor Dr. med. Stuart Hosie

Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie, Klinikum Schwabing Klinikum München GmbH
Professor für Kinderchirurgie Klinikum Rechts der Isar, Technische Universität München

* 1962

Beruflicher Werdegang:
1981–1987 Studium der Humanmedizin: Medizinische Fakultät der Universität „Nueva Granada" „Escuela Militar de Medicina y Ciencias de la Salud" Santa Fé de Bogotá/Kolumbien
1986–1987 Praktisches Jahr Bezirkskrankenhaus, Madrid, Cundinamarca/Kolumbien Zentrales Militärkrankenhaus „Hospital Militar Central", Santa Fé de Bogotá/Kolumbien
6/1987 Kolumbianische Approbation als Arzt
10/1987–5/1988 Tätigkeit als Praktischer Arzt Puerto Wilches, Barrancabermeja, Santander/Kolumbien
11/1988–9/1989 Hospitation Forschungslabor der Kinderchirurgischen Klinik, Universitäts-Klinikum Eppendorf, Universität Hamburg (Professor Wolfgang Lambrecht, PD Dr. Dietrich Kluth)
10/1991 Deutsche Approbation als Arzt Regierungspräsidium Düsseldorf,
2/1995 Promotion Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg: „Grundlagen zur Bedeutung der Androgenrezeptoren beim Descensus testis im Kindesalter"

Tätigkeiten als Assistenzarzt:
10/1989–11/1991 Kinderchirurgische Abteilung, Medizinische Einrichtungen der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf (Professor Dr. med. Karl-Ludwig Waag)
12/1991–3/1994 Kinderchirurgische Universitätsklinik, Klinikum Mannheim
5/1995–6/1996 Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität
7/1997–4/1998 Heidelberg (Professor Dr. med. Karl-Ludwig Waag)
4/1994–4/1995 Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie, Klinikum Mannheim, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim, Universität Heidelberg (Professor Dr. med. Michael Trede)
7/1996–6/1997 Universitäts-Kinderklinik, Klinikum Mannheim, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim, Universität Heidelberg (Professor Dr. med. K. H. Niessen)
11/1997 Anerkennung als Facharzt für Kinderchirurgie Landesärztekammer Baden-Württemberg


Tätigkeiten als Oberarzt:
12/1997–4/1998 Kinderchirurgische Universitätsklinik, Klinikum Mannheim, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Seit 5/1998 ebendort Oberarzt
5/1998–5/2002 ebendort Leiter des Funktionsbereichs Neugeborenenchirurgie
Seit 5/2002 ebendort Leiter des Funktionsbereiches Kinderurologie
7/2003 Habilitation
Venia legendi für das Fach Kinderchirurgie, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Klinische Schwerpunkte:

  • Kinderurologie
  • Neugeborenenchirurgie
  • In Kooperation mit Kinderklinik, Frauenklinik und Institut für Radiologie: pränatale Beratung und Therapieempfehlungen bei diagnostizierten Fehlbildungen
  • Chirurgische Therapie des Kurzdarmsyndroms
  • Minimal-invasive Chirurgie, insbesondere Korrektur der Trichterbrust
Kindgerechte Chirurgie trotz Spardiktat der Kassen? Krankenkassen bauen Leistungen ab – auch Kinder leiden darunter

Berlin/Hamburg, September 2012 – Trotz prall gefüllter Konten: Krankenkassen bauen zunehmend Leistungen ab. Auch kranke oder verletzte Kinder sind davon betroffen: Innovative und kindgerechte minimal-invasive Eingriffe werden oft nicht angemessen vergütet, ein Aufnahmetag vor einer Operation soll nur in schweren Fällen möglich sein. „Die verschärften Einsparungen können zu Leistungseinschränkungen und Sicherheitslücken bei der medizinischen Versorgung von Kindern im Krankenhaus führen", mahnt Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Führende Vertreter der DGKCH fordern im Rahmen einer Pressekonferenz am 14. September auf ihrer 50. Jahrestagung vom 13. bis 16. September 2012 eine Begrenzung des Leistungsabbaus der Kassen bei der Behandlung von Kindern im Krankenhaus.

Etwa 500 000 Operationen führen Ärzte hierzulande jedes Jahr an Kindern durch. Oft ist dafür ein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus notwendig. Doch diese Behandlungen sind zeit- und kostenintensiv. Denn die Häuser müssen eigens angefertigte, miniaturisierte High-Tech-Instrumente vorhalten und auch das Team von Anästhesisten, Intensivmedizinern, Pflegekräften, Sozialpädagogen und Kinderchirurgen muss auf Kinder spezialisiert sein. Auch fordert der Umgang mit den Kleinsten und ihren Eltern mehr Zeit, Geduld und Fürsorge als mit den meisten erwachsenen Patienten. "Für Kinder ist die Klinik oft fremd und sie müssen sich darauf zunächst einstellen. Was Erwachsene rational verstehen und nachvollziehen, ängstigt und überfordert sie mitunter" erläutert Professor Dr. med. Stuart Hosie, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie des Städtischen Klinikums in München. „Eine kindgerechte Therapie in einem spezialisierten Zentrum bedeutet ein Mehr an Aufwand gegenüber der Behandlung von Erwachsenen." Da Krankenkassen diesen Mehraufwand in der Regel nicht extra vergüten, sondern meist in allgemeinen Fallpauschalen, sogenannten DRGs, abrechnen, schreiben schon heute viele Kinderkrankenhäuser Rote Zahlen.

Nach den Plänen der Krankenkassen wird sich die Situation voraussichtlich weiter verschärfen. So garantieren die Kassen eine Kostenübernahme für den präoperativen Tag für Kinder im Krankenhaus nur noch in schwersten medizinischen Fällen. Bisher diente der stationäre Tag vor dem Eingriff der kindgerechten und umfassenden Vorbereitung von Kindern auf größere Operationen. Ärzte konnten so auch Sicherheitsrisiken ausschließen, etwa die Frage, ob die kleinen Patienten auch wirklich nüchtern sind.

Auch medizinischen Fortschritt in Form neuer, schonender Behandlungsmethoden unterstützen die Kassen nicht ohne Weiteres: Verkürzt sich durch moderne Verfahren wie etwa Schlüsselloch-Chirurgie der Krankenhausaufenthalt gegenüber den herkömmlichen, offenen Eingriffen, gibt es Abzüge bei der Fallpauschale. „Daher können Kinderkrankenhäuser kaum kostendeckend arbeiten", erklärt Professor Hosie. Eine unbefriedigende Situation für alle: „Durch das Spardiktat der Kassen werden wir quasi vor die Entscheidung gestellt, ob wir defizitär arbeiten wollen, oder in Kauf nehmen, dass Kinder nicht die bestmögliche Versorgung erhalten." Im Extremfall ginge es gar darum, dass Ärzte Sicherheitsrisiken wie fragliche Nüchternheit in Kauf nehmen müssten. Das sei mit dem ärztlichen Ethos völlig unvereinbar, betont der Kinderchirurg, denn „Das Kindeswohl geht immer vor". Wie sich die Sparzwänge der Krankenkassen auf die Kinderchirurgie und deren Patienten auswirken, davon berichten Experten auf einer Pressekonferenz am Freitag, dem 14. September 2012 im CCH, Hamburg, von 12.45 bis 13.45 Uhr. Das Kongressprogramm finden Sie unter www.dgkj2012.de

Angeborene Fehlbildungen bei Kindern: Durch High-End-Kinderchirurgie Überlebensrate und Lebensqualität steigern

Berlin/Hamburg, September 2012 – Etwa fünf bis sieben Prozent aller in Deutschland geborenen Kinder weisen eine Fehlbildung auf: Sie kommen zum Beispiel mit einem Darmverschluss, Zwerchfellbruch oder Herzfehler zur Welt. Ein Drittel davon ist so schwerwiegend, dass die Kinder noch im Geburtsmonat operiert werden müssen. Über Fortschritte aber auch Grenzen in der Chirurgie von Früh- und Neugeborenen mit Fehlbildungen diskutieren Experten auf der 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) vom 13. bis 16. September 2012, CCH-Congress Center Hamburg.

"Mutter und Kind wohlauf?", das ist oft die erste Frage von Familie und Freunden nach der Geburt eines Babys. Ein gesundes Kind ist zwar die Regel, aber keine Selbstverständlichkeit. Erkrankungen, die Kinderchirurgen bereits in den ersten Lebensstunden oder Lebenstagen operieren müssen, sind vor allem Verschlüsse der Speiseröhre und des Darmes, Bauchwanddefekte, Zwerchfellbrüche und Lungenfehlbildungen. Viele dieser Krankheitsbilder waren noch vor fünfzig Jahren den Geburtshelfern weitgehend fremd, mögliche Operationen unbekannt oder unzureichend. Entsprechend hoch war die Sterblichkeitsrate: Nahezu die Hälfte der Kinder mit schwerwiegenden angeborenen Fehlbildungen starb damals noch. Erst eine verbesserte vorgeburtliche Diagnostik, Intensivmedizin, Kinderanästhesie und Kinderchirurgie senkten diese Rate auf heute etwa fünf Prozent. „Moderne mikrochirurgische kindgerechte Operationstechniken, der Einsatz der minimal invasiven Chirurgie und vor allem auch die verbesserte intensivmedizinische Betreuung der Kinder vor und nach der Operation ermöglichen, dass viele betroffene Kinder heute überleben und ohne schwerwiegende Einschränkungen aufwachsen", sagt Professor Dr. med. Udo Rolle, Chefarzt der Kinderchirurgie im Universitätsklinikum in Frankfurt im Vorfeld des 50. Kongresses der DGKCH. „Erhebliche Fortschritte konnten wir beispielsweise bei der Behandlung von Kindern mit fehlendem Darmausgang oder falsch angelegter Harnröhrenöffnung erzielen, gerade was die Kontrolle ihrer Ausscheidungen angeht. Damit ist es uns gelungen, ihre Lebensqualität deutlich zu verbessern" berichtet Professor Rolle. Auch große, verstümmelnde Narben seien mittlerweile eine Seltenheit, lange, belastende Krankenhausaufenthalte aufgrund neuer OP-Methoden häufig nicht mehr notwendig. Dennoch: „Angeborene Fehlbildungen sind trotz aller medizinischen Fortschritte oft schwierig und langwierig zu behandeln". Die optimale und kindgerechte Behandlung dieser kleinsten Früh- und Neugeborenen erfordere gebündelte Kompetenz. „Nur an Perinatalzentren sind hoch spezialisierte Ärzteteams bestehend aus Kinderradiologen, Kinderanästhesisten, Pränataldiagnostikern, erfahrenen Kinderchirurgen, Neonatologen, Intensivmedizinern und Kinderpflegekräften auf diese komplexen Therapien vorbereitet" so der Experte. Da jede einzelne der angeborenen Fehlbildungen selten vorkomme, verfügten nur große Zentren, die entsprechend viele Kinder behandeln über ausreichende Erfahrung.

Leider könne nicht allen Patienten befriedigend geholfen werden und einige Kinder bleiben lebenslang schwer beeinträchtigt. Um hier weitere Fortschritte zu erzielen, fordert der Experte mehr Investitionen: „Diagnose und Prävention schwerwiegender Fehlbildungen, ihre bestmögliche Therapie und Hilfe für betroffene Kinder und Eltern sind zentrale Aufgaben des Gesundheitssystems", sagt DGKCH-Vorstandsmitglied Professor Rolle. Denn jedes Kind habe einen Anspruch auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit. „Unser erklärtes Ziel ist es, allen Kindern die Teilhabe am beruflichen wie gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen".

Was Kinderchirurgie heute für Früh- und Neugeborene mit Fehlbildungen tun kann ist Gegenstand einer Pressekonferenz im Rahmen der 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) am Freitag, dem 14. September 2012 von 12.45 bis 13.45 Uhr im CCH-Hamburg.

Ob Skate- oder Snowboard: Trendsportarten sind unfallträchtig Knochenbrüche bei Kindern richtig behandeln

Berlin/Hamburg, August 2012 – Bei Kindern und Jugendlichen beliebte Trendsportarten wie Downhill-Biken, Snowboarden oder auch Trampolinspringen führen sehr häufig zu Knochenbrüchen. Doch die Therapie dieser Frakturen im Wachstumsalter birgt Fehlerquellen, nicht selten kommt es im Anschluss zu Klagen. Um Behinderungen und Schiefstellungen zu vermeiden, sollten Knochenbrüche von Kinderchirurgen behandelt werden, darauf weisen Experten im Vorfeld der 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) in Hamburg hin. Der Kongress findet vom 13. bis 16. September 2012 im CCH in Hamburg statt. Welche Therapie sich bei welchem Bruch eignet und welche neuen Methoden es bei Verletzungen von Armen und Beinen gibt, darüber informieren Experten auf einer Pressekonferenz der DGKCH am 14. September 2012.

Kinder und Jugendliche brechen sich ihre Knochen häufiger als Erwachsene. Bei Mädchen ereignen sich drei Viertel der Frakturen vor dem neunten Lebensjahr, bei Jungen bis zum Alter von zwölf Jahren. Mit 50 bis 75 Prozent sind die Arme gegenüber den Beinen am häufigsten betroffen. Letzteres gilt für nahezu jede Sportart: „Am häufigsten beobachten wir ellbogennahe Knochenbrüche sowie Frakturen der Unterarme in Nähe des Handgelenks" berichtet Professor Dr. med. Lucas Wessel, Chefarzt der Kinderchirurgischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim. Im Winter steige die Häufigkeit von Unterschenkel- und Sprunggelenksfrakturen, vor allem durch Snowboard-Unfälle.

Trotz der Vielfalt der Sportarten entstehen Verletzungen und Frakturen im Kindesalter nach einem gleichbleibenden Muster, sagt Professor Wessel. „Es ist nicht so, dass mit neuen Sportarten völlig neue Verletzungstypen auftreten. Vielmehr gehen bestimmte Sportarten mit mehr oder weniger ernsten Verletzungen einher". Gerade das große Trampolin berge ein hohes Verletzungsrisiko, wenn es von mehr als einem Kind gleichzeitig benutzt werde, so der Experte. Katapulteffekte führen hier zu Zusammenstößen, durch die leichtere Springer besonders gefährdet sind. Dabei kommt es immer wieder zu komplizierten Brüchen aber auch zu Schädelverletzungen, die mit Hirnblutungen einhergehen können.

Während im Erwachsenenalter fast alle Brüche operiert würden, sei das bei Kindern keinesfalls immer notwendig. Denn nahe der Wachstumsfugen korrigiere der Knochen etwaige Fehlstellungen selbst, indem er weiter wächst: Hier genüge oft ein Gips und regelmäßige Frakturkontrollen als Therapie. Eine Operation ist dann mitunter nicht notwendig. „Es muss jedoch genau unterschieden werden, an welcher Gliedmaße und in der Nähe welcher Wachstumsfuge die Verletzung liegt", betont Wessel. Die Situation jeweils richtig einzuschätzen erfordere Expertenwissen und Erfahrung vom Arzt. Dies zeigen auch die hohen Fehlerquoten im Zusammenhang mit Frakturbehandlungen im Wachstumsalter: Klagen von Eltern und Patienten werden hier überdurchschnittlich häufig anerkannt.

Vorbeugen sei besser als Heilen, mahnt der Knochenexperte. „Kinder sind sich ihres Verletzungsrisikos oft nicht bewusst". Studien aus Österreich zeigen, dass frühe Risiko-Aufklärung in den Schulen und das Tragen von Schutzkleidung zu einer Abnahme ernster Verletzungen bei Schulkindern führen. Welche Trendsportarten besonders gefährlich sind und was jeder darüber wissen sollte, ist Thema auf der Pressekonferenz der DGKCH am Freitag, dem 14. September im Rahmen der 50. Jahrestagung der DGKCH in Hamburg.

Kinderchirurgen tagen zum 50. Jubiläum in Hamburg Ein halbes Jahrhundert Chirurgie im Dienste der Kleinsten

Berlin/Hamburg, August 2012 – Fehlbildungen der Speiseröhre, ein Magenpförtnerkrampf, kein Darmausgang: Was früher für Neugeborene oft ein Todesurteil war, operieren Kinderchirurgen heute fast täglich erfolgreich und retten damit Leben. Über aktuelle Fortschritte in der Neugeborenenchirurgie, bei der Behandlung von Krebs und nach Unfällen, über Baucheingriffe und minimal-invasive Operationstechniken diskutieren Experten auf der 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Die Jubiläumstagung der DGKCH findet vom 13. bis 16. September 2012 im CCH-Congress Center in Hamburg statt.

Eine zielgerichtete und schonende Versorgung der Patienten vom Frühgeborenen und Säugling bis zum Teenager ist nur möglich mit genauesten Kenntnissen der Wachstumsvorgänge, differenzierten Operationstechniken bis hin zur Schlüssellochchirurgie und individueller, kindgerechter Pflege und Betreuung. Dafür sorgen heute interdisziplinäre Teams aus Kinderärzten, Kinderanästhesisten, Kinderkrankenschwestern und Sozialarbeitern gemeinsam. Die ersten Kinderchirurgen waren zunächst Chirurgen, die sich die Operationen von Kindern zur Hauptaufgabe gemacht haben. „Dass sich die Kinderchirurgie damals als eigenes Fach aus der Erwachsenenchirurgie entwickelt hat, liegt in der Natur der Sache, denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen", sagt DGKCH-Präsident Professor Dr. med. Jörg Fuchs aus Tübingen.

Im Jahr 1882 eröffnete in Stuttgart die erste kinderchirurgische Abteilung in Deutschland. Pioniere der Kinderchirurgie wie Professor Fritz Rehbein aus Bremen brachten das Fachgebiet mit Ideen und großer Operationskunst weiter. Ab den 50-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erzielte er mit seinen innovativen OP-Methoden, den „Rehbeintricks", bei der Behandlung von Kindern mit bislang unheilbaren Fehlbildungen bahnbrechende Fortschritte. Es dauerte bis 1963, dass sich mit der DGKCH in München eine Fachgesellschaft formierte, um die Kinderchirurgie wissenschaftlich, fachlich und beruflichen zu vertreten. Seit Anfang der 90er Jahre ist es in Deutschland möglich, sich zum Facharzt für Kinderchirurgie zu qualifizieren. Mit den Subspezialisierungen in der Kinderurologie, Kindertraumatologie und Neugeborenenchirurgie entwickelt sich das Fach seither stetig weiter.

Damit trägt die Fachgesellschaft den besonderen Erfordernissen von kranken Kindern Rechnung. „Alle Therapien müssen speziell für die kleinen Patienten entwickelt und auf sie ausgerichtet sein", betont Professor Fuchs im Vorfeld des Jubiläums-Kongresses in Hamburg. Denn immer gelte es, das Zusammenspiel verschiedener Organsysteme zu berücksichtigen, die noch wachsen und reifen, ergänzt der ärztliche Direktor der kinderchirurgischen Universitätsklinik Tübingen. „Wesentlich beigetragen zum Erfolg der Kinderchirurgie haben vor allem Forschung, permanente Entwicklung und Verbesserung chirurgischer Techniken, miniaturisierte Instrumente und genauere Diagnostik", sagt der Experte. Auch Fortschritte in der Geburtsmedizin, in Kinderanästhesie und Kinderintensivmedizin trügen dazu bei. „Gemeinsam mit den Kollegen können wir Kinderchirurgen Früh- und Neugeborenen, Kleinkindern und Jugendlichen heute sicher und schonend exzellente operative Ergebnisse anbieten". So würden heute in spezialisierten kinderchirurgischen Zentren routinemäßig minimalinvasive Eingriffe durchgeführt. „Das reicht von der Entfernung des Blinddarms bis hin zum Verschluss von Lücken im Zwerchfell", so Fuchs.

Mediziner aus allen Bereichen der Kinderchirurgie tagen vom 13. bis 16. September im CCH-Congress Center in Hamburg. Die DGKCH veranstaltet ihren Kongress im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, der Gesellschaften für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, der Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie sowie des Berufsverbandes der Gesundheits- und KrankenpflegerInnen. Das Kongressprogramm finden Sie unter www.dgkj2012.de

Kinderknochen heilen anders: Schiefstellungen und Behinderungen vermeiden

Berlin, Juli 2012 – Bei Spiel, Sport und im Straßenverkehr verletzen sich in Deutschland jährlich schätzungsweise 900 000 Kinder so schwer, dass sie vom Arzt behandelt werden müssen. Die dritthäufigste Unfallfolge sind Knochenbrüche – meist von Armen oder Beinen. Um sie zu heilen, müssen Ärzte die Wachstumsvorgänge und die verschiedenen Therapien gut kennen. Denn bei nicht erkannten oder falsch behandelten Frakturen drohen dauerhafte Schäden, warnt die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Neben vorbeugendem Schutz der Kinder sei nach einem Unfall vor allem eine qualifizierte Behandlung durch einen Kinderchirurgen wichtig, so die DGKCH. Nur dann ließen sich falsches Zusammenwachsen und mögliche Behinderungen vermeiden.

Etwa 43 000 Kinder im Alter von 0 bis 15 Jahren werden hierzulande jedes Jahr wegen eines Knochenbruchs von Arm oder Bein stationär im Krankenhaus aufgenommen. Fast die Hälfte der Verletzungen sind Frakturen des Unterarms, gefolgt von Brüchen von Schulter und Oberarm mit etwa 9000 Fällen. „Aufgrund ihrer Schutzfunktion etwa beim Sturz auf die ausgestreckte Hand sind Ober- und Unterarm am häufigsten betroffen", sagt Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie aus Tübingen.

Auch wenn kindliche Knochen schneller heilen als die von Erwachsenen ist ihre Behandlung alles andere als trivial: „Frakturen bei Kindern unterscheiden sich in Diagnostik und Therapie grundlegend von Knochenbrüchen des ausgewachsenen Skelettsystems", erläutert Professor Fuchs, der Direktor der kinderchirurgischen Universitätsklinik in Tübingen ist. Das beginne schon beim Erheben des Befundes. „Unsere kleinen Patienten können uns oft nicht sagen, wo genau es ihnen weh tut", erläutert Fuchs. Die Deutung der Röntgenbefunde erfordere zudem viel Erfahrung: Haarrisse, Drehfehler und Verschiebungen könnten beim wachsenden Knochen leicht übersehen oder falsch eingeschätzt werden. Hier drohen schwerwiegende Folgen: Der Bruch heilt schlechter, Knochen wachsen fehlerhaft zusammen – schließlich können die Kinder die betroffenen Gliedmaßen mitunter nicht mehr uneingeschränkt bewegen.

Deshalb muss der Arzt bei der Wahl der Therapie auch das noch zu erwartende Wachstum des Knochens einbeziehen: „Eine korrekte Wachstumsprognose der jeweiligen Fraktur durch den Kinderchirurgen ist für eine optimale Therapie essenziell", so Professor Fuchs. Denn je nach Lage und Art des Knochenbruchs, Alter, Geschlecht und Entwicklungsstadium des Patienten heile der Bruch unterschiedlich.

Viele Knochenbrüche im frühen Kindesalter wachsen komplikationslos wieder zusammen. Mitunter gleichen körpereigene Spontankorrekturen sogar etwaige Fehlstellungen aus. Doch bestimmte Körperteile nach einem Bruch zu heilen erfordert vom Arzt große Expertise: Die Wachstumsfugen des Ellenbogengelenks etwa, die für das Längenwachstum des Knochens verantwortlich sind, hören schon früh auf zu wachsen. „Deshalb gleicht der Körper hier eventuelle Fehlstellungen nur in geringem Maße aus", sagt der Kinderchirurg und Knochenexperte Dr. med. Justus Lieber von der Abteilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie der Universitätskinderklinik Tübingen. Mit 77 Prozent Komplikationen weisen diese Frakturen die höchste Fehlerquote bei Behandlungen auf.

Idealerweise besprechen Ärzte, Eltern und wenn möglich auch das Kind gemeinsam, welche Behandlung die geeignete ist. „Wir klären individuell, inwieweit die in Frage kommenden Therapien jedem einzelnen Kind zumutbar sind", meint Professor Fuchs. In jedem Fall sollten sie den kleinen Patienten in seinem natürlichen Bewegungsdrang unterstützen und nicht unnötig einschränken. „Auch wenn kindertraumatologische Zentren sehr gute Behandlungsmöglichkeiten bieten, ist jeder Unfall ein Unfall zu viel", gibt Professor Fuchs zu bedenken. Viele Unfälle ließen sich vermeiden, wenn Verkehrsregeln eingehalten, Protektoren und Helme getragen und nur TÜV-geprüfte Spielgeräte zum Einsatz kämen.

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) zu dem Urteil des Landgerichts Köln (zur Rechtswidrigkeit der medizinisch nicht indizierten Zirkumzision bei nicht einwilligungsfähigen Knaben) vom 7.5.2012

München 4.7.2012 - Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) nimmt das Urteil des Landgerichts Köln begrüßend zur Kenntnis.

Mit der prinzipiellen Feststellung der Rechtswidrigkeit medizinisch nicht indizierter Beschneidungen bei nicht einwilligungsfähigen Knaben bestätigt das Gericht die von der DGKCH vertretene und viel diskutierte Meinung. In den letzten Jahren wurde von verschiedenen Autoren in mehreren Publikationen hierzu kritisch Stellung genommen, zuletzt 2008 im Deutschen Ärzteblatt (Dtsch Ärztebl 2008; 105(34–35); A 1778–80). Auf Anfrage des Vorstands der DGKCH wurde im gleichen Jahr vom Justitiar des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen e. V. (BDC) von der Durchführung medizinisch nicht indizierter Beschneidungen bei nicht einwilligungsfähigen Knaben abgeraten, da andernfalls ein erhebliches Risiko für den Operateur gegeben sei, sich strafbar zu machen, auch wenn der Eingriff lege artis und ohne Komplikationen durchgeführt werde.

Das nun ergangene Urteil festigt diese Einschätzung und gibt gleichzeitig Rechtssicherheit. Zugleich wird mit dem Urteil das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes unterstrichen. Gerade Kinderchirurgen, die nicht einwilligungsfähige Kinder mit Einwilligung ihrer Eltern operativ behandeln, müssen hier strenge und klare Maßstäbe ansetzen. Nur die elterliche Einwilligung zu einer Operation, die dem Kind nach Abschätzen des Nutzen und des Risikos medizinisch zum Wohle gereicht, ist rechtswirksam. Dieser Sachverhalt ist aber bei der Beschneidung kleiner Knaben ohne Einwilligungsfähigkeit außerhalb der medizinischen Indikation nicht erfüllt.

Dabei geht es in keinem Falle um die Diskriminierung von Religionsgemeinschaften, die die Zirkumzision bei nicht einwilligungsfähigen Knaben regelhaft praktizieren, sondern vielmehr um ärztliche Ethik.

Verfasser:
Univ.-Prof. Dr. med. Maximilian Stehr
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Kinderurologie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Kinderchirurgische Klinik im Dr. v. Haunerschen Kinderspital
Ludwig-Maximilians-Universität München

Magenpförtnerkrampf lässt Babys spucken Routine-Operation durch den Kinderchirurgen hilft

Berlin, Mai 2012 - Drei von tausend Kindern haben im frühen Säuglingsalter einen Magenpförtnerkrampf: Dieser verengt den Weg vom Magen in den Darm. Die Babys können dadurch keine Muttermilch bei sich behalten und erbrechen sich kurz nach dem Essen schwallartig. Ohne ärztliche Hilfe erleiden sie einen – mitunter lebensbedrohlichen – Flüssigkeits- und Elektrolytverlust. Kinderchirurgen können diese sogenannte „hypertrophe Pylorusstenose“ heute schonend und mit gutem Erfolg operieren, darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) hin. Entscheidend ist deshalb eine rasche Diagnose und die Behandlung durch einen erfahrenen Kinderchirurgen.

Der Magenpförtner, Pylorus genannt, ist ein Muskel am Übergang vom Magen zum Dünndarm. Er reguliert den Transport des Nahrungsbreis. Bei einer Pylorusstenose ist der Muskel verdickt, so dass der Speisebrei nur schwer oder überhaupt nicht in den Darm gelangt. Die meist drei bis zehn Wochen alten Babys sind ständig hungrig und unruhig. Der verdickte Magenpförtner lässt sich mitunter durch die Bauchdecke ertasten. Jungen sind fünfmal häufiger als Mädchen betroffen. Die Ursache der Erkrankung ist bisher unklar. Die Diagnose stellt der Arzt mithilfe einer Ultraschalluntersuchung. „Sobald die Diagnose steht, muss zunächst der durch das Erbrechen entstandene Verlust an Flüssigkeit und Elektrolyten ausgeglichen werden. Anschließend sollte ein Kinderchirurg operieren“, sagt der Tübinger Kinderchirurg, Privat­dozent Dr. med. Philipp Szavay aus dem Vorstand der DGKCH. Eltern müssten bei der Operation in der Regel keine Sorge um ihr Kind haben

Denn die Operation gilt heute als bewährtes Verfahren. Der Eingriff dauert etwa dreißig Minuten. Der Kinderchirurg operiert entweder über einen kleinen Bauchschnitt oder über eine Bauchspiegelung, durch einen minimalinvasiven Zugang. Dabei spaltet er den Magenpförtner­muskel längs auf. Im Allgemeinen können die kleinen Patienten nach wenigen Tagen aus dem Krankenhaus entlassen werden, sobald sie die volle Nahrungsmenge vertragen. Die weitere Nachsorge übernimmt dann häufig der Kinderarzt ambulant.

Die Entwicklung kleinster Instrumente hat dazu geführt, dass Kinderchirurgen heute an spezialisierten Zentren Pylorusstenosen auch laparoskopisch operieren – also über winzige Zugänge, die quasi narbenfrei abheilen. Die beiden Operationsverfahren unterscheiden sich in der Hand geübter Operateure kaum in ihrem Ergebnis. Beim minimal-invasiven Vorgehen zeigt sich zwar ein Trend zu kürzerer OP-Dauer, die Kinder genesen zudem rascher. „Gerade in der Kinderchirurgie steht jedoch die langfristige Lebensqualität des Kindes im Vordergrund“, betont Dr. Szavay. „Da auch beim offenen Zugang über den Nabel die Narbe später kaum sichtbar ist, sollte die Entscheidung für eine bestimmte Technik von der Spezialisierung des Operateurs abhängig gemacht werden“, so der Experte weiter.

Die früher durchgeführte konservative Therapie war für das Baby sehr belastend und stellt daher laut der DGKCH keine geeignete Alternative mehr dar: Das Kind musste über einen längeren Zeitraum in der Klinik bleiben und bis zu 24 Mal am Tag gefüttert werden, Medikamente sollten den Magenpförtnermuskel nach und nach lösen. „Wir sind deshalb froh, dass wir heute den sicheren operativen Weg gehen können, zumal eine hypertrophe Pylorusstenose bis Mitte des letzten Jahrhunderts eine lebensgefährliche Erkrankung darstellte“, sagt Dr. Szavay. Entscheidend sei dabei jedoch, dass Kinderchirurgen den Eingriff durchführen.

Kinderchirurgen: Fehlbildungen bei Neugeborenen frühzeitig und sicher operieren

Berlin, Mai 2012 – Eins von 2500 Kindern kommt mit einer angeborenen Fehlbildung zur Welt. Fehler an Lunge, Speiseröhre oder Zwerchfell können Kinderchirurgen heute schon kurz nach der Geburt operieren. Um das spätere körperliche Wachstum der Neugeborenen nicht zu stören, eignen sich so genannte Schlüsselloch-Operationen über kleinste Zugänge. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) sieht in diesem minimalinvasiven, für Eingriffe bei Früh- und Neugeborenen innovativen Verfahren eine positive Entwicklung.

In Deutschland kommen etwa 200 Kinder mit einer Lücke im Zwerchfell zur Welt. Durch diese „Hernie“ drängen Organe aus dem Bauch in den Brustkorb und zwängen die Lunge ein. Bei anderen Neugeborenen – einem von etwa 2500 – fehlt die Verbindung von der Speiseröhre zum Magen. Diese sogenannte Ösophagusatresie, Zwerchfellhernien oder beispielsweise auch Lungenfehlbildungen sind heute gut zu operieren sagt Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der DGKCH aus Tübingen: „Hier kann nur eine interdisziplinäre Therapie mit elektiver Operation innerhalb der ersten Lebenstage helfen, denn in den meisten Fällen sind Kinder mit diesen Fehlbildungen nicht lebensfähig.“

Früher mussten Kinderchirurgen dafür die zarten Rippen des Kindes durchtrennen und den Brustkorb öffnen, um an die Organe zu gelangen. Inzwischen operieren viele Kinderchirurgen minimalinvasiv. Die Ärzte arbeiten hier mit winzigen Instrumenten: An drei Stellen führen sie über Einstiche kleine Röhrchen, sogenannte Trokare, in den Brustkorb ein. Durch ein Trokar legen sie eine kleine Kamera, durch die anderen beiden die Operationsinstrumente. „Minimalinvasive Eingriffe sind technisch schwierig“, erläutert Fuchs, der Direktor der kinderchirurgischen Universitätsklinik in Tübingen ist: „Sie dauern deshalb in der Regel zwar länger als eine offene Operation, sind aber mit einer sehr geringen Gewebeschädigung verbunden.“ Die Beatmungszeit nach der Operation verkürze sich, die Kinder erlitten weniger Schmerzen, und sie könnten schneller aus der Klinik entlassen werden.

Ein wesentlicher Vorteil sind auch die geringen langfristigen Folgen. „Da der knöcherne Brustkorb nicht geöffnet werden muss, kommt es hier später nicht zu Rippenverschmelzungen oder Verkrümmungen der Wirbelsäule“, sagt Professor Fuchs. Nach einer minimal-invasiven Operation im Brustkorb bleibe dagegen außer drei kurzen Narben vom Eingriff nichts zurück.

Anfängliche Skepsis gegenüber dieser thorakoskopischen Chirurgie bei Neugeborenen hat sich gelegt: „Wir haben das Stadium der Machbarkeit längst überwunden“, sagt Fuchs, der vor zehn Jahren die ersten Operationen durchführte. Die Technik habe sich so gut entwickelt, dass Eltern heute in den meisten Fällen sehr zuversichtlich sein könnten. „Auch Lungenfehlbildungen und selbst Defekte an der Luftröhre beheben wir heute mit guten Erfolgsaussichten thorakoskopisch“, berichtete Professor Fuchs im Rahmen des 129. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Entscheidend sei dabei, dass erfahrenen Kinderchirurgen die Eingriffe durchführen.

Kinder angemessen auf Operationen vorbereiten DGKCH fordert präoperativen Tag in der Kinderchirurgie

Berlin, April 2012 - Krankenkassen vergüten künftig für Kinder keinen präoperativen Krankenhaustag mehr. Stattdessen sollen die kleinen Patienten – auch Säuglinge – erst am Morgen der Operation nüchtern im Krankenhaus anreisen, dort umgehend auf ihren Eingriff vorbereitet und anschließend operiert werden. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) akzeptiert dies nicht: „Hier werden wesentliche Kriterien einer modernen, kindgerechten Medizin ökonomischen Argumenten untergeordnet“, wendet Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der DGKCH aus Tübingen ein. Kranke Kinder dürften nicht unter den Einsparungen im Gesundheitssystem leiden. Im Rahmen des Chirurgenkongresses in Berlin fordert die DGKCH die Kassen auf, den präoperativen Tag für Kinder beizubehalten.

Bislang erlaubte der präoperative Tag, Kinder umfassend auf eine Operation einzustellen: Sie reisen gemeinsam mit den Eltern am Tag vor der Operation im Krankenhaus an, gewöhnen sich ein und übernachten dort. Vor allem aber bereiten Ärzte und Pflegekräfte die Kinder schon am Vortag des Eingriffs darauf vor: Nehmen Blut ab, stellen falls nötig Medikamente um und führen Untersuchungen durch. Häufig sind Kinder erkältet: „Falls ein Kind krank ist, wäre es damit nicht OP-fähig“, erläutert Professor Fuchs, der als Direktor die kinderchirurgische Universitätsklinik in Tübingen leitet. Am Tag der Operation gilt es zu überwachen, dass die Kinder nüchtern bleiben. Besondere Aufmerksamkeit gehört dabei den Säuglingen. Hier kann durch Hungern eine möglicherweise lebensbedrohliche Unterzuckerung entstehen. Hat ein Patient wiederum morgens gegessen, können Ärzte nicht operieren. Denn falls er sich unter der Einleitung der Narkose erbricht, kann er schlimmstenfalls daran ersticken.

Um Ausgaben für den präoperativen Tag einzusparen, zahlen die Kassen dafür bei Erwachsenen nicht mehr. Dies soll jetzt auch bei Kindern zur Regel werden. „Einer Abschaffung dieses Tages bei Kindern können wir jedoch unter keinen Umständen zustimmen“ mahnt Professor Fuchs. Gerade bei Säuglingen sei äußerste medizinische Sorgfalt auf allen Ebenen der Versorgung gefordert. Auch die Vorbereitung schwer kranker Kinder, beispielsweise von Tumorpatienten sei sehr komplex. Ein weiterer Aspekt ist die Anreise: „Eltern nehmen für die Operation ihres Kindes in einem kinderchirurgischen Zentrum oft lange Anreisen in Kauf“, gibt der Experte zu Bedenken. Schwerkranken Kindern, die aufwändige chirurgische Eingriffe vor sich haben, sei nicht zumutbar, sich nach der langen Fahrt einer Operation zu unterziehen. Kindgerechte Medizin bedeute nicht nur ärztliche Behandlung und Pflege, meint auch DGKCH- Experte Privatdozent Dr. Philipp Szavay: „Denn gerade bei unseren Patienten spielt insbesondere die psychosoziale Einbettung zur Vermeidung von Stress eine wichtige Rolle“, so der leitende Oberarzt an der Abteilung für Kinderchirurgie der Universitätsklinik Tübingen.

Im Rahmen des Chirurgenkongresses vom 24. bis 27. April in Berlin betont die DGKCH, dass sie das Kostenargument der Kassen nicht gelten lässt: „Krankenkassen müssen die Konsequenzen ihrer Entscheidung im Zweifelsfall nicht tragen. Wir aber stehen in direkter Verantwortung für unsere kleinen Patienten“ so der Präsident der DGKCH. „Die Besonderheiten einer kindgerechten, medizinisch sorgfältigen und juristisch abgesicherten kinderchirurgischen Versorgung werden bei der Abschaffung des präoperativen Tages nicht berücksichtigt.“ Die DGKCH fordert deshalb die Krankenkassen nachdrücklich auf, ihre Entscheidung zu überdenken.

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